Protocol of the Session on December 12, 2001

In diesem Bereich liegt unsere Landwirtschaft. Man muss, auch wenn es wehtut, Herr Walter,

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Walter GRÜNE: Mir tut es nicht weh!)

einmal sagen dürfen, dass dies der Grund ist.

Wenn Sie bezüglich des Obstanbaus von mangelnden Kenntnissen sprechen, muss ich Ihnen sagen: Mangelnde Kenntnisse haben vielleicht Sie als neuer agrarpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion.

(Abg. Döpper CDU: Er hat gar keine!)

Andernfalls wüssten Sie, dass die Mittel, um die es jetzt geht – –

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Herr Palmer, Sie als Pomologe wissen genau,

(Heiterkeit – Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

dass die Mittel, um die es jetzt geht, bei uns zum Teil noch bis zum 30. Juni genehmigt waren und deren Anwendung erlaubt war.

(Zurufe der Abg. Boris Palmer und Walter GRÜ- NE)

Dementsprechend ist das Ganze ausgelaufen.

Deshalb brauchen wir die Harmonisierung in der EU. Ich appelliere aber an die chemische Industrie, in Deutschland

auch für Mittel, deren Zulassung ausläuft – auch wenn der Verdienst nicht so groß ist –, wieder die Zulassung zu beantragen, um den hiesigen Obst- und Gemüseanbau nicht sterben zu lassen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Gute Rede!)

Ich darf Herrn Abg. Walter das Wort erteilen.

(Zurufe, u. a. Abg. Pfister FDP/DVP: Spricht der jetzt noch einmal? – Unruhe – Oh-Rufe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten uns in der ersten Runde über das Krisenmanagement des Ministeriums unterhalten. Diesem kann man nur die Note „mangelhaft“ geben.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Mack: Haltlose Polemik!)

Wenig überzeugend, meine Damen und Herren, sind aber auch die Vorschläge, wie es jetzt weitergehen soll.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Jetzt soll das HQZ weiterentwickelt werden. Das ist ja im Prinzip okay. Die Frage ist nur, wohin die Richtung geht.

(Abg. Zeller SPD: Und wer es kontrolliert!)

Da sind das Ministerium und der Minister bisher jede Antwort schuldig geblieben.

Ansonsten wird darauf verwiesen, die EU und der Bund sollten reagieren. Was heißt eigentlich „Harmonisierung“? Das würde ich gern einmal wissen. Heißt das, auch in Deutschland alle Spritzmittel zuzulassen, die in Europa zugelassen sind? Oder wollen wir, wenn wir wirklich glaubhaft bleiben wollen, die Zahl der Spritzmittel in Europa insgesamt verringern? Darum geht es uns.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Dazu muss ich Ihnen noch eines sagen: 16 Jahre haben Sie in Bonn diese Harmonisierung verschlafen. Jetzt, nach dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung, ist es beispielsweise gelungen, Atrazin im Maisanbau europaweit zu verbieten. Das ist ein großer Fortschritt gewesen. In diese Richtung muss es weitergehen.

(Zurufe von der CDU)

Ansonsten herrscht bei Ihnen, meine Damen und Herren, was Konsequenzen anbelangt, Funkstille.

Ich sage Ihnen: Waren mit dem HQZ müssen sich von konventionellen Waren deutlich unterscheiden. Ansonsten machen wir ein reines Herkunftszeichen, Herr Minister. Auch das wäre in Ordnung. Aber dann machen wir nicht mehr diese Mogelpackung „Herkunfts- und Qualitätszeichen“. Damit lassen sich die Verbraucher zukünftig nicht mehr täuschen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie selbst haben auf Ihrer Pressekonferenz gesagt – ich zitiere Sie –:

Wir wollen die hohen Erwartungen der Verbraucher in unsere heimischen Lebensmittel und unsere Produkte aus Baden-Württemberg in vollem Umfang erfüllen. Denn genau daraus entsteht der Wettbewerbsvorteil für die Erzeuger und Vermarkter in unserem Land.

Dem kann man nicht widersprechen. Nur: Sie und das Ministerium werden diesem Anspruch nicht gerecht, wenn Sie das HQZ auf dem gegenwärtigen Niveau belassen.

