Protocol of the Session on January 30, 2002

Ach, Mecklenburg-Vorpommern.

Das Einzige, Herr Ministerpräsident, wo Sie Recht haben, ist, dass während der Kohl-Regierung die Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg um 18 % und während der Schröder-Regierung um 15,5 % abgenommen hat.

(Zuruf von der FDP/DVP: Hat hier der Schröder regiert?)

Ja, wir vergleichen die Kohl- und die jetzige Bundesregierung. Sie brauchen es sich nur herauszusuchen, dann sehen Sie, dass das ganze Gerede, dass die Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg nicht gesunken sei, falsch ist. Unter der Schröder-Regierung ist sie dramatisch heruntergegangen, während sie unter der Kohl-Regierung dramatisch gestiegen ist. Das ist die Konsequenz der beiden Regierungen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wir haben nach wie vor 400 000 Arbeitslose weniger, als wir 1998, als wir an die Regierung gekommen sind, von Ihnen übernommen haben. Das ist so.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Auf die Arbeitslosen sind Sie überhaupt nicht eingegangen, Herr Ministerpräsident.

(Abg. Alfred Haas CDU: Da haben wir keine! Sie sind bald arbeitslos!)

Sie streichen die Programme, während der Bund mehr tut. Allein 2 Milliarden im JUMP-Programm, während Sie das Programm „Jugend Arbeit Zukunft“ auf null fahren. Das ist der Unterschied zwischen der Kohl-Regierung und der Regierung von SPD und Grünen. Das tut Ihnen nicht gut, aber so ist es.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Bei den Lohnnebenkosten haben wir Das hat mich schon umgehauen. Vor zwei oder drei Tagen hat Herr Repnik, also nicht der Sozialminister er ist auch schon weg, wohl im „Plenum“ unten

(Abg. Alfred Haas CDU: Das kann man sich nicht anhören, was Sie verzapfen!)

Sie wollten doch aufstehen, um zur Toilette zu gehen. Dann gehen Sie doch endlich.

(Unruhe)

Herr Repnik, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion, hat vor zwei Tagen im Fernsehen mit Entrüstung erklärt, die Lohnnebenkosten seien in der Bundesrepublik Deutschland zu hoch, sie müssten auf unter 40 % gesenkt werden. Schön. Wir haben von Ihrer Regierung 42,1 % Lohnnebenkosten übernommen, und jetzt sind sie bei 40,8 %. Sie sind zwar noch nicht unter 40 %, aber sie sind auf dem Wege zu 40 %. Es ist doch eine Unverschämtheit, dass wir das jetzt von Ihnen vorgeworfen bekommen, obwohl wir die hohen Lohnnebenkosten von Ihnen übernommen haben, weil Sie so gearbeitet haben. Das geht doch nicht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ihre ganzen Versprechungen zum Wohnungsbau, Herr Ministerpräsident, haben Sie nicht gehalten, um das ganz deutlich zu sagen. Die Aussage war, die Denkmalschutzmittel würden erhöht, aber sie sind gestrichen worden. Auch wurde gesagt, die Landesregierung werde die Eigenheimförderung für junge Ehepaare und Familien mit einem Kind ausweiten. Die Wirklichkeit ist: Bis auf wenige Modellprojekte keine Förderung für Familien mit einem Kind. In der Regierungserklärung wurde gesagt: Das Reihenhausprogramm, das Programm innerstädtisches Wohnen alles Erfindungen zugunsten von Familien in Baden-Württemberg werden wir fortführen. Die Wirklichkeit: Keine Fortsetzung, Programme wurden gestrichen. So weit zu Ihren Wahlversprechungen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wohnungsbaumittel: Baden-Württemberg hat die Wohnungsbaumittel um 107 Millionen DM gestrichen, die Bundesregierung um 67 Millionen DM, und jetzt werden die Mittel für Baden-Württemberg um 40 % erhöht, und Sie erhöhen sie gerade einmal um 3 %, Herr Pfister. Natürlich um 3 %, damit Sie die Kompensation betreiben können, aber mehr auch nicht. Sie haben den ganzen investiven Bereich in den Keller gefahren.

