Ich unterstreiche noch einmal, damit es alle wissen, dass es im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen kein Bankgeheimnis gibt. Beim Verdacht auf eine Straftat, auch auf eine Straftat steuerlicher Art, sind Banken ganz selbstverständlich auskunftspflichtig. Wir wollen die Sicherstellung von Vermögensgegenständen und die Geldwäschebekämpfung auch im europäischen und internationalen Rahmen ef
fektiver gestalten. Einer Abschaffung des Bankgeheimnisses aber bedarf es – auch zur Terrorismusbekämpfung – nicht. Insofern teile ich in vollem Umfang die Meinung des innenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Wilfried Würfelspitz
Wiefelspütz, richtig, der seiner rot-grünen Regierung ausdrücklich erklärt, dass es in diesem Zusammenhang keine Notwendigkeit zur Aufweichung oder zur Abschaffung des Bankgeheimnisses gibt. Ich teile diese Meinung ausdrücklich.
Ähnliches gilt auch für die oftmals leichtfertige Denunzierung des Datenschutzes als vermeintlichen Täterschutz. Selbstverständlich ist der Datenschutz kein statisches, kein unabänderliches Gebäude, sondern eines, das sich immer wieder bewähren und selbst infrage stellen lassen muss. Veränderungen datenschutzrechtlicher Bestimmungen, wenn sie erforderlich sind, sind also keineswegs tabu. Der Staat ist aber im Detail beweispflichtig, warum diese Veränderungen notwendig sind.
Denn so, meine Damen und Herren, wie das Bankgeheimnis nicht das Bankgeheimnis für Geldwäscher und Steuerhinterzieher ist, so ist der Datenschutz nicht der Datenschutz für Straftäter und terroristische Vereinigungen, sondern Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Selbstverständlich muss es in einer offenen Gesellschaft möglich sein, jeweils im Detail zu prüfen, ob vorgeschlagene Gesetzesänderungen tatsächlich geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind.
Jetzt möchte ich Ihnen sagen: Wenn letzte Zweifel bleiben, gesetzgeberisches Handeln aber als unverzichtbar erscheint, dann empfehle ich, entsprechende Teile eines Gesetzgebungspakets von vornherein zeitlich zu befristen und nach zwei oder drei Jahren erneut über diese Maßnahme zu befinden.
(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Kretsch- mann GRÜNE – Abg. Oelmayer GRÜNE: Das war ja unser Vorschlag!)
Wir müssen zu entschlossenem Handeln fähig sein. Innere Sicherheit und die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger sind kein Gegensatz, sondern sie bedingen einander. Innere Sicherheit und Freiheit sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Meine Damen und Herren, die Garantie der bürgerlichen Grund- und Freiheitsrechte und die Gewährleistung der inneren Sicherheit durch staatliche, an Recht und Gesetz gebundene und demokratisch kontrollierte Institutionen sind zentrale Errungenschaften des liberalen Rechtsstaats. Schutz der Bürgerrechte heißt für uns Liberale deshalb auch, für die Sicherheit der Bürger zu sorgen, denn die freie Entfaltung der Bürger setzt stets auch die Sicherheit der Bürger vor Kriminalität voraus.
Demokratische, offene Gesellschaften sind nicht schwach. Sie sind innerlich gefestigt. Deshalb sind sie stark und wehrhaft. Gerade auf dieser und nur auf dieser Grundlage werden wir den Terrorismus überwinden können.
Ich möchte zum Schluss all denjenigen danken, die seit Wochen verstärkt für die Sicherheit aller sorgen. Mein Dank geht an die Polizei, an den Verfassungsschutz und an die Justiz. Sie leisten Hervorragendes, und sie verdienen den Dank nicht nur der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, sondern auch des Landtags von Baden-Württemberg.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Terroranschläge in den USA vor sechs Wochen waren – das wurde heute schon mehrfach gesagt und soll auch von mir noch einmal wiederholt werden – kein Anschlag allein auf die USA, kein Anschlag allein auf die Regierung der Vereinigten Staaten, kein Anschlag allein auf das Land, kein Anschlag allein auf die Menschen in den Vereinigten Staaten. Nein, dieser Anschlag war – das wurde zu Recht auch von Ihnen, Herr Ministerpräsident, gesagt – ein Anschlag auf die freie Welt, auf die offene Welt. Er war ein Anschlag auf die zivilisierte Welt, das heißt eindeutig auch auf alle Staaten, die sich zu Menschenrechten bekennen und die sich gegen den Terror zusammenschließen. Das war die Qualität dieses Anschlags, und das war eine ganz neue Qualität.
