Protocol of the Session on March 22, 2000

Das Wort erhält Herr Abg. Brinkmann.

(Abg. Dr. Repnik CDU: Jetzt müssen Sie aber noch einmal zulegen, Herr Brinkmann! – Abg. Hauk CDU: Das Niveau, die Latte ist hoch, Herr Kollege Brinkmann!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass der Kollege Wieser wenigstens am Anfang einigermaßen versucht hat, von dem Rundumschlag des Vorredners „Gesamtrevision in der Ausländerpolitik, Gespensterdebatte und Sozialhilfeproletariat“ wegzukommen

(Abg. Deuschle REP: Bestreiten Sie das?)

und die Debatte etwas zu versachlichen. In der Tat gibt es in Deutschland etwa 30 000 arbeitslose EDV-Kräfte, etwa 60 000 arbeitslose Ingenieure und auf der anderen Seite 75 000 Stellen im Bereich der Informationstechnik, die nicht besetzt sind.

(Abg. Dr. Repnik CDU: Völlig unbestritten, diese Frage!)

Nachfrage und Angebot – Herr Kollege, wir wollen uns nicht um tausend Stellen auf der einen oder anderen Seite streiten –

(Abg. Rapp REP: Nein, es sind ja nur Schicksale!)

sind hier offensichtlich – wie auch in anderen Bereichen – nicht zur Deckung zu bringen. Dafür gibt es verschiedene Gründe,

(Abg. Rapp REP: Zum Beispiel?)

auch Gründe der Mobilität. Aber einer dieser Gründe ist sicher das Fehlen von Spitzenkräften.

(Abg. Deuschle REP: Woher kommt das?)

Der Bereich Informationstechnik wächst etwa fünfmal so schnell wie das Bruttosozialprodukt. Gerade in diesem Bereich wird deutlich, wie einer auf den anderen angewiesen ist. Sie können dem Hauptschüler keinen Arbeitsplatz an der CNC-Maschine bieten, wenn Sie nicht den Programmierer haben, der das Programm für die CNC-Maschine schreibt, wenn Sie nicht den Spitzenmann oder die Spitzenfrau haben, die die Grundlagen dafür schaffen, dass das Programm geschrieben werden kann.

(Abg. Wieser CDU: Herr Kollege Brinkmann, in meiner Schule lernt jeder Schlosser diese Program- mierarbeit!)

Vor diesem Hintergrund, Herr Kollege Wieser, müssen wir uns überlegen, wie die Wirtschaftspolitik darauf zu reagieren hat.

Ziel einer vernünftigen Wirtschaftspolitik muss ja die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen sein, zumindest für uns Sozialdemokraten ist es das Ziel.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Es geht darum, Arbeitslose in Arbeit und Brot zu bringen, bestehende Arbeitsplätze vor der Verlagerung ins Ausland zu bewahren und Chancen für die junge Generation zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung ein Modell entwickelt, das aus zwei Säulen besteht und das, anders als Sie, Herr Kollege Wieser, es zu tun versucht haben, nicht auf den kurzfristigen Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland eingeengt werden kann.

Die eine Säule – darüber haben Sie gesprochen – ist die kurzfristige Deckung des Bedarfs durch Anwerbung von Spitzenkräften aus dem Ausland. Die andere Säule ist aber die mittel- und langfristige Deckung durch eine Ausbildungsoffensive. Diese Ausbildungsoffensive besteht aus drei Teilen.

Erstens waren im Bündnis für Arbeit bereits 40 000 Ausbildungsplätze mehr vereinbart worden. Dazu hat es jetzt eine Ergänzung gegeben: 20 000 Ausbildungsplätze mehr.

Zweite Maßnahme: Die Bundesanstalt für Arbeit hat bisher 1 Milliarde DM für Weiterbildungsmaßnahmen ausgegeben. Dieser Betrag wurde um 20 % aufgestockt.

Dritte Maßnahme: Die Bundesregierung ist bestrebt, die Verdoppelung der Zahl der Hochschulabsolventen im Bereich Informationstechnik zu erreichen.

(Abg. Dr. Repnik CDU: Das ist Aufgabe der Län- der!)

