Es ist ein sachkundiges Kompendium, und ich denke, es kann sich sehen lassen, weil es damit auch ein Nachschlagewerk für die umfassenden Aktivitäten des Landes im Bereich Europa darstellt, so auch bei der EU-Regierungskonferenz. Die neue Zuständigkeit der EU im Bereich der Daseinsvorsorge, in den Bereichen Sozialpolitik, Forschung und Gesundheit, die Einführung von Mehrheitsentscheidungen bei Fördermaßnahmen der EU im Kulturbereich, all das war durch den Einsatz auch der Landesregierung möglich geworden.
Wir bedauern alle, dass auch manches in der Verfassung nicht erreicht wurde; unter anderem bedauern wir den fehlenden Gottesbezug in der Verfassung. Aber wir sagen im Ergebnis: Wir, die Union, wollen das Paket nicht aufschnüren. Wir sind der Meinung, dass die Verfassung so verabschiedet werden soll, wie sie vom Konvent erarbeitet und nun vorgeschlagen wurde. Sollte dieses Paket aufgeschnürt werden, dann müssen auch unsere Forderungen wieder auf den Tisch.
Auch die Zusammenarbeit mit der EU hat sich erweitert. Eine wichtige Rolle spielt dabei übrigens die Vertretung des Landes, nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel, und wir sind froh darüber, dass die Einweihung der Landesvertretung im kommenden Jahr ansteht und terminiert ist. Damit ist das Land Baden-Württemberg im Herzen der Europastadt Brüssel und kann damit am Puls des Geschehens mitwirken.
Meine Damen und Herren, auch die EU-Förderprogramme sind im zweiten Teil des Europaberichts sehr deutlich dargestellt. Die einzelnen Ressorts haben hier ihre Vorstellungen akzentuiert. Wir müssen sehen: Nach Baden-Württemberg flossen im Jahr 2001 allein beim Europäischen Sozialfonds 30 Millionen €, bei den flächenbezogenen Ausgleichssystemen im ländlichen Raum 258 Millionen €. Auch beim Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft fließen pro Jahr Zuschüsse in Höhe von über 110 Millionen € nach Baden-Württemberg. Das heißt, bis zum Jahr 2006 werden rund 700 Millionen € nach Baden-Württemberg fließen.
Auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist sehr positiv beschrieben worden. Sie hat weitere Impulse erfahren. Das Gleiche gilt für die „Vier Motoren für Europa“.
Ich möchte an dieser Stelle auch dem Präsidenten gratulieren. Er ist im Ausschuss der Regionen nun in eine führende Rolle gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch dazu! Wir freuen uns, dass wir in Zukunft mit Peter Straub einen so kompetenten Vertreter an der Spitze des AdR haben werden.
Meine Damen und meine Herren, ich möchte abschließend sagen: Europa ist eine Friedensgemeinschaft. Europa bedeutet Freiheit. Europa bedeutet aber auch eine Wertegemeinschaft. Dafür lohnt es zu kämpfen. Baden-Württemberg geht hier vorbildlich voran. Diesen Gedanken sollten wir insbesondere angesichts des Termins der Europawahl im Juni 2004 unterstützen und weiter vertiefen.
Meine Damen und Herren, ich rufe zu diesem Tagesordnungspunkt noch den Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2648, und den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/2649, auf. In beiden Anträgen geht es um die Bestellung eines Ausschusses für Europaangelegenheiten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eine Bemerkung machen, die, wie gerade der Beifall gezeigt hat, die Unterstützung des ganzen Hauses hat. Wir gratulieren unserem Präsidenten zur Wahl als Vizepräsident des AdR und gehen auch davon aus, dass die nächste anstehende Wahl noch erfolgreicher sein wird. Herzlichen Glückwunsch!
Erstens, Herr Kollege Reinhart: Hätte die CDU-Regierung unter Kohl nach 16 Jahren nicht 1998 einen derartigen
dann hätten wir heute eine andere Situation. Die Nettokreditaufnahme des Bundes ist nur etwas höher als das, was jährlich für Zinsen ausgegeben werden muss.
Zweitens: Hätten Sie zu Beginn des Jahres dem Steuervergünstigungsabbaugesetz zugestimmt, dann hätten wir eine andere Situation gehabt. Dann hätte die Europäische Kommission keine Veranlassung zu ihrem Vorgehen gehabt.
