Der Kollege Caroli hat es schon angesprochen: Obwohl das Gesetz auf Bundesebene sehr viele Vorgaben enthält, die sehr gut sind, gibt es auch Schwachstellen, beispielsweise den ebenfalls schon erwähnten Biotopverbund. Nachdem aufgrund des Drucks der Europäischen Kommission mehrmals nachgemeldet werden musste, sind in Baden-Württemberg mittlerweile etwa 17 % der Landesfläche als FFH-Gebiete ausgewiesen.
Wir haben aber gleichzeitig das Problem, dass wir nur noch sechs unzerschnittene Flächen haben, die größer als 100 Quadratkilometer sind. Die Zahl dieser Flächen hat in den letzten 20, 30 Jahren rapide abgenommen. Jetzt wird in dem Gesetz zwar gefordert, unzerschnittene Landschaften zu erhalten – was wir prinzipiell begrüßen. Nur: Klar ist doch, dass man dazu auch einen Handlungsrahmen haben muss. Wenn man 17 % FFH-Fläche hat und gleichzeitig feststellen muss, dass wir nur noch wenige unzerschnittene Flächen haben – das eben sind die Tatsachen, mit denen sich Kollege Drautz auseinander setzen will – und dass es eine Verinselung gibt, die dafür sorgt, dass wir einen massiven Rückgang bei der Artenvielfalt haben, dann müssen wir doch dafür sorgen, dass diese Biotope und auch die FFHGebiete in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind. Sonst hat das Ganze keinen Sinn.
Deswegen, meine Damen und Herren – das ist ja nur eine Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes –, wäre es mehr als sinnvoll, dass ein Flächenland wie Baden-Württemberg, das zu einem guten Teil auch davon lebt, dass es eine gepflegte und gut erhaltene Kulturlandschaft hat – was auch für den Tourismus wichtig ist –, hier über die Vorgaben des Gesetzes hinausgeht. Das Gesetz muss ja für alle gelten, auch für die Stadtstaaten. Deswegen konnte hier nicht mehr als 10 % hineingeschrieben werden. Das ist der eine Punkt.
Den zweiten Punkt habe ich auch schon bei der ersten Lesung angesprochen: Die Landesregierung drückt sich um eine klare Definition, was eigentlich „gute fachliche Praxis“ ist.
Ich glaube, das ist gar nicht vereinbar mit dem Gesetz, das auf Bundesebene vorgelegt wurde, wenn Sie jetzt darstellen, Landwirtschaft per se sei kein Eingriff in die Natur. Das glaubte man in einer Zeit, bevor man die Augen geöffnet und die ausgeräumten Landschaften zur Kenntnis genommen hat.
Ich glaube, Herr Minister, hierbei sind Sie auf einem völlig falschen Weg. Man muss durch ein Gesetz eigentlich diejenigen viel mehr unterstützen – und das sind in Baden-Württemberg sehr viele Landwirte –, die eine umweltfreundliche Praxis betreiben. Sie generalisieren hier, als ob es durch die Landwirtschaft keine schädlichen Eingriffe in die Landschaft gäbe. Das halten wir für falsch. Das ist reine Ideologie.
Jetzt noch zu Ihrer Darstellung, der Bundesgesetzgeber mache hier mehr Vorschriften, und jetzt komme die liberale Landesregierung, die das alles anders mache. Wer das Bundesgesetz gelesen hat, Kollege Drautz, kann solche Behauptungen, wie Sie sie geäußert haben, schlichtweg nicht aufstellen, denn dem Vertragsnaturschutz wird in diesem Bundesnaturschutzgesetz eine wichtige Stellung eingeräumt.
Weiter konnte man im Bundesnaturschutzgesetz gar nicht gehen. Man hat den Ländern den Spielraum gegeben, weil man auch auf Bundesebene dem Vertragsnaturschutz Vorrang gegeben hat.
Natürlich wollen wir – wir unterstützen schließlich MEKA und die anderen Agrarumweltprogramme –, dass auf Vertragsnaturschutz gesetzt wird.
Etwas anderes haben wir nie behauptet. Nehmen Sie doch einmal diesen Baustein aus Ihrer Rede heraus oder sagen Sie das Ihrem Redenschreiber! Wir haben das jetzt so oft gehört. Es wird nicht besser, wenn Sie es noch öfter wiederholen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum Verhältnis und zur geistigen Haltung der Landesregierung gegenüber den Umweltverbänden hinzufügen. Es gibt jetzt Umwelt- und Naturschutztage bei der CDU und bei der FDP/DVP, jetzt auch auf der Villa Reitzenstein.
