Protocol of the Session on July 28, 2004

Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ihnen, bezüglich der in diesen Schreiben bezeichneten Vorgänge die Genehmigung zur Strafverfolgung gegen den betreffenden Abgeordneten zu erteilen. – Sie stimmen dem zu. Ich sehe keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Ich rufe nunmehr Punkt 4 der alten Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Landesmediengesetzes – Drucksache 13/3286

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses – Drucksache 13/3403

Berichterstatter: Abg. Pauli

Das Wort erteile ich Frau Abg. Kipfer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Streichung des § 36 Abs. 1 Satz 3 des Landesmediengesetzes ist notwendig, damit die Landesanstalt für Kommunikation nicht zur Beute des Staatsministeriums gemacht werden kann.

Die Landesregierung und mit ihr die CDU haben alles unternommen, um den einzig verfassungsgemäßen Weg, nämlich sich bei der Wahl des Präsidenten der Landesanstalt für Kommunikation mit der Opposition auf einen Kandidaten zu einigen, zu umgehen und das gesetzliche Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit ad absurdum zu führen.

Ich gehe noch einmal kurz auf den Verfahrensablauf ein. Am 15. März erfolgte die öffentliche Ausschreibung der Stelle im „Staatsanzeiger“. Noch vor Ende der Bewerbungsfrist am 30. April legten sich die CDU-Fraktion und mit ihr die FDP/DVP-Fraktion auf einen Kandidaten fest, ohne den Versuch zu unternehmen, eine Einigung mit der SPD-Fraktion herbeizuführen.

Anfang Mai, also sieben Wochen nach der öffentlichen Ausschreibung, werden plötzlich Ungereimtheiten bei einer Bewerbung festgestellt. Dann wird offenbar, dass sich sowohl die LfK-Belegschaft als auch weite Kreise der privaten Medienunternehmen für den Bewerber aus dem Hause aussprechen. Selbst der Medienrat nimmt sich die ihm zustehende Freiheit, den Sachverstand des von der CDUFraktion bevorzugten Bewerbers anzuzweifeln, was den völlig unangemessenen Zorn des Landtagspräsidenten her

vorruft. Alles dieses passierte, bevor sich die SPD-Fraktion auf einen Bewerber festgelegt hatte.

Ende Juni, also weitere sieben Wochen nach Auftauchen der ersten Ungereimtheiten, werden weitere Mängel am Ausschreibungstext festgestellt, die offenbaren, dass der von der CDU-Fraktion bevorzugte Bewerber gar nicht wählbar ist. Dazu allerdings hört man unterschiedliche Interpretationen verschiedenster Juristen.

Um dies zu heilen, erwägt nun die CDU-Fraktion eine Gesetzesänderung. Die „Lex Steinle“ soll den Weg des Bewerbers, der, wohlgemerkt, nicht die Aussicht auf eine Zweidrittelmehrheit hat, an die Spitze der LfK ebnen. Dies verhindert der Koalitionspartner FDP/DVP mit den bezeichnenden Worten:

„Wir können uns in der jetzigen Situation

ich wiederhole: in der jetzigen Situation –

nicht erlauben, dass der Eindruck entsteht, wir machen alles, damit ein bestimmter Bewerber auf einen bestimmten Posten kommt. Das passt nicht in die Landschaft“, sagte Noll unserer Redaktion.

Zitat „Südwest-Presse“, 22. Juli 2004.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt wird es brenzlig!)

Offenbar hätte die FDP/DVP ohne die „Operation Schäuble und Repnik“ keinen solchen Skrupel gehabt.

Auf diese Weise wird die anzuberaumende Wahl mit dem Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit verschleppt. Am 14. Juli wird sie von der Tagesordnung genommen, und es verstreichen die Plenarsitzungen heute und morgen.

Weil sich die nächste Gelegenheit zu wählen erst im Oktober ergibt, verstreicht auch klammheimlich die Frist nach Ende der Amtszeit des bisherigen Präsidenten, von der es in § 36 Abs. 1 Satz 3 – das ist genau der, den wir streichen lassen wollen – heißt:

Kommt bis spätestens einen Monat nach Ablauf der Amtszeit des bisherigen Vorstands die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit für die Wahl aller Mitglieder des Vorstands und ihrer Stellvertreter nicht zustande, werden diese aufgrund von Wahlvorschlägen nach dem Höchstzahlverfahren d’Hondt gewählt.

Meiner Vermutung, dass die CDU mit Verstreichen dieser Monatsfrist einen Wahlgang mit dem Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit überhaupt für entbehrlich hält, wurde im Ständigen Ausschuss nicht widersprochen.

Jetzt wurde die LfK vom Staatsministerium genötigt, eine ergänzende Ausschreibung mit einer bis auf den 15. September verlängerten Frist zu machen. Das ist jetzt der Stand der Dinge. Man will weiteren Bewerbern die Möglichkeit geben, sich zu bewerben. Wir sind gespannt darauf.

