Herr Abg. Wieser, ich habe Ihren Zwischenruf leider akustisch nicht verstanden. Aber da ich Ihre Zwischenrufe kenne, bedauere ich nachträglich noch einmal, dass ich Sie in einer früheren Plenarsitzung mit dem Komparativ von weise angesprochen hatte.
Meine Damen und Herren, letztlich ist dies aber keine juristische Frage, die heute hier entschieden werden müsste, sondern es ist eine politische Frage,
Deshalb will ich hier aus einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 5. Juli zitieren. Da heißt es:
Nicht Juristen ziehen in Koalitionsregierungen der Handlungsfreiheit des Regierungschefs die Grenzen. Sie fällt zusammen mit der Leidensbereitschaft des kleineren Partners.
Damit Sie, meine Damen und Herren von der FDP/DVPFraktion, Ihre Leidensbereitschaft beenden können, haben wir den Antrag eingebracht und bitten um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Birzele, Ihre Rede war weder unterhaltsam noch besonders originell, noch sachdienlich.
Dass Ihre Kollegen von der SPD-Fraktion Ihnen so stürmischen Beifall zollen, zeigt, dass sie nicht mehr erwartet haben.
Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Zur Negativbilanz der rotgrünen Bundesregierung muss leider auch hinzugerechnet
Durch verkrampfte Mehrheitssuche, durch erzwungenes Stimmenraffen entstand wiederholt und zuletzt am 22. März großer Schaden am Rechtsempfinden der Bürgerinnen und Bürger, großer Schaden am Vertrauen auf die Politik, großer Schaden für unsere Verfassungsorgane und großer Schaden für das föderale System. Die CDU-Landtagsfraktion hält es für dringend geboten, dass das Bundesverfassungsgericht sich mit dieser fragwürdigen Abstimmung des Landes Brandenburg beschäftigt, um die Rechtsordnung in Deutschland wieder herzustellen.
Auch die Kollegen von der SPD-Fraktion und gerade Sie, Herr Birzele, sollten zur Kenntnis nehmen, dass die übergroße Mehrheit der Verfassungsexperten das Abstimmungsverhalten der Brandenburger am 22. März für ungültig erklären.
Der amtierende Bundesratspräsident Wowereit SPD hat vorsätzlich oder fahrlässig, grob fahrlässig, auf jeden Fall abenteuerlich diese abstrakte Normenkontrollklage geradezu provoziert. Der Rechtfertigungsversuch des Kollegen Birzele ist geradezu peinlich und muss nicht weiter kommentiert werden.
Selbst Bundespräsident Johannes Rau SPD hält diese Klage und damit eine endgültige Klärung für wünschenswert. Es steht dem Bundesratspräsidenten eben nicht zu, das Verfassungsrecht der Länder auszulegen. Artikel 51 des Grundgesetzes und die Geschäftsordnung des Bundesrats sind in dieser Frage ganz eindeutig. Die uneinheitliche Stimmabgabe Brandenburgs am 22. März war nicht zweifelsfrei und hätte nicht gewertet werden dürfen. Dass Herr Wowereit und die SPD mit Linksextremisten paktieren, ist ein politischer Skandal; dass sich aber Herr Wowereit als Bundesratspräsident für eine abenteuerliche Verfassungsverletzung instrumentalisieren ließ, ist ein Verfassungsskandal!
Jetzt geht es nicht darum, ob wir dieses Zuwanderungsgesetz brauchen oder nicht, sondern jetzt geht es darum, den Schaden für den Bundesrat und die Bundesrepublik Deutschland zu begrenzen. Jetzt geht es darum, die Rechtssicherheit wieder herzustellen
und für die Zukunft eindeutig klarzustellen, dass der Bundesrat klare Regeln hat, die von allen zu beachten sind, und der Bundesrat künftig nicht mehr als Kasperletheater missbraucht wird.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will überhaupt keinen Zweifel daran lassen, dass beim Thema Zuwanderung und allem, was dazugehört, von den beiden Koalitionsfraktionen, von den Koalitionspartnern die eine oder andere Frage anders beurteilt wird. Das wissen Sie auch; was ich Ihnen da sage, ist nichts Neues, und das kann man auch an dieser Stelle einfach noch einmal zur Kenntnis nehmen.
Es geht um das Zuwanderungsgesetz. Sie, meine Damen und Herren, wissen, dass wir ein Zuwanderungsgesetz für die Bundesrepublik Deutschland für notwendig halten. Die FDP-Bundestagsfraktion war bekanntlich die erste Fraktion, die im Deutschen Bundestag eine solche Gesetzesinitiative eingebracht hat, und Sie wissen, dass hier seitens der Landes-FDP/DVP im Parlament und auch außerhalb des Parlaments immer wieder darauf hingewiesen worden ist, dass wir eine geregelte Zuwanderung brauchen.
