Richtung Westen verhelfen, die den Interessen unserer heimischen Wirtschaft und dem Tourismus dient und darum auch Arbeitsplätze sichern hilft.
Für die CDU-Fraktion, für unsere Fraktion gilt: Keine Entscheidung darf gegen die Interessen der Menschen im Raum Münsingen getroffen werden.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Walter GRÜNE: Wer hat denn das gefordert? – Abg. Fischer SPD: Wer will denn das? – Abg. Döpper CDU: Der ganze Raum kann aufatmen! – Abg. Capezzuto SPD: Das war die Wahlrede für 2006!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Truppenübungsplatz Münsingen umfasst 67 Quadratkilometer, ist ökologisch wertvolles Gelände, teilweise gibt es dort denkmalgeschützte Kasernengebäude. 6 700 Hektar sind im Bundesbesitz, 65 Hektar Wald im Landesbesitz. Insgesamt ist das ganze Gelände FFH-Gebiet.
Ich muss sagen: Niemand kennt den Truppenübungsplatz so gut wie mein Freund Horst Glück. Dies möchte ich einmal feststellen.
Das gesamte Gelände ist durch unerkannte Munitionsreste belastet, sodass zurzeit die Nutzung nur als Schafweide möglich ist. Dort ist keine andere landwirtschaftliche Nutzung möglich, weil aufgrund des Gefahrenpotenzials der Munitionsreste auch kein Pflügen möglich ist.
Der Bund – er hat die Hauptaufgabe – muss als Eigentümer das Gelände von Altlasten befreien. Vorher ist keine Nutzung möglich.
Uns hindert allerdings nichts daran, uns schon vorher Gedanken über eine spätere Nutzung zu machen. Die FDP/ DVP-Fraktion spricht sich für einen Konsens von Land, Kreis und Gemeinden aus. Das Naturschutzpotenzial sollte unseres Erachtens weiterentwickelt werden. Dabei ist natürlich auch die Region gefragt.
Das Bundesamt für Naturschutz sollte zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen. Die FDP/DVP-Fraktion spricht sich dafür aus – diesen Vorschlag hat auch Horst Glück schon gemacht –, dieses Gelände auf jeden Fall in das PLENUMProjekt einzubeziehen. Das wäre sehr sinnvoll.
Die bestehende Situation ist für mich aus ökologischer Sicht mehr als vertretbar, vielleicht sogar gut, wenn der Zustand so bleibt, bis ein kluges gemeinschaftliches Konzept zwischen Land, Region, Kreis und Kommune auf dem Tisch liegt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Viel versprechende Ergebnisse gleich mehrerer Studien wurden uns für diesen Sommer versprochen: die Nutzungsmöglichkeiten im Tourismus, die naturschutzfachliche Konzeption für die vorgesehene Natura 2000 sowie ein Rechtsgutachten, das insbesondere die Verkehrssicherungspflicht klären soll, wenn der Truppenübungsplatz verlassen wird. Da sage ich nur: Die Tage werden bereits wieder kürzer, und der Sommer ist schneller vorüber, als uns allen lieb ist.
Neben der raschen Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes sind alsbaldige Übernahmeverhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land BadenWürttemberg zwingend erforderlich, selbst wenn ein negativer Verkaufswert entsteht, oder es wird eine sonstige Trägerkonstellation noch vor dem Abzug der Bundeswehr gebildet – also Mitte/Ende kommenden Jahres –, die einen rechtsfreien Raum verhindert und die Strukturen schafft, durch die unerwünschte Nutzer fern gehalten werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, einige wichtige Anliegen der Region anzusprechen, die nicht im Widerspruch zu unserem großen Anliegen eines Entwicklungsnationalparks stehen, die ich aber ein bisschen anders bewerte als mein Kollege Röhm.
Zum einen geht es um den Ausbau der L 230. Damit soll der Wirtschaftsstandort Münsingen gestärkt und der Kaufkraftverlust, der auf bis zu 40 Millionen € beziffert wird, ausgeglichen werden. Regierungspräsident Wicker wird folgendermaßen zitiert:
Der Autobahnzubringer von Münsingen zur A 8 wird zügig ausgebaut. Die Ortsumfahrung Auingen soll im Jahre 2005 begonnen werden.
Weitere Ortsumfahrungen sollen so bald wie möglich folgen. So bald wie möglich – jetzt kommt’s! – bedeutet beim jetzigen Zeithorizont, dass die Umfahrung Magolsheim 2007 begonnen werden kann. Über die Problematik Böttingen redet der Regierungspräsident lieber nicht.
Die geplante und einzig zu realisierende Trasse am Rande des Übungsplatzes liegt übrigens im Vogelschutzgebiet.
Diese Trasse, aber auch eine wie auch immer geführte Verbindung nach Römerstein im Norden auf bereits bestehenden Straßen liegt im wirtschaftlichen Interesse der Region. Wenn 6 300 Hektar Fläche, 7 % der Gesamtfläche des Kreises Reutlingen, in der Nachmeldeliste der FFH-Gebiete ausgewiesen werden können, muss es auch möglich sein, Münsingen verkehrstechnisch besser zu erschließen, zumal es als eines der wenigen Mittelzentren in Baden-Württemberg nicht an einer Entwicklungsachse liegt.
Lassen Sie mich auf einen weiteren Gesichtspunkt eingehen, der vom Regierungspräsidenten viel positiver dargestellt wird, als es die reine Aktenlage ausweist.
