Friedrich-Wilhelm Kiel
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist auch für mich die letzte Rede, die ich als Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg halten kann. Als Liberaler freue ich mich darüber, noch einmal
zu einem Gesetz reden zu dürfen, das Chancen und Risiken für Naturschutz und Denkmalpflege in sich birgt.
Dabei gilt auch hier: Nur wer Risiken eingeht, kann auch Chancen eröffnen.
Aufgrund der Aussagen von SPD und Grünen möchte ich einmal den liberalen Philosophen Karl Popper zu Wort kommen lassen. Er hat nämlich gesagt:
Der Staat ist ein notwendiges Übel.
Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Denn damit hat er schlaglichtartig deutlich gemacht: Selbstverständlich brauchen wir den Staat.
Ach, hören Sie doch einmal zu, Herr Brechtken. Ich glaube ja, dass es für Sie vielleicht ein bisschen zu hoch ist, sich einmal mit einem Philosophen auseinander zu setzen.
Aber ich meine, man sollte sich vielleicht das eine oder andere doch einmal vom Grundsätzlichen her durch den Kopf gehen lassen und fragen, warum ein solches Gesetz notwendig ist.
Warum solch ein Gesetz notwendig ist – Herr Kretschmann hat zu Recht gesagt: „Begründet das doch bitte einmal“ –, will ich zu begründen versuchen.
Das mag ja sein. Ich behaupte ja nicht, dass es leicht ist.
Aber Popper sagt natürlich einwandfrei auch: Wir brauchen einen schlanken Staat, und wir brauchen einen Staat, der den Bürgerinnen und Bürgern eigene Entscheidungen belässt, sie auswählen lässt, nicht gängelt und sie nicht überversorgt, nur weil die, die die Gesetze verabschieden, meinen, sie wüssten besser als die Bürgerinnen und Bürger selbst, was einem nutzt und frommt.
Wir brauchen einen Staat, der notwendige Entscheidungen im Sinne richtig verstandener Subsidiarität möglichst nahe bei den Bürgerinnen und Bürgern fällen lässt,
möglichst also bei den Städten und Gemeinden,
und wir brauchen einen Staat, der die gesellschaftlichen Kräfte stärkt, Hilfe zur Selbsthilfe praktiziert und auch den Hilfsbedürftigen in unserer Gesellschaft ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Ich meine, alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zuviel. Popper sagt: Es ist letztendlich von Übel.
Der Gesetzentwurf, der den Naturschutz und die Denkmalpflege neu regelt, will doch, dass Entscheidungen näher an den Bürgerinnen und Bürgern getroffen werden. Wir Liberalen erwarten durch dieses Gesetz eine größere Effizienz und vor allem eine größere Partizipation engagierter Menschen.
Ich komme schon zu den Punkten. Glauben Sie nur nicht, dass ich mich davor drücke.
Etwaigen Gefahren durch Wegfall des Devolutivrechts der Naturschutzbeauftragten kann durch Einflussnahme der führenden Leute begegnet werden. Das Devolutivrecht wird zum Vorlagerecht.
Schließlich möchte ich in dieser Hinsicht auch auf das hinweisen, was Sie, Herr Caroli, gesagt haben: Wenn durch die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes die Verbandsklage für Naturschutzverbände eingeführt wird – und das begrüße ich, wie Sie ja wissen, ausdrücklich –, dann wird noch einmal ein Riegel dagegen vorgeschoben, dass Dinge passieren, die gegen die Natur oder gegen die Denkmalpflege gerichtet sind.
Ähnliches gilt auch beim Denkmalschutz. Ich finde, es ist schon entlarvend, wenn vonseiten der SPD gesagt wird, es sei eine üble Strategie der Deregulierung. Ja, wir sind für die Deregulierung.
Wenn ich mit dem Satz fertig bin, gern, Herr Präsident.
Es ist meines Erachtens eine Dekuvrierung, wenn man feststellt: eine üble Strategie der Deregulierung. Nein, Popper sagt: Wir müssen deregulieren.
Und jetzt bin ich gespannt auf Ihre Frage, lieber Herr Kollege.
Ich kann Ihnen bestätigen, dass es richtig ist, dass wichtige Aufgaben auf die Naturschutzbehörden zukommen. Ich finde es auch richtig, dass sie ihre Arbeit darauf konzentrieren können und die – ich sage es mal in Anführungsstrichen – „Kleinarbeit“ nach unten verlagert wird. Sie vergessen dabei, dass für den Naturschutz nicht Stellen gestrichen werden,
sondern 22 neue Stellen geschaffen werden
und dass die Aufgaben, die wirklich von großer Bedeutung sind – Sie haben sie genannt; ich könnte noch einige hinzufügen –, auch in Zukunft dort konzentriert und sehr engagiert durchgeführt werden und dass sozusagen „Kleinvieh“ woanders gehalten wird.
Die Tagesarbeit wird weiter unten durchgeführt.
Meine Damen und Herren, die Arbeit im Landtag – meine Zeit ist abgelaufen; darum möchte ich das kurz noch sagen – hat mir Freude gemacht,
in der Regierung meist mehr als in der Opposition, um das hinzuzufügen. Aber es war für mich ein Gewinn, beide Seiten kennen gelernt zu haben und deshalb auch Verständnis für beide Seiten aufbringen zu können.
Mit über 66 Jahren wollte ich freilich nicht mehr kandidieren. Allen wahren Demokraten, gleich welcher Couleur, die wieder kandidieren, wünsche ich, dass ihnen am 25. März Erfolg beschieden ist.
Ich bedanke mich bei denen, die konstruktiv und heftig mitgemacht haben. Da haben Sie bei mir immer einen Partner gefunden, der dies durchaus als wohltuend empfunden hat. Ich danke allen, und ich sage, ein bisschen Wehmut geht in dieser Stunde auch mit mir heim. Ein wenig werden Sie, wird dieses Parlament mir schon fehlen.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr überlegt – um es einmal milde auszudrücken – war nicht alles, was die Koalitionäre vor fünf Jahren zur Änderung der Naturschutz- und Denkmalschutzorganisationen beschlossen haben.
Die jetzt vorgelegte Neuordnung der Naturschutzverwaltung ist aber ein vertretbarer Kompromiss.
