Protocol of the Session on July 19, 2000

leer aus. Wir geben Ihnen beim Nachtragshaushalt die Gelegenheit, dies zu korrigieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen mehr Wahlmöglichkeiten für Eltern. Wir wollen eine verlässliche Halbtagsschule mit festen Unterrichtszeiten am Vormittag ohne ein Schulgeld durch die Hintertür. Wir wollen mehr Ganztagsschulen, und wir wollen verbesserte Kinderbetreuungsangebote für Familien.

(Abg. Haas CDU: Und einen Geldscheißer!)

Es reicht nicht aus, nur die Einkommensgrenzen beim Landeserziehungsgeld anzuheben. Wir wollen für Eltern mehr Wahlfreiheit beim Bezug des Landeserziehungsgelds und bessere Kombinationsmöglichkeiten mit Teilzeitbeschäftigung. Dies ermöglicht insgesamt eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Damit wird die Eigenkompetenz, werden die Selbsthilfemöglichkeiten der Familien ganz entscheidend gestärkt.

Für viele Familien in Baden-Württemberg ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf jedoch noch in weiter Ferne. Die Landesregierung unterstützt Familien nicht in ihrem Wunsch, Familie und Beruf zu vereinbaren, sondern legt den Familien immer noch Steine in den Weg.

Die ideologische Verbohrtheit geht sogar so weit, dass die Landesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage die Expertenmeinung im Landesfamilienbericht zur Kleinkindbetreuung falsch und unvollständig zitiert.

(Abg. Brechtken SPD: Hört, hört!)

Es ist eben nicht so, dass die Experten sagen, dass der Familienerziehung in den ersten drei Lebensjahren die ausschließliche Priorität vor außerfamilialen Betreuungsmaßnahmen einzuräumen ist. Wir in Baden-Württemberg weisen im Kleinkindbereich eine unterdurchschnittliche Angebotsstruktur aus. Das Gleiche gilt für Ganztagsplätze mit Mittagessen. Während im Bundesgebiet West – Sie wissen, in Ost sieht es noch wesentlich besser aus – diese Angebote immerhin 16,9 % ausmachen, liegen wir in Baden-Württemberg bei schwachen 3 %. Das muss sich ändern.

(Zurufe von der SPD: Unmöglich! Unglaublich!)

Immer noch gibt es in Baden-Württemberg keine garantierten Unterrichtszeiten am Vormittag. Die vom Kultusministerium angekündigte so genannte verlässliche Grundschule entbehrt jeder Verlässlichkeit. Statt einer verlässlichen Halbtagsschule bekommen die Familien in Baden-Württemberg ein Schulgeld durch die Hintertür.

(Abg. Haas CDU: Schon wieder!)

Ich bin gespannt, was die Landesregierung hier den Eltern an zusätzlichen Belastungen zumuten will. Sie haben bereits bei der Schülerbeförderung

(Abg. Haas CDU: Das waren die Kommunen!)

Herr Kollege – den Familien monatliche Mehrbelastungen von 30 DM zugemutet und diese Mehrbelastungen nachdrücklich als zumutbar bezeichnet. Immerhin macht dies pro Kind im Jahr 360 DM aus. Wie scheinheilig ist

vor diesem Hintergrund doch die CDU-Kritik an der Ökosteuer. Hier beklagt die CDU Belastungen für Familien, aber sie verschweigt die beschlossenen Entlastungen für Familien.

(Abg. Scheuermann CDU: Wer entlastet die? – Abg. Pfister FDP/DVP: Wo, bei der Ökosteuer?)

Ich sage es Ihnen gleich, Herr Kollege. Die durchschnittliche Belastung einer Familie mit zwei Kindern durch die zweite Stufe der Ökosteuer beträgt monatlich 4,70 DM.

(Abg. Haas CDU: Wahnsinn!)

Rechnet man die Entlastung durch die Steuerreform und das Kindergeld dagegen, ergibt sich ein Plus von 90 DM im Monat.

(Abg. Haas CDU: Oje!)

Das ist die CDU-Familienarithmetik: 30 DM monatliche Mehrbelastung für Familien durch die CDU bei der Schülerbeförderung ist den Familien zuzumuten, Mehrausgaben von 4,70 DM pro Monat, die durch die Politik der SPD-geführten Bundesregierung für Familien mit einem Plus von 90 DM mehr als ausgeglichen werden, bedeuten nach Ihrer Auffassung aber angeblich unzumutbare Belastungen für Familien.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Scheinheilig!)