Als erfreulich wertete er es auch, dass für das „Alte Lager“ Nutzungsinteressenten gefunden werden konnten; das Regierungspräsidium entwickle ein Gesamtkonzept für die Zukunft des „Alten Lagers“. Nach meinen Informationen gibt es außer der Absicht mehrerer Universitäten und Fachhochschulen, in zehn bis zwölf Gebäuden ein Lehr- und Forschungszentrum Münsingen einzurichten, kein nennenswertes konkretes Interesse an der Nutzung des weitläufigen Areals. Wir sprechen von 140 Gebäuden; 120 davon stehen unter Denkmalschutz. Und wie heißt es in der Stellungnahme zu dem Antrag der grünen Kollegen?
Allerdings bestehen angesichts der extremen Finanzknappheit aus heutiger Sicht keine Spielräume für die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für das geplante Lehr- und Forschungszentrum.
Meine Damen und Herren, damit der Truppenübungsplatz in seiner Einmaligkeit erhalten werden kann, muss extensive Landwirtschaft – wie schon bisher – auf vier Fünftel der Fläche weiter betrieben werden. Darüber hinaus sind mindestens zehn Personen erforderlich, die die Landschaft offen halten, zusätzlich einige Ranger, die für Ordnung und geregelte Abläufe auf dem Platz sorgen, und natürlich muss auch der Wald bewirtschaftet werden. Nehmen Sie noch einige Tourismusplaner hinzu; dann haben Sie 20 Beschäftigte. Die brauchen Sie, wenn Sie die FFH-Richtlinie erfüllen wollen bzw. müssen, die da heißt: allgemeines Verschlechterungsverbot, um für Arten und Lebensraumtypen einen günstigen Erhaltungszustand zu sichern.
Bisher schon testen Nutzfahrzeughersteller auf dem Übungsplatz ihre Neuentwicklungen; Herr Röhm ist darauf eingegangen. Das kann auch künftig geschehen; denn gerade an einigen Stellen verdichteter Boden hat bewirkt, dass im angesammelten Regenwasser seltene Tierarten einen Lebensraum gefunden haben. Was ich zuerst für einen Scherz hielt: Vielleicht muss ein Schützenpanzer zu einem „Pflegepanzer“ umfunktioniert werden, damit dieser Effekt von verdichteten Flächen weiterhin bestehen bleibt.
Das Gelände, dessen Einmaligkeit vielfach beschworen wurde, ist kein Paradies, sondern eine von Menschen und Maschinen geformte Landschaft. Ich hoffe, dass wir bald ein Konzept zu Gesicht bekommen, damit diese Landschaft erhalten werden kann, ein Konzept, das auch mit einer Vereinbarung von Bund und Land sowie finanziellen Zusagen unterfüttert ist. Der Region nützt es nichts, dass sich Bund und Land gegenseitig die Verantwortung zuweisen. Andernfalls bleibt es bei den schönen Worten in der Pressemitteilung von Herrn Regierungspräsident Wicker, aus der ich einige Sätze zitiert habe: „wortreiche Absichtserklärungen“.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der Debatte gespürt: Das Thema Münsingen hat viele Aspekte. Ich bin froh, dass ein ganz wichtiger Aspekt doch noch richtig platziert worden ist, nämlich die Frage, die die Menschen vor Ort nachhaltig berührt: Wie kann man die strukturellen Probleme im Blick auf Arbeitsplätze, im Blick auf Wertschöpfung abfangen? Was ist die Aufgabe, die dem Standort, die der Region insgesamt zuteil geworden ist? Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat Herrn Regierungspräsident Wicker ganz früh beauftragt, sich zusammen mit den Landräten, den Bürgermeistern Gedanken zu machen, wie man unter diesem Aspekt zu einer künftigen Nutzung des Truppenübungsplatzes Münsingen, insbesondere auch zur Milderung des Arbeitsplatz- und des Kaufkraftverlusts, beitragen könnte.
Die Beteiligten sind sich in vielen, vielen Fragen einig. Klar ist, dass der weitaus größte Teil des Geländes im derzeitigen Nutzungszustand, das heißt insbesondere Schafbeweidung, erhalten werden soll. Die Beteiligten sind sich auch einig, dass Naturschutz und Tourismus eine ganz konkrete Chance sind, den Kaufkraftverlust wenigstens teilweise zu kompensieren. Etwa durch die Entwicklung neuer Tourismusangebote kann in der Tat ein wichtiger Beitrag zur regionalen Wertschöpfung geleistet werden.
Wir sind uns alle darin einig – das kam ja hier immer wieder zur Sprache –, dass der Truppenübungsplatz Münsingen ein Gebiet umfasst, das im Blick auf den Naturschutz bundesweite Bedeutung besitzt. Diese Fläche beherbergt Lebensräume und Tierarten nach der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie, Biotope nach § 24 a des Naturschutzgesetzes, und zwar flächendeckend über das ganze Gebiet verteilt.
Auch wurde angesprochen – das Besondere –: Das Gebiet stellt einen der ganz wenigen unzerschnittenen großflächigen Räume im Land dar und ist mit seinem hohen Anteil an Offenland in dieser Form wohl einmalig. Wir haben die Unzerschnittenheit dieser Fläche im Landesentwicklungsplan ausdrücklich festgehalten.
Ein Weiteres – auch das wurde angesprochen – ist die kulturhistorische Bedeutung. Meine Damen und Herren, sie reicht – so wurde mir gesagt – nicht nur 100 Jahre zurück. Vielmehr geht man davon aus, dass die Strukturen vom ausgehenden Mittelalter stammen, die auf dem Platz auf verschiedene Art und Weise, zuletzt durch 100 Jahre militärische Nutzung, konserviert worden sind.
Wir haben deswegen in unsere FFH-Nachmeldeliste weite Teile des Truppenübungsplatzes mit aufgenommen. Jetzt geht es darum, dass der Bund als Eigentümer bereit ist, all das, was schützenswert ist, auch zu schützen.