Als Abgeordneter habe ich sehr wohl eine Meinung dazu. Aber als Innenminister werde ich mich hüten, dem Landtag vorzuschreiben, wie die Wahlkreise im Einzelnen auszusehen haben. Das wäre ja ein ganz komisches Verständnis.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Sie können Ihre Meinung sagen! – Abg. Birzele SPD: Aber als Innenminister haben Sie doch eine Meinung, weil Sie für die Verfassung zuständig sind! Ihre Meinung! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)
Ja, natürlich. Jetzt sage ich Ihnen einmal, wie sich meine Meinung manifestiert. Sie manifestiert sich in der Frage, welche Abgrenzungsgrundsätze zugrunde zu legen sind. Das ist eine ganz wichtige Geschichte. Da habe ich und hat das Innenministerium klar Folgendes gesagt:
Zweitens: Die Wahlkreise bestehen aus einem zusammenhängenden Gebiet. Das ist logisch. Das muss ich nicht weiter ausführen.
Drittens: Die Grenzen der Gemeinden sowie der Stadt- und Landkreise werden nach Möglichkeit eingehalten. Ich sage gleich, weshalb es „nach Möglichkeit“ heißt.
Die Punkte 2 und 3, also das zusammenhängende Gebiet der Wahlkreise und die Grenzen der Gemeinden und der Stadt- und Landkreise nach Möglichkeit einzuhalten, sind im Übrigen auch als Sollgrundsätze im Bundestagswahlgesetz enthalten. Die Berücksichtigung der aktuellen Verwaltungsgrenzen der Kreise ist, denke ich, für alle vorteilhaft, die sich an diesem Wettbewerb beteiligen, nämlich für die örtlichen Parteiorganisationen, zum Beispiel bei der Aufstellung der Bewerber und der wahlberechtigten Mitglieder eines Kreisverbands, für die Wahlorganisation, den Kreiswahlleiter usw. Sie ist natürlich auch für die Rechtsaufsicht
des Landratsamts vorteilhaft, weil diese dann – Stichwort Kreiswahlleiter – für die Gemeinden zuständig ist.
Zum vierten Punkt: Es liegt auch im Landesinteresse, dass die Deckungsgleichheit der Grenzen zwischen Landtagsund Bundestagswahlkreisen zumindest angestrebt werden soll.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich den vom Ständigen Ausschuss angenommenen Entschließungsantrag ansehen, bemerken Sie, dass er beinhaltet, dass die Landesregierung unter Hinzuziehung von Prognosen des Statistischen Landesamts baldmöglichst einen Bericht vorlegen soll zu der Frage, welche Auswirkungen eine Abweichung von der durchschnittlichen Wahlkreisgröße um nicht mehr als 15 % auf die Festlegung der Landtagswahlkreise hätte. Dies ist schon ein Gewaltakt. Da wird sich hinterher zeigen, wer an einer durchgreifenden Reform interessiert ist.
(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Oelmayer GRÜNE: Das ist aber ohne Konse- quenz! – Abg. Drexler SPD: Aber ohne Konse- quenz!)
Ich komme gleich darauf. – Nach einer ersten Einschätzung, Herr Kollege Oelmayer, würde mit einer Abweichungsgrenze von 15 % grundlegend in die bestehende Wahlkreisstruktur eingegriffen.
Etwa 25 Wahlkreise dürften unmittelbar betroffen sein und eine weitaus größere Anzahl Folgeänderungen bei den angrenzenden Wahlkreisen auslösen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dann in zahlreichen Fällen die Landkreisgrenzen nicht mehr einhalten könnten. Diese Dinge sind nicht einfach so mit der linken Hand zu machen.
Meine Damen und Herren, zu einzelnen Aspekten. Herr Kollege Birzele, zunächst liegen Sie falsch, wenn Sie meinen, wir könnten den Gesetzentwurf heute en passant absetzen und im neuen Jahr ohne Schaden wieder aufrufen.