Ich möchte namens der FDP/DVP die positiven Aspekte dieses Gesetzentwurfs, nachdem die negativen so deutlich herausgearbeitet worden sind, hervorheben.
Ziel der FDP/DVP war und ist, überall eine leistungsfähige Verwaltung mit hoher Fachkompetenz möglichst nahe an den Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen.
Dies wird mit diesem Gesetzentwurf erreicht.
Unbestritten ist – ich muss das noch einmal besonders betonen –: Durch die Zuweisung von 44 Fachkräften in die Landratsämter wird der Naturschutz vor Ort dauerhaft gestärkt. Die Behauptung – das ist eine Diffamierung –, dieses Gesetz wolle den Naturschutz schwächen, ist nicht wahr. Dies ist nachweislich falsch.
Unbestritten ist: Die Zahl der für den Naturschutz insgesamt Tätigen wird um 22 Personen erhöht. Und unbestritten ist: Die Kernaufgaben der Bezirksstellen für Naturschutz und Landschaftspflege bleiben erhalten. Die Bezirksstellen haben die wichtige Aufgabe der Beratung der Regierungspräsidien insbesondere bei Naturschutzkonzeptionen und die Betreuung von Naturschutzgebieten und der Natura 2000. Der Vollzug der FFH-Richtlinie und der Agenda 2000 erfordert nicht nur gute fachliche Kenntnisse und die Entwicklung weiterer Konzeptionen, sondern auch die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Dabei wird es – Herr Kretschmann, Sie haben das gefragt – unter anderem verstärkt darauf ankommen, die EU-Fördermittel für Grenzertragsgebiete der Landwirtschaft, um ein Beispiel zu nennen, auch auszuschöpfen. Dafür bleiben die BNLs zuständig. Ich glaube, das ist letztendlich die wichtigste Aufgabe dieser BNLs; denn die anderen Dinge können sehr wohl weiter unten vor Ort erledigt werden.
Aber zu Recht erhebt sich die Frage, ob das Devolutivrecht, ein gegenüber den unteren Naturschutzbehörden wirkendes Einspruchsrecht der ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten, das ohnehin nur sehr selten – das muss man vielleicht betonen – ausgeübt wurde, so stark eingeschränkt werden musste.
Bedenkt man freilich, dass der Umweltschutz anders als noch vor einigen Jahrzehnten heute sehr viel stärker in den Köpfen der Menschen verankert ist, laufen wir nicht mehr Gefahr des unsensiblen Umgangs mit unserer Natur. Hinzu kommt, dass es in den letzten 20 Jahren eine erhebliche Verschärfung des Umweltrechts gegeben hat. Sollte aber doch einmal ein unverbesserlicher Betonkopf am Werke sein, dann können die ehrenamtlichen Naturschützer, die hervorragende Arbeit leisten, auch in Zukunft das Regierungspräsidium einschalten.
Genau in diesem Punkt – das möchte ich sagen, weil hier gefragt worden ist, ob denn die Regierungsfraktionen gar nichts gegenüber der Regierung durchgesetzt hätten – haben sich die Regierungsfraktionen – und nicht zuletzt die FDP/DVP – durchgesetzt.
Im Übrigen kann auch der Präsident des Landesdenkmalamts so verfahren, wenn er der Meinung ist, dass die untere Denkmalschutzbehörde, deren Zuständigkeit durch diesen Gesetzentwurf ebenfalls gestärkt wird, den berechtigten In
teressen des Denkmalschutzes grob zuwider zu handeln gedenkt. Die FDP/DVP kann den Präsidenten des Landesdenkmalamts nur ermuntern, von seinem Recht auch unbeirrt Gebrauch zu machen. Das ist eine subjektive Meinung des Präsidenten, die er zum Tragen bringen kann, Herr Kollege Caroli, um auch auf diese Frage eine Antwort zu geben.
Nach genauem Abwägen der eindeutigen Form mit den etwaigen Nachteilen dieses Gesetzes stimmt unsere Fraktion dem Gesetz zu, weil sie meint, dass es letztendlich unter dem Strich besser als der jetzigen Zustand ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es besteht kein Zweifel: Durch das Fehlverhalten des Rechnungshofs bei der Beschaffung von Büroausstattungen hat dessen Ansehen Schaden genommen.
Was der Landtag unternehmen konnte, um die Vorgänge zu klären und zu bewerten, ist geschehen. Mit der Prüfung durch den Präsidenten des Landtags, die immerhin zu einer Rüge für den Präsidenten des Rechnungshofs geführt hat
ich komme dazu –, und der Missbilligung des Fehlverhaltens, die der Landtag nachher beschließen wird, ist der Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Das Disziplinarverfahren ist mit der erteilten Rüge abgeschlossen. Wir halten es deshalb für falsch, darüber hinaus zusätzliche politische Willenserklärungen abzugeben, denen keinerlei rechtliche Wirkung zukommen kann.
Würden wir es dennoch tun, würden wir das vorgesehene Verfahren, an das wir uns zu halten haben, desavouieren.
Der Präsident des Landtags – er ist der Herr des Verfahrens, nicht wir – hat die Vorgänge untersucht, mit der ausgesprochenen Rüge angemessen gehandelt und das Fehlverhalten des Rechnungshofpräsidenten aktenkundig gemacht.
Unabhängig davon bleibt die Beschädigung des Ansehens des Rechnungshofs und seiner inneren und äußeren Handlungsfähigkeit.
Als einer der Ältesten dieses Hauses erlaube ich mir, noch ein persönliches Wort an Sie, sehr geehrter Herr Frank, zu richten. Sie haben es jetzt allein in der Hand, dafür zu sorgen, dass durch Ihr Verhalten und Ihr Handeln der Rechnungshof wieder die Achtung und den Respekt zurückgewinnt, die ihn bislang ausgezeichnet haben.
Das ist vermutlich keine leichte Aufgabe, aber Sie müssen das erreichen. Denn sollte es Ihnen nicht gelingen – was ich ausdrücklich nicht hoffe –, dann sind Sie, sehr geehrter Herr Frank, als Präsident des Rechnungshofs nicht mehr zu halten.
Ich hoffe und ich wünsche es Ihnen, dass Sie die vor Ihnen liegende Aufgabe bewältigen, und zwar ordentlich bewältigen.
