Ich habe einmal im Fremdwörterduden nachgeschaut. Da wird die Kandare als Gebissstange im Maul des Pferdes definiert.
So weit wollen Sie ja wohl doch nicht gehen, Herrn Döring eine Gebissstange anzulegen, wo er doch so schöne Zähne hat und so schön lachen kann. Dies wäre mit einer Gebissstange schwerer möglich.
Aber zur Sache: In der Tat hat der Wissenschaftsausschuss in seiner letzten Sitzung vonseiten der CDU, vonseiten der Grünen und vonseiten der SPD übereinstimmend seine ablehnende Haltung zu der Vorstellung bekräftigt, die Universitätskliniken zu privatisieren. Wir haben dafür ausreichende, entscheidende und ausschlaggebende Gründe, und daran hat sich nichts geändert.
Die CDU sagt hier klar und deutlich ihr Nein zu einer Privatisierung dieser Kliniken. Es gibt schwerwiegende Bedenken dagegen und gute Gründe, am jetzigen Zustand festzuhalten:
Erstens: Die Universitätskliniken haben eine Doppelfunktion: Sie sind zum einen Krankenhäuser der Maximalversorgung und zum anderen Stätten von Forschung und Lehre auf höchstem Niveau. Beides ist eng miteinander verzahnt.
Weiter: Unsere Hochschulmedizin ist eine ausgesprochene Wachstumsbranche mit internationalem Renommee.
Schließlich haben diese Kliniken mit einer neuen Rechtsform erst vor zwei Jahren eingeführt eine Grundlage für ein effektives betriebswirtschaftliches Management bekommen, sodass gar keine Veranlassung besteht, an diesem Zustand etwas zu verändern.
Nun hat sich die Privatisierung in der Politik offenbar in der letzten Zeit als eine gewisse Wunderdroge eingeschlichen. Dazu muss man Folgendes sagen: Natürlich ist der ordnungspolitische Gesichtspunkt erwägenswert, dass Private vieles besser können als der Staat.
Zweitens steht ja oft als Vater des Gedankens dahinter, mit den Erlösen die maroden Staatsfinanzen zu sanieren. Nur: Privatisierung an sich ist zunächst einmal gar nichts. Privatisierung ist etwas Formales, etwas Neutrales; es kommt auf das Ziel, den Zweck und das Ergebnis der Privatisierung an, und hier spricht eben Entscheidendes gegen eine Privatisierung der Universitätskliniken.
Das ist eine ganz banale Erkenntnis: Ein privater Investor muss eine Rendite erzielen, ein privater Investor nimmt dem Staat defizitäre Bereiche nicht aus Barmherzigkeit ab. Man muss wissen, was das für gesundheitspolitische und sozialpolitische Auswirkungen hat. Bei einem Personalkostenanteil von 70 % muss ein Privater hier entscheidend einschneiden, und dann kommen Sie, Herr Wirtschaftsminister, mit all den Überlegungen, die Sie in Ihrem Schreiben an den Herrn Ministerpräsidenten dargelegt haben, nicht weiter. Es ist eine Tatsache, dass ein Privater ein rentierliches Unternehmen schaffen muss.
Das Gleiche und noch mehr spricht gegen eine Teilprivatisierung. Man kann auf gar keinen Fall von dem Ziel ausgehen, dass der Staat die defizitären und der Private die rentierlichen Bereiche übernimmt.
Sie können Posten und Kosten rechnen aufrechnen und gegenrechnen , Sie dürfen nur keine Milchmädchenrechnung machen,
und im Endergebnis ist es eben so man darf nicht blauäugig sein : Der Investor will eine rentierliche Anlage, und das geht auf Kosten des Steuerzahlers, und da können wir nicht mitmachen.
Wenn Sie das leugnen, geht es Ihnen wie dem Mandanten, der einmal zu seinem Anwalt kam, aufgeregt sagte: Herr Rechtsanwalt, das Geld ist weg! und vom Rechtsanwalt aufgeklärt wurde: Das Geld ist nicht weg; das Geld hat jetzt nur ein anderer.