(Abg. Fleischer CDU: Das machen wir schon im- mer! Aber wir übertreiben nicht wie Sie! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Nicht „jetzt“! Die haben wir schon immer!)
Dann muss man es aber ernsthaft betreiben. Wenn man einen besseren Dialog mit den Umwelt- und Naturschutzverbänden sucht, meine Damen und Herren, dann wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass wir in dieses Landesgesetz explizit ein Verbandsklagerecht aufnehmen,
anstatt uns hinter der Bundesebene zu verschanzen. Das hätten wir uns gewünscht, und das wäre ein Zeichen an die Umweltverbände gewesen, dass hinter dem, was an diesen Tagen geredet wird, mehr als nur Rhetorik steckt.
Wir begrüßen, dass jetzt – auch bedingt durch die Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes; Herr Kollege Caroli hat darauf hingewiesen; auch hier wünschen wir ein energischeres Vorgehen der Landesregierung – Nationalparks und Biosphärengebiete mit aufgenommen werden. Dieser Schritt war längst überfällig.
Wir erwarten, dass die PLENUM-Gebiete, die wir jetzt haben, daraufhin untersucht werden, inwieweit sie ebenfalls in Biosphärengebiete überführt werden könnten – zumindest ein Teil davon. Wir können uns jetzt nicht mit dem Feigenblatt Münsingen zufrieden geben. Das ist ein erster wichti
ger Schritt, den wir seit Jahren gefordert haben und der jetzt endlich kommt. Aber bei diesem ersten Schritt dürfen wir nicht Halt machen.
Herr Kollege Kiefl wünscht für seine kurze Restredezeit noch einmal das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Lieber Kollege Walter, weil immer wieder die Frage nach der Definition der „guten fachlichen Praxis“ aufkommt: Diese ist zum einen mit den nationalen Fachgesetzen und zum Zweiten über Cross Compliance jetzt auch EU-weit geregelt. Darum ist in einer Novelle zum Naturschutzrecht dafür gar kein Platz. Das passt auch von der Systematik her nicht hinein. Das ist abschließend geregelt.
Zweitens zu dieser Biotopvernetzung, denn das ist auch immer ein Diskussionspunkt. Dazu möchte ich jetzt einfach ein paar Zahlen nennen. Bei der ersten Lesung habe ich darauf hingewiesen, dass wir dabei sind, die Fließwassersysteme systematisch mit den Ufervegetationen zu entwickeln. Das ist eine Biotopvernetzung. Auch werden Feldhecken zum Teil nicht nur erhalten, sondern sogar neu angelegt. Auch dies ist eine Biotopvernetzung.
Aber ich möchte einmal auf die Zahlen hinweisen. Denn wir streiten um 10 % oder 15 % hin oder her, und niemand kann sich so recht eine Vorstellung machen. Zurzeit sind 2,28 % der Landesfläche Naturschutzgebiete, und 22,5 % der Fläche von Baden-Württemberg sind Landschaftsschutzgebiete. Wir haben ferner über 6 000 Hektar Naturdenkmale. Deren Fläche kann man nicht genau angeben; das ist ganz klar. 30 % der Landesfläche sind als Naturpark ausgewiesen. Auch da gibt es überall wieder Verbindungen.
Das ist eine unterschiedliche Klassifizierung; das weiß ich. Aber ich will nur darauf hinweisen, dass wir eigentlich irgendwo das ganze Land bedeckt haben, alles unter dem Stichwort Biotopvernetzung. Ferner haben wir §-24-a-Biotope; um die geht es hier im Wesentlichen auch. Das sind inzwischen 4,5 % der Landesfläche. Ich will nicht behaupten, dass Sie einen falschen Eindruck erwecken wollten, aber zur Klarstellung sollte man auch auf diese Daten hinweisen.
Herr Kollege Kiefl, wenn Sie richtigerweise alle diese Gebiete aufzählen, mit denen man mühelos einen Biotopverbund von 15 % der Landesfläche herstellen könnte, warum sträuben Sie sich dann dagegen, dass statt 10 % landesweit 15 % als Biotopverbund ausgewiesen werden?
(Abg. Fleischer CDU: Der prozentuale Ansatz ist bereits falsch! Als ob man das Problem prozentual lösen könnte!)
Nein, nein. Das ist genau unser Verfahren, im Grunde genommen seit 30 Jahren, seit wir das Landesnaturschutzgesetz haben: immer mit der Praxis und nicht dagegen.