Protocol of the Session on November 22, 2000

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

und machen an der Stelle da oben dicht – das müssen Sie dann sagen –, oder wir müssen – wenn diese Aussage wahrheitsgemäß sein soll – Karlsruhe zu einem vergleichbaren Standort wie Echterdingen entwickeln, zu einem zweiten Landesflughafen, um den Zuwachs im Luftverkehrsaufkommen in Baden-Württemberg zu halten. Das wäre dann eine präzise Aussage. Dann müssten Sie sich übrigens mit Ihren Investitionsentscheidungen und Ihren politischen Entscheidungen außerordentlich beeilen, viel mehr als bisher. Oder Sie müssten sagen – das werden Sie natürlich vor der Wahl nicht tun – –

(Abg. Haas CDU: Was sagen Sie denn? Gar nichts! – Abg. Kluck FDP/DVP: Was wollen Sie jetzt? – Lebhafte Unruhe und Zurufe)

Ich sage Ihnen meine Position, obwohl es eigentlich nicht die primäre Aufgabe der Opposition ist, Regierungsentscheidungen vorwegzunehmen. Ich sage sie Ihnen aber trotzdem. Was glauben Sie eigentlich, wofür Sie gewählt worden sind? Sind Sie dafür gewählt, Fragen über Regie

rungsentscheidungen an die Opposition zu stellen, oder sind Sie gewählt worden, um zu regieren, werter Herr Haas?

(Unruhe und Zurufe)

Jetzt sage ich Ihnen, was hier klar werden muss: Die Tour „Hier stehe ich, aber ich kann auch anders“ geht nicht. Heilige Eide vor der Wahl, aber in einigen Monaten sagt man – falls Sie die Gelegenheit noch haben sollten –: „Jetzt sind wir natürlich zu völlig neuen Erkenntnissen gekommen.“ Das haben wir ja alles schon erlebt. Das haben wir mit Herrn Teufel beim Thema Asyl erlebt,

(Widerspruch bei der CDU)

das haben wir beim Thema „regenerative Energien“ mit Herrn Teufel erlebt. Wir haben alle schon erlebt, wie schnell unter dem Druck der Verhältnisse solche Aussagen ins Wanken kommen.

Ich nenne Ihnen meine Position: Meine Position ist, dass man sich in der Tat dazu bekennen muss, dass man den gesamten Zuwachs im Luftverkehrsaufkommen natürlich nicht nach Hessen – da geht es ja um einen Wirtschaftsfaktor sondergleichen – und nach Zürich abgeben sollte, sondern dass man ihn in Baden-Württemberg abnehmen muss, aber das bedeutet in der Quintessenz: Man muss Söllingen und Lahr dann auch noch zu einer vergleichbaren Größenordnung wie Echterdingen als Landesflughafen entwickeln. Sonst funktioniert es nicht. Da haben Sie meine Position.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Nichts Neues!)

Ja, ja! Ich will das nur klarstellen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Nichts Neues! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD)

Was ich bisher höre, sind natürlich „ganz kleine Brötchen“ – ich habe ja gerade zugehört –, also vielleicht 200 000 und ein bisschen was, und jetzt tasten wir uns da hinein.

Sie haben ganz andere Töne gespuckt! Wenn Sie dieses Bekenntnis nicht abgeben – dazu hat der Herr Ministerpräsident ja jetzt Gelegenheit –, dann lautet die Alternative nur noch: Entweder Fluggastaufkommen an andere Länder abgeben, mit allen wirtschaftlichen Folgen, oder zu sagen: Irgendwann, wenn das Frühjahr vorbei ist, werden wir der staunenden Öffentlichkeit mitteilen – natürlich, vermute ich mal, unter dem Druck eines neuen Gutachtens; wahrscheinlich wird dann Herr Berger oder sonst jemand bemüht –, dass man in Echterdingen luftseitig doch etwas machen müsste. Wir wissen ja, wie solche Spiele üblicherweise betrieben werden. Deswegen wollen wir heute Klarheit.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Die haben Sie doch ge- kriegt!)

Ich habe Ihnen gesagt, was ich in dieser Situation für richtig halte, und jetzt will ich dazu Ihre Haltung wissen, damit wir dann auch sicher sein können, dass Sie nicht wieder hinterher mit solchen Manövern kommen.

Im Übrigen zum Schluss: Lassen Sie in Ihrem eigenen Interesse diese Nebenbemerkungen von wegen Βund und dergleichen. Ich kündige Ihnen an: Wir werden eine hochinteressante Debatte bekommen, unter welcher politischen Verantwortung und mit welchem parteipolitischen Management die Deutsche Bahn AG in die Holzmann-Dimension getrieben worden ist. Viel Vergnügen, Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Vorsitzende der Fraktion Die Republikaner, Herr Abg. Dr. Schlierer.

(Abg. Wieser CDU: Oje! Jetzt geht das immer wei- ter!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Botschaft zum Flughafen höre ich wohl, Herr Ministerpräsident, allein, mir fehlt der Glaube, und zwar aus folgendem Grund: In der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen dem Bau der Messe auf den Fildern und einem Ausbau des Flughafens Stuttgart haben Sie noch nicht klar gemacht, wie Sie der Forderung, die bis heute aus den Reihen der Wirtschaft erhoben wird, dass beides gleichzeitig erfolgen müsse, begegnen wollen. Die Prioritäten sind in dem Brief des Wirtschaftsministers angesprochen worden. Der Brief hat sicherlich insoweit eine gewisse Berechtigung, als die Finanzen auch in Zukunft begrenzt sein werden und wir im Übrigen zurzeit auch feststellen müssen, dass im Zusammenhang mit dem Finanzierungskonzept der Messe noch nichts klar ist.

Bisher war man davon ausgegangen, dass das ganze Projekt mit einem Kostenansatz von 1,067 Milliarden DM zu verwirklichen ist. Inzwischen wird von weiteren 250 Millionen DM gesprochen, weil die Frage der Umfelderschließung offensichtlich noch nicht abschließend geregelt oder geklärt ist. Vor diesem Hintergrund macht die Frage Sinn, ob die 80 Millionen DM, die von der Wirtschaft in Aussicht gestellt worden sind, auch wirklich kommen, zumal bisher nur 12 Millionen DM vorhanden sind.

(Abg. Deuschle REP: Sehr richtig!)

Aber die entscheidende Frage – ich sage es noch einmal – ist: Wie hält es die Landesregierung mit den Aufforderungen vonseiten der Wirtschaft? Ich darf darauf hinweisen, dass beispielsweise Herr Leibinger – wohl in Reaktion auf das Schreiben von Herrn Döring – klar und deutlich gesagt hat, dass es kein Entweder-oder gebe, sondern nur beides. Beides deshalb, weil man sehr wohl sieht, dass eine internationale Messe – die gar „Marktplatz der Welt“ sein soll, so die Formulierung von Herrn Leibinger – im Sinne eines vernünftigen Verkehrskonzepts nur dann Sinn macht, wenn daneben auch ein internationaler Flughafen steht. Das ist doch eine ganz andere Frage, meine Damen und Herren, als die, wie beispielsweise mit einem steigenden Charterflugaufkommen umgegangen werden soll: Ob man etwa die Möglichkeit wahrnimmt, einen Teil dieses zusätzlichen Fluggastaufkommens in Söllingen abzuwickeln. Deshalb reicht mir das, was ich bisher gehört habe, nicht aus.

Ich könnte auch darauf hinweisen, dass der Geschäftsführer der IHK Stuttgart klar und deutlich gesagt hat: „In die

ser Frage gibt es kein Entweder-oder.“ Nun würden wir hier im Landtag gerne klar und deutlich hören – –

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das haben Sie doch ge- hört!)

Nein, nein, Herr Noll: Genau auf diese Forderung sind weder Sie noch sonst jemand aus dem Regierungslager eingegangen. Wenn Sie heute klar und deutlich erklären würden: „Wir weisen diese Forderung der Wirtschaft zurück“, dann könnte ich mir schon eher Klarheit verschaffen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wir bieten Alternati- ven!)