Drittens: Wenn Sie der Auffassung sind, dass weitere Einschnitte bei den Ausgaben bei der gegenwärtigen Konjunkturlage nötig oder vertretbar sind, dann machen Sie präzise Vorschläge, welche Ausgaben gestrichen werden sollen, und lassen Sie dann im Bundestag und im Bundesrat darüber entscheiden. Aber Ihre Art und Weise, alles gleichzeitig zu beklagen, ohne eigene Vorschläge zu machen, ist nicht akzeptabel.
Nun komme ich zu dem heute zur Beratung anstehenden Bericht. Zunächst eine Bemerkung zur Systematik:
Wir begrüßen sehr und bedanken uns dafür, Herr Minister Palmer, dass entsprechend dem Wunsch des Landtags bei dem Bericht über die Europapolitik der Landesregierung im Jahre 2002/2003 ein politischer Teil über die Schwerpunkte der Europapolitik vorangestellt worden ist. Der zweite Teil des Berichts bietet den erforderlichen Gesamtüberblick über die europapolitischen Aktivitäten und ist nach den Aufgabenbereichen der Ministerien gegliedert. Damit ist der Bericht übersichtlicher.
Der Bericht umfasst das Jahr 2002 sowie für einzelne Bereiche das erste Halbjahr 2003. In diesem Zeitraum wurde in der Europäischen Union enorm viel bewegt. Mit zehn Beitrittsstaaten sind die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen worden. Diese und die bisherigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben den Beitritt zwischenzeitlich ratifiziert. Zum 1. Mai des nächsten Jahres werden wir mit dem Beitritt der zehn mittel- und osteuropäischen Staaten die größte Erweiterung in der Geschichte der Europäischen Union haben. Nach den verheerenden Weltkriegen im letzten Jahrhundert ist Europa in einer neuen, großen Friedensgemeinschaft geeint.
Ich vergesse dabei nicht die weiteren an einem Beitritt interessierten Staaten in Europa. Sobald sie die Voraussetzungen erfüllen, werden auch mit ihnen konkrete Beitrittsverhandlungen wie mit Rumänien und Bulgarien zu führen sein. Für die Türkei gilt, dass entsprechend der bisherigen Vertragslage auf der Grundlage eines Berichts der Kommission 2004 darüber zu entscheiden ist, ob konkrete Beitrittsverhandlungen aufzunehmen sind. Jetzt die Tür zur Vollmitgliedschaft zuzuschlagen, wie es die Landesregierung will, ist falsch. Der schwierige Prozess in der Türkei, west
liche demokratische und rechtsstaatliche Standards einzuführen und durchzusetzen, würde in unverantwortlicher Weise gefährdet.
Die EU der 25 Mitgliedsstaaten mit 450 Millionen Einwohnern erwirtschaftet ein Viertel des weltweiten Bruttosozialprodukts. Dies zeigt, welche wirtschaftlichen Chancen damit in Europa insbesondere für uns, aber auch insgesamt für die weitere Entwicklung in der Welt gegeben sind.
Dieses Europa, diese Europäische Union ist jedoch viel mehr als ein gemeinsamer Markt. Diese Europäische Union ist und muss eine Gemeinschaft gemeinsamer Ziele und Werte sein.
Die Europäische Union muss ihrerseits ebenfalls beitrittsfähig gestaltet werden. Um dies zu erreichen, hat der Europäische Rat in Laeken, aufbauend auf den guten Erfahrungen des Konvents zur Schaffung von Grundrechten, einen Konvent zur Zukunft Europas unter dem Vorsitz des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog einberufen.
Das wichtigste Ziel des Verfassungsprozesses war die Schaffung der Grundlage für die Europäische Union, um den Herausforderungen der Erweiterung und einer globalisierten Welt entsprechen zu können. Dazu sind eine bessere demokratische Legitimation und eine umfassende Stärkung der Handlungsfähigkeit der Institutionen und der Verfahren der Union notwendig. Ebenso wichtig ist, dass die Europäische Union durch mehr Transparenz und Verständlichkeit näher an die Bürgerinnen und Bürger herangeführt wird.
