Ich verstehe die Anliegen, den Zuspruch und das Lob der FDP/DVP. Mit diesem Lob sind wir ohnehin unbegrenzt belastbar.
Aber auch in der Sache haben wir natürlich Verständnis, Herr Kollege Pfister, denn wir wollen ein Wahlrecht auf der Basis von Recht und Gesetz. Das haben wir, und ich wage die Prognose, dass der Staatsgerichtshof erneut entscheiden wird wie im Jahr 1990. Damals hat er sich schon einmal mit unserem Landtagswahlrecht befasst, und er hat in seinen Entscheidungen im Februar und Dezember 1990 dieses Wahlrecht für verfassungsgemäß erachtet.
Es geht bei dem Einwand auch um den Erfolgswert der Stimmen. Dazu ist zu sagen: Erstens muss man sehen, dass immer Reststimmen unberücksichtigt bleiben, bei jedem Wahlverfahren. Zweitens haben wir kein reines Verhältniswahlsystem, sondern ein Mischwahlsystem, aus dem sich die Zusammensetzung dieses Landtags durch Sie als Abgeordnete ergibt. Darin sind Elemente des Verhältnis-, aber auch des Persönlichkeitswahlrechts enthalten.
Aber nicht immer ist der Wunsch im Leben auch realisierbar; das ist so. Deshalb will ich Ihnen sagen: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das d’Hondt’sche Höchstzahlverfahren ein zulässiges System darstellt.
Jetzt will ich ein Letztes sagen, weil dabei so sehr auf den Regierungsbezirk Nordwürttemberg abgestellt wird. Das hängt natürlich mit einem Faktor zusammen, den der Gesetzgeber nie beeinflussen kann, nämlich mit der Frage,
Wenn sich die Wähler anders verhalten, gibt es andere Ergebnisse. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass wir in den Regierungsbezirken eine unterschiedliche Zahl von Mandaten haben.
Im Übrigen sind diese Abgrenzungen zulässig; sie sind historisch gewachsen – so sagt auch der Staatsgerichtshof.
Ich will bewusst hinzufügen: Es gibt immer ungleiche Erfolgswerte. Es geht um die Frage des Umfangs des rechtfertigenden Grundes. Wir haben vorhin über Europa gesprochen. Denken Sie einmal an das Europaparlament. Dort verfügt ein Abgeordneter, der aus Luxemburg kommt, über eine viel, viel geringere Stimmenzahl, was den Erfolgswert seiner Entsendung angeht, als ein Abgeordneter, der beispielsweise von Deutschland entsandt wird. Oder denken Sie an die unechte Teilortswahl. Auch dort haben wir sehr häufig eine unterschiedliche Zahl von Stimmen, die den jeweiligen Abgeordneten entsenden.
Kurzum – ich will zum Schluss kommen –: Es geht um eine Frage der Rechtmäßigkeit. Wir von der CDU halten das geltende Wahlrecht für rechtmäßig, aber auch für zweckmäßig und verfassungsmäßig. Wir halten es darüber hinaus noch für gut. Dennoch wollen wir den Antrag in der vorgetragenen modifizierten Fassung unterstützen. Aber der Einspruch in der Sache ist aus Rechtmäßigkeitsgründen bereits heute abzulehnen. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab einen kurzen Blick auf die Wahleinsprüche werfen. Sie sind sehr unterschiedlicher Natur. Teilweise wurden Dinge vorgetragen, die überhaupt nichts mit der Wahl zu tun hatten. Teilweise wurden auch Dinge vorgetragen, die zwar unmittelbar mit der Wahl zu tun hatten, aber im Sinne des Wahlprüfungsgesetzes nicht relevant waren.
Die Eheleute Bochert – der Einspruch Drucksache 13/406 – fühlten sich durch einen Brief des CDU-Bewerbers Dr. Palmer am Wahlsonntag in ihrer Wahlfreiheit unzulässig beeinflusst. Wir von der SPD haben Verständnis dafür, dass sie sich über den Inhalt des Briefs geärgert haben.
Herr Schieferstein beklagt sich darüber, dass er mit der SPD-Spitzenkandidatin nicht richtig in Kontakt habe kommen können
Auch insoweit kann ich nachvollziehen, dass sich Herr Schieferstein beeinträchtigt fühlt. Aber auch insoweit konnte dem Einspruch nicht abgeholfen werden.
Die Entscheidungen des Wahlprüfungsausschusses sind richtig. Nach dem Wahlprüfungsgesetz konnten wir nicht anders entscheiden.
