Sie legen Wert auf eine freie Rede und lehnen Unterlagen und Manuskripte ab. Ich sage Ihnen: Die Basiszahl war 2 300 oder 2 400, und heute haben wir 4 750. Das sind die Zahlen, die mir der Wissenschaftsminister vor der Debatte gesagt hat.
Die Zahl der Studienanfängerplätze im Bereich Informatik hat sich seit 1995 verdoppelt. Nimmt man hingegen als Ausgangsjahr das Jahr 1990 – da hatten wir mehr Plätze als 1995, weil der Bedarf danach heruntergegangen ist –, dann hat sich die Zahl um 53 % vergrößert. In jedem Fall, glaube ich, sind das höchst beachtliche Zahlen.
Meine Damen und Herren, es steht jetzt nicht zur Debatte, welche Zahl richtig oder falsch war. Das Wort hat Herr Abg. Brinkmann, und wenn die Kollegen der SPD-Fraktion ihren eigenen Kollegen stören wollen, dann kann ich nichts dagegen tun.
Ich fühle mich durchaus nicht gestört, Herr Präsident. Denn solch eine Vorlesung in Sachen Umgang mit der Statistik mag manchmal hilfreich sein.
Herr Kollege, Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, dass es falsch sei, wenn Professor Schmid, der Dekan der Fakultät für Informatik der Universität Karlsruhe, sich über einen Stellenabbau beschwert.
Sie können doch nicht bestreiten, dass an der Hochschule für Technik in Karlsruhe im Bereich Informatik ein Bedarf von zehn Professoren und sieben Mitarbeitern angemeldet wurde und dieser Hochschule für Technik das verweigert wurde. Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, dass
Vor eineinhalb Jahren habe der Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen einen Studiengang für Informations- und Kommunikationstechnik beim Landeswissenschaftsminister eingereicht. Erst sei nichts geschehen, nun gebe es viele Änderungswünsche, klagt der Dekan. „In diesem Fall hemmt das zuständige Ministerium eindeutig den erforderlichen raschen Wandel der Hochschule.“
Doch lassen Sie mich zu einem zweiten Punkt noch etwas sagen. Ich bin dem Herrn Wirtschaftsminister ausgesprochen dankbar für seine Ausführungen hier. Ich sage das, Herr Döring, ganz ohne Ironie; denn in der Tat haben wir es bisher noch nicht geschafft, auf der Basis der bestehenden Rechtslage – sprich Arbeitsaufenthalteverordnung – die kleinen und mittleren Unternehmen – auch Herr Kollege Hofer hat davon gesprochen – so zu behandeln, wie es angebracht wäre.
Auch hierzu ein Zitat aus einer Landtagsdrucksache, und zwar aus einem Bericht über eine Petition, als Berichterstatter unterschrieben von dem Kollegen, der eben so viel dazwischengeschrien hat. Es geht um eine bosnische Krankenschwester und um ihren Ehemann, der im Handwerk beschäftigt ist, wo beide Arbeitgeber gesagt haben: Wir brauchen die unbedingt; wir haben die Stelle bundesweit ausgeschrieben, und wir kriegen keine Leute dafür. Jetzt das Zitat aus dem Bericht:
Dass es durch die Rückkehr der erwerbstätigen Flüchtlinge im Einzelfall vorübergehend zu gewissen Anpassungschwierigkeiten kommen kann, mag nicht auszuschließen sein. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Betriebe in der Lage sein werden, damit zurechtzukommen.
Ich halte dies für Zynismus. Herr Wirtschaftsminister, Herr Kollege Hofer, ich würde mich freuen, wenn Sie sich in dieser Regierungskoalition endlich einmal durchsetzen würden, wenn Sie, Herr Wirtschaftsminister, endlich auch einmal mit dem Ministerpräsidenten und mit dem Innenminister ein klares Wort darüber reden würden, damit es zu solchen Berichten bei solchen Petitionen in Zukunft nicht mehr kommt, weil die Regierung sich künftig hoffentlich menschlicher verhalten wird in Bezug auf die beteiligten Unternehmen.
Herr Kollege, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es in dem von Ihnen zitierten Petitionsfall genügend Kräfte auf dem Arbeitsmarkt gibt? Es
geht dort um eine Kombination einer OP-Schwester mit einer Hygienefachschwester, und diese Kombination gibt es sehr selten. Aber es gibt genügend Hygieneschwestern und genügend OP-Schwestern. Das Problem dieser Klinik ist problemlos zu klären, indem eben andere Kräfte eingestellt werden. Das war also ein schlechtes Beispiel.
Herr Kollege Haas, wenn die Redezeit noch ausreichen würde, könnte ich Ihnen noch mindestens vier weitere Fälle aus Petitionen zitieren, wo sich die Regierung geweigert hat, dem nachgewiesenen Bedarf der kleinen und mittleren Unternehmen nachzukommen. Hieran muss endlich etwas geändert werden.
(Abg. Haas CDU: Wieso spricht eigentlich von der SPD kein Sozialpolitiker, frage ich mich! – Abg. Brechtken SPD: Das ist uns egal, was Sie sich fra- gen! – Abg. Zeller SPD: Das ist unsere Sache!)
Diese Zwischenfrage, lieber Kollege Haas, lässt mich jetzt darüber nachdenken, ob Sie sich für einen Sozialpolitiker halten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht nur noch ein paar zusätzliche Anmerkungen. Es gibt einen bemerkenswerten Widerspruch zwischen den beiden Koalitionspartnern. Das ist nichts Ungewöhnliches; das kommt vor. Es wäre mit Interesse zu verfolgen, wie sich der entwickelt. Der Wirtschaftsminister hat hier Gesichtspunkte vorgetragen, die er in das Stammbuch der CDU BadenWürttembergs, wohlgemerkt, geschrieben hat. Das ist für die weitere Entwicklung der Sachlage wichtig. Herr Wieser hat ausdrücklich als Fazit aus all den Diskussionen, die wir hatten, gesagt: keine neue Zuwanderung. Wenn Sie dieses Problem, das wir haben, nämlich die weltweite Migration und die Entwicklung an Facharbeiterbedarf, unter diese Überschrift „Keine neue Zuwanderung“ stellen und die alte Leier Ihrer Ausländerpolitik immer wieder anstimmen, wenn es darum geht, haben Sie mit dieser Diskussion und dieser Entwicklung nichts mehr zu tun. Das ist das Problem. Es wäre kein Problem, wenn Sie nicht ausgerechnet an der Regierung wären.
Herr Kollege, nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich gesagt habe?: keine neuen Zuwanderungstatbestände. Das ist etwas völlig anderes als keine Zuwanderung. Darauf will ich Sie aufmerksam machen.
Ich habe hier eine Äußerung eines Leiters eines Instituts für Wirtschaftsforschung, der die Meinung vertritt: Entgegen aller populären Befürchtung dürfte im 21. Jahrhundert nicht zu
viel, sondern zu wenig Migration die eigentliche Herausforderung sein. Wenn das so ist, und weil Migration nicht immer ein Glück und nicht immer angenehm ist, vor allem für die nicht, die das betrifft, sowohl die Länder, aus denen sie kommen, als auch die Länder, in die sie gehen, und zwar wegen der bekannten Integrationsprobleme, müssen wir politisch dafür sorgen, dass der Bedarf an Migration oder die Migration, die überhaupt stattfindet, so läuft und organisiert wird, dass sie ins Positive ausschlägt und nicht in die Belastung. Darüber reden wir im Augenblick.