Das ist die schlichte Antwort auf die Frage, die Sie vorhin gestellt haben. Man kann sehr wohl über die Vignette sprechen, aber nicht als zusätzliche Belastung zu dem, wie der Autofahrer ohnehin schon abkassiert worden ist.
Was die Benachteiligungen Baden-Württembergs anbelangt: Nehmen wir einmal ganz schlicht die Zahlen. Im Verhältnis zu den anderen Bundesländern bekommen wir im Straßenbereich 6 % der Mittel aus dem Bundeshaushalt – wir haben ein Achtel der Bevölkerung und ein Siebtel der Wirtschaftskraft –, im Schienenbereich – und zwar sowohl im Investitionsprogramm 1999/2002 als auch darüber hinaus, konkret beim Anti-Stau-Programm – bekommen wir 3 % der Mittel. Im Bereich der Binnenschifffahrt, von der gerade auch die Rede war, bekommen wir so gut wie überhaupt nichts, obwohl wir durchaus Bundeswasserstraßen haben. Das ist die Situation: 6 %, 3 % und 0 %! Wer gemessen an der Bedeutung und Größe dieses Landes dann davon spricht, Baden-Württemberg sei anständig behandelt worden, der täuscht sich,
Jetzt kann man sagen: Der Staat muss halt sparen, es geht nicht anders. Die baden-württembergische Landesregierung hat nie verlangt, der Bund solle einfach zugunsten des Verkehrs umschichten. Wir haben vielmehr verlangt, er
solle nicht umgekehrt aus dem Verkehr herausschichten. Wir haben gesagt: In einer Zeit, in der 30 Pfennig Mineralölsteuer – und obendrauf kommt noch die Mehrwertsteuer – dazukommen, kann man wenigstens erwarten, dass ein Teil dieser Mehreinnahmen in den Verkehr gehen, und zwar nicht dadurch, dass man sie noch einmal obendrauf legt, sondern indem ein Teil dieser Mehreinnahmen dafür zur Verfügung gestellt wird. Es kann nicht richtig sein, dass der Autofahrer immer mehr bezahlt und dafür immer weniger Straßen bekommt.
Wir haben zum Zweiten gesagt: Wir bejahen die LkwAutobahnbenutzungsgebühr, allerdings nicht in dem vorgesehenen Umfang. Wenn wir sie aber bejahen, dann müssen die Einnahmen zu 100 % dem Verkehr zugute kommen. Was ist vorgesehen? Eine sehr viel höhere Abgabe, die auf den Lkw-Verkehr gelegt werden soll, aber eine Abführung an den allgemeinen Bundeshaushalt in der Größenordnung von mindestens 1,5 Milliarden DM.
Das ist falsch. Man kann das unter der Voraussetzung, dass die Einnahmen komplett dem Verkehr zur Verfügung gestellt werden, billiger machen.
Wir haben zum Dritten den Vorschlag gemacht, wenigstens einen Teil der Erlöse aus dem Verkauf der UMTS-Lizenzen und den sonstigen Verkäufen, die der Bund beabsichtigt – einverstanden, dass das in Richtung Entschuldung geht; dadurch hat man Zinsen erspart –, für den Verkehrswegebau zu nehmen. Es geht hier nur um Zusatzeinnahmen. Wir sprechen nicht von dem Geld, das wir sozusagen von anderen haben wollen, sondern nur von Zusatzeinnahmen, die zum Teil dem Verkehr zur Verfügung stehen sollten.
Oder nehmen Sie nur einmal einen Tatbestand, den man in der Öffentlichkeit kaum wahrnimmt. Es wird ja völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass das Benzin nicht nur deshalb teurer geworden ist, weil die Ökosteuer gekommen ist. Vielmehr haben auch die Mineralölkonzerne erheblich zugeschlagen, nämlich mit 30 Pfennig. Aber der Staat verdient daran. An den 30 Pfennig ist er mit 16 % Mehrwertsteuer beteiligt. Das sind ungefähr 4 Pfennig. Diese 4 Pfennig pro Liter machen schon wieder 3 Milliarden DM aus.
Wie wäre es denn, wenn man einmal ganz simpel sagen würde: „Aus diesen überraschenden Zusatzeinnahmen, sozusagen unverdienten Windfall-Profits, machen wir ein Ortsumgehungsprogramm,
meinetwegen in dem Umfang, in dem die Einnahmen vorliegen“? Wenn je die Benzinpreise wieder sinken und damit auch die Mehrwertsteuereinnahmen zurückgehen, könnten wir sagen, dass wir das Geld nicht mehr haben. Wir haben also wirklich keine maßlosen Forderungen. Aber wenn wir einen Vorschlag nach dem anderen machen, der diszipli
niert ist und sich nur auf Mehreinnahmen bezieht, aber alles abgelehnt wird, dann sage ich: Es liegt nicht am Geld, sondern es liegt am politischen Willen. Das ist die einzige Erklärung dafür.
Jetzt noch eine Bemerkung zu der Diskussion, die vorhin stattgefunden hat, ob denn das Land Baden-Württemberg gemessen an der alten Bundesregierung mit der neuen besser oder schlechter fährt. Ich will jetzt nicht Herrn Waigel zitieren. Man könnte stattdessen einmal die Zahlen anschauen, die bei Verkehrsminister Wissmann vorgesehen waren. Der war nämlich für den Verkehrshaushalt zuständig.
