Protocol of the Session on February 20, 2001

(Abg. Göbel CDU: Das ist doch eine Unterstel- lung!)

Darüber gibt es Zeitungsartikel. – Das ist keine Unterstellung. – Ich lese Ihnen das gern aus der Zeitung vor.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist aber abgelaufen.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber Herr Göbel besteht darauf! – Abg. Döpper CDU: Er soll ja reden und nicht vorlesen!)

Nur noch ein letzter Punkt, dann sind wir fertig. Ich beantworte die Frage des Abg. Göbel:

Im Kreis Konstanz gibt es in Zusammenhang mit der BSE-Problematik ein Vorkommnis, das böse Vermutungen zulässt.

(Abg. Göbel CDU: Und was vermutet wird, halten Sie für wahr!)

Ein Bauer wollte der Tierkörperbeseitigungsanstalt in Orsingen ein Rind ohne Kopf anbieten. Die Polizei hofft auf Hinweise.

(Abg. Hauk CDU: Das war ja das Größte!)

Hier wird ermittelt und untersucht, und das Ministerium hat keine Ahnung davon und kümmert sich nicht um das Problem. Das zeigt, wie Sie letztlich mit dem vorsorgenden Verbraucherschutz umgehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Gö- bel CDU: Wenn Sie auf jede Vermutung einge- hen!)

Das Wort erhält Frau Abg. Kipfer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst ein paar Worte zu dem CDU-Antrag sagen, der ja unter dem Betreff läuft: „Maßnahmen zur Zukunftssicherung der Landwirtschaft in Baden-Württemberg“. Wenn man sich die Forderungen anschaut, dann muss man zur Kenntnis nehmen, dass die CDU nichts begriffen hat. Zu 90 % wird die Verantwortung der Bundesregierung zugeschoben.

(Abg. Mühlbeyer CDU: Das ist auch richtig! – Abg. Göbel CDU: Das könnte man auch zu 100 % machen, auch dann wäre es noch richtig!)

Die Landesregierung scheint nur für das Herkunfts- und Qualitätszeichen verantwortlich zu sein. Kein Wort vom notwendigen Umsteuern in der Agrarpolitik, kein Wort von den herausragenden Chancen für die kleinräumige Landwirtschaft in diesem Land. Ich sage Ihnen: Wenn Sie nicht den Schulterschluss mit der Bundesregierung vollziehen, dann wird das mit ganz großer Sicherheit zulasten der Bauern in diesem Lande gehen.

(Abg. Seimetz CDU: Ha!)

Sie vermeiden alle Schritte, die der Landwirtschaft – –

(Abg. Hauk CDU: Wenn wir bei Funke mitgezo- gen hätten, dann wäre es zulasten der süddeut- schen Landwirtschaft gegangen!)

Ich spreche vom Umsteuern der Landwirtschafts- und der Verbraucherpolitik auf Bundesebene, und das müssen Sie nachvollziehen. Das erwarten auch die Verbraucher.

(Abg. Göbel CDU: Frau Kipfer, wann sind Sie denn das letzte Mal im Ökoladen gewesen?)

In Ihrem Antrag steht kein Wort über einen verbesserten Verbraucherschutz

(Abg. Göbel CDU: Der ist gut bei uns!)

und über mehr Verbraucheraufklärung und auch kein Wort über den Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen, die dringend notwendig sind, kein Wort über eine effizientere Organisation der Lebensmittelkontrolle sowohl bei den Ursprungsprodukten als auch bei den Erzeugern oder der Ernährungsindustrie – auf allen Stufen der Erzeugung. Alles kalter Kaffee von gestern nach dem Motto: Schuld sind die anderen, nur wir sind schuldlos, wir haben alles richtig gemacht.

(Zuruf des Abg. Göbel CDU – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD: Pharisäer!)

Dabei hat die CDU sinnigerweise von den Problembereichen überhaupt nicht gesprochen und diese in ihrem Antrag auch nicht nachgefragt, zum Beispiel die bisherige Kontrollpraxis bei der Tierfutterproduktion für Nutz- und Haustiere. Unsere Anfrage – Herr Kollege Schäfer hat es zitiert – hat Erstaunliches zutage gefördert, nämlich dass in den vergangenen vier Jahren mit nur einer halben Stelle, rechnerisch einer halben Referentenstelle, die Futtermittel kontrolliert wurden. Dabei gibt es 148 Tierfuttermittelhersteller und 680 Tierfuttermittelhändler, ganz zu schweigen von den Landwirten, die auch noch Tierfuttermittel einlagern, um sie dann zu verfüttern. Diese sind nach Aussage der Landesregierung nur „vereinzelt“ überprüft worden. Die Landesregierung hat ihre gesetzliche Pflicht zur Kontrolle sträflich vernachlässigt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Teßmer SPD: So ist es! – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Kipfer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

Aber sicher.

