Aber was jetzt die Privatisierung der Universitätskliniken angeht, haben wir den Fakt, dass offensichtlich der Wirtschaftsminister eine andere Meinung vertritt als der Wissenschaftsminister und der Sozialminister.
Das ist insofern schlimm, als es bei den Universitätskliniken 25 000 Beschäftigte und 700 000 Patienten gibt und wir die Zentren der Maximalversorgung brauchen. Die befinden sich im Umbruch, und es muss gewährleistet sein, dass das läuft.
Ich will das deutlich machen. Wir haben ein Gutachten vorgelegt bekommen darauf beruft sich der Wirtschaftsminister immer wieder , dessen Verfasser darauf Wert legen, mitzuteilen, dass sie das Gutachten in kürzester Zeit erstellen mussten, nämlich im Januar wir gehen davon aus, dass das nach der Dreikönigsrede des Wirtschaftsministers war. In diesem Gutachten wird zum Zweiten festgestellt, dass die Verfasser auf öffentliche Daten hätten zurückgreifen müssen, weil kein ressortübergreifendes Handeln festzustellen war. Das Gutachten ist letztlich nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt ist.
Um zum Thema Hand noch eins draufzusetzen: Der Herr Ministerpräsident spricht gern von der ruhigen Hand; in diesem Fall ballt er aber wohl seit Monaten die Faust in der Hosentasche und lässt den Wirtschaftsminister treiben, was dem gerade einfällt.
Wir möchten in der heutigen Debatte geklärt haben, worum es geht. Zu den weiteren Punkten werde ich in der zweiten Runde kommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie Sie alle mitgekriegt haben, trat der Wirtschaftsminister vor ein paar Tagen mit einigem Tamtam vor die Presse
und schlug vor, angesichts der klammen Kassen die Universitätskliniken zum Teil zu privatisieren. Der Wissenschaftsminister und der Sozialminister derselben Regierung gingen ebenfalls an die Presse und sagten: Wir lehnen diese Vorschläge ab.
In denselben Tagen haben wir von den Grünen die Antwort auf einen Antrag erhalten, in dem dem Wissenschaftsminister die Frage gestellt wurde, wie seiner Meinung nach angesichts der Privatisierungspläne die Aufgabe zu bewältigen sei, auf der einen Seite die Krankenversorgung und die medizinische Maximalversorgung sicherzustellen und gleichzeitig die Einheit von Forschung und Lehre zu wahren. Die Stellungnahme zu unserem Antrag lautete im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsminister: Diese Frage stellt sich uns zurzeit nicht. Und der Ministerpräsident schweigt zu diesem Thema.
Es stellt sich heraus, dass schon seit Monaten Vorberatungen laufen; es ist eben schon erwähnt worden. Der Wirtschaftsminister hat inzwischen zu diesem Thema ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Der Wirtschaftsminister hat im vergangenen Jahr Gespräche mit privaten Krankenhausbetreibern geführt.
Und das Wissenschaftsministerium antwortet uns auf unsere Anfrage gefragt nach den Kaufofferten und den erwarteten Privatisierungserlösen , das alles unterliege dem Geschäftsgeheimnis. Wenige Tage später lesen wir in der Zeitung: Der Wirtschaftsminister hat alles schon in der Tasche. Aber im parlamentarischen Prozess wird uns das nicht mitgeteilt.
Die Zahlen liegen inzwischen auf dem Tisch. Der Wissenschaftsminister kritisiert, das wäre ein schlechtes Geschäft für das Land. Auch die CDU hält dies für ein schlechtes Geschäft. Die FDP/DVP sagt: Wir bleiben aber dran. Und der Ministerpräsident derselben Regierung schweigt weiter, so wie er auch heute bei der Debatte über dieses Thema nicht anwesend ist.
Inzwischen fragt man sich: Wie nennt man eigentlich eine solche Aufführung? Die Bild-Zeitung nennt es, schon vor einer ganzen Weile, Zoff am Stuttgarter Kabinetts
tisch oder Ministerkrach, wenn Herr Döring in den Zuständigkeiten seiner Ministerkollegen wildern geht und deren Bereiche zum Verkauf anbietet.
Ich glaube, dass das Bild nicht zutrifft. Man könnte vielleicht eher sagen, die Überschrift müsse heißen: Alles Wahlkampf!
Die FDP/DVP zieht wieder einmal ihr altbekanntes Privatisierungsnümmerchen ab das mag deren Wählerklientel , und die CDU schweigt still, weil sie weiß, dass die FDP/ DVP viel schwätzt und nur selten handelt.
(Beifall bei den Grünen Abg. Pfisterer CDU: Stimmt nicht! Wir haben ganz klar Position bezo- gen! Abg. Dr. Lasotta CDU: Wir haben uns klar geäußert! Wir haben nicht geschwiegen!)
Ich habe aber noch eine dritte Idee, wie man diese Inszenierung bezeichnen könnte. Es könnte auch sein, dass die Inszenierung nach dem Muster verfährt: Alles ein abgekartetes Spiel mit verteilten Rollen.
Wenn dieser Dissens in der Landesregierung tatsächlich so gravierend wäre, kann ich nicht verstehen, warum der Ministerpräsident seit Wochen zuschaut, wie der Sozialminister und der Wissenschaftsminister in der eigenen Regierung von der FDP/DVP demontiert und vorgeführt werden, ohne die Verhältnisse klarzustellen.
Es könnte ja sein, dass der Landesregierung nur die öffentliche Debatte zum jetzigen Zeitpunkt nicht richtig gefällt, in der Sache aber gar kein Dissens vorliegt.
Für diese Variante gibt es zwei Anzeichen. Das eine Anzeichen: Herr Stratthaus sagt in diesen Tagen vor der Presse, die für eine Privatisierung notwendige Gesetzesänderung könne er sich durchaus vorstellen. Aha!
Das zweite Beispiel: Unser Wissenschaftsminister Frankenberg hat sich im August vor der Presse schon einmal zu diesem Thema geäußert. Damals fiel die Stellungnahme allerdings deutlich anders aus. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, was Herr Frankenberg im Sommer zu diesem Thema gesagt hat:
Er hält die Privatisierung der Universitätskliniken für verfrüht. Wir brauchen noch einige Zeit, bis der derzeit laufende Prozess der Umorganisation abgeschlossen ist. Der Minister betonte, er sei nicht grundsätzlich dagegen, die Unikliniken privat zu führen. Langfristig kann man das ins Auge fassen.
Ich glaube, angesichts der Entwicklung der letzten Monate müssen Sie klar Stellung beziehen, was Sie tatsächlich denken und wo Sie stehen. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie klar sagt, ob es in dieser Frage hü! oder hott! geht. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf auch die vielen Beschäftigten und die davon betroffenen Patienten , dass die Karten offen gelegt werden. Dann können wir auch endlich in eine ehrliche Debatte einsteigen. Dann werden wir Ihnen auch erklären, warum wir diesen Vorschlag in der Sache für unbegründet halten, warum er rufschädigend für die Universitätskliniken ist und darüber hinaus auch schlecht gerechnet wurde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat lässt es sich nicht bestreiten, dass die jüngsten Äußerungen des Herrn Wirtschaftsministers einigen Staub aufgewirbelt haben.
Meines Erachtens besteht aber keine Veranlassung zu der etwas übertriebenen Aufgeregtheit, die ich auch in dieser Debatte feststelle. Zum Teil ist ja seitens der SPD, Herr Wichmann, gefordert worden, Herr Döring solle endlich an die Kandare gelegt werden.