Protocol of the Session on June 28, 2001

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Blödsinn! Einfach Blödsinn! Durchlaufender Posten!)

Im Übrigen hat der Bundesbankpräsident letzte Woche auch ausgeführt, dass auch die Euroschwäche mit zur Inflation beiträgt, und daran ist die Bundesregierung mit schuld. Auf dem EU-Gipfel in Göteborg haben die Regierungschefs unserer Bundesregierung ganz unmissverständlich vorgehalten, dass wir eine schlechte Wirtschafts- und Finanzpolitik haben. Von wegen Lokomotive; man kann nur sagen: lahme Ente. Wir sind ganz am Schluss der Wachstumsraten. Wir haben selber einen Anteil an der Wachstumskrise.

Wären da nicht die guten Strukturdaten von Baden-Württemberg, ja die der ganzen Liga Süd, dieser Champions League auch in Sachen Konjunkturdaten,

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Heiter- keit des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

dann wäre das Ranking der Bundesrepublik nun wirklich ganz miserabel. Deshalb muss man hier in Baden-Württemberg die Stimme erheben. Wir fordern aber kein Konjunkturprogramm – das wäre nur Strohfeuer –, sondern wir fordern, so wie es unsere Konkurrenten in den USA, in den Niederlanden und in Italien tun, dass die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft insbesondere auch in steuerlicher Hinsicht verbessert werden, und wir wollen, dass hier für die Wirtschaft mehr getan wird und alles wieder aufgehoben wird, was in der letzten Zeit gegen die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts getan wurde. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen können, aber bei all dem, was die Bundesregierung da in der letzten Zeit zusammengebracht hat, wird es höchste Zeit, unverzüglich mit der Entgiftung zu beginnen und mehr auf die Wirtschaft und die Betriebe zu schauen, als auf die Gewerkschaften zu hören.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Auf beide Möglichkeiten, was zu tun ist, werde ich nachher noch im Einzelnen eingehen. Ich darf an dieser Stelle aber noch sagen: Es wird sicherlich notwendig sein, unseren Betrieben, unserer Wirtschaft wieder etwas mehr Luft zum Atmen zu geben,

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

und es ist – lassen Sie mich das abschließend sagen – dringender Handlungsbedarf für die Bundesregierung gegeben, wenn sich die derzeitige Konjunkturstagnation eben nicht in eine Stagflation oder gar in eine Rezession umwandeln soll. Wir brauchen einen Bundeskanzler, der sich auch bei schlechtem Wetter zeigt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Birk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich dem, was Kollege Hofer ausgeführt hat, anschließen: dass uns die wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland und in Baden-Württemberg auch im kommenden Jahr nachhaltig beschäftigen wird, und zwar aufgrund der Konjunkturflaute und aufgrund der unzureichenden Schritte seitens der Bundesregierung zur Stabilisierung der Konjunktur.

Ich möchte eingangs feststellen, dass wir mittlerweile in einem deutlichen Konjunkturabschwung sind. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass der Sachverständigenrat noch im November 2000 von einem Wachstum von 2,8 % gesprochen hat, der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung von 2,75 %, das Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute noch von 2,1 % und wir mittlerweile vor ernüchternde Zahlen gestellt worden sind: Das Ifo-Institut

für Wirtschaftsforschung hat dieser Tage festgestellt: 1,3 % Wirtschaftswachstum. Von Monat zu Monat trübt sich die Konjunktur mehr ein.

(Abg. Fischer SPD: Aber in ganz Europa!)

Das Verwerfliche an dieser Situation sind vor allem auch die schlechten restlichen Wirtschaftsbedingungen: Neben einem sinkenden Wirtschaftswachstum steigt die Inflationsrate von Monat zu Monat. Das macht unserer Wirtschaft, aber auch den vielen Verbrauchern das Leben schwer.

Schröder und die Bundesregierung sind derzeit nicht bereit, entsprechende Schritte einzuleiten. Schröder spricht von einer Politik der ruhigen Hand. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Politik des Abwartens, um eine Politik der Untätigkeit, um eine Politik der falschen Signale.

Ich möchte daran erinnern, dass die Ökosteuer bereits sehr hoch ist. Die nächste Stufe der Ökosteuer soll zum 1. Januar 2002 beschlossen sein, und mit weiteren sechs Pfennig wird sie natürlich auch dafür sorgen, dass die Preissteigerungsrate vorangetrieben wird.

Es gibt eine unzureichende steuerliche Entlastung für die Bürger. Deshalb auch der Vorschlag seitens der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, die Steuerreform 2003/2005 bereits auf das Jahr 2002 vorzuziehen.