In dieser Erwartung werden wir im Übrigen dem Präsidenten des Rechnungshofs entsprechend unserem Antrag auch Entlastung für das Haushaltsjahr 1998 erteilen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass wir es sehr wohl einschätzen können, wie es der Landtagspräsident getan hat, wie hoch denn nun eigentlich das Verschulden ist und wie darauf zu reagieren ist.
Ich muss Ihnen eines sagen, Frau Erdrich-Sommer – auf Ihren Einwurf möchte ich eingehen –: Hier wird nicht mit zweierlei Maß gemessen. Bei gleichem Verhalten anderer ist eine Rüge, die in die Personalakte kommt, bereits ein ganz wesentlicher Vermerk. Bei einem vergleichbaren Fall in einem anderen Amt – das kann ich Ihnen aus 35-jähriger Erfahrung sagen – wäre man nicht anders vorgegangen.
Das mache ich. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Liberalen wollen die Gewähr für höchstmögliche architektonische, ja, ich sage es freimütig, künstlerische Qualität beim Bauen. Wer gute Architektur will, braucht nicht nur die baurechtliche Prüfung, sondern auch das eingehende Fachgespräch zwischen Architekt und Bauverwaltung. Den bewusst gewollten, zumindest in Kauf genommenen Wegfall des Planergesprächs beim Kenntnisgabeverfahren bedauern wir.
Unsere Forderung aus dem Jahr 1995, das Genehmigungsverfahren wenigstens wahlweise neben das von der Regierung vorgeschlagene Kenntnisgabeverfahren zu stellen, wurde damals abgelehnt. Lediglich die Übergangsregelung der Möglichkeit der Wahl zwischen dem herkömmlichen Verfahren und dem Kenntnisgabeverfahren wurde übernommen. Dabei könnte man es doch auf Dauer Bauherren und Architekten selbst überlassen, ob sie im Einzelfall den ver
meintlich leichteren Weg des Kenntnisgabeverfahrens, den vermeintlich leichteren Weg – das möchte ich betonen – eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens gehen wollten.
Das habe ich im Jahre 1995 gesagt. Ich habe diesen Teil herausgenommen, um deutlich zu machen: Erstens, Herr Dr. Witzel, habe ich das nicht erst vor drei Jahren, sondern schon vor fünf Jahren sehr deutlich gesagt.
Damals kam es sogar zu einer namentlichen Abstimmung mit einer weit über die Zahl der Oppositionsmitglieder hinausgehenden Zustimmung zu diesem – –
Aus dem Grunde, weil wir noch andere Dinge, die jetzt mit geregelt werden sollen, mit regeln wollten.
Ich meine, es ist manchmal ganz gut, wenn man nachweisen kann, dass einen sein Geschwätz von gestern dennoch etwas angeht.
Manch einer, der jetzt bereit ist, zuzustimmen, hat eben eine weiter gehende Erkenntnis bekommen, obwohl die Fakten vor fünf Jahren schon in gleicher Weise vorgelegen haben. Aber gut, es ist ja noch nicht zu spät, und ich freue mich, dass das Genehmigungsverfahren jetzt auf Dauer möglich bleibt. Denn die Argumente sprechen sehr dafür.
Herr Staatssekretär, die Zahlen, die Sie vorhin genannt haben, haben mich insofern nicht überzeugt, als ich aus der Praxis heraus weiß, wann ein Kenntnisgabeverfahren in der Regel angewandt wird und wann nicht. Ich weiß natürlich auch die Bauten im Kenntnisgabeverfahren durchgehend zu bewerten. Ich weiß auch zu bewerten, wo gute Architektur an der Tagesordnung ist und wo im Lande mehr nach 08/15 gebaut wird und das Kenntnisgabeverfahren in größeren Gebäuden tatsächlich angewandt wird. Aber wie dem auch sei, es ist ja nicht zu spät.
Ich möchte noch zwei, drei Dinge sagen. Frau Kollegin Brenner, wissen Sie, in solchen fachlichen Fragen ist nicht das Ministerium zuständig, sondern in erster Linie sind die Kommunen zu fragen.
Die Landräte bzw. die Oberbürgermeister sind die Richtigen, je nachdem, um welche Größenordnung es sich handelt.
Ein Zweites möchte ich sagen, Herr Kollege Moser.
Hören Sie wenigstens zu! Ich bin der Meinung, Sie haben Recht, wenn Sie beim barrierefreien Bauen etwas anmahnen. Wenn Sie aber bereit sind, einmal nachzulesen, was gerade aus Ihrer Fraktion, Herr Kollege Moser, vor fünf Jahren gesagt worden ist, wird Ihnen deutlich, dass man damals sehr wohl gesagt hat: Wir wollen in erster Linie das Bauen billiger machen und wollen deshalb in diesem Bereich nichts tun.
Nach meiner Auffassung kann man auch nicht so einfach sagen, Herr Kollege Witzel: Wenn in einem Haus vier Wohnungen sind, muss ebenerdig auf jeden Fall barrierefrei gebaut werden. Es gibt genügend Gebiete in BadenWürttemberg, wo Sie nicht mehr bauen könnten,
wenn Sie auf jeden Fall einen ebenerdigen Zugang schaffen müssten. In vielen Fällen müssen Sie eben eine ganze Reihe von Stufen hochgehen, um in den erdgeschossigen Bereich zu kommen. Das ändert aber nichts daran, dass es dort gemacht wird, wo es möglich ist.
Damit bin ich einverstanden; nur absolut kann man es nicht fordern.
Die Maßnahme ist bisher jeweils daran gescheitert, dass man sie absolut gefordert hat und nicht bereit war, in die Gesetzgebung eine Relativität aufzunehmen.
Ich meine, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle können sehr froh sein, dass wir jetzt noch rechtzeitig auf einen guten Nenner gekommen sind. Wir haben nie vergessen, das immer wieder zu fordern, und ich bin froh, dass es jetzt in die Tat umgesetzt werden kann.
Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu Ihnen, Herr Kollege Brechtken. Sie haben gesagt, es sei sozusagen schlechter Stil, dass der Wirtschaftsminister eine Auslandsreise nach Korea mache. Sie haben verschwiegen, dass die SPD im Präsidium gebeten worden ist, die Debatte zu verschieben. Sie hätte durchaus auch noch im Dezember stattfinden können.
Dann kann der Wirtschaftsminister nämlich anwesend sein.