Wenn das aber stimmt, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das ein Anschlag auf die Freiheit war, wenn die Motive der Täter eben sind, uns die Freiheit zu nehmen, indem sie uns einen „heiligen Krieg“ erklären, dann dürfen wir einen Fehler nicht machen: Wir dürfen nicht diesen Handschuh aufnehmen und ebenfalls einen Krieg erklären. Herr Ministerpräsident, ich denke, Sie haben dazu in Ihren einführenden Worten das Richtige gesagt. Es gibt keinen Kampf der Kulturen – nichts wäre falscher –, es gibt keine Religion, die Terror und Mord rechtfertigt. Deshalb würde die Rechnung der Terroristen, der verrückten Islamisten um bin Laden nur dann aufgehen, wenn wir unsere eigenen Maßstäbe, unsere eigenen Grundsätze, unsere eigenen Kriterien, wenn wir Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, wenn wir die Verhältnismäßigkeit der Mittel bei der Antwort auf den Terrorismus aufgeben würden. Deshalb haben Sie auch zu Recht gesagt, wir müssten besonnen und entschlossen handeln.
Die Frage ist nur: Wie werden wir der tödlichen Gefahr gerecht, ohne unsere eigenen Werte aufzugeben? Dieser Frage müssen wir uns stellen.
Man kann sich nicht hier hinstellen, sich als Staatsmann gerieren und gleichzeitig wie weiland 1914 sagen: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.“
Ich bin mit Ihnen der Ansicht – das hat die bisherige Debatte ja auch breit gezeigt –, dass man die Maßnahmen, die jetzt vor der neuen Herausforderung, vor der neuen Bedrohungskulisse getroffen werden müssen, nicht im kleinkarierten Parteienstreit zerhacken darf. Darüber bin ich mit Ihnen einig. Es darf aber nicht sein, dass man sagt: „Wir dürfen hier überhaupt nicht mehr diskutieren,
(Abg. Bebber SPD: Nein, das hat keiner gesagt, was Sie hier sagen! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Die Rede ist halt vorbereitet!)
Der Herr Bundeskanzler hat auf das Ansinnen von Frau Merkel, man möge doch für die Außenpolitik einen nationalen Sicherheitsrat einrichten, das Richtige gesagt: Wir befinden uns nicht in einem nationalen Notstand.
Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Opposition informiert wird. Und ich glaube, dass sich die Opposition in Berlin auch umfassend informiert fühlt.
Herr Ministerpräsident, ich habe nicht erwartet, von Ihnen eingeladen zu werden, um mit Ihnen über Antiterrormaßnahmen zu diskutieren. Herr Kollege Oelmeyer ist Mitglied des G-10-Gremiums. Meine Aufgabe als Opposition in Baden-Württemberg ist es, Ihre Vorschläge entgegenzunehmen, zu bewerten und in der demokratischen Auseinandersetzung zu sagen, ob ich sie für gut oder für falsch halte. Darüber müssen wir streiten.
(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Birzele SPD: Aber, Herr Salomon, das kommt doch gar nicht in das Artikel-10-Gremium!)
Im Moment wird quer durch alle Fraktionen und Parteien immer Benjamin Franklin zitiert, und zwar zu Recht. Sie, Herr Ministerpräsident, haben das im letzten Satz Ihrer Re
gierungserklärung getan, Sie haben ihn am Freitag im Bundesrat zitiert, und viele andere haben das auch getan. Benjamin Franklin hat vor 250 Jahren zu Recht gesagt: Wer ein Stück von grundlegenden Freiheitsrechten für ein bisschen mehr an Sicherheit aufgibt – „zeitweiliger Sicherheit“ hat er gesagt –, der wird beides verlieren: die Freiheit und die Sicherheit.
Wenn wir uns in diesem Punkt einig sind, kann unsere Aufgabe doch nur darin bestehen, um die Balance zu streiten. Wir müssen die Freiheit bewahren und die Sicherheit erhöhen. Das ist natürlich klar. Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit.
Wenn die Sicherheitslage eine andere als noch vor sechs Wochen ist, und zwar subjektiv und objektiv, dann muss man dagegen etwas tun.
Man muss aber gleichzeitig – und das ist mein Job hier in der Opposition und der Job meiner Partei in der Bundesregierung und der Bundestagsfraktion der Grünen in Berlin – im Einzelnen schauen, ob die Maßnahmen für die Terrorismusbekämpfung geeignet sind, ob sie erforderlich sind, ob sie zielgerichtet sind – Rechtsstaatsdemokratie! –, ob sie verhältnismäßig sind, ob sie effektiv und praktikabel sind. Das heißt, wir machen alles mit, was diesen Kriterien genügt. Deshalb muss man die Diskussion führen und darf nicht glauben, man müsse sie verhindern.