Ja, wir auch nicht. Da sehen Sie mal, wie groß die Zahl ist. – Diese 600 000 Leute erwarten von uns, dass wir das jetzt umsetzen.
Ich sage Ihnen das auch noch mal. Herr Melzer! Sie werden sich dann mal mit Ihren Wählerinnen und Wählern auseinandersetzen müssen. Die wollen das, und es ist auch richtig, dass wir dort 100 Millionen Euro entsprechend investieren. Wir werden vielleicht auf Dauer sogar noch mehr investieren. Wir wollen das Stadtwerk zu einem Hauptplayer machen. Wir wollen, dass zusätzliche Arbeitsplätze hier vor Ort entstehen, und wir wollen durch die Gesetzesänderung eine verbraucherfreundliche, effiziente, sozial- und klimaverträgliche Erzeugung und Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme auf der Basis erneuerbarer Energien haben.
Herr Abgeordneter! 580 000 Berliner haben 2008 gesagt, sie möchten, dass der Flughafen Tempelhof offen bleibt. Werden Sie auch deren Wünsche berücksichtigen?
Na ja! Der Flughafen Tempelhof musste geschlossen werden, weil das Bundesverwaltungsgericht eine klare Entscheidung getroffen hat, dass nämlich der Flughafen BER nur eröffnet werden kann, wenn Tempelhof und Tegel vom Netz gehen.
Das wissen Sie ganz genau. Herr Gläser! Ich sage Ihnen mal ganz offen: Die Wählerinnen und Wähler, die dort in der Einflugschneise wohnen, sind uns dankbar dafür, dass wir den Flughafen Tempelhof geschlossen haben, und wir stehen zu dieser Entscheidung.
Also, langfristiges Ziel nach der erfolgreichen und vollständigen Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe ist die Rekommunalisierung der Energienetze. Das behalten wir im Auge. Darauf können sich die Berlinerinnen und Berliner verlassen. Wir wollen die Synergieeffekte von Gas, Wasser und Strom heben. Und ich sage das hier auch wieder ganz deutlich: Das übergeordnete Ziel ist und bleibt das klimaneutrale Berlin im Jahr 2050. Wir wollen das anschieben, und wir sind davon überzeugt, dass es unsere Aufgabe ist, alles dafür zu tun, dass das möglich ist.
Wir hatten im Wirtschaftsausschuss eine Anhörung. Da waren Sie ja dabei – auch die Kollegen der AfD, der Ausschussvorsitzende auch –, und dann wissen Sie ja, was dort gesagt worden ist. Bis auf eine Ausnahme
haben sich da alle ganz klar positioniert und die Position der Koalition zum Stadtwerk unterstützt. Ich glaube, es macht auch Sinn, dass wir uns in dieser Frage so eindeutig positionieren.
Ich will auch hier noch mal ausdrücklich mein Lob an die Berliner Wasserbetriebe aussprechen. Die haben in der Vergangenheit schon aus diesem kleinen Beschluss extrem viel gemacht und sich da bemüht. Herr SchultzeBerndt! Im Übrigen, wenn Sie die Leute für so gut und qualifiziert halten – das ist auch meine Meinung –, dann unterstützen Sie sie doch! Der Vorstand der Berliner Wasserbetriebe steht hinter dieser Politik. Er findet es
richtig, dass wir das Stadtwerk machen. Er findet richtig, dass wir das ausbauen. Er sieht die Synergieeffekte. Wenn das so gute Leute sind, wie Sie sagen, dann ist es ja auch richtig, das entsprechend zu unterstützen.
Mit der Erweiterung der Aufgaben des Berliner Stadtwerks werden allen Berlinerinnen und Berlinern Energieberatungsleistungen zugänglich gemacht. Mit unserem neu aufgestellten landeseigenen Stadtwerk wird die Energiewende neuen Schwung bekommen. Den Umstieg von klimaschädlicher Kohleverstromung auf saubere, neue Energien machen wir für alle Berlinerinnen und Berliner attraktiv. Wir stehen dazu, dass spätesten 2020, wenn es geht, früher, mit der Braunkohle Schluss sein soll und dass es 2030 mit der Steinkohle enden soll. Das Berliner Stadtwerk wird jedenfalls ausschließlich Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Gas-Kraft-Wärmekopplung produzieren und vertreiben.