Aber nach Ihren Ausführungen, nach den Ausführungen des Ministerpräsidenten ist das leider nicht der Fall.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erhält der Herr Minister für Umwelt und Verkehr Müller.

(Abg. Brechtken SPD: Der verkehrte Umweltmi- nister!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Debatte fühle ich mich als Verkehrsminister und als Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens Friedrichshafen – nein, Stuttgart – –

(Heiterkeit)

Friedrichshafen liegt in meinem Wahlkreis, Entschuldigung. – Ich fühle mich doch veranlasst, einiges zu sagen, vor allem nach dem, was Sie gesagt haben, Herr Maurer. Sie stellen bestimmte Vermutungen über die Geschäftspolitik des Flughafens an. Dazu kann ich Ihnen etwas sagen.

Wir hatten im Mai oder Juni dieses Jahres eine Aufsichtsratssitzung. Dabei ging es um die Frage, was langfristig mit dem Flughafen geschehen soll. Das Thema „landseitiger Ausbau“ ist im Griff und muss uns hier nicht weiter interessieren. Das hat auch in der Debatte keine große Rolle gespielt.

Es ging dann um die Frage: Was geschieht luftseitig? Wir haben einen Aufsichtsratsbeschluss gefasst, in dem klar gemacht worden ist, dass wir erstens Prognosen brauchen, dass wir zweitens untersuchen, was mit konventionellen Maßnahmen – unter „konventionell“ verstehe ich jetzt alles unterhalb des Themas „zweite Start- und Landebahn“ – an zusätzlichem Verkehr bewältigt werden kann.

(Abg. Maurer SPD: Ist Verlängerung auch konven- tionell?)

Das ist in der Tat in dem Prüfungsauftrag enthalten, nicht mehr und nicht weniger.

Jetzt liegt eine Untersuchung einer entsprechenden Gesellschaft vor, und nun wird sich die Flughafengeschäftsführung in den nächsten Monaten mit der Frage befassen, was davon sie dem Aufsichtsrat vorschlagen will. Damit ist ausdrücklich gesagt, dass Maßnahmen, die darüber hinausgehen, von vornherein ausgeschlossen sind, und Maßnah

men, die uns die Geschäftsführung auf der Basis dieser Erkenntnisse vorschlägt, anschließend geprüft werden.

Was die Zahl anbelangt, die Sie erwähnt haben: Bei einer Steigerung von 7 % pro Jahr – eine solche haben wir seit ziemlich langer Zeit, und es spricht ja eher einiges dafür, dass sich die Kurve irgendwann einmal ein bisschen abflacht, als dass sie noch weiter ansteigt –

(Abg. Drexler SPD: Das haben Sie 1990 auch ge- sagt!)

erreicht man natürlich in sieben Jahren keine Verdoppelung. Ich glaube, da sind wir uns einig. Das kann man relativ leicht ausrechnen: 7 mal 7 ist 49. Rechnen Sie noch den Zinseszinseffekt dazu, dann heißt das: Im Jahr 2007 ist natürlich noch längst nicht Schluss mit diesen Dingen.

(Abg. Drexler SPD: 12 Millionen!)

Das ist die erste Feststellung, die ich einmal aus dem Aufsichtsrat vortragen will. Eine solche Information könnte Ihnen ja auch bekannt sein, weil ich nicht der Einzige bin, der in dem Aufsichtsrat sitzt, sondern es dort auch Vertreter der Stadt Stuttgart und auch Angehörige Ihrer Partei gibt.

Zweite Bemerkung: Söllingen. Es wird immer wieder einmal davon gesprochen, dass wir ein Flughafenkonzept oder ein Luftverkehrskonzept in Baden-Württemberg brauchen. Dazu möchte ich bemerken: Erstens: Wir haben ein solches im Generalverkehrsplan.

(Abg. Drexler SPD: Völlig überholt!)

Das ist nicht überholt.