Protocol of the Session on May 7, 2003

Herr Kollege Drexler, das wissen Sie doch ganz genau: Unter Koalitionspartnern macht man zu Beginn einer Legislaturperiode einen Vertrag.

(Abg. Kretschmann GRÜNE und Abg. Drexler SPD: Den können Sie doch ändern!)

Dieser Vertrag wird selbstverständlich eingehalten. Aber er wird natürlich im Jahr 2006 – je nach Wahlergebnis, je nach Situation – neu auf den Prüfstand gestellt. Ich sage nur: Das Thema „Zahl der Ministerien“ darf nicht von der Tagesordnung verschwinden.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Gut!)

Zur Verwaltungsreform gehört auch die Reform der Justizverwaltung.

(Abg. Drexler SPD: Ja!)

Ich danke der Frau Justizministerin sehr, die in dieser Frage einen, wie ich glaube, sehr mutigen und weit greifenden Entwurf vorgelegt hat. Ich begrüße das ausdrücklich.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Mutig ist das nicht, höchstens inkonsequent!)

Auch hier gilt: Sie hat aus meiner Sicht, soweit ich das verfolgen konnte, mit Ausnahme der Opposition fast nur positive Reaktionen erhalten.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Die CDU-Fraktion!)

Von den Verbänden, meine ich jetzt.

(Abg. Drexler SPD: Von den Verbänden! – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Pfister, dazu haben sich gleich zwei Abgeordnete zu Zwischenfragen gemeldet.

Herr Kollege Kretschmann und dann Herr Kollege Drexler.

Herr Kollege Pfister, der Ministerpräsident hat heute ausgeführt, dass der Effizienzgewinn seiner so genannten großen Verwaltungsreform ca. 100 Millionen € betragen soll. Die Umsetzung des Reformentwurfs Ihrer Ministerin kostet aber 60 bis 70 Millionen €. Ich meine, das ist doch irgendwie nicht sehr sinnig. Oder?

Was ist Ihre Frage?

(Abg. Drexler SPD: Ob das sinnvoll ist!)

Ob das sinnvoll ist?

Für die Privatisierung der Notariate gibt sie 70 Millionen € aus. Das heißt, eine tolle Idee Ihrer Ministerin kostet 70 % des Effizienzgewinns der

ganzen Verwaltungsreform. Das ist doch wohl ein Witz, oder?

(Vereinzelt Heiterkeit bei den Grünen)

Jetzt müssen Sie wissen, Herr Kollege Drexler, dass wir das einzige Bundesland sind – –

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Direkt noch dazu?

(Abg. Drexler SPD: Nein! Ich habe mich noch gar nicht zu Wort gemeldet, weil der Herr Kollege Kretschmann seine Zwischenfrage gestellt hat!)

Ach so. – Herr Kollege Kretschmann, Sie wissen, dass wir das einzige Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland mit dieser besonderen Form des Notariatswesens sind. In anderen Bundesländern gibt es ja diese freien Notare.

Jetzt müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen: Natürlich ist es schön, dass wir diese 60 Millionen € da kassieren. Wir kassieren sie übrigens auch für den Landeshaushalt.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Aber Sie wissen doch ganz genau und Ihr Kollege Oelmayer weiß es auch ganz genau, dass es eine europäische Rechtsprechung gibt, die zunehmend darauf abhebt, dass bei dieser Gebührengeschichte bestenfalls kostendeckende Gebühren erhoben werden dürfen, sodass es in der Zukunft eben nicht mehr möglich sein wird, dass Gebühreneinnahmen dem allgemeinen Landeshaushalt zugeführt werden.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Dieses Schwert schwebt über uns. Ich sage Ihnen voraus: Es wird nicht mehr lange dauern, bis Sie dieses Thema Gebühren überhaupt nicht mehr als Argument gegen die freien Notare anführen können.

(Abg. Drexler SPD: Warten wir ab! – Abg. Oel- mayer GRÜNE: Wo kommt es denn dann her, das Geld? – Weitere Zurufe)

Tatsache ist aber unabhängig davon, dass die badischen Notarvereine – die habe ich bereits genannt –

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen – Abg. Drexler SPD: Das ist ja wohl klar!)

und auch der Deutsche Notarverein dies alles selbstverständlich positiv sehen. Das gilt übrigens auch für die Übertragung der Handels- und Genossenschaftsregister an die Industrie- und Handelskammern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das ist jetzt neu; wir konnten das in der Vergangenheit nicht machen. Erst seitdem Frau Zypries angekündigt hat, dass sie in Berlin eine Öffnungsklausel verabschieden wird, um uns das zu ermöglichen, können wir diese Handelsregister an die Industrie- und Handelskammern übertragen.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Aber entscheidend ist doch: Es ist ein richtiger Weg, dass wir diese Handelsregister an die Industrie- und Handelskammern übertragen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Oelmayer GRÜ- NE: Was ist daran denn richtig?)

Herr Kollege Pfister, Kollege Drexler.

Die Frage mit den 70 Millionen € und den 100 Millionen € ist noch nicht beantwortet.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Die werden nicht mehr da sein!)

Ich habe es Ihnen gesagt, Herr Drexler: Wir werden diese 70 Millionen €, auf Sicht gesehen, überhaupt nicht mehr erheben dürfen.

(Abg. Drexler SPD: Jetzt warten wir mal ab! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Warum wollen Sie sie dann jetzt schon weggeben?)

Das ist der Punkt, um den es dann geht.

Die anderen Punkte sind genannt worden: die Bündelung und Konzentration von Aufgaben und Standorten. Das wird Ärger mit den Standortgemeinden geben. Das wird auch mit den Abgeordneten Ärger geben. Aber wenn man eine dauerhafte Entlastung des Landeshaushalts auch im Personalkostenbereich will, dann muss man das eben durchstehen. Ich weise darauf hin, dass wir nach wie vor der Meinung sind, dass ein Rechtspflegeministerium geschaffen werden soll, das heißt, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit eigentlich zum Justizministerium gehört.

Ich will zusammenfassend nur sagen: Über das eine oder andere wird man sich in den nächsten Wochen selbstverständlich noch zu unterhalten haben. Aber ich bin – auch nach den Stellungnahmen des Herrn Ministerpräsidenten und des Kollegen Oettinger – sehr zuversichtlich, dass wir uns ebenso schnell über eine Reform des Justizwesens in Baden-Württemberg einigen können, wie das bei der Verwaltungsreform der Fall war. Ihnen, Frau Ministerin, gilt mein ausdrücklicher Dank für den mutigen Entwurf, den Sie vorgelegt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, Professor Hesse hat in seinem Gutachten nicht nur Vorschläge zur Integration und zur Neuordnung von Behörden gemacht, sondern er hat auch Vorschläge dazu gemacht, wie die Bundesländer untereinander zu länderübergreifenden Kooperationen kommen können, etwa im Bereich des Verkehrswesens und des Polizeiwesens, im Umweltbereich, zum Teil bei der Gerichtsbarkeit oder wenn es insgesamt um die Bündelung von Förderungspolitiken geht.