Im Augenblick kommen jedes Jahr noch nahezu 500 000 in die Bundesrepublik, die integriert werden müssen. Es gibt nach wie vor eine große Zahl – über 100 000 – von Asylbewerbern. Es reisen etwa 60 000 im Rahmen der Familienzusammenführung ein und etwa 250 000 Ausländer aus EU-Ländern, bei denen es ja eine Begrenzung nicht gibt und auch nicht geben kann; eine solche will auch niemand. Aber auch sie sind Menschen, die natürlich sprachlich zu integrieren sind, die teilweise in der Bildung zu integrieren sind und die auch bei den Arbeitsplätzen einer Integration bedürfen.
Dazu müssen wir in letzterer Hinsicht auch die Aussiedler zählen. Ich rechne sie nicht zu den Ausländern. Aber was die Integrationsfähigkeit und -notwendigkeit anbelangt, sind sie eine Bevölkerungsgruppe, die mindestens ebenso schwierig zu integrieren ist wie viele andere. Also sind jedes Jahr über 500 000 in der Bundesrepublik zu integrieren. Darauf wollen Sie noch eine zusätzliche Quote setzen.
Nun ist nicht bestritten, Herr Pfister, dass es in der Bevölkerung, wie Sie sagen, viele Gruppen gibt, die gerne zusätzliche Arbeitskräfte hier in der Bundesrepublik hätten; wir werden darüber nachher bei der Greencard sprechen. In vielen Bereichen der Wirtschaft fehlen ja nicht nur qualifizierte Arbeitskräfte, sondern es fehlen auch so genannte nicht qualifizierte Arbeitskräfte.
Ja wollen wir den Bedarf bei 4 Millionen Arbeitslosen nur so decken, wie es die Wirtschaft gern hätte? Ich bin bestimmt kein Mann, der gegen die Wirtschaft ist.
(Abg. Pfister FDP/DVP: Das entscheiden doch wir, Herr Kollege Haasis! Wir haben es doch in der Hand! – Abg. List CDU: Wir nicht!)
Ja, wir entscheiden es, genau. Aber wir entscheiden eben nur einen Teil, wenn Sie nicht gleichzeitig das Asylrecht ändern, Herr Pfister.
Der ungeregelte Zuzug von Asylbewerbern wird leider wieder größer werden, fürchte ich. Wir haben zwar beim Asylkompromiss mit festgelegt, dass die finanziellen Anreize bei Asylbewerbern gekappt werden, indem die Sozialhilfe um bis zu 20 % gekürzt wird.
Dies wurde aber auf Drängen der SPD zeitlich begrenzt, und die Frist läuft im Juli dieses Jahres aus.
Erst vor wenigen Tagen ist im Bundesrat der Antrag gescheitert, die Grenze weiter bestehen zu lassen. Das heißt, ab Juli dieses Jahres zahlen die Kommunen wieder 100 % Sozialhilfe an die Asylbewerber. Dies war bis zu diesem Jahr begrenzt. Leider ist das in weiten Teilen gar nicht bekannt.
Sie kennen die Zahlen. Wir waren bei einem Höchststand von 400 000 Asylbewerbern pro Jahr in der Bundesrepublik. Wir sind nach dem Asylkompromiss und der Kürzung der Leistungen auf etwa 100 000 herunter gekommen; bei uns waren es 10 000 pro Jahr. Wenn aber jetzt wieder unbeschränkt gezahlt wird, so wie das früher der Fall war, fürchten wir schon,
Dazu müssen Sie ein Zweites sehen, Herr Kollege Pfister. Wir haben doch eine veränderte Einbürgerungspolitik. Die neue rot-grüne Regierung hat in der Bundesrepublik eine andere Einbürgerungsmöglichkeit geschaffen, als sie vorher bestand.
Darauf werden wir nachher bei der Greencard kommen. Der Herr Bundesinnenminister hat ja schon erklärt, dass Leute – wenn auch, wie Schröder sagt, auf fünf Jahre beschränkt – ins Land geholt werden sollen.
Aber Herr Schily hat hinzugefügt: Wer in der Bundesrepublik bleiben will, dem müssen wir natürlich die Möglichkeit geben, dass er hier bleiben kann.
Sie sprechen von Zuwanderungsbegrenzung, und andere tun das auch. Aber gleichzeitig sagt man: Wer bleiben will, kann trotzdem auch über diese Frist hinaus bleiben. Das heißt, es ist eher die ungezügelte Öffnung, als dass es eine Begrenzung wäre.
