Was will ich den informieren? Das ist ja viel zu kompliziert. Der versteht das doch technisch gar nicht.
sondern da geht es um den Sicherheitsstandard von Kernkraftwerken, und spätestens seit Tschernobyl weiß man: Wenn da etwas nicht stimmt, können Unglücke passieren, können Millionen von Menschen davon betroffen sein. Das ist ein Skandal!
Warum gibt es eigentlich diese ILK? Die gibt es deshalb, weil Herr Trittin vor zweieinhalb Jahren gesagt hat: Diesen atomhörigen Lobbyverein Reaktorsicherheitskommission – die es damals in Bonn noch gab – werden wir personell etwas austauschen. Damals ging ein Aufschrei durch Ihre Reihen, und es hat geheißen: Trittin, reine Ideologie! Wir machen unseren Gegenverein auf. Dieser Gegenverein heißt ILK, und der ist halt nicht pluralistisch besetzt, sondern das ist ein reiner Atomlobbyverein.
Ich kann nur wiederholen: Dieser Atomlobbyverein hat überhaupt nichts herausgekriegt – egal, welche Tagesordnungen er hat, Herr Scheuermann –, was sich in den Kernkraftwerken in Baden-Württemberg getan hat. Der Einzige, der etwas gemerkt hat – und das muss eigentlich die Sicherheitsphilosophie bei der Kernkraft sein, dass man ihr kritisch gegenübersteht –, war Trittin. Sie, Herr Minister Müller, haben überhaupt nichts gemerkt und haben dann versucht zu vertuschen, dass Sie nichts gemerkt haben. Sie sind zu Trittin gefahren, haben sich belehren lassen müssen, sind zurückgekommen und haben gesagt: Wir waren von Anfang an einer Meinung. Das ist ein Witz! Das Protokoll liegt vor. Sie haben Nachhilfeunterricht bekommen.
Es ist doch in den letzten Wochen immer deutlicher geworden – jeden Tag kann man es in der Zeitung lesen –, dass dieser TÜV im Prinzip nichts anderes ist als ein Verein, der all das deckt, was an sicherheitstechnischen Sauereien in den Kernkraftwerken Tag für Tag geschieht und teilweise seit 17 Jahren geschieht. Jetzt werden beim TÜV Konsequenzen gezogen; dort rollen Köpfe. Sie müssten aber Konsequenzen ziehen: Der Gutachter – TÜV Süddeutschland – gehört ausgetauscht. Das ist das Mindeste, was man verlangen kann. Wenn jemand seinen Auftrag nicht erfüllt, muss man einen anderen Gutachter nehmen. Das ist doch das Allermindeste. Ich weiß gar nicht, warum das nicht geschieht.
Man konnte es lesen: Es gibt auf dem Papier – aber wohl nur auf dem Papier und ohne dass das, was auf dem Papier steht, auch nur irgendetwas wert ist – in deutschen Kernkraftwerken eine so genannte PSÜ, eine periodische Sicherheitsüberprüfung. Danach ist das Kernkraftwerk Philippsburg seit Jahren überprüft worden; das geschieht alle zehn Jahre. Und wer führt diese Überprüfung durch? Sie nimmt wiederum der TÜV vor.
Wir stellen fest, dass dort seit 17 Jahren systematisch gegen die Betriebshandbücher verstoßen wird. Das Betriebshandbuch für das Kernkraftwerk Philippsburg besteht wahrscheinlich nur aus einer einzigen Seite – in der Anwendung –, auf der steht: „Wir werden das Kind schon schaukeln.“ Mehr ist da gar nicht.
Man stellt fest, dass es zu den PSÜ lange Gutachten des TÜV gibt, wonach alles bestens sei. Diese Gutachten werden natürlich bei der Atomaufsicht – Abteilung Keil – eingereicht. Dort stellt man fest: In Baden-Württemberg alles bestens.
Ich kann nur noch einmal feststellen: Ohne Berlin, ohne die Reaktorsicherheitskommission aus dem Hause Trittin wüssten wir heute noch nicht, welche Sauereien in Philippsburg, Obrigheim, Neckarwestheim und anderswo gelaufen sind.
Ergebnis: Ich muss mich fragen, ob es mit gesundem Menschenverstand überhaupt noch zu begreifen ist, dass Sie in Bezug auf die ILK nichts ändern wollen, dass Sie Herrn Prêtre selbst nicht feuern, sondern ihm quasi den Rücktritt nahe legen, aber kein Problem darin sehen, dass er nach wie vor als Chef der ILK installiert ist. Da frage ich mich: Ist das Chuzpe, ist das Dummheit, ist das Frechheit – es ist eine Mischung –, oder ist das schlichtweg Ignoranz? Mit politischen Maßstäben ist das überhaupt nicht mehr zu fassen.
Spiegel hin oder her, in den Sie morgens schauen –, dann räumen Sie wenigstens in Ihrer für die Atomaufsicht zuständigen Abteilung auf. Da sage ich Ihnen: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Da muss zunächst einmal der Kopf weg. Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind, gehen Sie in Gottes Namen selbst.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Salomon, bei der letzten Debatte am 25. Oktober, die wir über dieses Thema geführt haben, ist es Ihnen nicht gelungen, den Minister matt zu setzen.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen – Abg. Schmiedel SPD: Schachmatt! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Er macht aber einen matten Eindruck!)
Um bei meinem Vergleich zu bleiben: Jetzt suchen Sie wenigstens nach einem billigen Bauernopfer und meinen, wir würden auf Ihren billigen Versuch eingehen, uns hier mit der Frage zu beschäftigen, wer in Zukunft Leiter der Abteilung 7 des Ministeriums für Umwelt und Verkehr sein soll. Sie haben sich in der Presse aufgespielt und darüber erbost, dass Sie einen Brief von Ministerialdirektor Birn bekommen hätten. Sie haben gesagt, das sei eines Abgeordneten unwürdig.
Dann ist es aber noch unwürdiger, wenn wir uns Sitzung für Sitzung mit der Person eines Abteilungsleiters befassen.
(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das ist doch so, weil der Minister nichts macht! – Abg. Drexler SPD: Er macht doch nichts!)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Sa- lomon GRÜNE: Natürlich ist es Sache des Minis- ters! – Zuruf des Abg. Bebber SPD)
Die ganze Sache ist dadurch herausgekommen, dass nach der letzten Revision eine unvollständige Meldung des Kernkraftwerks Philippsburg an das Umweltministerium gegangen ist.
Herr Kollege Scheuermann, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass im Normalfall Meldungen, die im Störfallbereich 0 liegen, weil Sie ja als Landesbehörde im Auftrag des Bundes tätig sind, nach Berlin gemeldet, dort abgeheftet und nicht mehr kontrolliert werden?
Sind Sie weiter bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in diesem speziellen Fall das Ministerium in Berlin einen Hinweis bekommen hat und deshalb von sich aus diesen Fall noch gutachterlich durch die Reaktorsicherheitskommission hat überprüfen lassen müssen und nur deshalb herausgekommen ist, was in Philippsburg wirklich passiert ist, und das mit irgendwelchen Recherchen in dem Haus hier null und nichts zu tun hat?
Der zeitliche Ablauf war so, dass zuerst diese unvollständige Meldung bei unserem Ministerium eingegangen ist, und bei der Umwandlung dieser unvollständigen Meldung in eine förmliche Fehlermeldung ist dann dieser Hinweis von einer uns bis heute nicht bekannten Seite gekommen.