Mit Hilfe des Stadtwerks werden wir auch – das haben Sie angesprochen, das teile ich – die energetische Modernisierung des öffentlichen Sektors umsetzen und Mieterstromprojekte unterstützen. Deshalb lassen Sie uns den Volksentscheid Energie respektieren. Die 600 000 Berlinerinnen und Berliner haben sich zu dem Ziel bekannt. Ich bin sicher, an einem Wahltag wären es noch viel mehr gewesen. Ich fordere Sie auf, auch die Oppositionsfraktionen, stimmen Sie dem vorliegenden Gesetz zu. Es ist für die Stadt eine große Chance. Ich bin sicher, dass wir schon bald mehrere Hunderttausend Berlinerinnen und Berliner haben, die ihren Strom vom Stadtwerk beziehen. In dem Sinn bitte ich um Unterstützung des Antrags. Wir wollen das Gesetz heute ändern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste auf der Zuschauertribüne! In den letzten Jahren sind in Berlin zwei Volksabstimmungen gescheitert, zum einen der Volksentscheid „Tempelhof bleibt Verkehrsflughafen“ und zum anderen der Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung. Das letztere Projekt wird trotzdem umgesetzt. Es verfolgt drei Ziele: Klimapolitik, Preispolitik, in der auch Sozialpolitik enthalten ist, Geldverdienen. Diese Ziele stehen im Konflikt zueinander und sind nicht erreichbar. Das ist auch im Ausschuss deutlich geworden.
Bereits der Gesamtausstoß an CO2 in Europa wird durch das Zertifikat-Handelssystem determiniert und nicht durch lokale Politik. Welcher Strom durch die Netze fließt, entscheiden die Verbraucher. Ökostrom wird bereits durch 169 Anbieter in die Netze eingespeist. Da bringt ein 170. dem Klima keinen Mehrwert. Die Preisgünstigkeit der Versorgung erfährt ebenfalls keine Verbesserung, weil Stromnetzentgelte bereits durch die Bundesnetzagentur reguliert sind und Fernwärmeversorger durch das Bundeskartellamt kontrolliert werden. Es gibt nicht viel Spielraum für Preissenkungen. Auch sind Stadtwerke nicht immer der billigste Anbieter.
Das Ziel des Geldverdienens ist ebenfalls gefährdet. Es herrscht dort ein starker Wettbewerb unter den Stromanbietern auf dem Markt, und die Netznutzungsentgelte unterliegen der erwähnten staatlichen Regulierung. Sie sind nicht unendlich vermehrbar.
Das Hauptproblem ist aber die Anschaffung der nötigen Assets. Dafür sind Investitionen und Finanzierungen notwendig. Es folgen auch Abschreibungen. Allein schon die Investitionen verlangen größere Summen als die, über die wir die ganze Zeit sprechen. Die Zinsen für fremdfinanzierte Investitionen dürfen in diesem langfristigen Projekt schon einmal gar nicht steigen, sonst wird es für Kunden und Steuerzahler bitter. Es wird wiederholt davon gesprochen, das Berliner Stadtwerk mit 100 Millionen Euro auszustatten. Aber das, was die Koalition eigentlich will, das Stromnetz, das Herr Stroedter – wie er eben gerade sagte – im Auge behalten will, die Kraftwerke, die Fernwärme, neue Stromspeicher und eine weitgehende Modernisierung, kosten zusammengerechnet, im Extremfall zusammengerechnet, bis zu 10 Milliarden Euro.
Ich mache eine Vergleichsrechnung auf: Die Stadtwerke München GmbH, einer Stadt, die um die Hälfte kleiner als Berlin ist, hat ein Gesamtkapital von über 10 Milliarden Euro, so eine Aussage im Ausschuss bei der Anhörung von einem von Ihnen eingeladenen Professor. Der Europachef der Vattenfall, Herr Tuomo Hatakka, sagte am 6. März gegenüber der „Berliner Morgenpost“, ich zitiere:
Die Energiewende ist ein Marathonlauf. Die Umsetzung verlangt allein hier in dieser Stadt Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe.
Da sind sie wieder. Wir landen immer wieder bei 10 Milliarden Euro. Die Regierungsparteien sprechen die ganze Zeit von 100 Millionen Euro. Deutlich absehbar à la longue sind aber bereits Kosten von 10 Milliarden Euro. Ich glaube, Sie haben ein Problem mit logarithmischem Denken. Es ist gar nicht so schwer zu erklären, wie es sich anhört.
Nein, heute nicht! – Man kann es ganz einfach damit erklären, wie kleine Kinder mit großen Zahlen umgehen.
Kleine Kinder zählen nämlich eins, zwei, drei, vier, ganz viele. Im logarithmischen Denken von kleinen Kindern rücken Zahlen umso enger zusammen, je größer sie werden, also 10, 1 000, 1 Million, 10 Millionen und 100 Millionen.
