Protocol of the Session on July 19, 2001

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es! Das ist das Al- lerwichtigste!)

Sonst läuft überhaupt nichts.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Ich denke, auch die Wirtschaft wird sich inhaltlich – möglicherweise auch kostenmäßig – überlegen müssen, wie sie da mit ins Boot geht, etwa so, wie wir das bei der dualen Ausbildung auch haben.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Eile ist aus Sicht der Wirtschaft, für die ich als wirtschaftspolitischer Sprecher meiner Fraktion rede, geboten. Deshalb können wir es uns nicht leisten, erst einmal das Amtsfass aufzumachen. Deshalb können wir es uns nicht leisten, dass alles in immer wiederkehrende Wahlkämpfe – die haben wir ja dauernd – hineinkommt. Ich denke, jeder weiß, dass wir nicht so weit auseinander sind. Mit einer Portion guten Willens können wir das machen. Deshalb möchten wir auch, dass unsere Landesregierung einen Vorstoß für eine baldige gesetzliche Regelung unternimmt.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Heinz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zwei, drei Aspekte der Diskussion nochmals beleuchten.

Ich will zunächst eines sagen – ich weiß nicht, ob das überall bekannt ist –: Wir hören immer, dass eine demographische Lücke entstehen werde. Bis zum Jahr 2010 entsteht aber gar keine Lücke. Bis dahin bleibt Deutschland ein Volk von 82 Millionen Einwohnern. Das wissen Sie wahrscheinlich nicht. Das ist so.

Natürlich müssen wir in der Politik frühzeitig mit der Erarbeitung langfristiger Konzepte beginnen. Dagegen habe ich gar nichts. Aber eines ist auch klar: Bis zum Jahr 2010 haben wir gar kein Problem.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Die Wirtschaft schon!)

Diese berühmten Berechnungen gehen dann los und beziehen sich auf die Zeit bis zum Jahr 2050.

(Abg. Göschel SPD: Wollen Sie die Rentner arbei- ten lassen?)

Jetzt komme ich auf ein anderes Thema. Es ist ja schön, wenn man auf der einen Seite sagt: „Wir holen jetzt noch mehr Leute rein.“ Auf der anderen Seite möchte ich aber noch einmal daran erinnern: Ich will keine Quotenrechnung, aber ich will eine Gesamtbilanz. Das heißt, wir müssen einfach sehen, dass Deutschland, relativ dicht besiedelt, im Prinzip eine Gesamtmenge verkraften kann: Leute, die aus humanitären Gründen zu uns kommen, Bürgerkriegsflüchtlinge, Asylsuchende, Leute, die zu uns kommen, um zu arbeiten. Diese Gesamtmenge muss verträglich sein. Wir schaffen dies nur, wenn wir die Zahl der Asylsuchenden abbauen. Wir haben ja noch die Spätaussiedler, wir haben viele weitere Gruppen, die zu uns kommen, die wir alle integrieren müssen. Hier müssen wir eine Gesamtmenge sehen, eine gedachte Gesamtmenge, die so gestaltet sein muss, dass die Bevölkerung bereit ist, diese Menge insgesamt zu tragen.

(Beifall bei der CDU)

Dafür müssen wir gemeinsam eine Basis suchen. Die Basis, Herr Kollege Birzele, liegt nicht im Süssmuth-Papier, um das deutlich zu sagen.

(Abg. Döpper CDU: So ist es!)

Wenn Sie einmal in der SPD-Bundestagsfraktion nachfragen, stellen Sie fest, dass auch für sie die Basis nicht im Süssmuth-Papier liegt. Die SPD-Abgeordneten sagen ganz klar: Wir müssen zwar Elemente dieses Papiers nehmen, aber wir müssen andere Elemente daneben stellen, um zu einem einvernehmlichen Konzept zu kommen.

(Zuruf des Abg. Birzele SPD)

Deshalb ist für mich die Basis der Einigung, die Sie angesprochen haben, nicht das Süssmuth-Papier.

Ist Ihnen bekannt, dass alle Fraktionen im Landtag von Nordrhein-Westfalen ein gemeinsames Papier verabschiedet haben? Lesen Sie das einmal! Das ist hochinteressant.

Auf diesem Papier lässt sich aufbauen, aber nicht auf dem Süssmuth-Papier.

(Abg. Döpper CDU: Jawohl!)

Vielleicht noch etwas zum Kollegen Hofer: Das SüssmuthPapier redet davon, man müsse im Prinzip eine Balance zwischen den Arbeitslosen, die wir haben, und den Leuten, die zu uns kommen, finden. Richtig! Aber dann muss man dazu auch konkrete Vorschläge machen. Wenn mich am Montag ein 58-jähriger Maschinenbauingenieur anspricht und mir sagt, er finde hier in Baden-Württemberg keine Stelle – er hat auch an Minister Döring geschrieben; vielleicht schaut der einmal nach ihm und nicht nur nach den fünf jungen Mädchen aus Hamburg –,

(Heiterkeit)

dann wäre es natürlich schon schön, wenn der in einer Firma bei uns eingestellt würde. Ich habe einen 59-jährigen Architekten in meinem Betrieb eingestellt. Also, es liegt auch an den Firmen selber. Es gibt genug qualifizierte Leute hier im Land – vielleicht schon ein bisschen älter; die sind in unserem Alter, Herr Hofer, nicht? –, und die müssen im Prinzip bei uns auch eine Arbeit finden.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das ersetzt aber die Zu- wanderung nicht!)

