Protocol of the Session on March 9, 2017

durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

Trotzdem herrscht in Deutschland die sogenannte Gewaltenverschränkung. Sie durchbricht die klassische Lehre der strikten Gewaltenteilung. Diejenigen, die trotzdem immer noch vom klassischen Konzept ausgehen und die ursprünglich intendierte Aufgabenverteilung zwischen Legislative und Exekutive fordern – so auch Bundespräsident Johannes Rau und seine drei Amtsvorgänger Roman Herzog, Richard von Weizsäcker und Walter Scheel in ihrem Präsidentenappell vom September 1999 – können sich allerdings auf eine ernstzunehmende Autorität berufen, eben jene Gewaltenteilungsnorm des Grundgesetzes.

[Beifall bei der AfD]

Die 18. Legislaturperiode hat damit begonnen, dass in der Öffentlichkeit eine Diskussion darüber geführt wurde, ob es eine Inkompatibilität zwischen dem Mandat im Abgeordnetenhaus und einem Amt in der Senatsverwaltung geben sollte. Die Kollegin Ramona Pop wurde von Teilen ihrer Partei kritisiert, weil sie es nach ihrer Ernennung zur Wirtschaftssenatorin ablehnte, ihr Abgeordnetenhausmandat niederzulegen.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Dies widerspreche einem Parteitagsbeschluss der Grünen vom 3. Dezember 2016.

Jeder Beamte muss beim Eintritt in ein deutsches Parlament dem Prinzip der Gewaltenteilung folgend sein Beamtenverhältnis ruhen lassen. Jedoch ausgerechnet bei den Spitzen der Exekutiven ist dieses Prinzip ausgesetzt. Wer Parlamentarier ist, soll in Zukunft nicht mehr Teil der Exekutive sein dürfen und umgekehrt.

[Beifall bei der AfD]

Jeder Abgeordnete, der auf die Regierungsbank wechselt und sein Mandat behält, schwächt das Parlament. Dem Parlament und den Fraktionen fehlen dann die Persönlichkeiten und ebenso das erfahrene Personal, um die Arbeitsbelastung angemessen stemmen zu können. Außerdem gewährleistet die Trennung von Amt und Mandat die Abgrenzung der Verantwortungsträger in den verschiedenen Institutionen. Regierungsmitglieder, die für Vorlagen und Gesetzentwürfe verantwortlich zeichnen, sollen nicht zugleich über ihre eigenen Vorlagen entscheiden dürfen.

[Beifall bei der AfD]

Darüber hinaus wirkt die Trennung von Amt und Mandat der im Parlament grassierenden Versorgungsmentalität entgegen. Frau Senatorin Pop wird nach B 11 besoldet und ihr Grundgehalt beträgt ohne Zuschläge 12 162,53 Euro im Monat. Hinzu kommen noch 50 vom Hundert

der Abgeordnetenhausentschädigung, also 1 871 Euro monatlich. Nebenbei ist Frau Kollegin Pop mittlerweile auch noch in sage und schreibe vier Aufsichtsräten tätig. Dass Senatorin Pop sich als gewählte Direktkandidatin lieber ihren Wählern in ihrem Wahlkreis verpflichtet fühlt, ist zwar menschlich nachvollziehbar, aber sie hätte sich das auch vorher überlegen können. Sie möchte nun den ganzen Kuchen haben. Sehr geehrtes Parlament! Abgeordnete, Senatorin und Mehrfachaufsichtsratmitglied in einem, das sind kolossale Aufgaben für eine einzelne Person. Das ist eine Machtkonzentration, die der Gewaltenteilung widerspricht. Sie lädt zum Machtmissbrauch und zur persönlichen Bereicherung ein. Wir können als Abgeordnete nicht ständig Wasser predigen und Wein saufen!

[Beifall bei der AfD]

Bereiten wir also dieser Selbstüberschätzung und Selbstbereicherung ein Ende, und gehen wir das Problem an der Wurzel an. Verabschieden wir verbindlich die Trennung von Amt und Mandat in der Berliner Verfassung!

[Beifall bei der AfD]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Sven Kohlmeier das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem Sie in der letzten Plenarsitzung mit der ZDF-Deutschlandkarte ein bisschen in die Klamaukkiste gegriffen haben, hier der Versuch, Seriosität durch einen Antrag zur Änderung der Landesverfassung von Berlin zu zeigen. Sie wollen in der Landesverfassung festschreiben lassen, dass Mitglieder des Senats nicht zugleich dem Abgeordnetenhaus angehören sollen. „Näheres regelt ein Ausführungsgesetz“ –, das war ein Zitat aus Ihrem Antrag.

[Georg Pazderski (AfD): Richtig!]

Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, zunächst einmal die formalen Voraussetzungen für die Änderung der Verfassung von Berlin nennen:

[Georg Pazderski (AfD): Weiß ich!]

Nach Artikel 100 VvB brauchen Sie dafür eine Zweidrittelmehrheit der gewählten Mitglieder des Abgeordnetenhauses.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Ach was!]

Wir haben 160 Mitglieder – heben Sie sich Ihren Applaus für später auf, denn Sie dürfen gleich rechnen – des Abgeordnetenhauses. Damit bedarf es einer Mehrheit von 107 Abgeordneten, wenn Sie schnell mitgerechnet haben.