Deshalb sagen wir: Man kann mit uns über eine Begrenzung reden. Aber dann muss gleichzeitig auch das Asylrecht geändert werden. Dann muss bei der rot-grünen Regierung die Bereitschaft dazu da sein. Ansonsten erweckt man den Eindruck, wir würden etwas steuern, was wir letztlich nicht steuern. Vielmehr würden wir noch etwas draufsetzen und mehr Integrationsbedarf in der Bundesrepublik haben. Deshalb sind wir bis jetzt nicht dafür, ein so genanntes Begrenzungsgesetz in dieser Form zu verabschieden, sondern nur dann – so hat es auch Herr Merz formuliert: nur dann sei er zur Debatte darüber bereit –, wenn gleichzeitig auch das Individualrecht beim Asylrecht mit geändert wird und wir einen europäischen Standard bekommen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Pfister, Sie haben hier praktisch bis im Detail identisch eine Position vorgetragen, die wir in einem Antrag auf eine Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg im Frühjahr 1997 hier vertreten haben. Das ist für mich kein Anlass zur Kritik. Ich freue mich darüber, dass Sie diese Position übernommen haben und auch für richtig halten. Aber Sie haben ja Ihren Koalitionspartner gehört. Die lapidare Antwort damals auf den Vorstoß der SPD-Landtagsfraktion war – ich zitiere –:
Nach Auffassung des Innenministeriums bedarf die Bundesrepublik Deutschland weder augenblicklich noch in absehbarer Zukunft einer Zuwanderungsgesetzgebung.
Herr Kollege Pfister, ich sage Ihnen das ganz nüchtern: Mit dieser rückwärts gewandten Partei und dem Ministerpräsidenten, mit dem Sie verbündet sind, werden Sie die Erfüllung Ihrer Vorstellungen nicht erleben. Das ist der schlichte Fakt, Herr Kollege Pfister. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Herr Kollege Maurer, darf ich in dem Zusammenhang eine Zwischenfrage stellen: Wenn es so ist, dass Sie diese Vorstellungen, die ich vorgetragen habe, im Grundsatz unterstützen...
... – ja –, was ist dann der Grund dafür, dass die SPD-Bundestagsfraktion zum Beispiel den Vorstoß der FDP-Fraktion – es liegt ja ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion vor – eben abgelehnt hat und nicht unterstützt?
Herr Kollege Pfister, Sie verkennen die derzeitige Situation in der politischen Auseinandersetzung in der Bundesrepublik. Insofern hat das auch etwas mit dem nächsten Thema zu tun. Wir haben ja zur Kenntnis zu nehmen, dass bereits ein sehr bescheidener, sehr notwendiger und sehr unideologischer Vorschlag wie der des Bundeskanzlers auf die Einführung einer Greencard im Bereich der Kommunikationsindustrien massiv abgelehnt und von Ihrem Koalitionspartner bekämpft wird,
das will ich Ihnen jetzt doch einmal sagen. Der Herr Kollege Teufel hat zum Besten gegeben, dass er diese Parole „Kinder statt Inder“ zwar für eine Vereinfachung hält, aber doch dem Inhalt nach so teilt. Herr Kollege Pfister, der Zustand Ihres Koalitionspartners ist so, dass er im Moment bereit ist, aus ideologischen Positionen heraus und weil er sich davon etwas verspricht, selbst die einfachsten und pragmatischsten Vorschläge, die dringend angezeigt sind, um die wirtschaftlichen Chancen dieses Landes zu nutzen, abzulehnen. Das ist die Realität, Herr Kollege Pfister.
Deswegen sollten Sie hier nicht irgendwelche Spielchen mit uns über Bande treiben, sondern jeder sollte – wie heißt es so schön? – seine Hausaufgaben machen. Sie sollten sich in dieser Frage um die Bekehrung des Herrn Teufel bemühen. Wenn Sie sie erreicht haben, dann macht es Sinn – wir brauchen ja auch die Zustimmung des Bundesrats –, sich über Gesamtlösungen zu unterhalten. Ich wollte das nur quittieren und wollte sagen: Es gibt da offensichtlich keinen Dissens zwischen uns.
Ich will aber den anderen Punkt klar herausarbeiten. Was in diesem Land in einer ganz sträflichen Weise betrieben wird, ist, dass bei unserer Bevölkerung der Eindruck erweckt wird, dass die Zuwanderung beispielsweise von hoch qualifizierten Spezialisten im Bereich der Computerindustrien zulasten der Arbeitslosen in Deutschland gehe. Was mich aufregt, ist, dass Herr Teufel sich daran beteiligt. Genau das Gegenteil ist richtig. Die Versäumnisse in Bildung und Ausbildung in den letzten 20 Jahren auf diesem Feld, an denen auch dieses Land massiv beteiligt ist – unsere Anträge zum Thema „Kommunikationstechnologie und ,Schulen am Netz‘“ sind bei den Haushaltsberatungen wieder abgelehnt worden; daran will ich einmal erinnern –, ziehen gerade den Verlust von Arbeitsplätzen nach sich. Das ist es, was uns aufregt. Nur wenn wir kurzfristig hoch qualifizierte Spezialisten für begrenzte Zeit gewinnen können, werden wir die Industrien in Deutschland halten und
ausbauen können und damit massiv zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten für die deutsche Bevölkerung schaffen. Das ist die Realität.