Wir sind ein Einwanderungsland geworden. Das hat auch Frau Funcke während ihrer ganzen Tätigkeit als Ausländerbeauftragte immer wieder betont. Sie hat es übrigens bei ihrem Abschied dem damaligen Bundeskanzler Kohl sehr verübelt, dass er sie während ihrer ganzen Amtszeit nicht ein einziges Mal empfangen hat. Das zeigt natürlich auch, welchen Rang dieses Thema beim damaligen Kanzler hatte.
Was bedeutet eigentlich ein Einwanderungsgesetz? Lassen Sie mich zu diesem Thema einen ganz kurzen Aspekt aus der FAZ zitieren:
Die wichtigsten Ziele einer Einwanderungsgesetzgebung sind: Steuerung einer geregelten Zuwanderung, das heißt Zulassung nach voraussehbaren, rechtsstaatlich bestimmten und gesetzlich festgelegten Kriterien, die neben rechtlichen Bindungen demographische, ar
beitsmarktpolitische und ökonomische Aspekte berücksichtigen. Es bedeutet die Erleichterung der Vollund Teilintegration der sich bereits legal im Inland aufhaltenden Ausländer. Es muss beinhalten die Steigerung der Sozialverträglichkeit und Akzeptanz der Zuwanderung durch flankierende Maßnahmen der Antidiskriminierungs-, Bildungs- und Sozialpolitik.
All das ist in den letzten Jahrzehnten verhindert worden. Ich sage noch einmal: Es war ein ganz großer Fehler, dass man sich gegen eine solche Steuerung ausgesprochen hat. Dies war nicht durchsetzbar, weil es eine konservative Mehrheit dagegen gab. Es gab ja schon einige Vorstellungen zu einem Einwanderungsgesetz.
SPD, FDP und die Grünen haben dazu in der letzten Legislaturperiode einen Gesetzentwurf eingebracht. Aber – Kanther „sei Dank“, sage ich nur – damals konnte man sich nicht durchsetzen.
Ich würde mir wünschen und appelliere da auch an alle demokratischen Kräfte hier – – Im Fernsehen konnten Sie gestern Abend zu diesem Thema zum Beispiel Herrn Hundt, Herrn Stihl und Herrn Philipp als Vertreter des Handwerks hören: Man will ein Einwanderungsgesetz. Ich appelliere wirklich an alle demokratischen Kräfte, gemeinsam mit gesellschaftlichen Gruppierungen – mit den Kirchen, Arbeitgeberverbänden, Arbeitnehmerverbänden – ein humanes, rationales Einwanderungsgesetz zu schaffen.
Ich wünsche mir auch, dass der Ministerpräsident dieses Landes endlich auf seinen Innovationsbeirat hört, der sagt: „Wir brauchen eine Einwanderung; diese muss gesteuert werden“, und dass er auf seine Zukunftskommission hört, die einfordert, dass Baden-Württemberg ein Vorbild für Integration der hier lebenden Ausländer werden soll.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das, was ich in den letzten Wochen zu diesem Thema alles gehört habe und was heute hier gesagt wurde, kann der Bürger draußen nur vor dem Hintergrund des bevorstehenden Landtagswahlkampfs richtig einordnen. Wenn Fraktionen, die noch vor wenigen Monaten die Bundesregierung mitgetragen haben, plötzlich entdecken, dass man da etwas anderes machen müsse als das, was man 16 Jahre lang unter Kohl gemacht hat, wenn die FDP plötzlich meint, wie es Herr Döring gesagt hat, mehr Zuwanderung sei nicht mehr verkraftbar, so sind all dies Äußerungen, bei denen man sich fragt: Warum ist man diese Thematik eigentlich nicht angegangen, als man die Bundesregierung gestellt hat?
Warum kommen diese Sprüche jetzt? Die einzige sinnvolle Antwort ist nur die, dass der Landtagswahlkampf bevorsteht und man jetzt irgendeine Wählerklientel durch eine
solche Diskussion ansprechen möchte. Hier kann man nur sagen: Man soll schauen, wer die Urheber dieser wirklich substanziierten Diskussion sind und wer schon vor zehn Jahren diese Positionen eingenommen hat. Man muss den Bürger draußen darauf hinweisen, dass all jene, die jetzt solche Sprüche klopfen – anders kann man es nicht sagen –, neuerdings auf den Zug aufspringen.
