(Abg. Döpper CDU: Weiter so! – Gegenruf des Abg. Walter GRÜNE – Gegenruf des Abg. Döpper CDU: Ich habe dich gesehen und habe mich voll Grauen abgewandt! – Gegenruf des Abg. Walter GRÜNE: Da hättest du etwas lernen können!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vielleicht ganz kurz noch einmal die wichtigsten Eckpunkte und damit auch die Intention für das Naturschutzgesetz des Jahres 2005 erläutern.
Erstens: Wir wollen die Eingriffsregelungen im Interesse aller Beteiligten flexibler gestalten, vor allem durch die Einführung eines handelbaren Ökokontos. Ich komme nachher noch einmal darauf zurück. Das halte ich für einen ganz wesentlichen Baustein in einem dicht besiedelten Land wie dem unsrigen mit rund 300 Einwohnern pro Quadratkilometer, bei dem im Unterschied zu Frankreich, zu Kanada, zu den USA, zu Mecklenburg-Vorpommern oder zu Brandenburg alle Konflikte auf einer Fläche, nämlich der land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche, ausgetragen werden: alle verschiedenen Nutzungskonflikte von der Erholung über die Frage der Rohstoffsicherung und des -abbaus, die Frage der Straßennutzung, der Verkehrswege, bis zu der Frage von Erosionsschutz, von Wasserschutz etc. Alle werden über diese Flächen in ein und demselben Bereich ausgetragen.
In anderen Ländern werden da einfach Schwerpunkte gebildet: In einem Bereich gibt es die Agroindustrie, im nächsten Bereich einen Nationalpark, im dritten Bereich gesicherte Wasserflächen, im vierten Bereich ist die Industrialisierung konzentriert. Diese Möglichkeiten haben wir in unserem dicht besiedelten Land nicht.
Hinzu kommt ein Zweites: Es ist auch ein Teil unserer Erfolgsgeschichte in Baden-Württemberg, dass wir nicht zentriert besiedelt sind, sondern dass wir flächenmäßig gut aufgestellt sind, dezentral gut aufgestellt sind.
Das macht in der Umsetzung natürlich auch ein Stück weit Probleme, wobei ich nicht gern von Problemen spreche, sondern eher sage: Es wird etwas schwieriger; man muss sich intensiver Gedanken machen; man muss intensiver überlegen, wie man Zielkonflikte, wie man Nutzungskonflikte ausräumt und möglichst einvernehmlich löst. Deshalb halte ich es für wichtig, dass man dieses Ökokonto einführt.
Biotopverbundsystem: Herr Kollege Caroli, keine Aufregung! In der Vergangenheit, als es keine Pflicht zum Biotopverbund gab,
Jetzt haben wir uns auf die 10 %, die der Bund da hineingeschrieben hat, verständigt. Aber ich kann dem Kollegen Kiefl völlig zustimmen: Ich halte von Zahlen überhaupt nichts. Entscheidend ist doch nicht die Zahl, sondern entscheidend ist doch die Notwendigkeit,
und die Notwendigkeit des Biotopverbunds kann sich in einem dünn besiedelten Raum mit relativ hoher Naturnähe ganz anders, nämlich in viel geringerem Umfang stellen als im dicht besiedelten Raum.
Meine Damen und Herren, ich will einmal gerade von Ihnen vonseiten der Grünen, die hier in Stuttgart im Landtag fast ausschließlich die Großstädte vertreten, hören, was Sie sagen würden, wenn wir einmal in die Großstädte eingreifen, wenn wir dort einmal wirklich Naturschutz pur nach ihren Vorstellungen in der großstädtischen Entwicklung, in den Entwicklungsräumen, in den Ballungsräumen genau so durchziehen, wie Sie es immer fordern. Sie meinen aber immer die ländlichen Räume draußen. Das sind die Reserveflächen für die Stadt und für die Ballungsräume.
Natur gibt es in Freiburg-Stadtmitte, Natur gibt es in Stuttgart-Stadtmitte, Natur gibt es in Mannheim.
(Abg. Walter GRÜNE: Was bedeutet denn eigent- lich dieses unsinnige Argument? So einen Blödsinn haben wir schon lange nicht mehr gehört!)
Deshalb noch einmal, Herr Kollege Caroli: Die Landesfläche sagt gar nichts über die Notwendigkeit aus, sondern entscheidend ist die Frage der Besiedlungsstruktur, der Naturnähe oder der Naturferne, und diese ist individuell ganz unterschiedlich. Deshalb ist der Vorschlag – wir müssen ihn übernehmen, er steht halt im Bundesgesetz drin – im Prinzip so fachfremd wie nur irgendetwas.
Meine Damen und Herren, wir müssen den Katalog der Schutzgebiete durch zwei Kriterien erweitern: Nationalpark oder Biosphärengebiet.
(Abg. Walter GRÜNE: Was heißt eigentlich „Natur pur“ in der Großstadt? – Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Was heißt denn das, „Natur pur“ in der Groß- stadt? – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Biosphären- gebiet Stuttgart?)
Entschuldigung! Ich weiß, die Stadt Freiburg und die Stadt Stuttgart rühmen sich immer, die Städte zwischen Wald und Reben zu sein – was ja stimmt. Sie haben im Vergleich zu anderen Großstädten eine große Naturnähe. Ich sage nur: Vorsicht, Vorsicht! Wir reden immer über Segregation nach dem Motto: Hier ist der eine Schwerpunkt und dort der andere Schwerpunkt.
Nein, Herr Kollege Wieser. Herrn Dr. Palmer meine ich jetzt gerade eben nicht, sondern Herrn Palmer.
Ich warne, Herr Palmer, davor, dass Sie durch Ihren Zwischenruf so verräterisch sagen: Wo sollen wir das denn hier im Ballungsraum machen? Genau diese Arbeitsteilung – Naturschutz in den ländlichen Räumen und Industrialisierung und Weiterentwicklung in den Städten – akzeptiere ich per se zunächst einmal nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Walter GRÜNE: Wir auch nicht!)
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: In den Großstädten braucht man kein Biosphärengebiet! Das braucht man da, wo es geeignet ist! – Abg. Walter GRÜ- NE: Der größte Teil der Rede war bisher überflüs- sig!)
Dort, wo es geeignete Gebiete gibt, stellen wir uns der Herausforderung. Wir machen das jetzt aktiv im Biosphärengebiet Münsingen. Herr Kollege Walter, Sie sind ja eigentlich nur deshalb neidisch, weil Sie nicht in der Lage waren und sind, dies selber ein Stück weit mit umzusetzen.