(Abg. Drexler SPD: Ich glaube, ich gebe auch noch eine Erklärung zur Abstimmung ab! – Abg. Dr. Birk CDU: Kollege, bitte besonnen! – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich bei der Schlussabstimmung über das Gesetz der Stimme enthalten, weil ich die Diskussion in diesem hohen Haus für scheinheilig halte. Alle Abgeordneten sind direkt oder indirekt vom Zuschnitt der Wahlkreise betroffen. Ich halte das derzeitige Wahlrecht nicht für gerecht. Die Chancengleichheit der einzelnen Bewerber ist nicht gewährleistet.
Das gilt insbesondere bei der Zweitauszählung. Der gleiche Erfolgswert der einzelnen Stimme des Wählers ist ebenfalls nicht gegeben. Ich kündige hier an, dass ich mir eine gerichtliche Überprüfung des Wahlrechts vorbehalte.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Sozialministeriums – Familienpolitik – Ziele und Umsetzung – Drucksache 13/2331
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt.
Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Abg. Klenk, Sie erhalten das Wort zur Begründung des Antrags und zur Aussprache.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Familienpolitik ist einer der bisherigen und auch einer der künftigen Schwerpunkte der CDU-Landtagsfraktion. Deshalb haben wir unseren Antrag auch mit „Bilanz und Ausblick zur Halbzeit der 13. Legislaturperiode“ überschrieben. Liebe Kollegin Lösch, wir wollten Ihnen nicht vor Weihnachten noch eine Steilvorlage liefern.
Uns hat nämlich gefreut, dass wir mit unseren Leistungen in Baden-Württemberg in Bezug auf Familienpolitik schon immer einen Spitzenplatz im Konzert der Länder hatten und noch haben. Dies zeigt sich deutlich sowohl in der Vielfalt der Projekte als auch in der Summe der Ausgaben, die uns die Familie wert ist. Wir wissen aber sehr wohl, dass wir uns nicht zurücklehnen können und ausruhen dürfen, sondern wir müssen unsere Politik stetig den Veränderungen anpassen, neue Wege gehen und eben auch Kurskorrekturen anbringen, um die großen Herausforderungen für die Zukunft der Familien zu meistern.
Um es gleich vorweg zu sagen: Der Antrag ist ja nun schon ein paar Tage alt. Bevor Sie von der Opposition es uns nachher um die Ohren schlagen: Wir müssen aus finanziellen Gründen eben auch einen Teil der Programme streichen.
Teilweise gibt es dafür künftig andere Fördermöglichkeiten bzw. auch andere Zuständigkeiten. Dies darf man zum Teil auch gern kritisieren. Aber, meine Damen und Herren, wir befinden uns ja gerade auch in Haushaltsberatungen, und wir haben heute Vormittag gehört, wie es um den Haushalt bestellt ist. Es ist unsere Pflicht und auch unsere Verantwortung gegenüber jungen Familien und ihren Kindern, keine Schuldenberge aufzubauen und zu hinterlassen, denn auf denen kann man bekanntlich schlecht spielen.
Familienpolitische Ziele werden, wie die Landesregierung richtig anführt, nicht nur durch Geldleistungen oder Vergünstigungen für Familien erreicht. Auch kann und darf der Staat nicht alle Aufgaben und jede Verantwortung übernehmen. Alle sind gefragt: die Familien selbst, die Kommunen sowie zentrale gesellschaftliche Gruppen wie Gewerkschaften, Unternehmer, Medien und Wissenschaft, soziale Betriebspartner und alle anderen, die sich daran beteiligen wollen. Sie müssen motiviert werden, sich für eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft einzusetzen.
