Protocol of the Session on October 30, 2003

Sie verstehen, dass ich zu dem noch zu findenden Standpunkt des BLHV nicht Stellung nehmen möchte.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Aber Ihre Meinung!)

Die kommt gleich. Ich habe sie auch schon mehrfach vorgetragen.

(Abg. Teßmer SPD: Variantenreich!)

Schauen Sie: Sie müssen abwarten, was Brüssel bietet und liefert. Sie können nicht im vorschnellen Gang etwas beschließen. Wir haben bis heute nicht die abschließenden Texte zu dem, was Agrarreform und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik bedeutet.

Aber: Sie wissen, dass wir schon mehrfach geäußert haben, dass wir große Bedenken hätten, die von Brüssel – sprich von Kommissar Fischler – favorisierte Betriebsprämie einzuführen. Ich bin gerne bereit, das zu begründen, wenn Sie nachfragen. Auf der anderen Seite wird durchaus ernsthaft unter allen 16 Bundesländern diskutiert und besteht dort auch viel Neigung, eine flächendeckende bundesweite Prämie einzuführen, differenziert nach Ackerland und Grünland. Dies böte in der Tat unserer Region eine Chance.

Allerdings muss man wissen: Wie so oft geht es auch hier um das gute Geld. Wenn wir bundesweit zu einer Flächenprämie kämen, würde dies unter Umständen auch mit bedeuten, dass eine gewisse Gerechtigkeitslücke innerhalb des bundesweiten Ausgleichs – eine Gerechtigkeitslücke, die vor allem Baden-Württemberg und einige andere Länder betroffen hat – geschlossen werden könnte. Das heißt aber, dass beim gesamten Finanzvolumen bundesweit einige Gewinner wären – da wären dann auch solche Regionen dabei –, andere eher Verlierer. Die Gerechtigkeitslücke ist ent

(Minister Stächele)

standen, als man damals von der Preisstützung zur produktionsbezogenen Förderung übergegangen ist.

(Abg. Teßmer SPD: Das haben wir ja gewollt!)

Da war halt in Gottes Namen hier bei uns mehr extensivierte Produktion. Demzufolge gab es im Ergebnis bei der produktionsgebundenen Förderung weniger als in den Regionen, in denen intensiver produziert wird. Wenn man jetzt von der produktionsgebundenen Förderung weggeht – das ist der Ausgangspunkt aller Überlegungen für die GAP-Reform –, dann kann das nur heißen, dass ich Fläche dann wieder gleich bewerte. Das gibt natürlich Umschichtungen in gewaltigen Größenordnungen. Jetzt merken Sie von allein, Herr Winkler: Dahinter steckt dann natürlich unwahrscheinlich viel politische Brisanz.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Deswegen meine Fra- ge!)

Meine Neigung ist erkennbar.

(Abg. Teßmer SPD: Na, na! So klar nicht, aber im- merhin!)

Da müssen Sie gut zuhören, Herr Teßmer. Dann kriegen Sie das schon raus. Ein bisschen intellektuelle Anspannung ist immer erforderlich.

(Heiterkeit)

Zusatzfrage, Herr Abg. Teßmer.

Ich habe ja den Zuruf „Variantenreich!“ gemacht. Sie haben ein breites Spektrum zugelassen.

Herr Minister, noch eine kurze Frage: Sie haben am Anfang eine Schädigungssumme genannt, die bei den Landwirten mit starker Milchwirtschaft zu befürchten ist. Haben Sie in Ihrer Worst-Case-Rechnung

(Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

er weiß das, und er kann das; das unterscheidet den Minister von dir, Helmut –

(Abg. Moser SPD: „Wurst und Käse“ heißt das!)

auch gegengerechnet, dass es eine Grünlandprämie geben wird, die natürlich dann auch ein Plus bedeutet und diesen Verlust, wie ich glaube, deutlich reduziert? Ist das auch berücksichtigt, oder sollte man da nicht ein bisschen vorsichtig sein mit dem Herunterrechnen, wenn man noch nicht weiß, wie viel Grünlandprämie es gibt?

Vielen Dank für die Frage, Herr Teßmer.

Ich habe mich heute Morgen noch gefragt, ob ich überhaupt Zahlen nennen soll.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Denn im Moment ist es ganz gefährlich,

(Abg. Teßmer SPD: Ja, eben!)

weil diese Geschichte noch unwahrscheinlich viel Feinjustierung braucht. Sprich: Wenn die Marktbeschlüsse, in denen es konkret um die Preise geht, so umgesetzt werden, werden in der Tat höchstens 60 % des Verlusts ausgeglichen, der durch die neue Milchprämie entsteht. Das ist der Ausgangspunkt. Andererseits: Solange ich nicht weiß, ob es zu einer flächendeckenden Grünlandprämie kommt, kann ich auch nicht sagen, ob durch diese Grünlandprämie etwas dazukommt. Verstehen Sie? Wenn diese Grünlandprämie durch diesen länderweiten Ausgleich höher ausfällt, ist es durchaus möglich, dass der Verlust nicht zu 60 % gedeckt wird, sondern in einem höheren Umfang.

In Klammern muss ich noch sagen: Auch die Marktsituation kann ich erst etwa im nächsten Mai beurteilen.