Was kaum jemand zu hoffen wagte, ist gelungen: Der Konvent ist mit seinem Verfassungsentwurf diesen Ansprüchen weitgehend gerecht geworden. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass dazu die deutschen Vertreter – Außenminister Fischer, Professor Dr. Meyer für den Bundestag und Ministerpräsident Teufel für den Bundesrat –, auch durch ihre gute Zusammenarbeit, einen ganz wesentlichen Beitrag geleistet haben. Herzlichen Dank dafür.
Wir hatten über die wesentlichen Ergebnisse des am 13. Juni und am 10. Juli 2003 im Konsensverfahren angenommenen Verfassungsentwurfs bereits am 16. Juli dieses Jahres im Landtag eine Regierungserklärung und eine Debatte hierzu.
Mit der Eröffnung der Regierungskonferenz am 4. Oktober 2003 ist nunmehr der europäische Verfassungsprozess in seine entscheidende Phase getreten. Die bisher bereits angemeldeten Veränderungswünsche insbesondere der kleinen Staaten geben allerdings Anlass zu der Sorge, dass der Verfassungsentwurf erheblich verändert werden soll. Dadurch droht ein Rückfall in die bisherigen alten Strukturen mit ihrer besonderen Betonung der nationalen Partikularinteressen.
Die Bundesregierung vertritt deshalb zu Recht die Auffassung – ich freue mich, Herr Kollege Reinhart, dass Sie dies ebenfalls so sehen –, dass der Verfassungsentwurf in der Regierungskonferenz nicht wieder aufgeschnürt werden darf. Denn es ist nicht ersichtlich, wie bei den zahlreichen
Veränderungswünschen dann wieder eine tragfähige Einigung gefunden werden soll. Dies gilt auch für Veränderungswünsche, die in Deutschland angemeldet werden. Zwar ist vieles davon nachvollziehbar oder wäre unterstützenswert, aber ein besserer Kompromiss als der im Konvent bereits erzielte wird nicht erreichbar sein.
Die Diskussion in der Bundesrepublik sollte deshalb nicht darüber geführt werden, was in dem Verfassungsentwurf alles verändert werden soll oder könnte, sondern sollte insbesondere im Hinblick auf die Europawahl mit der Zielsetzung geführt werden, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass es sich um einen guten Kompromiss handelt, der erhalten bleiben muss und der hoffentlich dann auch geltende Grundlage für die Europawahl ist.
Lassen Sie mich einige wenige der einzelnen, im Bericht der Landesregierung dargestellten Verbesserungen nochmals anführen: verbesserte Bürgernähe, Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments, Wahl des Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament, ab 2009 verbesserte qualifizierte Mehrheit im Ministerrat, ab 2009 eine arbeitsfähige Größe der Kommission, Zurückdrängung des Einstimmigkeitserfordernisses für die Beschlussfassung zugunsten von Mehrheitsentscheidungen und Schaffung des Amtes eines europäischen Außenministers.
In diesem Zusammenhang müssen einige Äußerungen des Ministerpräsidenten zur Außenpolitik angesprochen werden. Der Ministerpräsident gab am 17. September letzten Jahres folgende Äußerung von sich – ich zitiere –:
Mit dem Einlenken des Irak auf Druck fast der gesamten Weltgemeinschaft bricht das Schröder’sche Wahlkampfmanöver „Gerd und Saddam gegen den Rest der Welt“ wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Dies war eine völlig inakzeptable Entgleisung des Wahlkämpfers Teufel, der dazu auch noch das Amt des Ministerpräsidenten benutzte.
die Bundesregierung habe – ich zitiere – „Deutschland in die außenpolitische Isolation geführt“. Die letzte Behauptung hat der Ministerpräsident auch Anfang dieses Jahres mehrmals wiederholt, so zum Beispiel im Februar bei der Feier zum 100-Jahr-Jubiläum der US-Handelskammer. Die unterschiedlichen Auffassungen der gegenwärtigen US-Regierung und der Bundesregierung wurden dabei zum Konflikt zwischen Deutschland und den USA hochstilisiert. Das war und ist unverantwortlich.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Kretschmann GRÜNE – Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Heute kom- men Sie aber weit herum!)
Es ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht jeder deutschen Regierung, klar Nein zu sagen, wenn sie mit Entscheidungen befreundeter Staaten nicht einverstanden sein kann. Der Bundeskanzler hat deshalb letzte Woche in Bo