Den Vorschlag von Baden-Württemberg werte ich persönlich als einen sehr konstruktiven Beitrag. Er signalisiert für mich Mitarbeit bei dieser Steuerreform.
wenn sie konstruktiv an dieser Unternehmensteuerreform mitarbeiten sollten, dann werte ich das als die Maßnahme eines Heißsporns, der jetzt nachweisen muss, dass er in die Fußstapfen seines Vorgängers passt.
dass Diskussionen gut sind, aber Blockade doch nicht die richtige Haltung und auch für Baden-Württemberg das falsche Signal ist.
(Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen – Abg. Göbel CDU: Wenn Lob von der falschen Seite kommt, ist das immer schwierig!)
Ich glaube, dass die Diskussion an einigen Punkten notwendig ist. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, der in der Diskussion eine ganz wesentliche Rolle spielt und für Baden-Württemberg wichtig ist. Das ist die Frage: Ist die rot-grüne Vorlage mittelstandsfeindlich?
Ich glaube, nicht. – Ich weiß, dass Sie da anderer Meinung sind. Ich glaube, nicht, und ich will das in der Kürze der Zeit auch nachweisen.
Mittelstand setzt sich aus verschiedenen Potenzen zusammen. Das sind zuerst einmal die Kleinunternehmen mit relativ wenig Gewinnen und keiner Gewerbesteuer. Sie erfahren mit der Anhebung des Grundfreibetrags und der Senkung der Steuersätze eine Entlastung, und zwar eine gewaltige Entlastung. Sie sind also mit der Steuerreform ganz gut bedient.
Die mittleren Unternehmen, die schon im Gewerbesteuerbereich liegen, haben über die Anrechnung der Gewerbesteuer eine ganz gute Entlastung erhalten und sind daher auch ganz gut mit diesem Vorschlag bedient. Die großen Unternehmen, bei denen wirklich sehr dicke Gewinne gemacht werden und die vom Spitzensteuersatz im Einkommensteuerrecht entsprechend belastet würden, können das Optionsrecht wahrnehmen und sich als Kapitalgesellschaft steuerlich bewerten lassen. Damit sind sie steuerlich auch entsprechend entlastet. Ich kann darin keine Mittelstandsfeindlichkeit sehen, wenn hier die Entlastungen stattfinden.
Die B-Länder haben ein Konzept vorgelegt, das angeblich Klein- und Mittelbetriebe wegen der höheren Senkung des Spitzensteuersatzes stärker entlasten möchte. Aber, meine Damen und Herren, die Mehrheit der Kleinund Mittelbetriebe zahlt den Spitzensteuersatz nicht, und daher ist höchstens ein Viertel der Unternehmen überhaupt von dieser Senkung betroffen.
Dass da auch eine Gerechtigkeitsschieflage drin ist, halte ich für sicher. Das fegen Sie unter den Tisch. Sie entlasten tatsächlich auch bei den Klein- und Mittelbetrieben die Großen und nicht die Kleinen.
Sie sagen als Zweites, die Wiedereinführung des halben Steuersatzes bei Betriebsveräußerungen sei gerechter, aber unterschlagen dabei, dass über die Fünftelregelung bei Betriebsveräußerungen die Altersvorsorge für Betriebsinhaber ja längst von der rot-grünen Steuerregierung entsprechend abgesichert worden ist.
(Abg. Wieser CDU: Steuerregierung, ja! – Zuruf des Abg. Mayer-Vorfelder CDU – Weitere Zurufe von der CDU)
Dazu nur eine Zahl: Bei den Veräußerungsgewinnen sind 90 % unter 300 000 DM. Bis 500 000 DM wird zwischenzeitlich aber entlastet, und daher kann ich Ihre Aufregung bezüglich der Schieflage und der Mittelstandsfeindlichkeit nicht teilen. Da müssen Sie mehr Argumente bringen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Die Red- nerin begibt sich auf ihren Platz. – Glocke des Prä- sidenten)
Frau Abg. Erdrich-Sommer, wollen Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Reinhart beantworten?
Frau Kollegin, Sie können, wie Sie ausführen, keine Mittelstandsfeindlichkeit erkennen. Halten Sie es für mittelstandsfreundlich, wenn ein Bäcker oder ein Freiberufler, der 40 Jahre lang sein Unternehmen aufgebaut hat und durchaus einen hohen Steuersatz hat, dann den Gewinn aus der Veräußerung seines Betriebs zu 100 % versteuern muss, aber ein Konzern, der einen Betrieb oder Konzernteil verkauft, in Zukunft null Steuern bezahlt? Ich frage Sie: Halten Sie das für mittelstandsfreundlich?
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Puchta SPD: Null Ahnung! – Abg. Moser SPD: Keine Ahnung! Herr Professor, Sie kriegen gleich Nachhilfeunterricht! – Lebhafte Unruhe)
Ich glaube, dass Sie, wenn Sie das so einfach nebeneinander stellen, Recht haben. Da haben Sie wahrscheinlich Recht.
Nur, so einfach ist die Sache nicht. Denn entweder hat der Mittelständler, wenn er entsprechende Gewinne macht, von vornherein einen relativ niedrigen Steuersatz gehabt, oder er hat
jetzt passen Sie bitte auf – gute Gewinne gemacht, und dann kann er das Optionsmodell anwenden, und damit hat er die Vorzüge der Kapitalgesellschaften. Daher sehe ich Ihr Problem nicht. Das heißt, die Gutverdienenden können über das Optionsmodell alle Vorteile der Aktiengesellschaft nutzen, und wer weniger gut verdient, der ist nicht benachteiligt. Das tut mir Leid.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 24 Jahren gehe ich jährlich zur Hannover-Messe, um dort die Betriebe aus Fellbach und Umgebung zu besuchen und mit mittelständischen Betrieben interessante Gespräche zu führen. In aller Regel kann man danach für eine gewisse Zeit sehen, wo die Leute eigentlich der Schuh drückt. Ich kann Ihnen nur sagen: Das Ergebnis des Besuchs in diesem Jahr war erstens: Tut endlich was, und redet nicht nur darüber!