Nun haben Sie vorgeschlagen, aktienrechtliche Konstruktionen einzuführen. Ich sage Ihnen auch als Gesellschaftsrechtler: Das Aktienrecht hilft Ihnen hier gar nicht. Die Sperrminorität hilft nur gegen Satzungsänderungen, während der normale Geschäftsbetrieb nach Kapitalgesellschaftsrecht mit einfacher Mehrheit entschieden wird.
Es gibt eine klare Zuständigkeit. Der Wissenschaftsminister hat sich entsprechend geäußert, der Sozialminister hat sich entsprechend geäußert, und damit ist für uns klar, dass eine Privatisierung nicht in Betracht kommt.
Ich komme zum Schluss: Angesichts der klaren Zuständigkeit, angesichts der klaren Sachverhalte könnte man abgesehen von der Aufgeregtheit, die verständlich ist, aber nichts zur Sache tut
Zu hoffen wäre, dass vielleicht auch noch ein zweites Goethe-Wort zutrifft, nämlich: Über allen Gipfeln ist Ruh.... Warte, balde ruhest auch du.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Thema ist zu ernst, als dass Gelächter produziert werden sollte. Ich denke, dies ist eine der Debatten, in denen wir als Land Baden-Württemberg originär zuständig sind und tatsächlich Handlungsspielraum haben.
Es ist schon bedauerlich, dass beim Thema Privatisierung sowohl von rechts als auch von links immer die gleichen, fast pawlowschen Reflexe kommen: Privatisierung ist auf jeden Fall schlecht. Als Liberale haben wir in der Vergangenheit ja oft erlebt, dass manche lang, manche sehr lang brauchen. Ein Beispiel ist die Arbeitsvermittlung. Was sind
wir für unsere Vorstellungen geprügelt worden. Man hat gesagt: Das kann man niemals privat organisieren. Auf einmal sind selbst Sie spät, aber nicht zu spät auf die Idee gekommen, dass dabei möglicherweise Private besser agieren können.
Wenn es um die Privatisierung der Universitätsklinika geht, dann ist auch klar, dass Teilprivatisierung, Herr Klunzinger, nicht Privatisierung des Gewinns und Sozialisierung des Verlustes heißt, sondern dass Teilprivatisierung heißt das ist wirklich wichtig zu wissen , dass niemand daran denkt, die originären Aufgaben des Landes BadenWürttemberg hinsichtlich Forschung und Lehre zu privatisieren. Dies wird und soll selbstverständlich in der Hoheit und damit auch in der Finanzierung des Landes BadenWürttemberg bleiben.
Dass dies trotz Verzahnung möglich ist, zeigt das Beispiel Leipzig. Dort ist das in Verträgen wirklich nachvollziehbar geregelt. Wir gehen also nicht in ein Abenteuer. Die Crux dieser Debatte ist ja, dass hauptsächlich Wissenschaftspolitiker sprechen, übrigens auch bei der SPD. Es geht um die Krankenversorgung. Die Universitätsklinika sind Maximalhäuser der Krankenversorgung und als solche Teil des Gesundheitssystems. Darum geht es doch im Endeffekt. Ich wundere mich schon ein Stück weit, dass die SPD und auch die Grünen ihre Programme wohl gar nicht so genau kennen; denn sie fordern doch schon seit langem die monistische Finanzierung auch der Universitätsklinika.
Was heißt denn dies anderes, als seitens des Landes keine Mark mehr in die Kliniken zu stecken? Das muss aus den Erlösen von den Krankenkassen, von den Nutzern finanziert werden.
Ich will jetzt noch einmal zu den pawlowschen Reflexen kommen. Bei der Privatisierung sagt man leicht: Um Gottes willen, die Patienten werden nicht mehr ordentlich versorgt. Dies steht in einem merkwürdigen Kontrast dazu, dass sich viele Patienten glücklich schätzen, wenn sie privat geführte Häuser aufsuchen können.