Viertens: Dazu ist es zwingend notwendig, dass die Schulen neue Formen der Leistungsrückmeldung für ihre Schüler und Schülerinnen entwickeln können. Wir wissen, dass Ziffernnoten nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Es gibt viele Schulen, die hierzu neue Konzepte entwickeln und durchführen würden. Die Orientierung an Bildungsstandards gibt uns jetzt tatsächlich die Möglichkeit, die Leistungen in Form von Orientierungsarbeiten zu bewerten, sodass wir zumindest in den ersten Jahren auf Noten verzichten können. Das bedeutet zugleich einen Verzicht auf die Beschämung von Kindern. Ich denke dabei an die Stärkung der Selbsteinschätzung und Selbstbewertung, an intensive Elterngespräche, an Portfolios, an Berichtszeugnisse, die es tatsächlich in vielen Ländern gibt.
Meine Damen und Herren, zum Schluss: Wir erwarten von der Kultusministerin, dass sie endlich mit einer Entrümpelung der Flut von Verwaltungsvorschriften beginnt,
die wie Mehltau über den Schulen liegen und die Übernahme von mehr Verantwortung an den Schulen lähmen.
Reduzieren Sie die Vorgaben auf das unerlässliche Maß, das für die Rechtssicherheit einer staatlichen Schulaufsicht erforderlich ist, und lassen Sie den Schulen die Freiheit, alles andere selbst zu regeln.
Auf Landesebene müssen wir den Schulen alle Freiräume geben, die möglich sind. Im Sinne einer konstruktiven Diskussion möchte ich unseren Fraktionsantrag und den Änderungsantrag an den Schulausschuss überweisen lassen.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, rufe ich den eingegangenen Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/2717, mit auf.
(Abg. Stickelberger SPD: Wann? – Abg. Drexler SPD: Wann? – Gegenruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP: Gegen Ende der Plenarsitzung!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die CDU-Landtagsfraktion und für die Landesregierung war spätestens seit Mitte der Neunzigerjahre der Prozess der inneren Schulreform ein ganz wichtiges Anliegen. Bestandteil der inneren Schulreform ist auch der kontinuierliche Prozess, mit dem unsere Schulen mehr schulorganisatorische und mehr pädagogische Eigenverantwortung und Selbstständigkeit erhalten. Es ist also keineswegs so, Frau Kollegin Rastätter, dass wir uns erst seit den Anträgen der Opposition in einem Denkprozess befänden.
Wir als CDU-Fraktion haben gerade zum Thema „Organisatorische und pädagogische Selbstständigkeit der Schulen“ einige Anträge eingebracht und unterstreichen damit, dass dies auch unser Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode ist.
Ich kann nur einige Beispiele aufzählen, wo wir eine wichtige Vorreiterrolle eingenommen haben und wo wir uns auf einem guten Weg befinden. Die große Bildungsplanreform, die ab dem Jahr 2004 greifen wird, gibt den Schulen große Freiräume für die eigene pädagogische Gestaltung. Sie wissen, dass das Schulcurriculum ein Drittel der Lernzeiten an
unseren Schulen einnehmen soll. Dies ist durchaus eine Herausforderung für unsere Schulen und für alle Beteiligten vor Ort, aber wir wollen, dass diese Herausforderung jetzt angenommen wird. Denn das ist die große Chance für unsere Schulen, in diesem Prozess, auf diesem Weg voranzukommen.
Weitere Schritte sind, dass die Schulen – und das muss einhergehen mit dem Bereich der Fortbildung – eigene Budgets erhalten, eigene Fortbildungspläne erstellen und eigene Prioritäten setzen. Dies wird erprobt. Die Schulen werden hierfür den erforderlichen Freiraum bekommen. Natürlich kann man hier nicht völlig von einer zentralen Steuerung Abstand nehmen, weil es nach wie vor auch Steuerungselemente geben muss.
Schlüsselrolle in diesem Prozess ist die Rolle des Schulleiters. Auch Sie, Frau Kollegin Rastätter, wissen, dass gerade in diesem Bereich viele tragfähige Fortbildungsangebote unterbreitet werden. In Einführungsseminaren werden die Schulleiter auf die neuen Aufgaben des Schulmanagements und der Personalführung vorbereitet. Allein im Jahr 2003 haben 570 Schulleiter diese Angebote wahrgenommen.
Weitere Beispiele gilt es aufzuführen: Ich nenne den Studiengang Bildungsmanagement, der jetzt durch die Landesstiftung in Kooperation mit den Pädagogischen Hochschulen vorbereitet und in die Wege geleitet wird.
Wir wollen den Schulleiter auch entlasten, damit er sich in stärkerem Maße auf seine Führungsaufgaben konzentrieren kann. Als Beispiel nenne ich hier das Projekt des Verwaltungsassistenten, das wir ab dem nächsten Jahr zumindest bei größeren Schuleinheiten modellweise einführen wollen, damit der Schulleiter zur Erfüllung der Verantwortung, die er zugewiesen bekommt, auch Zeit und Unterstützung bekommt.
Noch etwas ganz Entscheidendes zu dem Thema Personalmanagement: Da geht Ihr Antrag, Frau Kollegin Rastätter, doch ins Leere. Wir haben seit dem Schuljahr 2003/2004 bereits die Möglichkeit, dass im Bereich der Grund- und Hauptschulen sowie der Realschulen ein Drittel der Stellen direkt ausgeschrieben wird.
