Protocol of the Session on November 15, 2001

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das ist doch un- glaublich! – Abg. Fischer SPD: Aber was Sicher- heit angeht, ist keine Frage der Meinung!)

Da hat man immer eine Position. Deswegen ist es wichtig, dass diese Kommission so zusammengesetzt ist, dass die unterschiedlichen Positionen dort zum Tragen kommen

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das gibts ja gar nicht!)

und dass dann aus dem Zusammenwirken verschiedener Positionen

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist doch vernünftig!)

ein relativ ausgewogenes Gutachten entsteht.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Und das macht diese Kommission?)

Wie wir dabei genau vorgehen, das werde ich im zweiten Teil noch erläutern.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Genau so ist es!)

Das Wort erhält Herr Abg. Knapp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte vielleicht ganz kurz auf das eingehen, was Frau Kollegin Berroth soeben gesagt hat. Sie sagte, man werde zur Atomenergie keine unabhängige Kommission finden.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Keine unabhängige Person!)

Dann muss ich mich fragen, was eigentlich in den Grundsätzen der ILK steht. In Artikel 2 des Verwaltungsabkommens über die ILK steht nämlich:

Aufgabe und Tätigkeit der Kommission:

Die Kommission berät die Länder Baden-Württemberg und Hessen sowie den Freistaat Bayern auf höchstem wissenschaftlichem Niveau in Fragen der Sicherheit kerntechnischer Anlagen...

dann kommen ein paar andere Aussagen, und dann steht da –:

unabhängig und objektiv.

Da muss ich sagen: Dann ist das schon wieder gelogen.

(Abg. Schmiedel SPD: Schon wieder!)

Denn wenn Sie sagen, es gebe nichts Unabhängiges, und hier sogar drinsteht, die Kernaufgabe der Kommission sei, unabhängig und objektiv zu beraten, dann ist das, was hier drinsteht, nicht wahr. Dann muss man sagen: Es ist eigentlich umso wichtiger, dass wir aus der ILK aussteigen.

Dann muss man fragen: Wie kommen die zehn Mitglieder zusammen? In Artikel 3 steht: „Die Mitglieder werden durch die Ministerpräsidenten der beteiligten Länder bestellt.“ Das ist klar. Man kann natürlich nicht unabhängig sein, wenn man von den Ministerpräsidenten der drei Länder bestellt wird, wenn man von dem Herrn bestellt wird, dem man dienen soll. Dann kann man selbstverständlich nicht unabhängig sein.

Wenn Sie, Frau Kollegin Berroth, sagen, es habe nichts Neues gegeben, dann gebe ich Ihnen dabei Recht. Es hat in der Sicherheit bei der Kernenergie in Baden-Württemberg seit den Vorfällen nichts Neues gegeben. Wir machen noch immer genauso weiter wie vorher. Es gibt nichts Neues, obwohl man eigentlich aus den Vorfällen lernen sollte.

(Beifall bei der SPD)

In der Stellungnahme zur heute aufgelegten Landtagsdrucksache 13/352, in der gefragt wird, was man machen möchte, was man aus den Fehlern lernen möchte, steht explizit drin:

Die staatliche Aufsicht über Kernkraftanlagen in Deutschland ist keine Hundertprozent-Kontrolle. Eine derartige Kontrolle ist nach den Strukturen der staatlichen Aufsicht in Deutschland nicht vorgesehen, da sie weder möglich noch geboten ist. Die Aufsicht muss sich vielmehr auf wirksame Stichproben in sicherheitstechnisch wichtigen Bereichen beschränken.

Beim Kernkraftwerk Philippsburg II wurden keine Stichproben gemacht. Da wurden die nicht voll befüllten Behälter sogar auf einem Silbertablett geliefert. Da musste man noch nicht einmal nachfragen. Das wurde einem per Telefon, per Fax und dann schriftlich geliefert, und man hat trotzdem nicht erkannt, dass drei von vier Behältern nicht in Ordnung waren, und ist trotzdem weiter gefahren. Was ist denn das für eine Kommission?

Dann schreibt man in der Stellungnahme zu dem Antrag Drucksache 13/352:

Bei einer flächendeckenden Kontrolle bestünde die Gefahr der Verwischung der Verantwortlichkeiten zwischen Betreiber und Staat.