Die zweite Forderung aus unserer Sicht: Am Bodensee muss es jetzt ein Modellprojekt für ökologischen Anbau geben. In „BW-agrar“ – der Bauernverband, der nicht unbedingt ganz ökologisch ausgerichtet ist, schreibt das also selbst – lautet eine Überschrift: „Der Öko-Elstar vom Bodensee kann das Zugpferd werden“. Wenn das erkannt ist, meine Damen und Herren, frage ich: Warum machen wir das nicht?

Herr Minister, Sie schreiben im Rahmen Ihrer Stellungnahmen zu den vorliegenden Anträgen, es gebe schon Programme für Vermarktung, und wer weniger Spritzmittel einsetze, bekomme mehr MEKA-Mittel. Aber das allein reicht nicht aus. Vielmehr müssen wir in dieser Region ein kollektives Bewusstsein schaffen – da ist das Ministerium als Moderator und als Antreiber gefragt –, dass der ökologische Landbau beim Obstbau dort zukünftig tatsächlich im Vordergrund steht.

Was nützt es denn, wenn man sagt: „Das Obst aus Südtirol und anderswoher ist genauso gespritzt“? Das stimmt zwar, aber wenn wir einen Wettbewerbsvorteil haben wollen, wenn wir höhere Erzeugerpreise erzielen wollen, muss sich die Ware auch wirklich von anderen unterscheiden. Sonst sind die Menschen nicht bereit, dafür mehr Geld auszugeben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das ist auch ein Paradebeispiel dafür, wo Sie sich mit Frau Künast einmal an einen Tisch setzen könnten. Ich habe mit dem Ministerium in Berlin geredet. Die sind bereit, so etwas auf den Weg zu bringen,

(Abg. Teßmer SPD: Aha!)

gemeinsam mit Ihnen. Aber dann hören Sie endlich mit Ihren Schimpfkanonaden auf!

Noch ein weiterer Punkt – er ist schon angesprochen worden–: Wir brauchen mehr Kontrollen. Zu Recht ist darauf hingewiesen worden: Nicht aufgrund der Kontrollen, sondern aufgrund eines anonymen Hinweises wurde der illegale Spritzmitteleinsatz aufgedeckt. Das heißt doch, wir müssen mehr kontrollieren, wir müssen anders kontrollieren.

Wenn ich mit Fachleuten rede, ist das Ergebnis klar: Es gibt, beispielsweise beim WKD, zu wenig Leute, die die entsprechende Ausbildung haben. Die wissen gar nicht, was sie suchen sollen. Das heißt, wenn wir mehr Kontrollen haben wollen, dann müssen die Leute vom WKD auch die entsprechende Ausbildung haben. Sonst geht der Schuss nach hinten los.

Noch eines, Herr Kollege Schüle: Es geht ja nicht darum, dass man drei oder vier Obstbauern gefunden hat, sondern es geht um 120 – und das ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Das ist wirklich ein Skandal; das kann man nicht einfach herunterreden.

Noch ein letzter Punkt, der einfach notwendig ist: Man muss das Ausführungsgesetz zum Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz ändern. Sie verweisen natürlich zu Recht darauf, dass das Verbraucherinformationsgesetz komme. Aber man muss sich wirklich fragen, wie dreist manche noch sind, wenn darauf hingewiesen wird: Ihr in Berlin müsst das jetzt machen. Frau Künast ist gerade mal elf Monate im Amt, hat weiß Gott schon was bewegt,

(Abg. Hauk CDU: Ja, das ist wahr: „weiß Gott schon was“!)

hat die BSE- und die MKS-Krise bewältigen müssen, und jetzt sollen alle die Gesetze, die ihr 16 Jahre lang nicht auf den Weg gebracht habt, auf einmal auf den Tisch gezaubert werden.

(Abg. Hauk CDU: Die Leier zieht nicht mehr! Nach drei Jahren Regierungszeit zieht die nicht mehr!)

Ich kann nur sagen – Herr Kollege Hauk, wenn Sie zuhören, dann wissen Sie, was passiert –: Noch in dieser Legislaturperiode wird dieses Gesetz verabschiedet werden, und es wird ein gutes Gesetz werden.

(Beifall der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Trotzdem muss das Ausführungsgesetz hier geändert werden. Wir sollten wenigstens dem Beispiel Sachsens folgen. Dort hat man das Gesetz von uns übernommen, aber ein Wort geändert. Statt einer konkreten Gesundheitsgefahr reicht eine abstrakte Gesundheitsgefahr. Wir sollten wenigstens so weit gehen, wie wir es den Sachsen offensichtlich empfohlen haben.