Natürlich haben wir auch eine eklatante Benachteiligung vor allem der baden-württembergischen Wirtschaft, des Mittelstands hier, etwa durch die Verlängerung der Abschreibungsfristen. Wenn man einmal anschaut, wie viel Investitionsgüterindustrie, Anlagen- und Maschinenbauindustrie wir haben, stellt man fest, dass dies ein fatales Zeichen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg ist. Wir bitten Sie, die SPD und die Grünen, dringend, auf der Bundesebene Ihren Einfluss geltend zu machen, damit dies zurückgenommen wird. Ob Sie Einfluss haben, werden Sie in den verbleibenden Monaten noch zeigen können.

Wir möchten Sie aber vor allem auch nicht aus der Verantwortung entlassen. 1998, 1999, 2000 haben Sie den Aufschwung unter Schröder für sich reklamiert.

(Abg. Schmiedel SPD: Mit Recht!)

Mittlerweile gibt es einen beträchtlichen Abschwung. Deshalb dürfen wir Sie hier nicht aus der Pflicht entlassen und müssen Ihnen immer wieder vormachen und sagen, welche Hausaufgaben Sie zu erfüllen haben.

Im Übrigen ist jetzt schon augenfällig, dass Schröder sein Ziel nicht erreichen wird, die Arbeitslosenquote deutlich zu senken, nämlich auf 3,5 Millionen Arbeitslose bis zur Bundestagswahl im Jahr 2002. Denn alle renommierten Wirtschaftsforschungsinstitute sagen, dass die Arbeitslosenzahlen im nächsten Jahr bei 3,7 Millionen stagnieren werden.

Jetzt kommt noch hinzu, dass wir in den nächsten Monaten schwierige Tarifverhandlungen zu erwarten haben. Bei einer Preissteigerungsrate von 3,1 % haben wir sehr wohl Verständnis dafür, dass die Gewerkschaften für die Arbeitnehmer,

(Lachen des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

darunter die Angestellten, natürlich mindestens einen Inflationsausgleich fordern. Aber was dies für den Wirtschaftsstandort Deutschland bedeutet,

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: So ein Geheuchel!)

ist auch klar. Es werden weitere Arbeitsplätze abgebaut. Es werden weitere Arbeitsplätze ins Ausland verlagert. Es wird nichts zur nachhaltigen Stützung der Konjunktur hier getan,

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Ihr auf der Seite der Gewerkschaften!)

sondern wir werden weiterhin einen wirtschaftlichen Abschwung erleben und werden in diese Spirale nach unten noch stärker eintreten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Sie sagen den Gewerk- schaften, sie sollen einmal richtig zulangen!)

Wir von der CDU/CSU im Deutschen Bundestag haben ein Konzept dazu vorgelegt.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das ist das Konjunk- turprogramm für Merkel!)

Wir warten bis zum heutigen Tag auf das Konzept von Ihnen.

Ein letzter Punkt, den ich auch noch ansprechen möchte: Sie, Herr Kollege Salomon, haben ja auch immer davon gesprochen, dass die Binnennachfrage angekurbelt werden muss. Dazu muss man die Lohnnebenkosten senken. Die Lohnnebenkosten wurden teilweise stabilisiert – das möchten wir ausdrücklich feststellen –, aber wir befinden uns zurzeit wieder in einer deutlichen Steigerung.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Sie wurden gesenkt, Herr Kollege!)

Die Krankenkassenbeiträge werden in den nächsten Monaten steigen. Es ist noch sehr fraglich, ob der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung auf dem derzeitigen Niveau gehalten werden kann und nicht wieder steigen muss. Auch bei der Rentenversicherung hat Riester bislang sein Versprechen, die Rentenversicherungsbeiträge zu senken, nicht erfüllen können. Wir hängen hier nach wie vor bei 19,1 %. Unter die 19 % werden wir nicht kommen. Sie haben somit Ihr Ziel in der Gestaltung der Lohnnebenkosten und in der Steuerpolitik verfehlt. Ich werde gegebenenfalls später noch im Einzelnen darauf eingehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Nächstes Jahr, heißt das!)

Das Wort erhält Herr Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Wirtschafts- und Finanzpolitik der neuen Bundesregierung beurteilen will, muss man zunächst einmal danach fragen, von welcher Plattform diese neue Regierung gestartet ist. Die Plattform bestand zu

nächst einmal darin, dass Sie, als Sie im Oktober 1998 abgewählt worden sind, Folgendes hinterlassen haben:

(Abg. Hauk CDU: Das ist aber auch schon drei Jahre her!)

die höchste Staatsverschuldung der Bundesrepublik, die höchste Arbeitslosenrate in der Bundesrepublik,

(Abg. Hauk CDU: Und die deutsche Einheit!)

ungelöste Probleme in der Krankenversicherung, kein Konzept für die Rentenversicherung

(Abg. Hauk CDU: Das ist ja nicht wahr!)

und eine Steuer- und Abgabenlast, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern so wenig vom Bruttolohn übrig gelassen hat wie noch nie in der Republik. Das war die Ausgangslage.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Flei- scher CDU: Schmiedel war schon immer ein Ewig- gestriger!)