Ein Zweites möchte ich sagen. Herr Oettinger, Sie haben aus einem Brief zitiert. Zu diesem Brief komme ich natürlich auch. Ich meine, Herr Döring hat sich mit einem Interkontinentalflughafen Stuttgart nicht identifiziert. Vielmehr heißt es in dem Brief, ihm werde vorgetragen, dieses sei so.
Dies waren zwei Vorbemerkungen.
Richtig ist sicher, dass Formulierungen, wie sie von Ihnen vorgetragen worden sind, durchaus zu Irritationen führen können. Aber in dem Brief steht ja auch noch etwas anderes. In ihm steht auch: Ich persönlich bin ein Anhänger der neuen Landesmesse und setze mich seit Jahren sehr stark für diese ein. – Fazit: Was immer der Wirtschaftsminister mit seinem Brief gewollt hat – darüber kann man durchaus diskutieren und mutmaßen –, eines steht jedenfalls fest: Er und die gesamte Landtagsfraktion der FDP/DVP treten unbeirrt für den Bau der neuen Landesmesse ein.
Denn im Bereich der überregionalen und internationalen Messen und Ausstellungen hat sich die Messe Stuttgart bisher nicht etablieren können. Ja, aus Sicht der Wettbewerbsstrategie würde es für Stuttgart sogar zu einem relativen Attraktivitätsschwund kommen, wenn die anderen fortschreiten würden und wir Stillstand hätten. Dann bestünde natürlich die Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
Folglich bedarf es einer Landesmesse mit einer Fläche in der Größenordnung von brutto 100 000 Quadratmetern. Dafür tritt die FDP/DVP-Fraktion ohne Wenn und Aber ein. Sie sieht in der Messe nach wie vor ein richtiges Element zur Förderung der ansässigen, vor allem der mittelständischen Wirtschaft, um das auch einmal deutlich zu machen.
Die Großen sind international auf den verschiedensten Messen. Sie werden unter Umständen in Stuttgart mit ausstellen; aber allein für sie wird die Messe nicht gebaut, Herr Kretschmann. Ich meine auch, es ist nicht richtig, zu behaupten, dass der Herr Minister zum Gegner des Projektes geworden sei, wie Sie es tun.
Lassen Sie mich zum Flughafen kommen. Was tut da eigentlich Not? Zunächst einmal eine enge Kooperation mit den Drehkreuzen Frankfurt und München. Es gibt sicher einmal noch ein drittes; das wird Berlin sein. An der Tatsache, dass Stuttgart ein wichtiger, aber letztlich eben doch ein Zubringerflughafen sein wird, wird sich nichts ändern.
Es geht um den Austausch des Know-how, um ein aufeinander abgestimmtes Management in den Bereichen Linie, Charter und Fracht. Stuttgart als starkes regionales Wirtschaftszentrum braucht heute und vor allen Dingen morgen den Verbund mit einerseits Frankfurt und München und andererseits – da bin ich anderer Meinung als Sie, Herr Kretschmann – mit Söllingen und Friedrichshafen. Was das Cargo anbelangt, will ich auch Lahr dazunehmen.
Mit anderen Worten: Wir brauchen ein abgestimmtes landesweites Luftverkehrskonzept mit dem Ziel erstens der Verbesserung der Rahmenbedingungen vonseiten des Landes und zweitens der Bewältigung der Flugbewegungen am Flughafen bei Stuttgart mit der vorhandenen Start- und Landebahn bei entsprechender Optimierung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kooperation zwischen Bahn und Lufthansa hat ja in den Zeitungen gestanden und wird auch mit anderen Fluglinien notwendig sein. Die anderen Landeplätze sind auch entsprechend auszubauen. Die FDP/DVP-Fraktion steht zu ihrem Versprechen gegenüber den Menschen auf den Fildern,
keine weitere Start- und Landebahn auf den Fildern zu fordern. Ich füge hinzu: Es ist auch nicht notwendig.
Meine Damen und Herren, abschließend noch eine persönliche Bemerkung: Es ist ja für mich schon interessant gewesen: Als ich mich einmal für den Ausbau des Flughafens ausgesprochen habe, habe ich dafür ja viele Prügel bekommen
selbst das –, aber jetzt kann ich sagen – damals ist von Sicherheit und Ausweitung gesprochen worden –, dass es
nun bitte schön darum geht, das damals gesetzte Ziel auch zu verwirklichen. Das geht, und die FDP/DVP-Landtagsfraktion ist dafür und für nichts anderes.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Debatte heißt: „Die großzügige Verteilung nicht vorhandener Gelder aus der Landesstiftung durch die Landesregierung“. Man kann alle beruhigen. Dieses Thema suggeriert, das Geld sollte schon jetzt verteilt werden, obwohl es noch nicht da ist. Dies wird nicht geschehen; Herr Oettinger hat es schon gesagt.
Es ist aber sehr wohl der richtige Zeitpunkt, zu diskutieren, wofür es denn ausgegeben werden sollte, wenn es kommt, ob nun von der EdF oder von jemand anderem.
Wenn wir das nicht rechtzeitig machen würden, würde die Opposition natürlich den Vorwurf erheben, man würde mauern
und die Diskussion nicht ermöglichen.
Ich halte es, gerade wenn es um eine Zukunftsoffensive geht, für richtig, sich in der Landesstiftung, an der die Opposition ja auch beteiligt ist,
sehr frühzeitig genau zu überlegen, was man mit diesen 1,1 Milliarden DM denn sinnvollerweise machen sollte. Ich finde, das ist richtig.
Zweitens ist dazu zu sagen: Die Diskussion wird natürlich auch Fragen aufwerfen, zum Beispiel: Warum kann man aus diesen 1,1 Milliarden DM keine Gelder für den Denkmalschutz zur Verfügung stellen? Wenn man den Denkmalschutz stärker fördern wollte, um einmal dieses Beispiel zu nehmen, könnte man es aus diesen Mitteln nehmen oder im Haushalt größere Beträge dafür einsetzen, denn eines ist klar: Wer wissen will, wo er ist und wohin er geht, der muss wissen, woher er kommt.
Das hat auch mit Denkmalschutz in unseren Städten etwas zu tun, weil man nämlich nicht nur Neues bauen darf, sondern auch Bausubstanz erhalten muss.
