Moment! Dies bedeutet natürlich noch nicht, dass Sie gleichzeitig auch das Tempo forcieren und dafür sorgen würden, dass dementsprechend etwas schneller gearbeitet wird.
Eines kann man bei all den Punkten, die Sie hier auch ansprechen, ganz bestimmt sagen: Sie denken zwar – würde ich einmal sagen – sehr stark in die richtige Richtung, bekommen dann aber teilweise Angst vor der eigenen Courage und tun etwas, was man landauf, landab eigentlich ganz gerne macht: „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ’ ich einen Arbeitskreis!“ – oder eben eine Arbeitsgruppe. Wichtig wäre aber, dass die Arbeitsgruppe endlich zu einem Ziel kommt und wir Ergebnisse haben.
Nicht alle Arbeitsgruppen haben gerade erst mit der Arbeit angefangen; es gibt eine ganze Reihe, die schon seit einiger Zeit tagen.
Ich möchte Ihnen jetzt einfach noch einige Schwerpunkte nennen, auf die wir großen Wert legen und bei denen wir der Auffassung sind, dass sie unbedingt zu einer – –
Wenn auf der Besuchertribüne jetzt eine Schulklasse säße, würde sie bestimmt sagen, sie sei für Freiheit ohne Schule. Das könnte ich mir durchaus vorstellen. Jetzt, so kurz vor den Ferien, käme das sicherlich von dort.
Wenn wir die Begriffe „Selbstständige Schule“ oder „Schule braucht Freiheit“ ernst nehmen, dann ist es natürlich notwendig, dass die Schulen für sich ein eigenständiges Schulprofil erarbeiten,
ihr eigenes Arbeitsprogramm erstellen. Dann ist es aber genauso erforderlich, dass sie für ihre Fortbildungsprogramme ein Fortbildungsbudget bekommen und nicht jedes Mal irgendwelche Fortbildungsprogramme übernehmen müssen, die eben gerade angeboten werden. Dann ist es notwendig, dass eine Schule ihr eigenes Fortbildungsprogramm erstellt und dies auch dementsprechend finanziert bekommt.
Ein weiterer Punkt ist, dass eine gute Schule natürlich nicht ohne eine qualifizierte und mit weit reichenden Kompetenzen ausgestattete Schulleitung zu erreichen ist. Das ist auch völlig klar. Dazu braucht man eine eigene Leitungszeit, die unabhängig von der Größe und der Schulart ist. Das ist ganz wichtig.
Einen weiteren Punkt sprechen Sie zwar an, aber noch sehr unverbindlich. In der Denkschrift des Rechnungshofs kam ganz deutlich zum Ausdruck, dass drei Viertel der Schulleitungen erklärt haben, sie brauchten ganz dringend, um ihre Arbeit zu bewältigen, einen Schulassistenten, also einen Verwaltungsassistenten, allerdings einen qualifizierten, der mit einem eigenen Berufsbild ausgestattet ist. Das ist ganz wichtig. Es ist notwendig – ich will jetzt keine Sekretärin abqualifizieren –, dass für diese Ausbildung ein eigenes Berufsbild erstellt wird, wenn in Zukunft Aufgaben verteilt werden, damit die Schulassistenten wirklich auch qualifiziert diese Arbeit mit übernehmen können.
Einen Punkt möchte ich hier, da ich ja gleichzeitig auch Stadträtin bin, ganz offen ansprechen: Es kann natürlich nicht sein, dass diese Schulassistenten zulasten der Kommunen eingeführt werden. Da muss schon noch einmal ganz genau auf die finanzielle Beteiligung geschaut werden. Denn wir wissen alle, dass teilweise in den Kommunen gerade die Zahl der Schulsekretärinnen und auch der Hausmeister sehr stark zurückgefahren worden ist, weil die Kommunen sehr große finanzielle Probleme haben. Wenn wir in den Schulen Verwaltungsassistenten brauchen, dann muss über die Finanzierung noch einmal diskutiert werden. Ich hoffe, dass die Arbeitsgruppe, die ja „schwanger“ ist und vielleicht demnächst „ein Kind zur Welt bringt“, irgendwann einmal zu Potte kommt und uns erzählt, was eigentlich jetzt Sache ist bei all diesen Diskussionen zwischen den kommunalen Verbänden und dem Kultusministerium. Im Finanzausschuss wurde uns dazu keine detaillierte Auskunft gegeben. Das fand ich etwas schade.