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Nein, aber das ist doch nicht zu loben. Sie hätten die Bundesregierung loben müssen und nicht sich selbst wegen Ihrer 3 %. Das wäre richtig gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Damit Sie sich auf Ihre Hochschulpolitik nicht so viel einbilden müssen, Herr Ministerpräsident, bringe ich nur ein Zitat, und zwar von Siegfried Franke, dem Leiter der Universitätsbibliothek in Ulm. Er sagt zur finanziellen Situation seiner Einrichtung, der jährlich 1 Million € fehlen:

Von den Inhalten her kann unsere Universitätsbibliothek nur noch mit Bibliotheken in Belgisch Kongo und Tschetschenien konkurrieren.

Das ist ein wörtliches Zitat.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich wollte das nur bringen. Man kann mit allen Zitaten und Statistiken die Sache verändern. Ich wollte nur etwas dagegen setzen, damit Sie nicht selbstgerecht durch die Gegend laufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie draufhauen, kriegen Sie von uns Gleiches gesagt. Uns wäre es lieber gewesen, wir hätten uns noch etwas mehr zum Haushalt

(Ministerpräsident Teufel und Abg. Oettinger CDU unterhalten sich vor den Abgeordnetenbänken ste- hend.)

Tauschen Sie sich ruhig aus. Dann kann Herr Oettinger das sagen, was Sie, Herr Ministerpräsident, sagen wollten. Tauschen Sie sich aus!

Ich sage nur: Es geht nicht, dass diejenigen, die uns im Bund einen völlig verkorksten Haushalt hinterlassen haben, und zwar in den ganzen Sanierungsbereichen, in diesem Wahlkampf die Sanierer zu Demolierern erklären. Das werden wir nicht zulassen, und dabei haben wir auch die besseren Argumente auf unserer Seite.

Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD Bei- fall bei den Grünen)

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Fraktionsvorsitzender Dieter Salomon das Wort.

(Abg. Alfred Haas CDU: Sagen Sie gleich mal was zu der Rentenversicherung! Zu der Ökosteuer nur wegen der Renten! Das ist wichtig!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, so erzeugt man keine Wechselstimmung! So wirklich nicht.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wir haben sie schon!)

Wir sind hier in diesem Haus 128 Abgeordnete. Man hat manchmal das Gefühl, Sie glauben, dass hier lauter Vollidioten sitzen,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Nicht lauter!)

aber das ist nicht so. Das Niveau, das Sie hier geboten haben, war wie im Festzelt.

(Abg. Bebber SPD: Er kennt nur seine eigene Fraktion!)

Wenn man dieses Niveau hier halten will, plädiere ich demnächst dafür, hier Bier auszuschenken.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir reden jetzt eigentlich zum Haushalt des Staatsministeriums. Im Haushalt des Staatsministeriums gibt es, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, 13 zusätzliche Stellen.

(Abg. Drexler SPD: Ja, für was?)

Ich vermute, mindestens die Hälfte davon ist dafür bestimmt, Zeitungsausschnitte zu sammeln und diese Ihnen, Herr Ministerpräsident, vorzulesen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD Abg. Drex- ler SPD: Programme der SPD durchlesen!)

Das erinnert mich an das Buch „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink. Ich weiß nicht, ob Sie dieses Buch gelesen haben. Aber der Frau wurde aus einem anderen Grund vorgelesen; sie war Analphabetin. Das sind Sie sicher nicht. Aber was soll das eigentlich? Sie stellen sich als Ministerpräsident hier hin, zitieren aus Dutzenden von Zeitungsausschnitten und lassen sich aus.

(Abg. Alfred Haas CDU: Es waren gerade einmal drei! Abg. Dr. Birk CDU: Ihr Archiv ist halt nicht so gut!)

Als den absoluten Gipfel empfand ich, dass Sie, die CDU, sich über den inneren Zustand der SPD auslassen. Das ist unglaublich. Dann haben Sie das Parteiprogramm der SPD vorgelesen und gesagt, wie Sie das bewerten und wie interessant das sei.