Bei den beruflichen Schulen und den Sonderschulen sind es gar 40 %. Wir haben aber dennoch Bedenken, dies gänzlich auf die Fläche auszudehnen, da es doch gewisse Bereiche gibt, in denen wir auf eine staatliche Steuerung nicht verzichten können. Denken wir gerade an den ländlichen Raum, wo die Schulen allein nicht unbedingt in der Lage sind, qualifizierte Lehrkräfte zu gewinnen. Gerade in so genannten Mangelbereichen werden wir nicht darum herumkommen, durch staatliche Abordnungen und Versetzungen Lücken zu schließen.
Meine Damen und Herren, wir haben hinsichtlich der Budgets natürlich einen wichtigen Weg eingeschlagen, indem gerade im Bereich des Staatlichen Oberschulamts Karlsruhe
Modelle erprobt werden, bei denen die Schulen, wenn es um Krankheitsvertretungen geht, nicht beim Oberschulamt anrufen müssen, sondern die Möglichkeit haben, selbst entsprechende Stellen auszuschreiben und Personal einzustellen.
Das große Projekt ist das Programm STEBS, in das 20 % aller beruflichen Schulen einbezogen sind. Dieses Programm zeigt, dass die Schulen landesweit in über 90 Projekten lernen, beim Personalmanagement, in der Schulorganisation, im Bereich der Bildungsplanung und auch dann, wenn es um die Erprobung neuer Deputate, sprich des flexiblen Deputats, geht, völlig eigenständig zu arbeiten und auf eigenen Füßen zu stehen.
In Stichworten, meine Damen und Herren, muss gesagt werden, dass wir nicht nur auf einem guten Weg sind, sondern dass der Schwerpunkt der Bildungspolitik in unserem Land darin besteht, den Schulen in verstärktem Maße Verantwortung zuzuweisen. Dies kann nicht im Hauruckverfahren geschehen, sondern es ist ein schrittweiser Prozess, weil es hier auch um einen Lernprozess für alle Beteiligten geht. Insofern, Frau Kollegin Rastätter, muss ich doch in einigen Sätzen auf Ihren Antrag eingehen.
Ich darf das Pferd von hinten aufzäumen: Wenn Sie einen konsequenten Abbau von Verwaltungsvorschriften fordern, dann sind wir hier völlig d’accord. Dazu nenne ich Ihnen jetzt präzise Zahlen. Anfang der Achtzigerjahre hatten wir noch 3 500 Verwaltungsvorschriften, die für die Schulverwaltung und für die Schulen verbindlich waren. Im Jahr 2002 waren es lediglich noch 121 Verwaltungsvorschriften. Erkennen Sie doch an, dass wir gerade in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten einen großen Schwerpunkt darauf gesetzt haben, Bürokratie abzubauen und Verwaltung zu entschlacken,
weil wir wissen, dass Verwaltungsvorschriften auf das notwendige Maß begrenzt sein müssen! Verwaltungsvorschriften machen durchaus auch Sinn. Ich denke beispielsweise an die Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule, wo Verwaltungsvorschriften durchaus auch politisch gewollte Elemente, politische Signalwirkungen umsetzen können.
Es kann nicht sein, dass Sie hier neue Arbeitszeitregelungen einfordern, während die Arbeitsgruppe noch tagt. Die Arbeitsgruppe wird erst Ende des Jahres 2004 – hoffentlich einvernehmlich – Handlungsempfehlungen und Ergebnisse vorlegen. Deswegen wäre es kontraproduktiv, wenn wir jetzt darüber entscheiden würden – an dieser Arbeitsgruppe vorbei –, bereits Modelle zur Erprobung neuer Arbeitszeiten einzuführen. Hier gilt es zunächst einmal abzuwarten, die Ergebnisse auszuloten und dann die politischen Entscheidungen zu fällen.
Nicht zuletzt noch eine Anmerkung zu der Frage, meine Damen und Herren, ob man von Ziffernnoten Abstand nehmen soll: Wir sind natürlich nicht der Auffassung, dass man auf das Benotungssystem verzichten sollte; denn es ist ein wichtiges Leistungskontrollinstrument unseres Schulsystems.
Dennoch sind wir dafür, ergänzende Elemente einzubauen, wenn es darum geht, Elterngespräche anstatt einer Halbjahresempfehlung oder -bewertung einzuführen.
Fazit, meine Damen und Herren: Wir sind auf einem guten Weg. Wir sind in diesem Bereich Reformvorreiter. Insofern stößt Ihr Antrag in der Tat ins Leere. Deswegen haben wir einen Ergänzungsantrag vorgelegt, der noch einmal unsere Prioritäten nennt. Wir sind einverstanden, wenn Sie, Frau Kollegin, die drei Anträge an den Schulausschuss überweisen lassen wollen. Dann wird sich sehr schnell herausstellen, dass wir bei dem Projekt „Organisatorisch und pädagogisch eigenständige Schule“ in Baden-Württemberg in der Tat vieles geleistet haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wacker, wenn Sie davon gesprochen haben, etwas nicht im Hauruckverfahren weiterzuverfolgen, muss ich sagen: Das mag einerseits richtig sein, aber Schneckentempo ist sicher auch nicht die richtige Geschwindigkeit.
Wenn ich mir Ihren Ergänzungsantrag anschaue, dann frage ich mich schon, wozu Sie diesen heute eigentlich hier vorgelegt haben. Er enthält im Grunde genommen Punkte, über die wir uns sicher alle einig sind.
Moment! Dies bedeutet natürlich noch nicht, dass Sie gleichzeitig auch das Tempo forcieren und dafür sorgen würden, dass dementsprechend etwas schneller gearbeitet wird.