Die CDU kann alles, außer Rechnen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist Zeit für eine bessere Familienpolitik im Land, für eine Politik, die nicht wegen einer fadenscheinigen Wahlkampftaktik alle familienpolitische Verantwortung nach Berlin schiebt. Es ist Zeit für rasche Verbesserungen beim Landeserziehungsgeld. Es ist Zeit für eine verlässliche Halbtagsschule mit festen Unterrichtszeiten am Vormittag ohne ein Schulgeld durch die Hintertür. Es ist Zeit für mehr Ganztagsschulen. Es ist Zeit für verbesserte Kinderbetreuungsangebote für Familien. Es ist Zeit dafür, dass die Landes-CDU ihre rückschrittliche Familienpolitik korrigiert. Der Landes-CDU stünde in der Familienpolitik mehr Merkel und weniger Teufel gut zu Gesicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf von der SPD: Bravo!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Blank.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Wonnay, Sie haben eine schöne Oppositionsrede gehalten.

(Abg. Haas CDU: So ist es! – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Dann haben Sie nicht zugehört!)

Nur, sie hätte sich in Niedersachsen, in Schleswig-Holstein oder in einem der sonstigen Bundesländer besser gemacht.

(Beifall bei der CDU – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist der typische CDU-Auftakt!)

Über die grundsätzliche Intention Ihrer Anfrage bzw. Ihres Antrags sind wir erfreut. Ich glaube, es ist eine gute Gelegenheit dafür, dass die Landesregierung ihre Erfolgsbilanz darstellen kann. Wir als CDU-Fraktion sind stolz darauf, dass wir die meisten Initiativen entwickelt und auf den Weg gebracht oder unterstützt haben.

Sie sprachen von einer konzeptionslosen Familienpolitik in Baden-Württemberg. Sie haben den Familienbericht wahrscheinlich nicht gelesen, Frau Wonnay.

(Abg. Haas CDU: Wahrscheinlich nicht!)

Wenn Sie diesen Familienbericht lesen, werden Sie feststellen, dass Baden-Württemberg familienpolitische Rahmenbedingungen geschaffen hat, die es erlauben, die besten Sozialstrukturdaten zu haben. Wir haben hervorragende Sozialstrukturdaten, zum Beispiel – damit Sie auch wissen, was ich meine – Geburtenrate, höchste Lebenserwartung, Spitze der Bevölkerungsentwicklung. Das muss man wissen, wenn Sie die Geschichten, die Sie uns eben im Plenum erzählt haben, auf die Menschheit loslassen.

(Zurufe von der SPD)

Die Situation in Baden-Württemberg ist sehr gut. Das wissen Sie auch, und das tut Ihnen auch ein Stück weit weh. Ich verstehe ja auch, dass das wehtut, wenn man in der Opposition ist.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Denken wir doch einmal daran, dass wir in Baden-Württemberg Programme haben, von denen sozialdemokratisch regierte Bundesländer nur träumen.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Abg. Drexler SPD: Ganztagsbetreuung!)

Wenn ich mir jetzt anschaue, was wir von der rot-grünen Regierung in Berlin als großes Reformkonzept für das Bundeserziehungsgeld vorgelegt bekommen, dann muss ich doch sagen:

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Sie haben 14 Jahre lang gar nichts gemacht, Frau Kollegin!)

Da hat Frau Bergmann tüchtig in die Trickkiste gegriffen. Das ist nicht der große Wurf.

(Abg. Drexler SPD: Wo?)

Wo? Ich sage es Ihnen. Nehmen wir einfach einmal die Budgetierung. Die Budgetierung bedeutet, dass eine Familie, eine Frau das Bundeserziehungsgeld in Anspruch nehmen kann. Sie muss sich am Anfang entscheiden, ob sie es für 12 Monate oder für 24 Monate in Anspruch nimmt. Entscheidet sie sich für 12 Monate, erhält sie 900 DM statt 600 DM. Wenn man aber einmal ein bisschen rechnet – weil Sie, Frau Wonnay, vom Rechnen gesprochen haben –, stellt man fest, dass der Staat, sprich die rot-grüne Bundesregierung, an diesen Familien 3 600 DM spart. Das ist Ihre Familienpolitik.

(Beifall bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist eine typische CDU-Rechnung!)

Aber nicht nur das. Der nächste Wermutstropfen ist die Minderungsquote bei Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze. Sie haben sie von 40 % auf 50 % erhöht. Frau Wonnay, es ist ja legitim, wenn Sie dies verschweigen. In der Gesetzesbegründung steht aber, dass Ihr Bundeserziehungsgeld-Reformgesetz, das Sie so lauthals verkünden, fast kostenneutral sei. Daran sehen Sie doch, dass Sie für die Familien nichts oder fast nichts geleistet haben.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt gehen Sie her – das ist wirklich das Allergrößte – und verlangen in Ihrem Antrag, dass das Landeserziehungsgeld auch schon nach zwölf Monaten gezahlt wird, wenn sich die Betreffende entscheidet, das Erziehungsgeld auf Bundesebene nur zwölf Monate in Anspruch zu nehmen. Das ist hammerhart – Entschuldigung.

(Abg. Drexler SPD: Was ist das?)