Protocol of the Session on December 9, 2004

Wir sind gespannt, was endlich bewegt wird.

Von dem leider verstorbenen Kollegen Glück wurde bereits bei der Diskussion im Oktober 2002 gesagt:

Wir werden dies... gemeinsam mit einer Fülle von kommunalen Problemen – Volkswahl Landrat, Bürgermeister in den Kreistagen – neben diesen Quoren in einem Gesetzentwurf aus einem Guss lösen.

Ich bin gespannt, was von diesen Ankündigungen hinterher übrig bleibt.

Eine letzte Bemerkung zur Mitgliederbefragung der CDU: Herr Kollege Kretschmann hat ja zu Recht darauf hingewiesen, dass dies eine erfolgreiche Sache war, und die Hoffnung geäußert, dass die CDU jetzt erkannt hat, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, vernünftige Entscheidungen zu treffen.

(Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Kübler, hat der Fraktionsvorsitzende der CDU und designierte Ministerpräsident ausdrücklich erklärt, er könne sich solche Abstimmungen auch in Sachfragen vorstellen.

(Abg. Drexler SPD zur CDU: So ist es! Er ist ja meilenweit fortgeschritten im Vergleich zu Ihnen!)

Auch sind keinerlei Quoren genannt worden.

(Abg. Drexler SPD: Ja!)

Also bewegen Sie sich endlich! Nehmen Sie eine Absenkung der Quoren vor, wie es auch in Bayern ohne irgendein Problem geht.

(Abg. Kübler CDU: Stimmen wir ab!)

Schaffen Sie den Positivkatalog ab! Und nehmen Sie auch die Themen auf, die der Kollege Glück angesprochen hat: Volkswahl Landrat.

(Abg. Schneider CDU schüttelt den Kopf. – Abg. Hauk CDU: Warum denn das? – Abg. Kübler CDU: Machen wir nicht!)

Nicht den Kopf schütteln, Herr Schneider! Handeln! – Legen Sie endlich einen vernünftigen Gesetzentwurf zur Novellierung der Gemeindeordnung vor, damit sich der Kollege Scheuermann nicht mehr schämen muss.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Döring.

(Abg. Walter GRÜNE: Jetzt kommt einer mit In- siderkenntnissen!)

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Außerordentlich beeindruckend waren eben die Krokodilstränen von Herrn Birzele, der festgestellt hat, dass sich über 30 Jahre nichts bewegt habe. Damit hat er natürlich auch eingeräumt, dass sich in den vier Jahren seiner Tätigkeit als Innenminister der großen Koalition in diesen Themen nichts bewegt hat. Das ist schon sehr beeindruckend.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Er hat dadurch also ein Zugeständnis gemacht.

(Abg. Birzele SPD: Aber Sie sind jetzt schon acht Jahre dran! Acht Jahre!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor wenigen Wochen hatten wir hier im Landtag eine Debatte über das Thema „Mehr bürgerschaftliches Engagement“ geführt. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diejenigen, die sich völlig zu Recht für mehr bürgerschaftliches Engagement aussprechen, den Bürgerinnen und Bürgern auch mehr konkrete Mitwirkungsrechte einräumen müssen. Denn nur dann kann bürgerschaftliches Engagement wirklich klappen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie des Abg. Kretsch- mann GRÜNE)

Ich will Ihnen auch sagen, dass wir fest davon überzeugt sind, dass die Demokratie von mehr direkter Bürgermitwirkung profitiert. Die Demokratie leidet eher darunter, dass

sich Bürgerinnen und Bürger zurückziehen, dass sie sich an Wahlen nicht mehr beteiligen, dass sie sich zu wenig eingebunden fühlen. Deswegen wollen wir ein Mehr an bürgerschaftlichem Engagement erreichen.

(Zuruf von der SPD: Ja und jetzt?)

Gleich. – Nehmen wir einmal die aus meiner Sicht außerordentlich gelungene Mitgliederbefragung der CDU: Ich meine auch, das sollte doch zu der Schlussfolgerung ermutigen: Wenn die Bürgerinnen und Bürger ein Thema wirklich interessiert, dann beteiligen sie sich auch ganz engagiert an Fragen und Themen vor Ort und werden auch ihre Meinung dazu äußern.

Wenn ich darüber hinaus in einer Pressemeldung lese, dass Herr Oettinger sich Gedanken darüber mache, ob Mitgliederbefragungen weiteren Fragen geöffnet werden sollten, um mehr Bürgerbeteiligung zu erreichen, und er als Beispiel die Fragestellung nennt, ob Straßen privat finanziert werden sollen,

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

dann sage ich: Die Bürger müssen zuerst einmal gefragt werden, ob die Straßen, die da privat finanziert werden sollen, gebaut werden sollen. Dann macht eine solche Befragung Sinn. Deswegen sollte es bei Befragungen eine Öffnung für weitere Themen geben. Man sollte keine Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern haben, sondern sie bei den Entscheidungen mit einbeziehen, wenn es konkret um Anliegen vor Ort geht.