Was brauchen wir wirklich? Es geht doch darum, dass wir in Deutschland heute schon Zuwanderung haben niemand wird das bestreiten , und wir werden auch in Zukunft Zuwanderung haben. Wir wollen Folgendes: Wir wollen, dass diese Zuwanderung, die bisher im Wesentlichen auf dem Zufallsprinzip basierte, in Zukunft besser gesteuert wird, besser geregelt wird, und zwar nach Kriterien für eine Begrenzung der Zuwanderung, die auch von uns, von den Deutschen festgelegt werden. Das ist unser Ziel.
Daran halten wir unverdrossen fest, komme, was da wolle, vor dem Bundesverfassungsgericht, wo auch immer. Die politische Entscheidung wird in dieser Frage nach dem 22. September zu treffen sein. Dann wird man sehen, was geschieht.
Lassen Sie mich bitte noch einmal deutlich sagen: Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Aus Sicht der FDP/DVP-Landtagsfraktion brauchen wir in diesem Sinne ein modernes, also ein begrenzendes und ein steuerndes Zuwanderungsrecht, wie es die Amerikaner und die Australier seit Jahr und Tag mit Erfolg praktizieren. So etwas brauchen wir auch in der Bundesrepublik Deutschland. Das ist unumstritten.
Jetzt kommt der zweite Punkt. Das ist die Klage, die jetzt beim Bundesverfassungsgericht eingereicht worden ist.
Meine Damen und Herren, man kann durchaus der Meinung sein, dass die Art und Weise, wie dieser Gesetzentwurf im Bundesrat unter, gelinde gesagt, sehr merkwürdi
gen Umständen zustande gekommen ist, vom Verfassungsgericht überprüft werden muss. Das ist ja nicht meine persönliche Meinung; ich fordere das ja gar nicht heraus, sondern weise nur darauf hin, dass der Bundespräsident der berühmteste und eigentlich auch der authentischste Zeuge für eine solche Position ist. Denn er, der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, hat ja von sich aus gesagt, dass es durchaus sinnvoll ist, dass diese Klage eingereicht wird, und er hat geradezu dazu aufgefordert. Insofern kann ich das aus der Sicht Baden-Württembergs gut nachvollziehen. Weil wir materiell sehr stark an der Existenz eines Zuwanderungsgesetzes interessiert sind, haben wir sehr praktisch gedacht und haben gesagt ich wiederhole es : Im Grunde reicht es aus, wenn ein Bundesland die Klage erhebt; wenn es zwei sind, ist es auch recht; aber es müssen nicht unbedingt fünf oder sechs Bundesländer sein. Insofern war es aus unserer Sicht nicht notwendig, dass Baden-Württemberg gegen dieses Gesetz klagt. Das war unsere Position,
Nur eines, meine Damen und Herren, werde ich nicht zulassen. Wenn jetzt der baden-württembergische Ministerpräsident seine Richtlinienkompetenz in Anspruch nimmt, geht es nicht an, dass auf der einen Seite Herr Stolpe, ehemaliger Ministerpräsident Brandenburgs, diese Richtlinienkompetenz im Bundesrat für sich in Anspruch nimmt, aber auf der anderen Seite dem Ministerpräsidenten von BadenWürttemberg diese Inanspruchnahme der Richtlinienkompetenz verwehrt wird. Wer so etwas tut, meine Damen und Herren, der spricht mit gespaltener Zunge. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU Lachen bei der SPD Abg. Drexler SPD: Das war ein Salto mortale!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir wissen alle, auch aus eigener Erfahrung, dass Politik und Theater viel miteinander zu tun haben. Wir wissen auch alle, dass es gute und schlechte Stücke und dass es gute und schlechte Aufführungen gibt. Gerade eben haben wir eine Kostprobe davon erhalten.
Das Theater, das wir im März im Bundesrat erlebt haben, war leider ein außerordentlich schlechtes politisches Theater. Ich denke, der Abstimmungsstreit, der da inszeniert wurde, wird wohl als trauriges Schauspiel in die Geschichte Deutschlands eingehen. Das schlechte politische Theater das ist ja inzwischen bekannt war bis ins Detail geplant. Die Empörung, die wir alle live im Fernsehen mitverfolgen konnten, war eingeübt und verabredet. Das hat ja Ministerpräsident Müller aus dem Saarland auch öffentlich zugegeben. Das Geschrei über den Verfassungsbruch und die offenen Drohungen, die an den Bundespräsidenten ausgesprochen wurden, alles das war politisch inszeniert.