Um noch einmal deutlich zu machen, wie wenig ehrlich die Diskussion ist, mache ich darauf aufmerksam, dass die SPD im Januar dieses Jahres im Finanzausschuss den ersten Vorschlag für die Verteilung dieser Gelder gemacht hat.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Erdrich-Sommer, zwei Dinge dürfen meines Erachtens nicht einfach so im Raum stehen bleiben.
Erstens haben Sie selbst gesagt, dass Sie das nicht wollten. Das wird spürbar an allem, was Sie sagen. Am liebsten wäre es Ihnen, das Ganze würde platzen.
Ich meine, dass dies nicht in Ordnung ist. Die Interessen des Landes müssten Ihnen wichtiger sein als das Recht-behalten-Wollen.
Zweitens: Es war doch die rot-grüne Bundesregierung, die derartige Verkäufe in Zukunft steuerfrei setzt. Wieso erteilen Sie dann unserem Vorgehen hier im Parlament eine Absage, wenn wir versuchen, eine Situation herbeizuführen, wie sie in Zukunft sowieso gegeben sein wird?
Es ist wirklich nicht einzusehen, warum wir 2 Milliarden DM weniger verteilen können sollen. Dann könnten wir nämlich das, was Sie auch verteilen wollen, überhaupt nicht machen, weil es zuvor schon als Steuer weggegangen wäre. Deshalb meine ich, dass das, was Sie gesagt haben, nicht in Ordnung ist.
Ja.
Das ist eine relativ klare Sache: weil uns nämlich die Felle davonzuschwimmen gedroht haben zu einem Betrag von 4,7 Milliarden DM,
wo wir jetzt bei 3,8 Milliarden DM sind. Diese eine Milliarde war es uns schon wert, möchte ich einmal sagen, Ihrem Antrag nicht zuzustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der gebotenen Kürze nur so viel: Der Gesetzentwurf ist kein Freibrief für wilde Spekulationen.
Aber er ist die Aufforderung, eine sichere mit einer ertragreichen Anlage zu verbinden.
Bei gutem Management der Gelder bieten sich dabei auch gute Chancen. Unser Wirtschaftssystem lässt solche Möglichkeiten bei überlegten Anlageformen zu. „Safety first“ gilt auch hier, nicht aber die Uraltmethode mit Omas Kopfkissen oder Omas Sparstrumpf.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht schlechthin darum, Schaden vom Land abzuwehren. Wenn diejenigen, die mit ihren privaten Fahrzeugen Dienstgeschäfte verrichten könnten, hierfür nicht einmal im Entferntesten die Kosten ersetzt bekommen, die ihnen tatsächlich entstehen, dann kann sie niemand dazu zwingen, ihre privaten Fahrzeuge für Dienstgeschäfte zu nutzen. Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Staat stellt ihnen Dienstfahrzeuge zur Verfügung, oder er verweist sie auch dann, wenn es unter Umständen recht ungeschickt ist, auf die öffentlichen Verkehrsmittel, wobei die Kosten selbstverständlich, Herr Oelmayer, dann auch auf Heller und Pfennig ersetzt werden.
Das Problem – jetzt komme ich zu einigen Ausführungen, die gemacht worden sind – kann nicht etwa durch eine Erhöhung der Entfernungspauschale beseitigt werden, sondern es sind zwei ganz verschiedene Dinge. Hier geht es wirklich darum, Kosten, die dem Einzelnen entstehen, halbwegs abzudecken. Dies muss unser aller Interesse sein. Das ist sicherlich auch für Sie von Bedeutung.
Aber, Herr Kielburger, lieber Kollege, es ist eben ein Unterschied, ob Sie irgendwann einmal an eine Schmerzgrenze geraten und dann auf einmal sehen müssen und spüren: Hier ist jetzt Ende der Fahnenstange. Ich will jetzt die Debatte von heute Morgen nicht erneut aufgreifen; aber ich glaube, man spürt es auch draußen, dass die Bevölkerung
insgesamt gesehen wirklich nicht mehr bereit ist, dafür noch mehr zu zahlen, insbesondere – das, Herr Oelmayer, geht in erster Linie gegen die Grünen –, weil ja für die Umwelt im Grunde genommen gar nichts dabei herausgekommen ist.
Aus diesem Grunde meine ich, dass es sehr viel vernünftiger wäre, man würde die weiteren Stufen dieser Ökosteuer nicht durchführen oder zumindest so lange nicht durchführen, bis sie wirklich in irgendeiner Weise akzeptiert wird.
Doch, die Ökosteuer hat die Situation verschärft; das ist überhaupt keine Frage. Deshalb gehört das mit zu diesem Thema. Der Bürger kann sich das ja an den eigenen Fingern abzählen.
Ich freue mich darüber, dass eine große Mehrheit im Landtag dem Gesetzentwurf zustimmen wird. Aber wenn man in Fällen, wo es denkbar ist, wie es 1994 der Fall war, die Steuern auf irgendetwas erhöht, dann muss man immer im Auge behalten: Kommt man an die Schmerzgrenze oder nicht? Dann muss man es natürlich auch wirklich tun und sagen: „Wir brauchen das Geld für andere Dinge“, und darf draußen nicht so tun, als ob dadurch der Umwelt auch nur im Geringsten geholfen wäre.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf – es ist ja mit unser Entwurf – natürlich zu.
Ich habe mich nur über eines gewundert: Es war ja ganz interessant, dass Herr Kuhn und Frau Künast, als sie sich vorgestellt haben, mit Tretrollern angetreten sind. Seither habe ich sie nie wieder mit Tretrollern gesehen.
Vielleicht ergibt sich das einmal in der Zukunft.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 24 Jahren gehe ich jährlich zur Hannover-Messe, um dort die Betriebe aus Fellbach und Umgebung zu besuchen und mit mittelständischen Betrieben interessante Gespräche zu führen. In aller Regel kann man danach für eine gewisse Zeit sehen, wo die Leute eigentlich der Schuh drückt. Ich kann Ihnen nur sagen: Das Ergebnis des Besuchs in diesem Jahr war erstens: Tut endlich was, und redet nicht nur darüber!
Ich führe das noch weiter aus, lieber Herr Brechtken.
Das, was ihr da nicht gut macht, sage ich dann auch noch.
Zweitens sagen sie: Wir haben den Eindruck, uns Mittelständler vergesst ihr wieder mal dabei.