Gegenüber den Wissmannschen Zahlen haben wir natürlich ein klares Minus. Ich will das nur an einem Tatbestand beschreiben. Dieses Minus ist so stark, dass die erfreulicherweise in Berlin beschlossene Aufhebung der globalen Minderausgaben dazu führt, dass wir im Verhältnis zum totalen Absturz, den Sie für uns vorgesehen hatten, zwar ein bisschen mehr Geld kriegen. Aber trotz dieser Erhöhung werden wir in den nächsten zwei Jahren weniger Geld zur Verfügung haben als in diesem Jahr. Das ist die Situation.
Das ist der Absturz, den wir festzustellen haben. Sie fahren massiv herunter und gleichen das zum Teil mit der Aufhebung der globalen Minderausgabe aus. Aber in den Jahren 2001 und 2002 erhalten wir immer noch weniger als im Jahr 2000. Das ist der eine Tatbestand. Ich schildere das nur an wenigen einfachen Tatbeständen.
Der zweite Tatbestand: Wo hat es das in der Geschichte der Bundesrepublik schon gegeben, dass in einem Land wie Baden-Württemberg vier Jahre lang keine einzige neue Straße begonnen wird? Das zeigt doch, wohin die Reise gegangen ist. Wo hat es das gegeben, dass wir einen Vergabestopp haben machen müssen, weil wir schlicht nicht mehr das Geld haben, um neue Verträge abzuschließen? Das ist die Situation, ohne es weiter zu differenzieren; aber es ist völlig klar, dass wir natürlich einen Einbruch im Straßenbau gehabt haben und weiter haben werden.
Die neuesten Signale, die wir jetzt auf dem kleinen Dienstweg aus Berlin bekommen haben, enthalten, dass unsere Hoffnung, ab 2003 würde es wieder bergauf gehen, wahrscheinlich trügt – mit Ausnahme des Anti-Stau-Programms.
Zum Anti-Stau-Programm sage ich etwas: Das Anti-StauProgramm wird von uns gern akzeptiert, und wir nehmen das Geld gern. Das ist überhaupt keine Frage. Wir hätten uns vorstellen können, dass man uns vielleicht auch einmal gefragt hätte, wofür das Geld verwendet werden soll, aber das war wie üblich natürlich nicht der Fall. Nur so viel einmal zu der ständigen Aussage, das Land müsse Prioritäten im Straßenbau setzen: Es stimmt nicht! Wir sind nie gefragt worden, und auf Fragen, die mir nicht gestellt worden sind, gebe ich auch keine Antworten.
Wir sind nicht gefragt worden beim Investitionsprogramm, wir sind nicht gefragt worden beim Anti-Stau-Programm, und auch jetzt nach der Aufhebung der globalen Minderausgabe wissen wir nicht, wofür wir das Geld eigentlich ausgeben dürfen. Das ist die Behandlung, die die Bundesregierung dem Land Baden-Württemberg angedeihen lässt.
Herr Minister, wenn das, was Sie beklagen, zutrifft, dass das Land Baden-Württemberg so sehr benachteiligt wird, dann muss es ja andere Länder geben, die bevorteilt werden. Kann es sein, dass sich andere Länder, beispielsweise Bayern, in Berlin klüger anstellen und mehr Straßen durchsetzen?
Herr Kollege Schmiedel, meine Befürchtung geht in eine andere Richtung, nämlich in die, dass es vielleicht auch etwas mit den politischen Farben zu tun hat.
Die Bayern beklagen sich genauso. Ich habe mich jetzt vorsichtig ausgedrückt. Sie sehen ja am Beispiel der letzten Woche, wohin die Reise geht: Wer Wohlverhalten in einer ganz anderen Frage zeigt, der wird belohnt. Das ist die Art von Politik, von der ich meine, dass sie vielleicht etwas mit politischer Farbe zu tun hat.
Ich kann Ihnen sagen: Beim Thema Stuttgart 21 ist der Wurm drin, seit es in Berlin eine andere Regierung gibt. Das ist der Tatbestand.
Das ist ja auch nicht erstaunlich. Ich schildere ja keine geheimnisvollen Mechanismen. Das ist ja nicht erstaunlich. Sie regieren mit einer Partei zusammen, die Stuttgart 21 nicht will.
Im Übrigen gebe ich Ihnen auch noch eine sachliche Antwort – Sie wollten ja zunächst einmal eine politische haben –: Natürlich gibt es auch einen Unterschied zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland. Das ist der Hauptunterschied zwischen den Bundesländern. Das hat bei der alten Bundesregierung zu Recht begonnen. Wir mussten in den Neunzigerjahren etwas tun. Aber dass die neue Bundesregierung diese Privilegierung der ostdeutschen Bundesländer über das Jahr 2000, für das vorgesehen war, es wieder
glattzustellen, hinaus fortführt, halte ich nicht für richtig, und es wäre schön, wenn wir wenigstens in diesem Landtag darüber einer Auffassung wären.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Die können auch Hochdeutsch! – Glocke des Präsidenten)
Herr Minister Müller, sind Sie bereit, einzuräumen, dass die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, die jetzt fortgesetzt werden, weil sie noch nicht abgeschlossen werden konnten und bisher auch nicht finanziert waren, schon zu Zeiten der alten Regierung so beschlossen worden sind, und sind Sie der Meinung, dass die Zusagen, die die Regierung Kohl den neuen Bundesländern gegeben hat, jetzt von der neuen Regierung gebrochen werden sollten?