Der Kollege Kretschmann sagt, man sollte die Befragungen grundsätzlich auf alle Themen ausweiten. Was soll man denn außer den genannten Themen von vornherein ausklammern? Ich würde zum Beispiel auch eine Bürgerbefragung zum möglichen EU-Beitritt der Türkei durchführen.

(Abg. Schneider CDU: Ja! Doppelte Staatsbürger- schaft! – Abg. Birzele SPD: Entscheid! Nicht Be- fragung, Entscheid!)

Man sollte nicht solche Themen ausklammern, bei denen man die Sorge hat, es könnte etwas passieren, was einem in der politischen Linie nicht passt. Ein weiteres Thema wäre die EU-Verfassung.

(Abg. Drexler SPD: Da macht die FDP nicht mit! Die FDP in Berlin macht nicht mit!)

Der nächste Punkt – weil Sie es ganz konkret ansprechen – ist: Der Positivkatalog wird gestrichen werden. Wir werden das Quorum von 30 auf 25 % absenken. Wenn wir die Absenkung auf 25 % haben – das werden Sie im nächsten Frühjahr erleben –, dann haben wir mit 25 % einen Anteil, wie er in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich bei allen Ländern festgelegt ist. Dem wird sich das Land Baden-Württemberg anschließen.

Zu den Punkten, die der Kollege Kretschmann angesprochen hat, will ich sagen: Offenheit für grundsätzlich alle Themen – ja, mit den Einschränkungen, die auch von Ihnen angedeutet worden sind. Das Quorum absenken auf 25 % – ja, aber nicht die bayerische Variante, die Sie vorgeschla

gen haben. Den Positivkatalog streichen – auch ja. Offen sein für die Überlegung, ob man die Frist von vier auf acht Wochen verlängert. Herr Kollege Kretschmann, es ist gerade mal ein gutes Dutzend Bürgerbegehren insgesamt an der vermeintlich kurzen Frist gescheitert. Das halte ich nicht für den entscheidenden Punkt. Entscheidend ist, dass wir die Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen, dass wir sie für die Demokratie, auch für die repräsentative Demokratie gewinnen und ihnen mehr Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen, dass wir Bürgerbeteiligungen ermöglichen, so, wie wir es gerade ausgeführt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es liegt im Moment keine Wortmeldung vor.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Schneider: Reicht auch! Der Minister!)

Das Wort erteile ich Herrn Innenminister Rech.

(Abg. Drexler SPD: Der schreibt gerade sein Rück- trittsgesuch! – Abg. Walter GRÜNE: Jetzt aber ein bisschen besser als der Kübler!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Zunächst einmal, Herr Kollege Kretschmann und Herr Kollege Birzele, ich freue mich darüber, dass auch Sie einen positiven, guten, ermutigenden Eindruck von der Mitgliederbefragung haben, die die CDU jüngst durchgeführt hat.

(Abg. Birzele SPD: Wir haben es Ihnen ja vorge- macht! – Abg. Walter GRÜNE: Die ist natürlich aus anderen Gründen durchgeführt worden!)

Ich will jetzt nicht werten. Jedenfalls freue ich mich ehrlich darüber, dass Sie sich mit uns freuen, dass sie so gut gelungen ist.

(Zuruf von der SPD: Alle freuen sich! Es weih- nachtet sehr! – Abg. Birzele SPD: Freut sich Teufel auch?)

Aber die Mitgliederbefragung ist das eine. Die Mitglieder einer Partei sind nicht das Entscheidungsgremium. Das Verfassungsorgan, beispielsweise für die Wahl des Ministerpräsidenten, ist der Landtag, und das Gremium für die Wahl des Spitzenkandidaten einer Partei ist der Landesparteitag. Es ist also schon ein Unterschied zwischen dem, was in einer Mitgliederbefragung passiert, und dem, was passieren würde, wenn wir in die kommunale Selbstverwaltung, in die Gremien, die dazu berufen sind, Entscheidungen zu treffen, allzu sehr einschneiden würden. Dies muss man schon unterscheiden und dann auch mit der gebotenen Sensibilität an diese Dinge herangehen.

Die Punkte, die in dem Antrag begehrt werden, sind klar: Themenbegrenzung aufheben, Frist für Bürgerbegehren verlängern, Zustimmungsquorum staffeln und für die Landkreise vergleichbare Regelungen schaffen.

(Minister Rech)