Deshalb ist die Frage: Ist denn das, was die Landesregierung zusammen mit Bayern auf den Weg gebracht hat, notwendig, richtig und vor allem in die Zukunft gerichtet?
Erstens: Es ist wirklich an der Zeit, dass im Steuerbereich wieder etwas geschieht und alle davon profitieren. Das ist nämlich schon allein deshalb notwendig, weil unser ganzes Steuersystem alle paar Jahre nach einer Steuersenkung verlangt, wenn man prozentual nicht immer mehr zahlen will. So einfach ist das nämlich.
Zweitens glaube ich, dass Kollege Mayer-Vorfelder zu Recht gesagt hat, dass es ja nicht nur Lafontaine gewesen ist – von dem ging es aus –, sondern die gesamte SPD im Bundesrat dafür gesorgt hat, dass das, was notwendig gewesen wäre, eben erst jetzt auf den Weg gebracht wird.
Daraus ergibt sich etwas anderes: Es kann nicht angehen, dass man Gleiches mit Gleichem vergilt. Das sage ich auch. Deshalb wird auch die Opposition in Berlin dies nicht scheitern lassen.
Nur – damit komme ich zum Weiteren –: Es ist auch dringend erforderlich, zu sehen, dass dort, wo eine Schieflage festzustellen ist, etwas geändert wird.
Die Freiberufler zum Beispiel und die Mittelständler werden in hohem Maße schlechter behandelt als Kapitalgesellschaften und die, die die Kapitalgesellschaften tragen. Wenn da nicht Veränderungen kommen, dann ist eben diese Steuerreform, lieber Herr Puchta, insgesamt ungerecht.
Aus diesem Grunde meine ich, dass der Vorschlag der Landesregierung in entscheidenden Punkten eine Verbesserung der Situation bringt. Mich hat gefreut, was Frau Erdrich-Sommer vorhin gesagt hat, weil das nämlich stimmt, dass man auf dem richtigen Weg ist. Nur sollte man jetzt auch bereit sein, wenn man erkennt, dass man in Teilbereichen einen völlig falschen Weg geht – ich nenne nachher noch einen –, diesen zu korrigieren. Da muss ich wirklich fragen: Wo schreien die Grünen denn jetzt auf? Jetzt soll die Kilometerpauschale durch eine Entfernungspauschale ersetzt werden. Und das wollt ihr jetzt nicht mehr. Liebe Frau Erdrich-Sommer,
das müssen Sie nachher aber noch deutlich machen, dass Sie da Mist machen. In Richtung SPD muss sie weisen. Für mich ist es unerträglich, dass die SPD, wenn sie davon spricht, sie wolle Steuerschlupflöcher stopfen, durch ihre Politik geradezu herausfordert, dass Gewinnrückstellungen möglichst ausgeschüttet werden, um 73 Milliarden DM bereits gezahlter Steuern wieder zurückzunehmen. Das halte ich für unerträglich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Puchta, was Sie in Ihrem zweiten Durchgang gesagt haben, hat mir sehr viel besser gefallen und
entspricht den Tatsachen auch viel eher als das, was Sie in Ihrem ersten Beitrag gesagt haben.
Dennoch gibt es vielleicht eine Möglichkeit, wenn wir – sowohl diejenigen, die hier aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit für die Opposition in Berlin sprechen müssen, als auch diejenigen, die hier für die Landesregierung sprechen – versuchen, aufeinander zuzugehen.
Ich habe ja vorhin gesagt: Es ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Der Finanzminister meint, Richtung schräg nach vorne.
Herr Dr. Puchta, Sie haben in Ihrem zweiten Beitrag erklärt, dass sehr wohl gerade das, was die Zinsabgeltungssteuer, also die Quellensteuer anbelangt, richtig wäre. Sie haben meines Erachtens zu Recht die Änderung der Abschreibungssätze kritisiert, die von der Landesregierung akzeptiert worden sind.
Ich meine, dass also noch genügend Raum ist, um einen guten Kompromiss zu finden. Daraus ziehe ich jetzt den Schluss, dass es doch gut ist, dass die Landesregierung von CDU und FDP/DVP zusammen mit der CSU in Bayern einen Gegenvorschlag ausgearbeitet hat,
der dann zu einem vernünftigen Kompromiss führen wird. Es wird also sicherlich so sein, dass nicht die Steuerreform der Bundesregierung ungerupft davonkommt, und es wird auch nicht alles umgesetzt werden können, was die Landesregierung sinnvollerweise vorschlägt. Wenn dieser Kompromiss letztendlich tragbar ist, dann soll es ja auch in Ordnung sein.
Es besteht aber kein Zweifel darüber, dass die Entlastungen für die Kapitalgesellschaften bedeutender sind als die Entlastungen für den Mittelstand und die Freiberufler
ich will das an einem Beispiel deutlich machen –, insbesondere dann, wenn Sie die zusätzlichen Belastungen, die Lafontaine noch gebracht hat, hinzunehmen.
Lassen Sie mich das jetzt bitte ausführen; nachher bin ich gern bereit, Fragen zu beantworten.
Wenn Sie einmal bedenken, dass immerhin 70 % der Unternehmen heute schon keine Gewerbesteuern mehr zahlen – sie können also nichts verrechnen und hätten nichts von den Optionen, von deren Problematik heute schon die Rede war, werden aber durch alles, was gegenfinanziert wird, Ökosteuer und andere Dinge, sehr wohl belastet –, dann erkennen Sie, dass ein Stufentarif sicherlich der richtige Weg wäre. Auf diesem Weg sind wir zwar bereits, aber wir werden den Stufentarif noch nicht erreichen.
Weil Sie von einem Tohuwabohu gesprochen haben, möchte ich sagen: Es gibt keins. Denn die Landesregierung von CDU und FDP/DVP – beide haben genügend Momente ihrer Vorstellungen mit eingebracht – hat sehr wohl eine ganz klare Meinung; das ist die Meinung der Landesregierung, die von CDU und FDP/DVP getragen wird. Ein Tohuwabohu müsste man dann eher zwischen Grünen und SPD feststellen können. Denn es wurde auch hier deutlich, welche unterschiedlichen Auffassungen dort vertreten werden.