Wenn ich höre, dass Herr Merz fordert, dass das individuelle Asylgrundrecht gestrichen werden solle – ja, herzlichen Glückwunsch, dass er jetzt auch auf diese Idee kommt! Wir Republikaner fordern das seit zehn Jahren, meine Damen und Herren. Wäre die CDU vor zehn Jahren auf diese Idee gekommen, als sie in der Bundesregierung war, und hätte die FDP damals mitgespielt – in dem Sinne, wie sie jetzt tönt –, dann wäre hunderttausendfache Zuwanderung nach Deutschland nicht passiert.
Die Sozialkassen wären nicht so belastet worden, wie sie jetzt durch eben diese Zuwanderung belastet sind.
Ich höre Herrn Schily sagen: „Das Boot ist voll.“ Zu der Äußerung von Herrn Döring habe ich schon etwas gesagt. Und nun zu der Position von Herrn Pfister zur Begrenzung der Einwanderung. Worum geht es hier eigentlich? Die Tendenz ist ja hörbar geworden. Im Prinzip geht es nicht um eine Begrenzung der Zuwanderung – Kollege Haasis hat das ganz richtig gesagt –, sondern es geht darum, dass die Schleusen geöffnet werden sollen.
Herr Pfister, Sie haben es gerade selbst gesagt: Ihnen geht es um den Bosnier, der hier im Handwerk gebraucht wird. Ich würde die Frage einmal anders herum stellen: Warum hat man die Ausbildung vergessen? Wir haben hier rund 4 Millionen Arbeitslose. Bevor wir Fremde hereinholen oder solche, die eigentlich nicht hier bleiben sollen, hier behalten, müssen wir uns darum bemühen, dass die Arbeitslosen, die hier in Deutschland ohne Arbeit sind, wieder in Arbeit und Brot kommen. Das ist die primäre Aufgabe.
Stattdessen soll Deutschland durch diesen Gesetzentwurf zur Zuwanderungsbegrenzung – was man von Rot-Grün hört, geht ja in dieselbe Richtung – nun definitiv zum Einwanderungsland gemacht werden.
Man muss sich doch einmal vorstellen, was das für eine Grundkritik darstellt. Man sagt jetzt, man wolle Hochqualifizierte ins Land holen, will sagen: Diejenigen, die jetzt kommen, sind Habenichtse, die unser Sozialsystem belasten. Die wollen wir eigentlich nicht, sondern wir wollen aussuchen können, wie es die Amerikaner machen, wie es ein klassisches Einwanderungsland macht.
Meine Damen und Herren, so geht es nicht. Deutschland darf nach wie vor kein Einwanderungsland werden.
Im Grunde ist darin auch ein erhebliches Element der Unmenschlichkeit enthalten. Deutschland ist ein wohlhabendes Land. Jetzt stellen wir uns arrogant hin, wenn es so laufen soll, wie man es jetzt hört, und sagen: Die Habenichtse wollen wir nicht, sondern wir kaufen uns – wir können es uns ja leisten – wohlhabende, schon in ihren Heimatländern gut ausgebildete Leute. Ich halte das für eine unmenschliche Position. Das ist einfach scheinheilig.
Es gibt nur eine klare Position, indem man sagt: Wir sind generell gegen eine überzogene Zuwanderung. Oder es gibt eine Alternativposition – da müssen Sie ehrlich sein –: Wir wollen eine uneingeschränkte Einwanderung. Das ganze Humanitätsgedöns ist gleichgültig. Es geht hier um eine multikulturelle Gesellschaft und um Deutschland als Einwanderungsland. Das sind die klaren Positionen, über die man hier diskutieren muss.
Am Schluss der ersten Runde möchte ich nur ganz klar sagen, worum es gehen muss; dazu dann in der zweiten Runde noch einiges mehr. Wir brauchen keine Zuwanderungsbegrenzung, wir brauchen einen Zuwanderungsstopp. Damit wir hier die Aufgabe der Integration und des sozialen Ausgleichs leisten können, brauchen wir eine konsequente Rückführungsgesetzgebung.