Ein ganz wichtiger Punkt für uns ist allerdings, dass, wenn wir selbstständige Schulen wollen, in diesem Zusammen
und die Elternbeiräte stärkere Mitwirkungsrechte erhalten. Da ist natürlich auch wieder das Land sehr stark gefordert. Wir sind der Auffassung, dass die Landeselternbeiräte und die Gesamtelternbeiräte bei ihrer Arbeit sehr viel stärker durch das Land unterstützt werden müssen. Wir dürfen nicht immer nur fordern, dass bürgerschaftliches Engagement eintritt. Die Elternbeiräte leisten auf kommunaler Ebene, aber auch auf Landesebene enorm viel und müssen dementsprechend auch finanziell stärker unterstützt werden. Sie brauchen ein größeres Mitspracherecht. Wichtig ist auch, dass sie Fortbildungsangebote erhalten, damit sie sich in dieser Rolle zurechtfinden. Wenn wir in Zukunft eine eigenständige Schule wollen, dann heißt das eben auch, dass die Eltern sehr viel stärker mit eingebunden werden müssen. Zum Beispiel dürfen die neuen Lern- und Arbeitsformen nicht nur von der Schulleitung wahrgenommen werden, sondern da müssen auch Schüler und Eltern mit einbezogen werden, damit es zu einem konstruktiven und kreativen Dialog kommt. Das setzt dann wiederum voraus, dass Eltern dementsprechend auch durch Weiterbildungsangebote darauf vorbereitet werden.
Ein Punkt noch, der uns ganz wichtig ist: Wenn Schule Freiheit braucht, dann heißt das allerdings auch, dass man nicht die Einengung vornehmen kann, die Sie bisher auf Landesebene vorgenommen haben, indem Sie sagen: Ganztagsschulen nur an den so genannten Brennpunktstandorten. Das kann dann auch nicht angehen. Denn es muss doch möglich sein, dass man sich, bevor eine Schule zu einer Brennpunktschule wird, bereits finanziell betätigt, vorher schon pädagogisches Personal zur Verfügung stellt und nicht erst dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Ich denke, es gehört auch zu einer eigenständigen Schule, dass sie selber mitreden und sagen kann: Wir brauchen jetzt das pädagogische Personal für den Ganztagsbetrieb, auch wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Brennpunktschule sind. Sonst warten wir wirklich immer erst ab, bis der Laden brennt.
Also zusammengefasst: Wir brauchen keinen Flickenteppich. Wir brauchen ein durchdachtes Konzept und möglichst bald Lösungen.
Da bringt uns Ihr Antrag nicht sehr viel weiter, denn danach wird wieder weiterdiskutiert, und wir sehen kein Ergebnis.
Das noch zum Schluss: Wenn wir die selbstständige Schule wollen, dann müssen wir uns jetzt rasch auf den Weg machen. Die Schüler und die Schulleitungen draußen warten darauf, dass sich etwas tut, und sie warten nicht darauf, dass wir weiterhin Papiere verfassen und sagen: Demnächst kommt das.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal auf die Vorrednerin eingehen. Ich stelle fest, dass wir, was die Zielrichtung betrifft, hier in diesem Hause Einigkeit haben. Das finde ich gut, und das sollte man als solches auch herausstreichen.
Punkt 2: Was Ganztagsschulen und Brennpunktstandorte betrifft, so möchte ich Sie, Frau Kollegin Queitsch, darauf hinweisen, dass wir nur für die Schulsozialarbeit gesagt haben, dass wir diese – ein Kind der Jugendenquetekommission – brennpunktorientiert einsetzen möchten. Dafür haben wir auch gekämpft.
Die Ganztagsschulen – Frau Haußmann, ich habe dies vor zwei Wochen schon einmal ausgeführt, als wir dieses Thema hier diskutiert haben – florieren insofern, als wir zum Beispiel 143 Ganztagsschulen haben und als 103 Anträge auf Einrichtung neuer Ganztagsschulen vorliegen – die betreffenden Schulen sind ganz gewiss nicht alle brennpunktorientiert –, wovon wiederum bereits 33 genehmigt sind.
Man sollte also unterscheiden zwischen Schulsozialarbeit auf der einen Seite – brennpunktorientiert, ja – sowie Ganztagsschulen und Anträgen auf Einrichtung von Ganztagsschulen auf der anderen Seite. Zu Letzterem sagen wir auch Ja, was sich aber nicht unbedingt nur auf brennpunktorientierte Schulen beziehen muss.
„Schule braucht Freiheit“: Dem stimme ich als Liberaler natürlich aus vollem Herzen zu, meine Damen und Herren.