All dies belegt eindeutig, dass die CDU keinen Moment lang auch nur den Anschein zu erwecken versuchte, sie wolle mit uns zusammen eine kompetente Person wählen,

sondern einzig darauf aus war und ist, eine Person von ihren Gnaden durchzudrücken.

(Beifall bei der SPD)

Sie hat damit nicht nur die LfK zum Gespött der ganzen Republik gemacht und dem Ansehen des Medienstandorts Baden-Württemberg Schaden zugefügt, nein, sie führt damit auch das Gesetz und seine Absicht ad absurdum. Dies ist verfassungswidrig.

Wir brauchen die beantragte Gesetzesänderung, damit es mit dem machtgeilen Gehabe der Mehrheitsfraktionen ein Ende hat und die LfK nicht zur Beute der CDU wird.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt ist aus den Kulissen zu hören, dass der fähigste der bisherigen Bewerber für die CDU schon deshalb nicht infrage komme und nicht wählbar sei, weil die SPD ihn unterstützt.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Eijeijei! – Abg. Carla Bre- genzer SPD: Das ist mehr als primitiv! – Abg. Hauk CDU: Märchen!)

Das sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, sich sorgfältig überlegen, denn so würde von Ihnen immer nur der zweitbeste oder der drittbeste Bewerber gewählt.

(Abg. Capezzuto SPD: Aber mit CDU-Buch! Schwarzbuch!)

Das wäre schädlich für das Land und für die Landesanstalt für Kommunikation.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Denn uns, der SPD-Fraktion, geht es allein darum, den besten Kopf zu wählen, der die Gewähr dafür bietet, dass die LfK staatsfern und kompetent geführt wird, eine Person, die den Medienstandort Baden-Württemberg voranbringen kann und im Konzert der Medienanstalten der Länder eine Stimme mit Gewicht hat. Das geht nur mit dem besten Kopf und nicht mit dem zweitbesten. Und der beste wird von der SPD unterstützt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Walter GRÜ- NE)

Das Wort erhält Herr Abg. Pauli.

(Abg. Capezzuto SPD: Wo sind die Kameraden der CDU?)

Herr Präsident, liebe Frau Kollegin Kipfer, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass es dieser Tagesordnungspunkt nicht verdient, dass man ihn aufputscht mit Vokabeln wie „machtgeil“, „Beute“, „durchdrücken“.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Was wahr ist, muss wahr bleiben! – Abg. Capezzuto SPD: Die jugend- liche Frische der SPD!)

Ich denke, wir sollten diesen Gesetzentwurf hier im Parlament sachlich beraten, so wie wir es im Ständigen Ausschuss und auch größtenteils bei der ersten Lesung getan haben.

Die CDU-Fraktion lehnt diesen Gesetzentwurf der SPD ab. Wir haben Ihnen bereits bei der ersten Lesung vor zwei Wochen die Gründe dargelegt.

(Abg. Walter GRÜNE: Ihr seid doch sonst ganz of- fen für solche Vorschläge!)

In Ihrer Begründung wird auf eine Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs verwiesen. Wir sehen aber deutliche Unterschiede in der Konstellation, der Zuständigkeit und der Kompetenz der jeweiligen Gremien in Sachsen und bei uns in Baden-Württemberg. Der Medienrat in Baden-Württemberg zeigt erhebliche Unterschiede im Hinblick auf seine Kompetenzen, zum Beispiel bei der Zuweisung von Übertragungskapazitäten, bei Auswahlentscheidungen, bei der Einordnung von Sendezeiten für unabhängige Dritte. Und nicht zuletzt verfügt er über das Haushaltsrecht – eine sehr wesentliche Kompetenz des Medienrats.

Liebe Frau Kollegin Kipfer, Sie haben im Ständigen Ausschuss ebenso wie gerade eben zu Recht die Frage aufgeworfen, was nun passieren soll, nachdem die Amtszeit des jetzigen Vorstands verstrichen ist. Sie wurde am 22. Juli, also in der vergangenen Woche, beendet.

Ich kann Ihnen die Frage klar und deutlich beantworten. Das war mir in der letzten Woche nicht möglich, aber wir haben diese Frage bei uns jetzt geprüft. Es besteht in der Tat eine Gesetzeslücke, und das ließe viele Interpretationen zu. Aber mit unserem Verständnis des Gesetzesinhalts und mit dem Sinn und dem Zweck der Zweidrittelmehrheit im ersten Wahlgang ist es nicht zu vereinbaren, dass die bloße Nichtdurchführung dieser Wahl bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausreicht, um den Vorstand dann im Wege der Verhältniswahl zu wählen. Selbstverständlich wird bei der nächsten Entscheidung im ersten Wahlgang eine Zweidrittelmehrheit nötig sein.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Pauli, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger?