Es ist das unkontrollierte Konsumieren von Fernsehfilmen und Videos. Ich erinnere nur an AJS, an die Aktion Jugendschutz, die erst in ihrem letzten Heft darauf hingewiesen hat, wie gefährlich es ist, Kinder problemlos alles anschauen zu lassen und beim Fernseher gewissermaßen durchschalten zu lassen. Denn auch am Nachmittag gibt es schon Rambo-Filme
Herr Kuhn, seien Sie ruhig, und hören Sie zu! Es gibt auch – das ist vorhin schon von den Kollegen Salomon und Braun angesprochen worden – Integrationsprobleme von Migrantinnen und Migranten.
Wenn die Ursachen der Gewalt erkannt sind, meine Damen und Herren, ist zu fragen: Was ist nun zu tun? Meiner Meinung nach sollte zunächst einmal versucht werden, in der Familie und in der Schule den Gemeinschaftssinn zu stärken. Das Wir ist so viel wie das Ich. Es gilt, Ordnungen einzuhalten, und es gilt auch darzustellen, dass wir Verbindlichkeiten brauchen und dass Verbindlichkeiten für das Zusammenleben in der Familie, in der Schule und in der Gesellschaft notwendig sind.
Wir brauchen Patenschaften von älteren Schülern für jüngere Schüler. Wir brauchen – das ist in der Pädagogik ganz wesentlich – auch mehr Lob als Tadel. Statt des reinen Notendrucks brauchen wir die Bereitschaft der Lehrerinnen und Lehrer, ihren Schülern zu sagen: „Komm, Freund, wir machen das und packen das an; du hast die Fähigkeiten dazu“ und dies dann auch gemeinsam durchzusetzen.
Jugendliche brauchen zur Ichförderung gerade dieses Lob; das ist mir ganz wichtig. Wir brauchen Rollenspiele in den Schulen für Täter und Opfer; beide müssen in den Rollenspielen vorkommen. Wir brauchen eine zunehmende Integration von Migrantinnen und Migranten, wie das ja in der Jugendenquetekommission auch schon beschlossen worden ist. Gefragt sind, meine Damen und Herren, hier zunächst die Familien, dann die Kindergärten und dann die Schulen. Das Motto lautet: nicht dramatisieren, wohl aber sensibel sein für die Probleme und dann, wie eben dargestellt, Präventionen ergreifen.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich bin sehr dankbar, dass in der ersten Runde der Debatte, einmal abgesehen von der antragstellenden Fraktion, ein sehr realistisches Bild von der Situation an unseren Schulen und ein realistisches Bild unserer jungen Generation gezeichnet worden ist.
Das Thema „Gewalt an den Schulen“ ist wahrlich kein neues und auch kein aktuelles Thema. Auch Ihre fünf Punkte, Herr Kollege Deuschle, haben wenig Neuigkeitswert.
Die Schulverwaltungen, die Schulen und die Bildungspolitik in diesem Land beschäftigen sich seit Jahren mit dem Thema „Gewalt an der Schule“, und zwar nicht nur dann, wenn wieder einmal ein spektakulärer Fall durch die Medien geht und der Eindruck entsteht, als wären unsere Schulen Zentren der Gewalt oder wäre die Gewalt an den Schulen ein Massenphänomen. Wenn wir nicht an unseren 4 500 Schulen seit Jahren vorbeugend gegen Gewalt arbeiten würden, hätten wir bei 1,6 Millionen Schülerinnen und Schülern in diesem Land ganz andere Zahlen auf dem Tisch als die, über die heute hier diskutiert wird.
Es ist – das ist jetzt mehrfach gesagt worden – wirklich außerordentlich schwierig, die vorliegenden Zahlen, seien es die Zahlen, die von der Polizei kommen, oder seien es die Zahlen, die aus den Schulen und aus der Schulverwaltung kommen, richtig zu gewichten
und die Frage zu beantworten, was das wirkliche quantitative und qualitative Ausmaß der Gewalt an Schulen ist. Alle Zahlen sind zu hinterfragen und zu interpretieren.
Ich nehme nur nochmals eine heraus, weil man jede Zahl natürlich auch in Beziehung setzen muss. Die Sonderauswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik, die ja für die Jahre 1997 bis 1999 gemacht worden ist, ergab für das Jahr 1999 3 901 Gewaltdelikte an Schulen.
aber trotzdem müssen wir diese Zahl ins Verhältnis setzen zur Anzahl der Schulen, und das sind über 4 500, und zur großen Zahl unserer Schülerinnen und Schüler, nämlich 1,6 Millionen.
Aber Tatsache ist, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen – alle Zahlen hin oder her, lassen wir sie einmal so stehen –, dass
die Gewalt an Schulen in den letzten Jahren wohl eher zuals abgenommen hat, wenn auch nicht in dramatischem Ausmaß.
Die dritte Feststellung – sie halte ich im Vergleich zu den ersten beiden für eine erfreuliche Botschaft, und sie ist eine Frucht der Präventionsarbeit – lautet, dass die Sensibilität an den Schulen zugenommen hat, dass die Wahrnehmungsbereitschaft und die Aufmerksamkeit in Bezug auf diese Problematik Gewalt eindeutig zugenommen haben, mit zwei Folgen: mit der Bereitschaft, zu melden, Dinge öffentlich zu machen, aber gleichzeitig mit einer zunehmenden Bereitschaft an den Schulen zur vorbeugenden Projektarbeit.
Diese Entwicklung ist außerordentlich gut. Es muss unser Ziel sein und ist unser Ziel, mit dem Thema „Gewalt an Schulen“ ganz offen umzugehen. Wir brauchen – auch das bestätigt, was von allen Rednern gesagt worden ist – Zahlen nicht zu dramatisieren, wir dürfen Zahlen aber auch nicht verharmlosen. Wir müssen jeden einzelnen Fall ernst nehmen und gemeinsam noch mehr Anstrengungen zur Vorbeugung entwickeln. Jeder einzelne Fall ist ein Fall zu viel. Unsere Schulen müssen wissen: Es ist besser, wenn eine Schule ganz offen über Probleme an der Schule redet, als wenn eine Schule öffentlich gut dasteht und vorhandene Probleme unter den Teppich kehrt.
Das sagen wir unseren Schulen immer wieder, und wir erwarten von den Schulleitungen, von den geschäftsführenden Schulleitern, dass sie mindestens einmal im Jahr bei ihren Konferenzen das Thema „Gewalt an den Schulen“ auf die Tagesordnung setzen, ob es jetzt gemeldete Fälle, erkannte Fälle gibt oder nicht gibt. Das muss ein Dauerthema der Besprechungen in den schulischen Gremien sein.
Wir können uns keinerlei Gewalt an unseren Schulen leisten. Erziehung hat geradezu den gegenteiligen Auftrag, nämlich zur Friedensliebe zu erziehen, zur Friedfertigkeit, zum friedlichen Umgang miteinander. Das haben uns die Landesverfassung und das Schulgesetz in gleicher Weise wohlweislich ins Stammbuch geschrieben.
Deshalb tun wir gut daran, wenn wir uns, wie heute diese Debatte angelaufen ist, fraktionsübergreifend Weiteres einfallen lassen, wie wir Probleme, wie wir Konflikte, wie wir Schwierigkeiten, die Kinder und Jugendliche aus der Familie, aus dem Umfeld mit an die Schulen bringen, auf friedliche Art und Weise bewältigen können.
Was ist zu tun? Auf spektakuläre Fälle gibt es keine spektakulären Reaktionsmöglichkeiten, und es gibt auch nirgends ein Patentrezept. Wenn irgendwo, in einem anderen Bundesland, in einem anderen Land, ein Patentrezept praktiziert würde, dann hätten wir es in Baden-Württemberg schon lange übernommen. Das allerbeste Mittel, liebe Kol
leginnen, liebe Kollegen, gegen Gewalt ist die kontinuierliche, die unauffällige, die tagtägliche Erziehungsarbeit,
Dieser Normalfall, dieser tagtägliche Normalfall an unseren Schulen bei 1,6 Millionen Schülerinnen und Schülern macht natürlich keine Schlagzeilen in der Zeitung.
Wenn aber unsere Lehrerschaft nicht tagtäglich das Beste geben würde, dann hätten wir jeden Tag in der Zeitung Horrormeldungen und hätten wir andere Statistiken, Statistiken, die wirklich erschreckend wären.