Protocol of the Session on March 22, 2000

ausbauen können und damit massiv zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten für die deutsche Bevölkerung schaffen. Das ist die Realität.

(Beifall bei der SPD – Abg. Deuschle REP: Das ist doch lächerlich!)

Deshalb ist es unerträglich, dass in diesem Land eine Debatte aufgezogen wird, mit der man dem arbeitslosen, weil zu wenig qualifizierten deutschen Mitbürger signalisiert, dass sein Lebensschicksal durch die Einwanderung eines Hochtechnologiespezialisten, der fünf Jahre in der Bundesrepublik arbeitet, bedroht sei. Das ist ein gefährliches, ein fahrlässiges und wirklich verdammungswürdiges Spiel, das die CDU treibt, das auch Herr Teufel treibt. Das muss beendet werden, und das ist der eigentliche Kern dieser Debatte.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen gibt es da eine Menge zu tun, lange bevor wir über eine umfassendere Zuwanderungsgesetzgebung reden können, Herr Kollege Pfister.

(Abg. Wieser CDU: Da müssten Sie erst die Ver- fassung ändern!)

Lassen Sie uns dafür sorgen, dass ein höchst pragmatischer Vorschlag, dessen Realisierung von der Industrie dringend gewünscht wird, verwirklicht wird und damit wirtschaftliche Zukunftschancen für dieses Land eröffnet werden. Das ist der Kern der Debatte.

Im Übrigen merken Sie, wie es schon wieder losgeht. Es wird schon wieder der Versuch gemacht – die Landtagswahl lässt grüßen –, eine Asylbewerberdiskussion aufzuziehen. Herr Kollege Haasis, die aktuelle Asylbewerberzahl liegt unter der des Jahres 1980.

(Abg. Haasis CDU: Und weshalb?)

Sie liegt im Vergleich der westeuropäischen Länder weit hinter der in Großbritannien,

(Abg. Haasis CDU: Warten Sie mal bis nächstes Jahr!)

weit hinter der in der Schweiz,

(Abg. List CDU: Stimmt doch gar nicht!)

weit hinter der in Österreich. Das heißt, der Asylkompromiss hat tatsächlich gewirkt.

(Abg. Haasis CDU: Ein Teil wird jetzt wieder auf- gehoben!)

Ich sage Ihnen eines: Fangen Sie nicht wieder an, mit dem Feuer zu spielen und im Gefolge des Herrn Rüttgers an Themen rumzuzündeln, die als Problem so im Moment überhaupt nicht der gesellschaftlichen Realität entsprechen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Käs REP: Sie haben ja den Kontakt zur Bevölkerung längst verloren!)

Ich sage Ihnen, worin das Problem besteht und was unsere Bevölkerung zu Recht besorgt macht. Unser Problem besteht in der fehlenden Integration der Menschen, die hier

im Land sind. Unser Problem besteht darin, dass Sie bei der Integration versagt haben, dass wir in den großen Städten Gettobildungen haben,

(Abg. Deuschle REP: Eben!)

dass wir von daher Separierungen haben.

(Abg. Deuschle REP: Die Integration ist geschei- tert!)

Das ist das Problem.

Unser Problem besteht in der mangelnden Integrationsleistung in Deutschland. Und dabei sind die Zugewanderten mit deutschem Pass aus der ehemaligen Sowjetunion ein noch größeres Problem; das wissen Sie genau. Bei der inneren Verteilung haben Sie riesige Fehler gemacht durch mangelnde Integrationsleistungen, was zur Gettobildung geführt hat.

(Abg. Deuschle REP: Dafür sind Sie verantwort- lich!)

Das macht den Leuten Angst und Probleme. Statt Integration haben wir eine Separierung der Kulturen und Desintegration. Sie machen eine falsche Politik, eine Politik, die versagt. Sie machen keine integrierende Politik, sondern setzen den alten Schlendrian fort. Darüber, Herr Kollege Pfister, lohnt es sich ein Hühnchen mit Ihrem Koalitionspartner zu rupfen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Thon.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ob man nun ein kritikloser Anhänger der Greencard, des Vorschlags von Bundeskanzler Schröder, ist oder ob man sie total ablehnt,

(Abg. Haasis CDU: Greencard, das ist der nächste Punkt! – Abg. Rapp REP: Thema verfehlt!)

eines hat die Debatte auf jeden Fall bewirkt: Das Thema Einwanderungsgesetz ist wieder aktuell geworden, und das ist gut so.

(Abg. Deuschle REP: Für Sie vielleicht!)

Alle demokratischen Parteien haben sich dazu geäußert, natürlich nicht unbedingt in unserem Sinne, Herr Haasis. Herr Merz hat sich zwar geäußert, aber er spricht gleichzeitig von der Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl,

(Abg. Rapp REP: Da hat er Recht!)

die wir natürlich nicht wollen. Trotzdem finde ich es gut, dass die FDP/DVP heute diese Debatte vor der Debatte der Reps beantragt hat.

Ich denke, dass der Satz der Konservativen, der gebetsmühlenhaft immer wiederholt worden ist: „Deutschland ist kein Einwanderungsland“,

(Abg. Haas CDU: So ist es!)

zum einen faktisch längst überholt ist, zum anderen insofern sehr verhängnisvoll war, als er verhinderte, dass in

Deutschland eine rationale Einwanderungspolitik gestaltet werden konnte. Das war meiner Ansicht nach ein schwerer, ein verhängnisvoller Fehler und ein Armutszeugnis für die Politik. Damit hat sie auf das verzichtet, was ihre ureigenste Aufgabe ist, nämlich zu gestalten und Rahmenbedingungen für gesellschaftliche Veränderungen zu setzen.

Ich zitiere in diesem Zusammenhang immer gern Max Frisch, weil ich meine, er hat das damals sehr gut gesagt: „Wir haben Arbeitskräfte gerufen, und es sind Menschen gekommen.“

(Abg. Wieser CDU: Und jetzt wollt ihr das wieder machen!)

Wenn wir zurückblicken, muss man auch sehen, dass die erste Gastarbeitergeneration, sage ich einmal, viele Jahre auch bereit war, in ihr Heimatland zurückzukehren. Es gab diese Rückkehroption. Spätestens dann aber, als der Anwerbestopp – –

(Abg. Wieser CDU: Frau Thon, wollen Sie das jetzt wieder machen?)

Jetzt hören Sie mir einmal zu. Ich sage Ihnen, Herr Wieser, was ich machen will.

(Abg. Wieser CDU: Ich kenne ja, was Sie machen wollen!)

Spätestens der Anwerbestopp hat eigentlich dazu geführt, dass diese Menschen ihre Familienangehörigen nachgeholt haben und beschlossen haben, doch hier zu bleiben.

(Abg. Wieser CDU: Ach du lieber Gott im Him- mel! Das glauben Sie ja wirklich selber nicht!)

So ist aus dem Anwerbestopp eigentlich etwas ganz anderes geworden als das, wozu er eigentlich dienen sollte. Es war das Verdienst von Heinz Kühn, dem ersten Ausländerbeauftragten der Bundesregierung,

(Zuruf des Abg. Bebber SPD)

der schon Ende der Siebzigerjahre erkannt hat:

(Zuruf des Abg. Krisch REP)