Trotzdem muss das Ausführungsgesetz hier geändert werden. Wir sollten wenigstens dem Beispiel Sachsens folgen. Dort hat man das Gesetz von uns übernommen, aber ein Wort geändert. Statt einer konkreten Gesundheitsgefahr reicht eine abstrakte Gesundheitsgefahr. Wir sollten wenigstens so weit gehen, wie wir es den Sachsen offensichtlich empfohlen haben.
Als Fazit muss ich wiederholen: Nur wenn sich unsere Produkte von der Billigware aus dem Ausland, von der anonymen Massenware im Supermarkt unterscheiden, hat unsere Landwirtschaft eine Chance. Sorgen Sie, Herr Minister, deswegen für die notwendigen Rahmenbedingungen. Spätestens dann, wenn wir Ihre Jahresbilanz ziehen, sollten Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist völlig richtig, Herr Kollege Walter: Es sind 120 Obstbauern, die auf der Anklagebank sitzen, weil sie contra legem gehandelt haben, nicht nur drei oder vier. Ich möchte zu Beginn ganz klar feststellen: Wenn sich jemand illegal verhält, ist dies zu ahnden und zu bestrafen – grundsätzlich und natürlich auch, weil ein großer Flurschaden angerichtet worden ist.
Aber auf dieser Anklagebank, auf der 120 sitzen, fehlt die 121. Person, und die heißt Renate Künast.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Walter GRÜ- NE: Wo hat die sich illegal verhalten?)
Das erste Beispiel – ich fange mit den kleinen Kalibern an –, Herr Walter, ist die blödsinnige Bestimmung mit den identischen und den nicht identischen Pflanzenschutzmitteln. Diese gab es schon vorher,
damit das klar ist. Ich sage aber gleich dazu: Sie hat es kritisiert, tut aber jetzt, indem sie das beibehält, nichts anderes, als der chemischen Industrie, die diese Präparate herstellt, den Gewinn in den Rachen zu scheffeln.
Nur langsam. – Die chemische Industrie stellt für die EU und für Deutschland Präparate mit ein und demselben Wirkstoff her. Nur: Für Deutschland bleibt der Wirkstoff der gleiche wie in der ganzen EU, aber für Deutschland werden die Trägerstoffe geändert, und es wird ein eigener Handelsname verwendet. Dies hat zur Folge, dass diese Mittel, weil sie nicht identisch sind, hier nicht angewendet werden dürfen. In Italien sind sie aber zugelassen, obwohl im Hinblick auf die Wirkung auf die Kulturen und den Verbraucherschutz null Unterschied besteht. Ich sage, das ist das geringste Kaliber. Der einzige Unterschied ist der, dass der Preis in Deutschland um das Fünffache höher ist als in Italien.
Jetzt zur Auswirkung auf die Bodenseeregion, zur Auswirkung in der Praxis auf die Bodenseeregion. Es geht um zwei Mittel, ich muss Ihnen die Namen nennen; ich kann es Ihnen nicht ersparen, wenn wir zur Sache vorstoßen wollen. Zum einen geht es um das Oliocin, das gegen die Rote Spinne wirkt. Ich brauche nicht weiter darauf einzugehen. Es ist in Italien für den Biolandbau und den konventionellen Landbau zugelassen, aber dennoch in Deutschland verboten.
In Deutschland gibt es aber quasi-identische Stoffe. Sie sind in Deutschland auch für den biologischen und konventionellen Landbau zugelassen, aber – Achtung! – mit 400 % Preisaufschlag.
Ein weiteres Präparat, Dithane Ultra, ist als Hauptmittel gegen den Apfelschorf für die integrierte Produktion weltweit zugelassen. Es wird in Deutschland natürlich nicht, aber in Italien selbstverständlich angewendet. Die BBA hat von März bis Juni gebraucht – ich glaube, das ist bekannt: bis Juni, also bis mitten in die Vegetation! –, um festzustellen, ob dieses Mittel identisch ist oder nicht. Und dann hat sie am 1. Juli, also mitten in der Vegetation, als ob man da noch was ändern könnte, festgestellt: Es ist nicht identisch. Da lief die ganze Produktion natürlich schon. Da konnte keiner mehr was ändern. Von den 120 Obstbauern wurden über 80 nur deswegen verdächtigt oder angezeigt – ich weiß nicht, wie das juristisch genau heißt –, weil sie diese Präparate aus Italien importiert haben.
Ein zweites Beispiel, und zwar zu den Birnen. Das ist wirklich eine „heiße Kiste“, um es ganz deutlich zu sagen. Dieses Chlormequat – –
Der Einsatz von Chlormequat in der EU, für den Getreideanbau immer noch zugelassen, war selbst bei den Birnen noch bis zum 1. Juli 2001 möglich. Beim HQZ war es verboten, damit wir uns richtig verstehen. Die Produkte, die mit diesem Präparat in den anderen Ländern produziert werden dürfen, können in Deutschland aber verkauft werden.
Aber jetzt kommt der Gipfel des Irrsinns, und das werfe ich Frau Künast konkret vor: In Belgien gibt es für dieses Mittel einen Grenzwert von 0,5 Milligramm pro Kilogramm – jetzt gut aufpassen! –, in Deutschland gilt aber, zugelassen von Frau Künast, ein Grenzwert von 3,0 Milligramm pro Kilogramm.
Langsam. Nein, das akzeptiere ich nicht. Er gilt bis zur Stunde. Frau Künast hat ihn nicht gesenkt. Das heißt, Herr Walter, in der Bundesrepublik Deutschland ist das Sechsfache an Rückständen zugelassen. Wisst ihr, wozu das führt? In Belgien werden Birnen produziert, die in Belgien nicht verkauft werden dürfen, weil dort der Grenzwert 0,1 Milligramm pro Kilogramm ist, aber die Belgier exportieren die Birnen nach Deutschland, weil hier irrsinnigerweise der Grenzwert von der Frau Künast auf 3,0 Milligramm pro Kilogramm hochgesetzt worden ist.
Natürlich stimmts. Beweisen Sie mir das Gegenteil! Irrsinn hoch zehn! Frau Künast soll den Titel „Verbraucherministerin“ ablegen.
Herr Abg. Kiefl, Sie haben sich mit den lässlichen Sünden der Frau Künast zu lange aufgehalten. Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Frau Kollegin Kipfer, Sie haben gesagt: Gut zu wissen, was man isst, oder gut nicht zu wissen, was man isst.
Langsam. Bei Erdbeeren sind bei uns 0,1 Milligramm pro Kilogramm dieses Wirkstoffs als Höchstgrenzwert festgesetzt.
Aus Spanien ist ein Import mit Belastungen bis 10 Milligramm pro Kilogramm, dem Hundertfachen, möglich. Und wissen Sie, wer diesen Irrsinn eingeführt hat? Frau Künast aufgrund der Intervention von Importeuren, weil Sie ansonsten an Silvester dieses Jahres keine Erdbeeren essen könnten, weil die sonst aus Spanien nicht eingeführt werden könnten.
Meine Damen und Herren, all das und vieles mehr, Herr Drexler, hat dazu geführt, dass am 20. November der neutrale wissenschaftliche Beirat beim Bundesernährungsministerium zurückgetreten ist,