Wir haben uns bei dem hier eigentlich zur Debatte stehenden Einspruch des Herrn Professor Hagena – Mitglied der FDP –, Drucksache 13/413, sehr sorgfältig mit der Problematik befasst, aber dem Wahleinspruch nicht abhelfen können, weil, wie Herr Dr. Reinhart zu Recht gesagt hat, das Wahlgesetz selbst beanstandet wird und dies im Wahlprüfungsausschuss nicht geprüft werden kann.
Ich will noch einmal kurz darauf hinweisen: Es wird ein unterschiedlicher Erfolgswert der Stimmen, eine Ungleichverteilung der Repräsentanz der Regierungsbezirke hier im Landtag beanstandet. Das liegt ja auf der Hand. Das sage ich insbesondere zu Baden insgesamt – Nordbaden, Südbaden –, aber auch zum Regierungsbezirk Südwürttemberg. Im Regierungsbezirk Nordwürttemberg hat die CDU vier Überhangmandate, die SPD zwei Ausgleichsmandate. Also gibt es sechs Mandate mehr, als diesem Teil der Wahlberechtigten zustehen würde. Ich habe Verständnis dafür, dass man dies in anderen Landesteilen nicht für akzeptabel hält. Ich hoffe, dass auch in der CDU der Unmut über eine solche Verteilung etwas wächst.
In diesem Zusammenhang ist von Herrn Hagena in unserer mündlichen Anhörung völlig zu Recht auch ausgeführt worden, dass man die Zahl der Überhangmandate wesentlich verkleinern, wenn nicht sogar ausschalten könnte, wenn man die Zahl der Direktmandate reduzieren würde, wenn also entweder ein Gleichstand herbeigeführt würde, wie er sonst üblich ist, also 60 : 60, oder wenn man – unser Vorschlag – auf 50 Wahlkreise, auf 50 Zweitmandate und eine kleine Landesliste mit 20 Mandaten gehen würde.
Es gibt darüber hinaus noch Probleme – wir haben schon einmal darüber debattiert –: Erststimme, Zweitstimme. Die erheblichen Größenabweichungen sind aus meiner Sicht in jedem Fall zu reduzieren. Und es geht auch um die Fragestellung, ob die Zweitmandate nach relativen Stimmanteilen oder nach absoluten Stimmenzahlen verteilt werden sollen.
Also, meine Damen und Herren, es gibt eine Vielzahl von Fragen, die es wert sind, in einer Kommission mit Sachverständigen erörtert zu werden, und die hoffentlich, wie es guter demokratischer Brauch wäre, auch einvernehmlich beantwortet werden können. Deshalb unser Antrag heute.
Zu Ihrem Verfahrensvorschlag, Herr Reinhart: Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Was Sie vorschlagen, ist zu durchsichtig.
Denn die CDU sieht, wie Sie mit Ihrer Schlussbemerkung deutlich gemacht haben, überhaupt keinen Änderungsbedarf beim Landtagswahlrecht. Also heißt dies doch: Nur wenn der Staatsgerichtshof Teile des Wahlrechts für verfassungswidrig erklärt, sind Sie bereit, zu handeln. Dazu brauchen wir keinen Antrag einzubringen. Das müssen Sie dann sowieso machen. Also kann es doch jetzt nur einen vernünftigen Weg geben, nämlich die verschiedenen Modalitäten, die überprüft werden müssen, gemeinsam zu überprüfen und uns in einer gemeinsamen Kommission einvernehmlich auf eine Linie zu verständigen.
Herr Hagena hat eingangs seiner mündlichen Anhörung im Wahlprüfungsausschuss den ehemaligen Ministerpräsidenten Filbinger zitiert, der 1974 für die CDU in Anspruch genommen hat, sie wolle für sich durch dieses Wahlrecht keine Sondervorteile erzielen. Also, meine Damen und Herren, beherzigen Sie den Ausspruch von Ministerpräsident Filbinger,
wollen Sie keine Sondervorteile für sich erzielen! Setzen Sie mit uns eine gemeinsame Kommission ein, damit wir gemeinsam vorankommen!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! In der 3. Sitzung des Wahlprüfungsausschusses fand die mündliche Verhandlung des Wahleinspruchs von Professor Dr. Otto F. Hagena statt. Professor Hagena hat anhand weniger Berechnungen schlüssig nachgewiesen, dass das derzeitige Landtagswahlrecht sowohl den Regional- als auch den Parteienproporz verletzt. Übersetzt heißt dies, dass das derzeit geltende Wahlrecht ungerecht ist und den Wählerwillen verzerrt, meine Damen und Herren.