Frau Erdrich-Sommer, wir reden die ganze Zeit davon, dass die Steuerreform zu spät kommt. Dann kann es doch nicht richtig sein, dass Sie beklagen, wir wollten eine schnellere Gangart. Entweder kommt sie zu spät, dann hätte das Ganze schon früher sein müssen, oder aber sie muss unbedingt so schnell wie möglich kommen, und das Schnellere ist dann das Bessere. Da darf man nicht sagen, dass, weil das eine Nettoentlastung von 44 Milliarden DM ist und das andere eine Entlastung von 50 Milliarden DM, dies nicht machbar wäre. Es gibt genügend Vorgänge, die zeigen, dass es sehr wohl machbar ist. Ich denke an die Zeit, als wir in diesem Haus gefordert haben, man möge die Steuerreform doch in der alten Koalition nicht weiter blockieren.
Da hieß es klipp und klar: Die Möglichkeit, 30 Milliarden DM Nettoentlastung zu bringen, sei völlig undenkbar.
Ach woher! Es hat sich doch von damals bis heute nichts geändert.
Lassen Sie mich aber abschließend noch etwas sagen, womit ich vorhin aufgehört habe und was etwas zu kurz war. Ich bin der Meinung, es ist wirklich schlimm, dass bei thesaurierten Gewinnrücklagen, für die bereits Steuern gezahlt worden sind, die also hinsichtlich der wirtschaftlichen Aktivitäten der Unternehmen gar nicht wirksam werden, durch die jetzige Steuerreform ein Anreiz besteht, sie auszuschütten, um sie zurückzuholen, und dann 73 Milliarden DM Steuern zurückgezahlt werden müssen.
Dafür habe ich noch einmal den „Spiegel“- Artikel herausgeholt und möchte nur die Überschrift vorlesen:
Versteckte Schätze – In der rot-grünen Steuerreform ist ein weiteres Bonbon für Firmen versteckt.
Gemeint sind Konzerne.
Die Konzerne können sich 73 Milliarden DM bereits gezahlter Steuern zurückholen.
Meine Damen und Herren, wir Liberalen sind wirklich der Auffassung, dass man die Politik anders machen kann, ins
besondere dann, wenn man an die Arbeitnehmer denkt, und das war heute ja doch ein Antrag, den Sie gestellt haben. Ich meine, liberale Politik ist eben auch eine Politik, die darauf achtet, dass mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft zu finden ist.
Danke schön, Herr Präsident.
Herr Minister, könnten Sie sich vorstellen, bei der Anrechnung der Gewerbesteuer nicht auf einheitlich 400 Prozentpunkte der Gewerbesteuer zu gehen, sondern den tatsächlich anfallenden Hebesatz in Anrechnung zu bringen? Das würde das Verfahren nicht wesentlich verändern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es kristallisiert sich wieder die Frage heraus: Ist der Doppelhaushalt nun ein Sparhaushalt, oder ist er es nicht? Ich meine, wer diese Frage korrekt beurteilen will, muss dafür zunächst einmal eine Grundlage bilden und einiges wissen.
Erstens: Ein Vergleich mit den Haushalten anderer Bundesländer zeigt: Der Haushaltsentwurf Baden-Württembergs kommt mit einer geringeren spezifischen Neuverschuldung aus als die Haushalte der anderen Länder.
Man kann auch sagen: Er ist solider als die Haushalte der anderen Länder finanziert.
Er ist darüber hinaus der einzige, der eine Vorsorge, von der eben so viel geredet worden ist, auch tatsächlich beinhaltet.
Herr Kuhn, an Ihrer Rede hat mich schon einiges gestört. Ich will das einmal zusammenfassen.
Sie fordern auf der einen Seite Mehrausgaben in verschiedenen Bereichen.
Sie sagen darüber hinaus, dieser Haushalt berge gewaltige Risiken in sich.
Sie sagen zugleich, man müsse die Nettoneuverschuldung wesentlich herunterfahren – in größerem Umfang, als wir es schon getan haben.
Dies ist in sich nicht schlüssig. Man könnte dafür im parlamentarischen Raum sogar auch schärfere Geschütze auffahren. Das will ich mir ersparen.
Zweitens: Meine Damen und Herren, Sparen heißt doch eigentlich, etwas, was man hat, nicht auszugeben, sondern auf die hohe Kante zu legen. Davon sind wir aber wirklich weit entfernt. So gesehen hat es in Baden-Württemberg seit 1972 keinen Sparhaushalt mehr gegeben.
Definiert man Sparen dagegen bescheidener mit einer geringeren Schuldaufnahme als bisher für die Bewältigung
vergleichbarer Aufgaben, dann kann dieser Haushalt sehr wohl auch als ein Sparhaushalt bezeichnet werden.
Doch dieser Doppelhaushalt ist noch mehr als das. Er ist drittens ein Haushalt der Vernunft, der durch gezielte, sinnvolle Mehrausgaben heute höhere Mehrausgaben von morgen verhindert. Denn er versetzt nachfolgende Generationen in die Lage, den hohen und immer größer werdenden Anforderungen an die Arbeitswelt durch gute Bildung und Ausbildung gerecht zu werden.
Fest steht doch, meine sehr verehrten Damen, meine Herren: Es besteht, wie bereits 1999, auch in diesem Jahr die Chance – da bin ich mit Ihnen einig –, einen Kassenabschluss zu erreichen, der mit einer weitaus niedrigeren Kreditaufnahme als veranschlagt auskommt.
Der Nachtragshaushalt wird dies zeigen. Sie haben gerade gesagt, wir würden daran gemessen. Wir werden uns anhand des Nachtragshaushalts daran messen lassen, ob unsere Vorsorge richtig gewesen ist.
Meine Damen und Herren, mit diesem vorsichtigen Haushalt besteht sogar Spielraum für die berechtigte Forderung Baden-Württembergs im Bundesrat nach einer weiter gehenden und gerechteren Steuerreform, als sie die Koalition in Berlin plant.
Dazu will ich ein eklatantes Beispiel nennen. Doch vorab einige Anmerkungen.
Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, wenn gesagt wird, Herr Kuhn – ich glaube, das kann ich hier einflechten –, die Budgetierung an den Schulen möge doch bitte erfolgen: Dies ist weiß Gott keine Angelegenheit des Kultusministeriums, sondern der Kommunen.
