Protocol of the Session on December 12, 2002

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn sich ein Landessender in ökonomischem Größenwahn dazu entschließt, unbedingt über den Satelliten Astra ausgestrahlt zu werden – wozu das sein muss, ist mir sowieso ein Rätsel –, obwohl von vornherein Fachleute gewarnt haben, dass er dies nicht tun solle, dann sind hier einfach handwerkliche Fehler gemacht worden, dann sind vom Chef dieses Betriebs Fehler gemacht worden. Das können Sie nicht der Bundesregierung in die Schuhe schieben. Das schieben wir auch nicht der LfK oder Herrn Minister Palmer oder der Landesregierung in die Schuhe. Hier sind ganz klar Managementfehler gemacht worden. Diese Fehler muss man einfach erkennen. Ich glaube, dass es Schwierigkeiten geben wird, einen Investor zu finden, weil das Unternehmen so herabgewirtschaftet wurde.

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir für einen Landessender einen Landesbezug brauchen. Ich stelle Ihnen einmal die Frage: Was wäre passiert, wenn beispielsweise ausländische Investoren gekommen wären, zum Beispiel eine Gruppe um Berlusconi oder andere? Es geht jetzt gar nicht um die Person Berlusconi. Wo gäbe es da noch einen Landesbezug? Deswegen ist es einfach richtig und wichtig, darauf zu achten, dass sich Sender zukünftig wirklich streng danach richten, dass sie auch einen Bezug zum Land haben, und dass es nicht ihre erste Aufgabe ist, möglichst weltweit im Satellitenfernsehen empfangen zu werden. Ich glaube, dann können wir etwas hinbekommen.

In dem Zusammenhang kann ich – wenn Sie das Reisefernsehen erwähnen – sagen: Niemand hat etwas dagegen, dass so ein Sender nach Ludwigsburg oder sonst wohin in Baden-Württemberg geholt wird. Nur: Ich frage mich, ob Baden-Württemberg außer diesen Arbeitsplätzen, die ich auch nicht kleinreden will, wirklich etwas davon hat. Ich habe, weil der Sender nach Ludwigsburg kommen soll, einmal in das Programm reingeschaut, um zu sehen, was da angeboten wird. Da landet man letztendlich eher in Australien als irgendwo in einem baden-württembergischen Urlaubsort. Von wegen hier profitiert Baden-Württemberg! Wenn man dem Sender eine Lizenz gibt, müsste man mit ihm darüber reden, dass zukünftig auch andere Destinationen im Programm angeboten werden.

Nun zum Thema Mehrheitsbeteiligungen. Das ist ein hehres Vorhaben. Man sollte Parteien aus der Rundfunklandschaft, ob privat oder öffentlich-rechtlich, möglichst fernhalten. Aber – da muss ich dem Kollegen Theurer völlig Recht geben – der Postenschacher um den Intendanten des ZDF, der wirklich unanständig und unappetitlich war, hat gezeigt, dass wir das in der Praxis gar nicht haben. Wenn ich sehe, wie wichtig es den Parteien in diesem Gremium ist, möglichst viele Leute in den Rundfunkrat des SWR zu schicken, frage ich Sie: Wo ist da eigentlich die Ferne der Parteien vom Rundfunk?

Wenn wir sie ernst nehmen – ich bin gern bereit, darüber zu diskutieren –, müssen wir das aber auch konsequent machen. Dann muss es auch damit aufhören, dass wir, wenn kritische Berichte kommen, von den Journalisten, die für diese kritischen Berichte zuständig waren, hören, dass schon am Morgen des nächsten oder übernächsten Tages ein Anruf des Staatsministeriums beim Intendanten gelandet ist. Das muss dann auch aufhören, weil auch das zu den

Versuchen von Parteien und Regierungen gehört, Einfluss auf den Rundfunk zu nehmen.

Das ist der erste Schritt, den man von mir aus machen kann. Dann aber, liebe Frau Kollegin Gräßle, muss es noch viel weiter gehen. Dann müssen die Parteimitglieder und die Mitglieder des Landtags aus dem Rundfunkrat heraus. Dann haben wir wirklich eine Ferne der Parteien vom Rundfunk, ob er öffentlich-rechtlich oder privat ist. Dann sind wir auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei den Grünen)

Die Reform des Mediengesetzes ist ansonsten nichts, worüber man lange streiten müsste. Die Anpassung an das EURecht usw. muss natürlich geschehen.

Herr Kollege Palmer hat zum Ausdruck gebracht, dass er auf eine sachliche Diskussion hofft. Deswegen war ich überrascht, dass Sie, Frau Gräßle, gleich im nächsten Beitrag wenig sachlich gesprochen haben. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss tatsächlich zu einer sachlichen Diskussion kommen.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort zu einer persönlichen Erklärung erteile ich Frau Abg. Weckenmann.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Frau Dr. Gräßle, ich möchte Sie ein bisschen beruhigen. Sie haben hier kein rotes U-Boot vor sich. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass mich der Landesfrauenrat einstimmig in den Rundfunkrat entsandt hat. Der Landesfrauenrat hat 56 Mitgliedsverbände, darunter viele konservative, so auch die Frauen-Union.