Nein, aber die müssen mal vorrangig drankommen. – Das Süssmuth-Papier ergeht sich immer in wolkigen Formulierungen, dass man die Arbeit hier ausgleichen solle, eine Balance finden solle zwischen den Arbeitslosen und denen, die zuwandern. Ich erwarte da konkrete Konzepte.

Wenn ich mir einmal das JUMP-Programm anschaue, das da läuft, bei dem die Jugendlichen auf Bundesebene von einem Hilfsprogramm in das andere verschoben werden, über das aber nur 27 % tatsächlich einen Arbeitsplatz finden – für dieses Programm wird ein Milliardenaufwand betrieben –, dann dreht sich mir der Magen um, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU)

Noch ein Thema: Sprache und Integration sind die wichtigsten Bestandteile unseres Konzepts. Es beginnt alles bei der Sprache. Natürlich muss man über Grundgesetz, Kultur und anderes informieren, aber die Sprache ist das A und O. Meine Frau war über viele Jahre hinweg in der Sprachhilfe tätig und hat mir erzählt: Noch heute kommen Kinder, die bei ihr in der Sprachhilfe waren – die jetzt schon fast erwachsen sind –, auf sie zu, grüßen sie, bedanken sich und sagen, sie seien nur deshalb erfolgreich gewesen, weil ihnen am Anfang die Sprache beigebracht worden sei von vielen deutschen Müttern und Leuten, die sich im Kindergarten und in der Schule engagieren.

Hier ist ein weites Feld, und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich sehe, wie viele Ausländer Probleme haben, den Hauptabschluss zu machen und in eine Lehre und in einen Beruf zu kommen,

(Abg. Fischer SPD: Aber nicht nur Ausländer! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

dann muss ich sagen: Da haben wir ein großes Betätigungsfeld, auf dem wir uns engagieren müssen. Dies tun wir natürlich auch.

Die Bundesregierung gibt im Moment 319 Millionen DM für Integrationsprojekte aus. Das Süssmuth-Papier sagt, wir brauchen rund 640 Millionen DM. Ein Grüner hat gesagt, wir brauchten eine Milliarde,

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das war die Auslän- derbeauftragte!)

um dies alles zu leisten. Also, ich denke, wenn wir dies alles noch tun müssen und unseren eigenen Leuten, die hier bei uns schon seit vielen Jahren leben, auch qualifizierte Chancen bieten müssen, dann haben wir noch ein so großes Betätigungsfeld, dass da schon ein Spannungsfeld vorhanden ist zwischen den Leuten, die hier leben, und denen, die woanders sind.

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum Wahlkampfthema sagen. Ich denke, keiner von uns hat ein Interesse, dieses Thema in den Wahlkampf zu ziehen. Wir sind bereit, konstruktiv mit Ihnen zu diskutieren, und ich habe auch nichts dagegen – ich habe es am Anfang zu Herrn Pfister gesagt –, hier in Baden-Württemberg eine Vermittlerrolle zu spielen. Warum nicht? Aber es muss dann natürlich schon so sein, dass hier eine ausgewogene Interessenlage besteht. Ich kann nicht nur sagen: Alles vermischen, alle Asylbewerber sollen kommen, so viele wie bisher. Wir müssen eine Lösung finden, die insgesamt trägt.

Der oberste Grundsatz für mich – und damit möchte ich schließen – ist eindeutig: Die Bevölkerung muss mitgenommen werden auf diesen Weg. Das heißt, wir müssen erreichen, dass dieses Konzept von der ganzen Bevölkerung mitgetragen wird. Wenn wir das schaffen, dann haben wir auch Erfolg, und dann wird daraus auch kein Wahlkampfthema. Dann haben sich alle Fraktionen in diesem Papier wiedergefunden. Dafür wäre ich zu arbeiten bereit. Nehmen Sie das NRW-Papier – da gibt es noch viele andere Grundlagen –, und dann müssen wir mal schauen, wie weit wir kommen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Birzele.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst noch einmal kurz unsere Prinzipien nennen, auf deren Basis die Aufgabe Zuwanderung gelöst werden muss.

Erstens: Wir wollen eine Migration unter Wahrung humanitärer Grundsätze.

Zweitens: Die hier lebenden Menschen müssen besser qualifiziert werden.

Drittens: Wir wollen dort neue Möglichkeiten eröffnen, wo wir Beschäftigungslücken nicht mit hier lebenden Menschen ausfüllen können.

Und viertens: Wir wollen die Integration fördern. Dies ist eine Aufgabe nicht nur für diejenigen, die jetzt neu zu uns

kommen, sondern insbesondere eine Aufgabe bezüglich all derer, die bereits bei uns sind, die schon lange bei uns sind.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hofer FDP/ DVP)

Ich will ausdrücklich betonen, dass wir uns dagegen wenden – das zum Stichwort humanitäre Verpflichtung –, das Asylrecht zu ändern. Wir meinen, Artikel 16 a – Asylgrundrecht – und die Rechtswegegarantie nach Artikel 19 Abs. 4 sollen so beibehalten werden.

(Abg. Behringer CDU: Die wollen Sie ja lockern!)