(Marc Vallendar)

[Zuruf von der SPD: Das ist nicht deren Stärke!]

Sie haben 24 Abgeordnete plus den einen Kollegen, der rechtsaußen sitzt, das sind 25 Abgeordnete. Fällt Ihnen etwas auf? 25 sind deutlich weniger als 107. Sie haben noch nicht einmal eine Mehrheit für diesen Antrag.

[Georg Pazderski (AfD): Was ist denn das für eine Begründung?]

Ich sage es Ihnen deshalb, weil Sie es nicht wissen können: Es gab bisher eine gute parlamentarische Übung in diesem Haus:

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das sind ja auch Altparteien!]

Wenn man die Verfassung von Berlin ändern will, dann redet man im Vorfeld mit den anderen Fraktionen und bespricht inhaltlich vor, ob es dafür eine Mehrheit gibt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Und, fragen Sie? – Der Alleingang, den Sie gewählt haben, erweckt den Anschein, als ginge es Ihnen gerade nicht um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema, sondern Sie wollen offenbar etwas anderes.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Echte Argumente, bitte!]

Die echten Argumente kommen gleich. Der Antrag ist im Übrigen auch schlampig erarbeitet, lieber Kollege Vallendar. Sie zitieren und sagen, Sie wollen die Verfassung von Berlin, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. März 2010 ändern. Die letzte Verfassungsänderung war übrigens am 22. März 2016 und zwar in Artikel 70. Insofern ist der Antrag in diesem formellen Punkt fehlerhaft.

[Georg Pazderski (AfD): Kommen Sie zum Inhalt!]

Sie sagen, Sie wollen die Verfassung von Berlin ändern und sind nicht einmal in der Lage, richtig zu zitieren. Das ist tatsächlich peinlich, liebe Kollegen!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Trotz dieser deutlichen Mängel will ich auch inhaltlich auf den Antrag eingehen. Ob die Änderung, die Sie hier vorschlagen, vom Wortlaut her überhaupt verfassungsrechtlich zulässig ist, kann man bestimmt diskutieren. Ich habe meine Bedenken, weil es möglicherweise das passive Wahlrecht betrifft, so, wie Sie es geschrieben haben. Was machen Sie eigentlich mit Regierungsmitgliedern, die die Amtsgeschäfte nach einer Wahl fortführen? Dürfen die sich nicht mehr zur Wahl stellen und gewählt werden? Dürfen sie danach das Mandat nicht antreten, weil sie noch Regierungsmitglied sind? Sie können einmal bei den Kollegen von der CDU anfragen, da gab es genau diese Fälle. Die Senatoren haben das Amt weiter ausgeübt, obwohl sie gleichzeitig Abgeordnete in diesem Abgeordnetenhaus waren.

In der Begründung des Antrags sagen Sie, dass die Trennung von Amt und Mandat dem Grundgedanken der Gewaltenteilung entspricht. Das ist eine falsche Schlussfolgerung. Der Grundgedanke der Gewaltenteilung ist durch die gleichzeitige Ausübung eines Amtes als Senator und eines Abgeordnetenmandats nicht berührt. Dies ist weder von der Verfassung von Berlin noch vom Grundgesetz ausgeschlossen.

Ihre AfD-Kollegen in Thüringen haben das bereits ausführlich diskutiert und dort einen ähnlich lautenden Antrag eingebracht. Der Kollege Brandner begründet ihn wortgewaltig wie folgt:

Die Trennung von Amt und Mandat zielt auf eine Stärkung der Demokratie und eine Stärkung der Gewaltenteilung, mehr Demokratie also.

Ein bisschen so wie eben der Kollege Vallendar. Die Erwiderung des CDU-Kollegen Scherer war deutlich. Er sagte, dass die mutwillige Beantragung von Verfassungsänderungen wirklich das ungeeignetste Mittel für solchen Populismus ist.

Sie rufen „Mehr Demokratie“, meinen aber etwas anderes. Glaubwürdig mehr Demokratie kann in diesem Haus eigentlich nur einer rufen, das ist der Kollege Efler.

[Holger Krestel (FDP): Warum der Kollege Efler?]

Ich erlaube mir an dieser Stelle noch ein weitere Zitierung und zwar des Bundesverfassungsgerichts 2 BvL 2/97:

Die Anordnung einer Inkompatibilität ist … von der Ermächtigung des Art. 137 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn sie nur gewählte Bewerber betrifft, deren berufliche Stellung die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit von Interessen- oder Entscheidungskonflikten nahelegt.

Artikel 137 regelt die Beschränkung der Wählbarkeit.

Sie müssten meines Erachtens darlegen, warum die gleichzeitige Ausübung eines Senatorenamtes und einer Abgeordnetentätigkeit die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit von Interessen- oder Entscheidungskonflikten beinhaltet. Ihnen geht es in Ihrem Antrag um etwas anderes. Sie führen eine Neiddebatte.

[Georg Pazderski (AfD): Ha!]

Sie schreiben hier, dass ein Senator schon ein Grundgehalt von 12 162,53 Euro bekommt und dann bekommt er auch noch 50 Prozent seiner Abgeordnetenbezüge. Da sage ich bei den Kollegen, die auf der Regierungsbank sitzen: zu Recht! Die Abgeordneten auf unserer Regierungsbank leisten mehr als Abgeordnete, mehr als Sie mit einer vollen Diät hier bisher geleistet haben.