Dann kommt aber ein dritter Punkt dazu, den ich jetzt noch ansprechen muss. Es gibt eine Gefahrenstelle; sie kommt aus dem zweiten Teil der Agrarreform: Cross Compliance. Sie kennen die Gefahrenstelle. Sie ist noch nicht abschließend zu beurteilen: Wo wird künftig der Mindeststandard angesetzt? Denn was unter den Mindeststandard fällt, darf nicht mehr gefördert werden. Da kommt jetzt jene andere Front: Wird die von uns zu Recht gelobte Grünlandprämie wohl über oder unter dem Standard liegen? Da sind ein paar Unwägbarkeiten, die man noch nicht abschließend entscheiden kann.

Nicht nur für die Agrarpolitiker lohnt es sich, in den nächsten drei Monaten genau hinzuschauen. Mit Frau Künast haben wir Ende November wieder eine Besprechung. Deutschland muss sich entscheiden. Wenn wir keine Entscheidung entgegen den Brüsseler Vorschlägen zu einem nationalen Flächenmodell treffen, dann würde zum 1. August 2004 automatisch die Betriebsprämie gelten.

Ein Gesetzgebungsverfahren für eine eigene nationale Lösung braucht Zeit. Spätestens im Januar muss man damit anfangen, damit es fertig wird. Bis Ende des Jahres muss ich also nicht nur klären, welches der Modelle richtig ist, um die Entkopplung zu verwirklichen, sondern ich müsste auch wissen, was die Umsetzung von Cross Compliance bedeutet, damit ich wirklich sehen kann, wo unseren Landwirten geschadet wird oder nicht. Das ist ein Bündel von Fragen, das in dem engen Zeitkorsett bis Ende des Jahres möglichst abschließend geklärt werden muss.

Heute habe ich unterschrieben, dass wir ein Kolloquium über diese Dinge für Interessierte starten werden. Wichtig ist auch, die Wirkung der europäischen Agrarpolitik zu betrachten. Egal, welche Richtung ich wähle: Welche Auswirkungen hat das im Ergebnis auf die konkrete Struktur? Wenn ich mit einer Förderung nicht mehr die Produktion ankurbele, muss ich davon ausgehen – manche wollen das natürlich; das ist ihr erklärtes Ziel –, dass sich gewaltige Produktionsveränderungen ergeben. Wie wirkt sich das auf den Viehbestand aus? Wie viele Schlachthöfe gibt es wo? Dabei muss ich auch über die Grenzen schauen. Wie löst Frankreich im nahen Elsass das Problem? Etwa so wie wir hier? Oder wie wirken sich die Lösungen in den Niederlanden auf Deutschland aus? Ich will es wirklich nicht weiter verkomplizieren. Ich kann nur dazu einladen, dieses Kolloquium wahrzunehmen, da das, was sich im Moment abspielt, einen Paradigmenwechsel darstellt.

Zweite Zusatzfrage, Herr Abg. Teßmer.

Herr Minister, noch eine kurze Zusatzfrage: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie bei der nationalen Umsetzung der regionalen Grünlandprämie als Minister an der endgültigen Fassung der gesamten bundesdeutschen Regelung beteiligt sind?

Die Beteiligung ist einfach: Zunächst haben wir eine rein beratende Funktion in der Agrarministerkonferenz.

(Abg. Teßmer SPD: Ja!)

Wenn wir uns für eine nationale Lösung entscheiden, gibt es ein Gesetzgebungsverfahren. Dann ist die Zustimmung des Bundesrats vonnöten. Dort wird es konkret werden.

(Abg. Teßmer SPD: Wir sind nicht außen vor?)

Wenn das Ganze in ein Regelwerk gegossen werden muss, beginnt das Verfahren im Bundestag und im Bundesrat mit dessen Zustimmungspflicht.

Keine weiteren Zusatzfragen.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G e r d T e ß m e r S P D – Z u k u n f t d e r F o r s t l i c h e n H a u p t s t ü t z p u n k t e

Herr Abg. Teßmer, Sie haben das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Sind die sieben überregional wirkenden Forstlichen Hauptstützpunkte aufgrund ihres Aus- und Weiterbildungsangebots weit über Kreisgrenzen hinweg als eigenständige Einheiten anzusehen?

b) Ist vorgesehen, die sieben über ganz Baden-Württemberg verteilten Forstlichen Hauptstützpunkte den jeweils zuständigen Regierungspräsidien zu unterstellen?

Herr Minister Stächele, Sie erhalten das Wort zur Beantwortung der Anfrage.

Zur ersten Frage: Die Forstlichen Hauptstützpunkte sind natürlich Teil der Revierorganisation und damit Teil der Dienststelle Forstamt. Sie sind keine eigenständigen Organisationseinheiten. Das Ministerium beabsichtigt, in Zusammenarbeit mit den kommunalen Landesverbänden eine Konzeption für ein künftiges, Landkreisgrenzen übergreifendes Aus- und Fortbildungsangebot zu erarbeiten.

Zu b: Im Zuge der Übertragung der Aufgaben der bisherigen Staatlichen Forstämter auf die Stadt- und Landkreise ist eine Eingliederung der Forstlichen Hauptstützpunkte in die jeweiligen Sitzlandkreise vorgesehen.