Mit den Stimmen der Frauen-Union bin ich in den Rundfunkrat geschickt worden. Man kennt mich seit 15 Jahren; seit 15 Jahren bin ich Delegierte im Landesfrauenrat. Frau Dr. Gräßle, Sie können sich das nicht vorstellen, aber die Kolleginnen im Landesfrauenrat können sich vorstellen, dass jemand in den Rundfunkrat geht und dort die Interessen von 51 % der Bevölkerung in Baden-Württemberg, nämlich der Frauen, vertritt und keine Parteipolitik macht. Deswegen haben sie mich in den Rundfunkrat geschickt. Sie können sich so etwas leider nicht vorstellen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Gesetzentwurfs Drucksache 13/1550. Vorgeschlagen ist Überweisung an den Ständigen Ausschuss. – Sie stimmen der Überweisung zu.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:15 Uhr und weise darauf hin, dass die 13. Sitzung des Ständigen Ausschusses eine halbe Stunde vor Beginn der Nachmittagssitzung, also um 13:45 Uhr, im Conrad-Haußmann-Saal stattfindet.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:49 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:17 Uhr)

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 13/1580

Die erste Mündliche Anfrage stammt von Herrn Abg. Blenke. Er ist aber noch nicht da.

Deshalb rufe ich die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G u s t a v - A d o l f H a a s S P D – Z e i t g l e i c h e I n f o r m a t i o n a l l e r A b g e o r d n e t e n d e s L a n d t a g s v o n B a d e n - W ü r t t e m b e r g d u r c h V e r t r e t e r d e r L a n d e s r e g i e r u n g

Herr Abg. Haas, Sie erhalten das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Trifft es zu, dass die Landesregierung bei der Versendung von Wahlkreisinformationen und Mitteilungen an Abgeordnete differenziert und den zum Netzwerk der Regierungsfraktionen gehörenden Parlamentariern einen Vorlauf von zwei bis drei Tagen gewährt und damit die Abgeordneten der Koalition gegenüber den Abgeordneten der Opposition eindeutig bevorzugt?

b) Wie wird die Landesregierung gegebenenfalls zukünftig tatsächlich sicherstellen, dass eine politische SpezialVorabinformation von CDU- und FDP/DVP-Abgeordneten unterbunden und eine zeitgleiche Wahlkreisinformation aller davon betroffenen Landtagsabgeordneten ohne politischen Unterschied gewährleistet wird?

(Abg. Zeller SPD: Sehr gute Frage!)

Herr Abg. Haas, die Frage ist gestellt. Aber die Frage ist, wer sie beantwortet.

(Zurufe, u. a. Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das leuchtet ein!)

Ich habe gerade erfahren, dass Herr Minister Dr. Palmer diese Antwort für die Landesregierung geben sollte. Er ist aber noch im Ständigen Ausschuss.

(Minister Dr. Christoph Palmer betritt den Plenar- saal. – Abg. Kaufmann SPD: Da kommt er!)

Herr Minister Dr. Palmer, die Anfrage unter Ziffer 2 ist aufgerufen. Herr Abg. Haas hat sie bereits verlesen. Sie erhalten das Wort zur Beantwortung.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst Entschuldigung dafür, dass ich verspätet komme. Wir haben eine Sondersitzung des Ständigen Ausschusses gehabt, und die Abstimmung ist gerade erst erfolgt.

Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen des Kollegen Haas zu a und b wie folgt:

Die Abgeordneten des Landtags wenden sich in Wahlkreisangelegenheiten vielfach an die zuständigen Ressorts mit der Bitte um Informationen über örtliche Entscheidungen. Nach meiner Erfahrung sind die Ressorts bemüht, die Anfragen zeitnah zu beantworten. Die von Ihnen geschilderte Differenzierung sehe ich nicht. Ich bin aber gern bereit, einem konkreten Fall nachzugehen.

Gestatten Sie mir ferner die Anmerkung, dass durch die engere parlamentarische Zusammenarbeit zwischen den Koalitionsfraktionen und der Regierung und durch die politische Abstimmung der Regierungsarbeit mit den sie tragenden Fraktionen zwangsläufig ein gewisser Informationsvorsprung einhergeht, der durch diese parlamentarischen Gepflogenheiten bedingt ist.

(Abg. Zeller SPD: Herr Präsident!)

Herr Abg. Zeller, Zusatzfrage.

Herr Minister, wie beurteilen Sie folgenden Vorgang: Am Dienstag wird den Abgeordneten der CDU eine Information über Investitionen im Bereich der Altenhilfe direkt ausgeteilt, und die Abgeordneten der Opposition bekommen dies auf schriftlichem Weg einen Tag später?

Dann hat dieser Sachverhalt in der Fraktionserörterung eine Rolle gespielt. Vielleicht ist das Verfahren so verabredet worden, ist eine Anfrage erfolgt, und dem ist der Minister gefolgt.

(Abg. Zeller SPD: Nein, das war eine Information des Ministeriums von sich aus!)

Verehrter Herr Kollege Zeller, dieses Thema stand am Dienstag auch auf der Tagesordnung des Ministerrats und ist selbstverständlich ein oder zwei Wochen zuvor auch in der Fraktion erörtert worden.

(Abg. Zeller SPD: Ach so!)

Herr Kollege Dr. Repnik nimmt dann die nachgefragten Informationsverpflichtungen wahr.

(Abg. Zeller SPD: Briefe wurden ausgehändigt an die Kollegen!)

Zusatzfrage, Herr Abg. Teßmer.

Herr Minister, gilt das auch für das Verkünden in der Fraktion von Zuschüssen, die die Ministerien an regionale Einrichtungen geben, also zum Beispiel für Zuschüsse zu Straßen- und anderen Baumaßnahmen? Diese Informationen stehen dann immer am selben Tag als Meldung des CDU-MdL in der Zeitung, an dem sie brieflich bei der Opposition ankommen. Ist das dann auch immer vorher ein Thema in der Fraktion, oder könnte es auch andere Gründe geben?