Ich sage Ihnen: Seit 1984 wird in Fellbach zum Beispiel dafür gesorgt, dass nicht nur die einzelne Schule
seit 1984 noch nicht – budgetiert ist, sondern dass das alle Schulen insgesamt sind.
Und die Schulkonferenzen entscheiden selber, welchen Anteil die Schulen kriegen müssen. Da ist die Adresse falsch, wenn Sie dort hinüberzeigen. Das haben die Kommunen zu entscheiden.
Natürlich, ich sage nur: Ich weiß es zufällig, weil ich damals mit dem Regierungspräsidenten eine Diskussion darüber gehabt habe, dass wir die Ersten waren.
Noch ein paar Anmerkungen. Herr Pfister,
erstens: Ich habe große Hochachtung vor den mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern, die bei persönlicher Haftung für ihre Familien und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hohe Verantwortung tragen.
Zweitens: Die angekündigte Steuerreform ist, zumindest was die Steuerhöhe anbelangt, ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Von Steuervereinfachung freilich ist noch nichts zu merken. Nein, das Steuerdickicht droht sogar noch dichter zu werden.
Drittens: Schade, dass im letzten Sommer der SPD-Fraktionsvorsitzende Struck von den eigenen Genossen zurückgepfiffen wurde,
als er das an Klarheit und Wahrheit von keinem anderen Konzept zu übertreffende FDP-Modell mit Steuersätzen von 15 %, 25 % und 35 % in höchsten Tönen gelobt hat – er, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion!
Warte doch ab.
Ich füge hinzu: Schade auch, dass die letzte Bonner Koalition während ihrer Regierungszeit nicht rechtzeitig die Kraft aufgebracht hat,
zu diesem großen Wurf zu kommen.
Viertens: Da ich selbst bereits 1985 einen Vorschlag zu einer weit gehenden Entlastung der Wirtschaft von der Gewerbesteuer vorgelegt habe, der übrigens jetzt von der Bundesregierung in gleicher Weise vorgesehen ist, kann ich schließlich heute, noch dazu als finanzpolitischer Sprecher der FDP/DVP, nicht erklären, das, was die in Berlin machten, sei alles falsch. Freilich, manches muss noch besser gemacht werden.
Dazu jetzt dieses Beispiel: Wenn die Absicht besteht, den Verkauf von Unternehmensbeteiligungen für Kapitalgesellschaften steuerfrei zu machen, was durchaus sinnvoll und berechtigt sein kann, wäre es einfach schreiendes Unrecht, wenn es bei der vor etwa einem Jahr beschlossenen Vollbesteuerung der Veräußerungs- und Aufgabegewinne von Personen und Einzelunternehmen bliebe.
Davon sind nämlich fast ausschließlich Familienbetriebe betroffen
90 % –, für die der Erlös aus dem Verkauf ihres Betriebs oder Büros einen Teil ihrer Altersversorgung darstellt.
Es sollte ohne Finanzakrobatik möglich sein, die Einzelunternehmen in die gleiche Situation zu versetzen. Es wäre sonst wirklich nicht gerecht. Ich bin davon überzeugt, dass das im Bundesrat auch nicht durchgeht. Deshalb muss man es auch einmal ganz deutlich sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade dieses Beispiel veranlasst mich zu einigen generellen kritischen Bemerkungen an die Wirtschaft, deren Verhalten den Staat nicht gleichgültig lassen kann. Da die FDP die Eigenverantwortlichkeit des leistungsfähigen Individuums ausdrücklich betont, sind wir wohl unverdächtig, der Staatsmacht übermäßig viel Gutes zuzutrauen. Wenn wir trotzdem der Auffassung sind, der Staat dürfe im Zeitalter globalen Wirtschaftens nicht alles so weiterlaufen lassen wie früher, muss ich dies natürlich begründen. Das will ich jetzt tun.
Im Augenblick, scheint mir, sind uns die auf das Gemeinwohl ausgerichteten Maßstäbe abhanden gekommen. Man sollte sich den kategorischen Imperativ Immanuel Kants noch einmal einprägen: Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte. Oder so ausgedrückt, wie es der Volksmund sagt: Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu.
Ist es zum Beispiel richtig, dass insbesondere hoch qualifizierte – das bezweifle ich nicht –, aber eben doch nur angestellte, wenn auch höchstbezahlte Manager großer Konzerne den Sinn ihres Handelns nur im Shareholdervalue sehen? Ist es richtig, fast alles zu probieren und international zu riskieren, nur um möglichst keine Steuern und Abgaben zahlen zu müssen? Ist es richtig, auch dann, wenn es einem Konzern gut geht, einzelne, durchaus noch rentable Firmen ohne Rücksicht auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schließen, nur um den Gewinn noch weiter zu steigern? Gilt die Auffassung von Hans Merkle, den ich auch persönlich sehr schätze, nicht mehr, der gesagt hat?: „Es kommt nicht nur darauf an, viel zu verdienen, sondern auch darauf, dem Gemeinwohl zu dienen.“ Oder gilt die Auffassung von Hermann Josef Abs nicht mehr, der gesagt hat?: „Gewinn ist gut, aber nicht alles.“
Wenn man schon mit beiden Augen nach Amerika schielt und mit einem Bein dort steht, dann sollte man sich überlegen, ob man das, was dort weit verbreitet ist, nicht auch bei uns einrichten kann, nämlich große Stiftungen, die nach allgemein gültigen Kriterien zum Beispiel Krankenhäuser sanieren könnten, den Breitensport in den Vereinen fördern könnten, sich der Kunst und Kultur oder der Wissenschaft auf breiter Front annehmen könnten. Eine unter Umständen notwendige Anpassung unseres Stiftungsrechts würde wohl schnell erfolgen, wenn entsprechende Signale aufgefangen werden könnten.
Sind die Begriffe Solidarität – ich meine nicht Sozialmissbrauch – und Gerechtigkeit – ich meine nicht Gleichmacherei – nur noch für den Staat und die Kirchen gültig? Deshalb ist es so wichtig, meine Damen und Herren, dass sich die Politik das Heft des Handelns nicht von anderen aus der Hand nehmen lässt. Sie muss – wie Gräfin Dönhoff, ein liberales Urgestein, es formulierte – den Kapitalismus wieder zivilisieren. Auch dies bliebe im Übrigen nicht ohne Auswirkungen auf unseren Haushalt.
Ich bedanke mich zunächst bei Ihnen.