Bitte schön, Herr Hauk.

Frau Kollegin Kipfer, wie erklären Sie es sich dann, dass man bereits 1995, also ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Tiermehlverfütterungsverbotes für Wiederkäuer, in Baden-Württemberg festgestellt hat, dass es Verunreinigungen gab, in Nordrhein-Westfalen aber erst vier Jahre später?

(Abg. Teßmer SPD: Es ist ja nichts dagegen ge- macht worden!)

Aber es ist nichts gemacht worden.

(Abg. Hauk CDU: Wer hat denn damals die Kom- petenz gehabt? – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD: Oje!)

Welche Kompetenz? Die Kompetenz für die Kontrolle von Futtermitteln liegt beim Land, und das ist mit einer halben Stelle gemacht worden.

(Abg. Hauk CDU: Die Kontrolle schon, aber die Frage war doch die gesetzliche Grundlage! – Abg. Göbel CDU: Aber jedenfalls schneller als in Nord- rhein-Westfalen!)

Diese Kontrollen ergaben noch etwas ganz anderes: Nur bei einem Drittel wurde die Beimengung von Tiermehl definitiv ausgeschlossen. Bei über 10 % wurden eindeutig widerrechtliche Tiermehlanteile festgestellt, und bei fast zwei Dritteln war man sich nicht sicher, hat es aber nicht weiterverfolgt, weil man gesagt hat, man könne Hühnerknochen nicht von Rinderknochenteilen unterscheiden – bei unserer heutigen Laborfähigkeit ist das absolut lächerlich.

(Abg. Capezzuto SPD: Unglaublich!)

In den Augen der Landesregierung ging es nur um ganz wenige Prozent, unter anderem um ein halbes Prozent, aber das sind immerhin 50 bis 100 Kilogramm pro Lastwagenladung. Das heißt, jeder Lastwagen voller Tierfuttermittel, Herr Kollege Hauk, beinhaltete 50 bis 100 Kilogramm Verunreinigungen. Das sind Mengen, bei denen Sie sich schon überlegen müssen, wohin das führt.

(Abg. Teßmer SPD: Darüber denkt der nicht nach! – Abg. Bebber SPD: Der geht in den Wald!)

Aber nicht nur das. Die Landesregierung ist auch unfähig, dazuzulernen. Frau Staiblin hat immer behauptet, die Erzeugung von Tierfuttermitteln in Baden-Württemberg sei sicher – von der Sicherheit einmal ganz zu schweigen: Fachleute sprechen da eine andere Sprache –, aber sie unterschlägt dabei, dass das meiste des in Baden-Württemberg hergestellten Tierfutters exportiert wurde und die Tierfuttermittelhändler ihrerseits Tierfuttermittel importiert haben, und zwar in einer Qualität, die höchst zweifelhaft war.

Als Ergebnis muss man feststellen: Die Landesregierung hat die Landwirte in Sicherheit gewiegt. In Wahrheit aber hat sie sie betrogen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Hauk CDU: Frau Höhn lässt grüßen! – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD)

Die Landwirte haben sich sicher gefühlt, aber sie wussten über die mangelnde Kontrolltätigkeit im Land überhaupt nicht Bescheid.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Bünd- nisses 90/Die Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Kiefl.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schäfer, zunächst einmal möchte ich mich wirklich zum Sprecher der Bauern machen und diese unverschämte Unterstellung von Ihnen zurückweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn es so gewesen sein sollte, wie Sie behaupten, Herr Schäfer, dann nennen Sie Ross und Reiter. Wenn Sie das nicht können, dann erwecken Sie nicht den Eindruck, als würden hier an BSE erkrankte Tiere oder überhaupt Tiere möglicherweise illegal beseitigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Drautz FDP/DVP)

Als Zweites möchte ich den von Ihnen, Frau Kipfer, benutzten Begriff „die Landwirte betrogen“ zurückweisen.