Angesichts lauter werdender Forderungen nach längeren Arbeitszeiten und höheren Leistungsanforderungen kommt der Balance zwischen Familie und Beruf künftig eine besondere Bedeutung zu. Wenn wir eine familienfreundliche Gesellschaft wollen, brauchen wir auch eine familienfreundliche Arbeitswelt. Dazu brauchen wir die konkrete Unterstützung der Unternehmen, die es Vätern und Müttern erlaubt, familiäre Verpflichtungen und berufliches Engagement miteinander zu verbinden. Dies ist meiner Meinung nach auch der Kern der Frucht für mehr als Ein-Kind-Familien. Dazu brauchen wir eine Offensive. Die Einrichtung der „Zukunftswerkstatt Familien“ ist unserer Meinung nach der richtige Ansatz,
Familienpolitik über alle Politikfelder hinweg zu begreifen und auch zu realisieren. Dabei verstehen wir unter dem Begriff „Werkstatt“ keine Reparaturwerkstatt, sondern eine Werkstatt, in der man kreativ plant, abstimmt und die Werkstücke vom Rohling bis zum Feinschliff immer den jeweiligen Erfordernissen anpasst und auch herzeigt.
Gute, sehr positive Beispiele gibt es bereits. Genannt sei nur eines der jüngsten: das Pforzheimer Bündnis für Familie. Vor Ort, meine Damen und Herren, muss man verinnerlichen, dass Familienfreundlichkeit ein Standortfaktor ist, von dem die Zukunftsfähigkeit auch unserer Städte und Gemeinden abhängt.
Was ich übrigens als sehr bedauerlich empfinde, ist die Tatsache, dass wir allesamt, Politik wie Gesellschaft, erst durch die Krise der Sozialsysteme letztendlich bemerkt haben, welchen dramatischen Geburtenrückgang wir in Deutschland überhaupt haben.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir haben es schon gemerkt, bloß die CDU nicht, Herr Kollege! – Ge- genruf Abg. Alfred Haas CDU: Jetzt komm!)
Aufgabe der Politik muss es deshalb sein, im Rahmen unserer Möglichkeiten die Bedingungen so zu verändern, dass sie mehr Mut machen, Elternverantwortung zu übernehmen, und zwar unter Berücksichtigung der vielfältigen Lebensentwürfe und Lebensformen von Kindern von heute. Dazu zählt in erster Linie die Unterstützung der Familien, die sich für die Betreuung in der Familie entscheiden, aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit verbunden der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Doch Betreuungsangebote sind beileibe – meine Damen und Herren, das muss auch wieder einmal gesagt werden – nicht alles. Wir schauen ja manchmal so gern über die Grenze dorthin, wo es positive Beispiele gibt. Ich sage Ihnen nur: In Italien,
wo Kinder bis 16 Uhr betreut werden und die Zahl der Ganztagsschulen hoch ist, ist die Geburtenrate noch niedriger als in Deutschland.
(Abg. Alfred Haas CDU: Hört, hört! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Schauen Sie mal nach Skandinavi- en!)
Früher war Italien als geburtenreiches und kinderfreundliches Land bekannt. Heute hat Italien die niedrigste Geburtenrate der Welt.
das wir derzeit gern als lobendes Beispiel auch in anderen Zusammenhängen erwähnen, dann stellen wir fest: Dort liegt die Geburtenrate bei 2,2 und damit über der in Deutschland, wo Frauen im Durchschnitt 1,3 Kinder auf die Welt bringen. Aber was tun die in Finnland? Der Staat unterstützt dort Mütter und Väter dahin gehend, dass in den ersten drei Jahren eine Betreuung zu Hause in der Familie gewährleistet ist und dann die Rückkehr in den Beruf ermöglicht wird.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon ein bisschen erstaunt über den Schlusssatz des Herrn Kollegen Klenk.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grü- nen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Eigentor! – Abg. Alfred Haas CDU: Ja, dann denken Sie mal nach!)
hatte ich eigentlich gedacht, dass es das Ziel der CDUFraktion sei – so ist es ja zumindest Ihrem Antrag zu entnehmen –, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken.
Ich möchte gerne in der heutigen Debatte Ihren eigenen Maßstab anlegen. Sie überschreiben Ihren Antrag ja „Ziele und Umsetzung“. Deshalb möchte ich jetzt die Ziele, die Sie selber nennen, an den familienpolitischen Taten messen.
Sie nennen als eines der Ziele die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit dem Ausbau der Kinderbetreuung. Sie wissen, dass Sie da erheblichen Nachholbedarf haben, weil wir bei der Kleinkindbetreuung, der Schulkindbetreuung und der Ganztagsbetreuung Schlusslicht im Bundesländervergleich sind.