100 Millionen und 10 Milliarden sind aber keine Nachbarn auf dem Zahlenstrahl. Es sind unterschiedliche Dimensionen. Rechnen Sie bitte nicht wie kleine Kinder, die ein zu teures Spielzeug wollen, sondern wie Erwachsene, wie Kaufleute.
Falls Sie jedoch selbst bereits wissen, wie teuer Ihre gesamte Wunschliste ist, und Sie das dem Wähler und Steuerzahler verschweigen, wäre das umso schlimmer.
Noch ein Wort zur Wirtschaftssenatorin. Wir brauchen vor Abstimmungen einen Businessplan und nicht hinterher. Dann ist es zu spät. Wir wollen vorher wissen, ob sich etwas rentiert und funktionieren kann. Wenn nicht ordentlich geplant und gerechnet wird und dem Parlament alle Zahlen zur Kontrolle rechtzeitigt vorgelegt werden, bekommt der Flughafen BER sogar noch einen kleinen Bruder. Das wollen wir dem gebeutelten Berliner Steuerzahler nicht mehr zumuten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Taschner das Wort. – Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Heute ist ein guter Tag für den Berliner Klimaschutz. Rot-Rot-Grün bringt heute einen Akteur an den Start, der maßgeblich dazu beitragen wird, dass das selbst gesteckte Ziel, Berlin 2050 klimaneutral zu machen, erreicht werden kann. Heute ist auch ein guter Tag für die Energiewende in unserer Stadt, denn die Berliner Stadtwerke werden auch in Zukunft konsequent auf erneuerbare Energie, aber auch Energieeffizienz setzen, nur dass dank Rot-Rot-Grün diese Stadtwerke auch endlich das notwendige Kapital bekommen, um diese Aufgaben vollumfänglich erfüllen zu können.
Heute ist aber auch ein guter Tag für alle Berlinerinnen und Berliner, denn wir verpflichten die Berliner Stadtwerke konsequent dem Gemeinwohl, das heißt, sie haben nicht die maximale Rendite im Blick, sondern die Interessen der Berlinerinnen und Berliner. Dank Rot-Rot-Grün gibt es ab heute in Berlin endlich ein Stadtwerk, das diesen Namen verdient.
Mit der Änderung des Betriebe-Gesetzes, das wir heute auf den Weg bringen, hat das lange Warten für ganz viele ein Ende, beispielsweise auch für uns Grüne. Vor sieben Jahren hat mein Vorgänger Michael Schäfer das erste Klimaschutzstadtwerk skizziert. Damals haben wir Grünen schon ganz klar diesem Stadtwerk andere Handlungsfelder zugewiesen als den reinen Energiehandel. Wir wollen den Energiemix dieser Stadt verändern. Wir wollten auch mehr erneuerbare. Wir wollten aber auch Energieeffizienz. Das geht eben nur über Energieservices bei einem landeseigenen Stadtwerk.
Auch die Initiative Berliner Energietisch darf heute einen Erfolg einfahren. Das Bündnis aus 56 Initiativen, das ich 2012 mit initiieren durfte und wobei ich die Ehre hatte, lange Jahre ihr Sprecher zu sein, darf heute feiern, denn sie bekommen endlich das Stadtwerk, das sie sich gewünscht haben. Damals hat der Energietisch die Idee der Grünen dieses Klimastadtwerks aufgegriffen. Wir haben es damals um die soziale Komponente erweitert. Es sollte ein ökologisches, demokratisches und soziales Stadtwerk werden, das sich eben nicht nur den ökologischen Fragen widmet, sondern auch den sozialen Fragen, beispielsweise wie die steigende Energiearmut bekämpft werden kann.
Der Energietisch hat dafür viele Tausende Unterschriften gesammelt, ohne finanzielle Anreize zu schaffen. Er hat eine tolle Kampagne hingelegt. Er hat viel erreicht. Er hat die Berlinerinnen und Berliner von der Idee des Stadtwerkes überzeugt und dafür begeistert. Zu guter Letzt dürfen sich natürlich auch die 600 000 Berliner freuen, die beim Volksentscheid 2013 immerhin mit 83 Prozent – nur, falls es nachher einmal wieder kommt – Ja zu einem Berliner Stadtwerk gesagt haben. Das ist ein Berliner Stadtwerk, das ihnen die CDU jahrelang vorenthalten hat und ihnen auch die jetzige Opposition vorenthalten wird.
Aber dank Rot-Rot-Grün bekommen die Berlinerinnen und Berliner dreieinhalb Jahre später das, was sie wollten, ein starkes Berliner Stadtwerk. Und das bringen wir auf den Weg.
Mit den Berliner Stadtwerken bekommt das Land aber auch ein wirkungsvolles Werkzeug in die Hand. Wir bekommen endlich die Handlungshoheit wieder zurück,