Die Frage, ob Schule in Baden-Württemberg ein Modellprojekt „Selbstständige Schule“ in der von den Grünen gewünschten Form braucht, sehe ich allerdings etwas differenzierter als die Antragsteller – bei allem Drang gerade der Liberalen, Frau Kollegin Rastätter, die Eigenständigkeit unserer Schulen weiter zu stärken und voranzubringen. Ich habe dazu an dieser Stelle vor genau zwei Wochen bei der Ganztagsschuldebatte einige grundsätzliche und, wie ich meine, begründete Ausführungen gemacht; die muss ich jetzt nicht wiederholen. Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dürfte aber vor diesem Hintergrund deutlich sein, dass Sie mit Ihrem Antrag bei den Liberalen Türen einrennen, die grundsätzlich weit geöffnet sind.
Lassen Sie mich aber eines noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit sind kommunizierende Röhren. Wer eigene Entscheidungen trifft, trägt hierfür auch die Verantwortung. Darin sind wir uns sicherlich völlig einig. Anders kann es nicht gehen. Wir als Liberale betonen dies seit eh und je. Aber es ist nicht unsere Interpretation von Eigenständigkeit und Freiheit, sondern es ist die gesellschaftlich einzig mögliche Form von Freiheit. Der Eigenständigkeit von Schule setzt dies aber leider Grenzen: praktische auf der einen, grundsätzliche und grundgesetzliche auf der anderen Seite.
Ein Wort zu den praktischen Grenzen. Als auf dem von der Landesregierung jüngst durchgeführten Grund- und Hauptschulkongress der Münsteraner Bildungswissenschaftler Professor Böttcher an die Adresse der Lehrerinnen und Lehrer gerichtet forderte: „Entscheiden Sie selbst, verzichten Sie auf die Genehmigung durch Schulamt oder Ministerium!“, gab es vehementen Beifall. Als er nach dieser Unterbrechung seiner Rede hinzusetzte: „Aber Sie tragen dafür dann auch die Verantwortung“, gab es – ich will nicht sagen: betretenes Schweigen – jedenfalls keinerlei Beifall. Das ist die eine Seite.
Auf den Punkt gebracht lautet dies: Das pragmatisch-praktisch größte Hemmnis für die Nutzung bereits gegebener Freiheitsspielräume und damit auch für ihre Erweiterung ist die Scheu vor der damit notwendigerweise verbundenen eigenen Verantwortung. Das ist nicht nur in der Schule so, sondern das kennen wir auch aus anderen Bereichen. Wir erleben es hautnah zum Beispiel auch bei den Hochschulen, deren Autonomisierung die Landesregierung nun wahrlich unbestritten vorantreibt.
Im Bereich der Schulen sehe ich da – insoweit besteht Einigkeit mit dem Anliegen der Grünen – durchaus noch einen Nachholbedarf. Dann sind wir wieder konsensfähig.
Damit bin ich auch bei der anderen Seite, nämlich den Grenzen der Eigenständigkeit der einzelnen Schule, die uns durch Artikel 7 des Grundgesetzes – „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“ – und durch die Landesverfassung vorgegeben sind. An diesen Vorgaben und damit auch an unserer eigenen Verantwortung als Parlament unseres Landes will ich nicht rütteln. Darüber brauchen wir hier nicht zu diskutieren.
Der Antrag der Grünen zielt aber in der Konsequenz in einigen Punkten gerade darauf hin – zum Beispiel im Bereich Freiräume für die Personalentwicklung –, hier Änderungen vorzunehmen. Deshalb können wir diesem Antrag so im Moment noch nicht zustimmen. Dass wir uns andererseits gerade in diesem Bereich hinsichtlich der Fort- und Weiterbildung – Sie, Frau Kollegin Rastätter, haben es erwähnt – eine Stärkung der eigenen Entscheidungskompetenz vor Ort – sprich der einzelnen Schulen – konkret vorstellen können und wünschen – wir haben dazu selbst einen Antrag eingebracht –, will ich durchaus hervorheben und betonen.
Ich will abschließend auf die Forderung nach einem Modellprojekt zurückkommen. Mittlerweile gibt es kaum noch ein Bundesland, das kein Modellprojekt „Selbstständige Schule“ eingerichtet hat.
Unsere Fraktion hat sich einige dieser Projekte im Rahmen einer ganztägigen Veranstaltung konkret vorstellen lassen. Ich will hier keine Einzelbewertung vornehmen, stelle aber fest: Es ist nicht alles Gold, was in der Papierform glänzt.
Anders ausgedrückt: Der Aussage des Kultusministeriums in der Stellungnahme zu dem Antrag der Grünen, dass wir in Baden-Württemberg manchen Modellprojekten zur Erprobung einer Ausweitung der Eigenständigkeit von Schule bereits mehr oder weniger weit voraus sind, stimme ich uneingeschränkt zu.