Delegierte könnten ab 1. Dezember 2004 gewählt werden, Nominierungsversammlungen ab 1. März 2005 stattfinden. Eine Novellierung des Landtagswahlrechts sollte deshalb möglichst noch in diesem Jahr vorgenommen werden.
Was die Wahlkreisgrößen betrifft, müssen wir eine Entscheidung treffen, und zwar heute, am letztmöglichen Termin.
Nein, eben nicht. Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Die Parteien wurden informiert, dass sie vor dem Abschluss
dieser Debatte mit dem heutigen Tage keine Vertreterversammlungen einberufen sollen. Das ist auch in keinem Fall geschehen. Es ist deswegen unschädlich, dass wir nicht schon bis Ende November, sondern erst heute, am 15. Dezember, beschließen. Aber rechtlich gesehen ist völlig klar, dass wir heute den letztmöglichen Zeitpunkt haben, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, dass uns die Geschichte um die Ohren geworfen wird.
Herr Innenminister, sind Sie bereit, einzuräumen, dass die Vertreter, die Delegierten in Gemeinden gewählt werden und dass Sie ja als Prinzip vorausgesetzt haben, dass die Gemeindegrenzen nicht durchschnitten werden, sodass bei der Wahl von Vertretern noch kein Problem eintritt, sondern erst bei der Nominierungsversammlung?
Das Problem tritt bereits ein mit den nicht eingehaltenen Fristen für die Wahl der Vertreter. Die Parteien wählen ihre Delegierten, und wenn sie dies am 2. Dezember tun, greifen wir rückwirkend ein.
(Abg. Birzele SPD: Ja, die werden aber in der Ge- meinde gewählt! – Abg. Fischer SPD: Und die le- sen doch Zeitung! – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)
Na gut, dann könnten Sie sagen, wir müssten die Wahl verschieben, Herr Kollege Oelmayer. Dies ist aber ebenfalls nicht möglich, denn die Legislaturperiode endet am 31. Mai 2006. Deswegen müssen wir rückwirkend rechnen, mit den 15 und den 18 Monaten. Und da haben Sie schon das Problem.
Lassen Sie mich abschließend noch ganz kurz darauf eingehen, dass hier natürlich einiges gesagt wurde, was durchaus richtig ist. Deswegen kann ich in gewissem Umfang die Erregung verstehen, aber nur in gewissem Umfang.
Tatsache ist eben, dass bei unserem Wahlrecht mit der Zweitauszählung der Stimmen eigentlich nur eine Partei – ich sage das völlig unaufgeregt – keine Probleme hat, und das ist die CDU. Hier sitzt keine Kollegin, sitzt kein Kollege, die ihren oder der seinen Wahlkreis nicht mit der absoluten Mehrheit der Zahl der Stimmen gewonnen hätte.
Mit der relativen Mehrheit. Bei der CDU hat keiner ein Problem damit. Aber die kleineren Parteien trifft es natürlich schon in erheblichem Umfang, wenn die Größe des Wahlkreises in dem Maße nach oben oder nach unten abweicht, wie es bei uns teilweise der Fall ist.
Um da ein größtmögliches Maß an Gerechtigkeit herzustellen, müssen wir auch ein größtmögliches Maß an Gleichheit der Wahlkreisgrößen herstellen.
Ich bin nach der heutigen Debatte nicht so zuversichtlich, dass alle Kolleginnen und Kollegen überhaupt noch einmal in dieses Parlament kommen wollen,
ich bin aber zuversichtlich, dass wir mit dem Entschließungsantrag nicht nur die Richtung aufzeigen, sondern auch das Ziel erreichen werden. Aber das gibt ein hartes Stück Arbeit und wird alle Fraktionen in diesem Hause fordern. Dann wird sich zeigen, wer heute hehre Ziele vor sich herschiebt und wem tatsächlich an einer Chancengleichheit und Wahlgerechtigkeit gelegen ist. Wir werden sehen.