Wenn wir eine Vereinheitlichung des Rechts brauchen, dann brauchen wir ein Rückführungsgesetz und nicht Deutschland als Einwanderungsland.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bekanntlich ist der Justizminister auch Ausländerbeauftragter der Landesregierung. Als dem Ausländerbeauftragten gestatten Sie mir ein paar Worte zum Thema Zuwanderung.
Ich sage es vorweg: Ich weiß natürlich, dass es im Zusammenhang mit dem Begriff Zuwanderung Ängste gibt, die sich darauf gründen, dass man keine weitere Zuwanderung will. Ich sage Ihnen auch, dass es bei uns Dinge gibt, aufgrund derer ich verstehe, dass manche Leute Angst haben. Wir sehen, dass der eine oder andere Rauschgiftmarkt fest in ausländischer Hand ist – das dient der Sache nicht.
Auf der anderen Seite hat jeder von uns mindestens eine Familie in der Nachbarschaft, bei der er gar nicht auf die Idee käme, sie heimschicken zu wollen. Das geht sogar noch viel weiter. In dem Moment, wo dann einmal jemand heimgeschickt werden soll, schreiben die Betreffenden mir als dem Ausländerbeauftragten Briefe, und zwar häufig nicht nur die Kirchen, sondern auch Bürgermeister. Das ganze Umfeld sagt, wir wollen den Betroffenen hier behalten.
Diese Diskussion hat sich bei uns im Zusammenhang mit den Bosniern zugespitzt. Jetzt geht es um die Greencard, woran man sieht, dass es sinnlos ist, bestimmte Leute wegzuschicken oder nicht hereinzulassen. Vor diesem Hintergrund ist völlig klar, dass sich das Thema immer mehr in den Raum schiebt: Können wir dann nicht ein bisschen mehr gestalten? Können wir dann nicht ein bisschen mehr bestimmen, was wir eigentlich wollen und was wir nicht wollen? Vor diesem Hintergrund ist das Thema Zuwanderungssteuerungsgesetz natürlich topaktuell.
Lieber Herr Maurer, da haben wir als Liberale von niemandem etwas übernommen, sondern dieses Thema ist seit Jahren ein liberaler Vorschlag. Das haben höchstens andere von uns übernommen.
Gegen diese Vorstellung eines Zuwanderungssteuerungsgesetzes gibt es jetzt den Einwand – und mit diesem will ich mich hier zentral auseinander setzen –, das sei realistisch nicht möglich; wir würden dabei etwas vormachen; man könne dabei nicht wirklich steuern. Als Grund wird herangezogen, dass der Bereich Asyl aufgrund des uneinschränkbaren individuellen Rechts nicht steuerbar sei und deswegen das Ganze nicht funktioniere. Verzeihung: Genau das stimmt nicht. Ich will Ihnen hier demonstrieren, warum es nicht stimmt.
Lassen wir dabei das Asyl durchaus einmal weg. Ich sage eines deutlich: Lieber Herr Haasis, es war interessant, was Sie gerade zum Schluss gesagt haben. Die Möglichkeit steht natürlich im Raum, dass man im Rahmen eines europäischen Harmonisierungsverfahrens sagt: Wir wollen ein europäisches Asylrecht, das übrigens auch eine Verteilung der Flüchtlinge gestattet, und diese europäische Regelung übernehmen wir so, wie sie ist,
in unser Recht. Exakt diese Position hat der FDP/DVPLandesvorstand am letzten Samstag beschlossen. Sie sind noch nicht so weit, wenn ich richtig orientiert bin.
Aber lassen wir den Bereich Asyl weg, weil es nämlich mit dem jetzigen Asylrecht auch funktioniert. Nehmen wir mal ein konkretes Beispiel. Wir haben im Jahr 2000 eine bestimmte Zuwanderung. Wir wissen, aus welchen Quellen heute die Zuwanderung kommt. Sie kommt aus dem Asyl, aus dem Familiennachzug und über die Aussiedler. Jetzt sagen wir: Wir hätten gern im Jahr 2001 auf jeden Fall nicht mehr Zuwanderung. Das ist die Quote, und die legen wir fest. Jetzt ist es realistisch, dass all diese Quellen weniger werden: sowohl das Asyl wie die Aussiedler wie der Familiennachzug. Dann wäre natürlich Luft für ein Stück reine Einwanderungspolitik, bei der wir sagen können, was passiert und was nicht passiert.