Dies, Herr Kollege, ist nicht nur Aufgabe der Länder im Hochschulbereich. Das wäre auch Aufgabe dessen gewesen, der jetzt mit dem blöden Spruch „Kinder statt Inder“ kommt und dafür verantwortlich ist, dass in seiner Zeit als Zukunftsminister die Zukunft versäumt wurde.

(Beifall bei der SPD – Abg. Haas CDU: Na, na, na! Nicht so laut klatschen!)

Das ist auch etwas anderes als das, was in Karlsruhe läuft: Stellenabbau beim Studiengang Informatik an der Universität, Stellenbeschränkung an der Hochschule für Technik. Und das ist auch etwas anderes als an der Fachhochschule in Offenburg, deren jahrelanges Bemühen um einen Informatikstudiengang im Wissenschaftsministerium des Landes auf taube Ohren gestoßen ist.

(Abg. Rapp REP: Wie war das in Niedersachsen? – Zuruf der Abg. Christa Vossschulte CDU)

Ich sage: Die Bundesregierung hat mit diesen zwei Säulen den richtigen Weg beschritten: kurzfristig Spitzenkräfte anwerben und gleichzeitig mittel- und langfristig für mehr Ausbildung im IT-Bereich sorgen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Abg. Haas CDU: „Dürftiger Beifall“ steht im Protokoll!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Hildebrandt.

(Abg. Wieser CDU zum Bündnis 90/Die Grünen: Ihr wart nicht zufrieden mit dem gerade!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vorwurf des Schnellschusses, Herr Wieser, kann zwar rhetorisch eingebaut werden, er zieht in diesem Fall aber nicht.

(Zurufe der Abg. Haas CDU und Deuschle REP)

Wenn man das mal positiv nimmt, handelt es sich tatsächlich darum.

(Abg. Wieser CDU: Um was?)

Schnellschuss. Es ist eine schnelle Reaktion auf eine außergewöhnliche Situation, eine Reaktion, die aber auch auf längere Sicht nicht allein trägt. Lassen Sie sich doch darauf einmal ein.

Die so genannte Greencard für ausländische Spezialisten soll einen akuten und angemeldeten Notstand oder Missstand für eine gewisse Zeit überbrücken. Daraus ergeben sich gewisse Aussichten, aber auch weitere Fragen.

(Abg. Haas CDU: Mindestens!)

Wenn Sie das, was sich an Problemen und Perspektiven ergibt, teilen, dann lassen Sie uns das doch zusammen machen.

(Abg. Wieser CDU: Ja, sicher! Wenn man mit Ih- nen etwas machen könnte, wäre es recht! Aber wenn ich an euren Parteitag denke, können wir nicht viel machen!)

Aber der Vorwurf Schnellschuss ist etwas, was das einfach nicht trifft und auch als Vorwurf hier nicht angenommen werden muss.

(Abg. Haas CDU: Doch!)

Auf die Ungewissheit der Zahlen ist hingewiesen worden. Mir liegen die gleichen Zahlen wie Ihnen vor. Es gibt zum Beispiel Äußerungen des Zentralverbands Elektrotechnikund Elektronikindustrie, der sagt, er würde sich nicht dafür verbürgen, dass es diese 30 000 seien. Ein Sprecher von IBM sagt, sie hätten aufgrund ihrer Talentinitiative im Augenblick eigentlich keinen Bedarf, sie könnten ihre freien Stellen besetzen. Sie alle kennen das doch auch, wobei der letzte Punkt interessant ist, weil mit ihm wirklich auf die Versäumnisse der Unternehmen in der letzten Zeit verwiesen wird.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Man muss einmal genau nachsehen, was das für Versäumnisse sind. Das hilft uns nämlich, die nächsten Maßnahmen, die wir brauchen, zu konzipieren.

Wenn wir für mehr Liberalität in der Migrationspolitik sind und wenn wir das Moment der Freiheit begrüßen, das ja enthalten ist, wenn die Leute anderswo hingehen, wenn al

so zum Beispiel unsere Leute für zwei Jahre in die USA gehen oder umgekehrt,

(Abg. Haas CDU: Herr Schröder lehnt doch alles andere ab!)

dürfen wir nicht übersehen, dass sich daraus natürlich auf der anderen Seite auch Probleme ergeben.

(Abg. Haas CDU: Und welche!)