Ich muss Ihnen sagen: So, wie man das mitbekommen hat, haben EnBW, TÜV sowie Umwelt- und Verkehrsministerium zwar noch unterschiedliche Adressen, aber sie haben zumindest eine gemeinsame Kantine, in der all das ausgemacht wird, was man nach außen gibt und was man nicht sagt.

(Beifall bei der SPD)

Wenn dann weiter unten steht, dass man die Gespräche noch intensivieren möchte, bin ich mir sicher: Dann geht man in die gemeinsame Kantine nicht nur zum Mittagessen, sondern dann geht man zukünftig auch noch zum Vesper dahin.

(Abg. Blenke CDU: Guten Appetit!)

Wenn Sie, Herr Kollege Scheuermann, sagen, wir sollten doch froh sein, dass wir einen Minister haben wie den Umwelt- und Verkehrsminister Müller, der offen aufklärt, der alles sagt, dann muss ich Ihnen sagen: Gerade in diesem sensiblen Bereich der Kerntechnik kann man wirklich nichts anderes erwarten. Dass das für Sie schon ein Grund ist, zu sagen: „Das ist alles toll“, ist für mich völlig unverständlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Alles andere, was man machen könnte, wäre hanebüchen.

Ich möchte noch kurz zur ILK kommen und unsere Forderung noch einmal unterstreichen, diese Kommission aufzulösen. Einen Sinn für die ILK gibt es eigentlich nicht. Denn wenn man sich die Gremien des Landes anschaut, die EnBW als Betreiber, den TÜV und das Umwelt- und Verkehrsministerium, sowie im Bund die GRS, die Reaktorsicherheitskommission und das Umweltministerium, muss man sich fragen: Wo gibt es da noch Luft für die ILK? Sie hat doch gar keine Luft mehr, in diesen Bereichen irgendetwas zu machen.

Daraus folgt nach wie vor: Lösen Sie die ILK auf! Sparen Sie damit dem Land Baden-Württemberg 1 Million DM pro Jahr!

(Beifall des Abg. Kaufmann SPD)

Ich halte es für völlig unmöglich, dafür Steuergelder auszugeben, um sich damit Gutachten zu verschaffen, die man aus reiner Gefälligkeit bekommt.

Ein letzter Satz zur ILK. Sie haben gerade Herrn Professor Roos angesprochen, der als Experte für Atomenergie und für die Sicherheit der Hüllen gilt. Da gebe ich Ihnen Recht. Ich war mit Herrn Professor Roos Anfang der Achtzigerjahre zusammen mit Vertretern der Universität Stuttgart bei der Kraftwerk Union. Ich muss Ihnen sagen, dass ich damals schon festgestellt habe, dass das ein reiner Atomlobbyist ist – und jetzt sitzt er an verantwortlicher Stelle. Das ist völlig unmöglich.

Lösen Sie die ILK auf, und geben Sie unseren Anträgen eine Chance!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Salomon.

(Abg. Klenk CDU: Schon wieder?)

Die Absicht, meine Damen und Herren, ist völlig klar: Man versucht einfach, dieses Problem auszusitzen. Mit jedem Tag, an dem nichts in der Zeitung kommt, wird man sich, so denkt man, dem rettenden Ufer nähern.

Es ist ein unglaublicher Vorgang, was in den letzten vier bis sechs Wochen alles aufgearbeitet wurde. Eines ist doch völlig klar, klarer kann es eigentlich gar nicht sein: Wir haben hier einen Minister, der – auch wenn er ein netter Kerl ist, Herr Scheuermann; aber das ist doch keine Begründung dafür, dass er als Minister im Amt ist, da wird man hier noch mehr finden –

(Heiterkeit bei den Grünen)

nicht den blassesten Hauch einer Ahnung von dem hat, was in seiner für die Atomaufsicht zuständigen Abteilung überhaupt läuft, und zwar so offensichtlich keine Ahnung hat, dass dieser Mensch, der jetzt hinter ihm sitzt, ihm im Nacken sitzt, nämlich Herr Keil, einfach sagt: Der Minister ist mir eh zu blöd, mit dem rede ich nicht.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Rückert CDU: So eine Frechheit!)