Protocol of the Session on November 19, 2020

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): So ist das im Sozialismus!]

Es mag ja sein, dass Rot-Rot-Grün sich für das Schicksal von Immobilieneigentümern, also Vermietern, nicht interessiert. Aber negativ betroffene Mieter, Wohnungssuchende und Wohnungsbaugenossenschaften sollten Ihnen nicht egal sein, denn das sind die Förderwürdigen, und die, denen Sie eine bessere Mieterwelt versprochen haben. Die Mieter werden entweder keine Wohnung mehr finden, auf dem Schwarzmarkt horrende Vermittlungsgebühren zahlen oder wie im alten West-Berlin, das jahrzehntelang einen Mietendeckel hatte, horrende Abstandszahlungen leisten müssen, um an einen Mietendeckelvertrag heranzukommen. Wollen Sie eine kommunale Wohnung beziehen, müssen Sie sich auf lange und immer länger werdende Wartezeiten einstellen.

Es gibt dafür genug Beispiele, auch hier in Europa, wie man es von der Wohnraumlenkung im Ostteil der Stadt vor 1989 kannte. Aber Schlangestehen sind die Berliner unter ihrer Regierung gewohnt. Dieses Schlangestehen haben Sie mittlerweile auf die gesamte Stadt und ihre Dienstleistungen übertragen. Selbst den Mieter, der jetzt einen Vorteil vom Mietendeckel hat – der Herr Professor in seiner kürzlich schön sanierten Altbauwohnung –, setzen Sie mit ihrem Mietendeckel ins Risiko. Ihm drohen, wenn der Mietendeckel platzt, hohe Nachzahlungen, denn die Gerichte können zwar ein unzulässiges, verfassungswidriges Gesetz kassieren, aber ein schlechtes Gesetz nicht besser machen. Dieses Horrorszenario, was dann entsteht, mag man sich gar nicht vorstellen.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Tritt ja auch nicht ein!]

Wir kennen ja alle Ihre Zwischenrufe. Was wollen Sie dann alles machen? Wir müssen doch die Mieter schützen. Ja, das muss man mit dem tauglichen Mitteln, meine Herrschaften! Mit dem Mietendeckel erreichen Sie genau das Gegenteil. Was unsere Stadt stattdessen braucht ist die Anwendung des bereits geltenden sozialen Mietrechts – zu finden im BGB, für den Fall, dass Sie nicht wissen, wo man Recht findet –, Bau von Mietwohnungen, genossenschaftlichem Wohnraum und Wohneigentum in ausreichendem Maße, um den überregulierten Markt wieder zu entspannen. Weg mit kostentreibenden,

unnötigen Bauvorschriften! Ermöglichung von preisgünstigem Wohnungsbau, auch für Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen, meine Herrschaften! Tun Sie was für diese Menschen! Halten Sie nicht nur große Reden! Schaffen Sie Wohnraum! Mobilisierung von ausreichend Bauland in den Bezirken! Dachgeschossausbau, Aufstockung, Baulückenschließungen, Erneuerung der Wohnungsbestände und Förderung der Eigentumsbildung für möglichst viele Bürger dieser Stadt.

Wir brauchen ganz bestimmt nicht den Weg zurück in die DDR, zwar mit billigen Mieten, die man aber bitter mit Verschleiß und Ruin einer ganzen Volkswirtschaft erkauft hat, Belastung der Umwelt – wir wollen uns erinnern, wie die DDR aussah –, mit billigen Löhnen und niedrigen Renten, verrottender Bausubstanz, Wohnraumknappheit.

[Zuruf: Sie waren doch nie da!]

Ich war da öfter, als Sie denken. Ich durfte nämlich raus, Sie nicht.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Oder genauer: Ich durfte rein. Sie durften nicht raus. Das war der Unterschied. Ich lebe schon immer in Freiheit, und deswegen kann ich das auch gut unterscheiden, was Sie hier gerade vorhaben.

[Beifall bei der AfD]

Jahrzehntelange Wartezeiten, ganz abgesehen von Zuzugssperren in die Hauptstadt der DDR.

[Steffen Zillich (LINKE): Das Zitat sollten Sie Ihrer Bubble wirklich mal bringen! Das kommt richtig gut an!]

Das werde ich machen. Das werden Sie nicht glauben. Ihr Mietendeckel ist kein Erfolgsmodell, sondern einen Verfassungsbruch. Er ist ein fataler Irrweg, der für manche, die es gar nicht nötig haben, einen Vorteil verschafft – denken Sie an den Hochschulprofessor –, aber für die Stadt insgesamt der Weg in den Abgrund. Sie haben ein Gesetz für Reiche geschaffen, dass denen, die Sie adressieren, nicht hilft sondern schadet. Hoffen wir auf eine Weise und verfassungskonforme Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, meine Damen und Herren! – Herzlichen Dank!

Es folgt für die Fraktion Die Linke Frau Gottwald. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Berlin sinken die Mieten. So schreibt es der Zentrale Immobilien Ausschuss – ZIA – in seinem Herbstgutachten. Das ist praktisch der heilige Gral der Immobilienwirtschaft.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das Zentralkomitee!]

Sinkende Mieten gibt es in keiner anderen Europäischen Metropole. Ist es ein Wunder, für das uns alle Welt beneidet? – Nein! Es ist das Resultat konsequenter Politik, die sich an den Interessen der Mieterinnen und Mieter orientiert.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Sinkende Mieten wurden durch Beschlusslage dieses Parlaments gemacht, durch einen Senat, der den Mumm hatte, unbekanntes Feld zu beschreiten und allen voran die ehemalige Senatorin Katrin Lompscher, der ich hier noch mal ausgesprochen danken möchte.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Lachen bei der AfD]

Ab Montag müssen Vermieter von sich aus überhöhte Mieten kappen. Eigentümerverbände wie Haus & Grund raten ihren Mitgliedern dazu, das Gesetz zu befolgen und halten entsprechende Formulare bereit. Das finde ich gut.

Es wurden im Vorfeld viele Argumente gegen den Mietendeckel vorgebracht. Von der Opposition gab es viel Getöse, wie heute auch. Und was ist von den armseligen Versuchen, ein gutes Gesetz madig zu machen, geblieben? – Nichts!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Alles! – Zuruf von der CDU – Zuruf von der AfD]

Sie, Herr Laatsch, haben das hier eben wieder vorgeturnt, was die Basis der AfD-Politik ist: Gehässigkeiten schüren, Sozialneid schüren, die Leute gegeneinander aufhetzen, damit sie möglichst Ihnen hinterherlaufen. Was Sie aber nicht begriffen haben, ist: Es geht nicht darum, wer in welcher Wohnung wohnt. Es geht darum, wie hoch der Preis einer Wohnung ist, egal, wer darin wohnt. Das ist die Basis unserer Politik, und das ist vernünftig!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Quatsch!]

Gibt es weniger Neubau durch den Mietendeckel? Herr Gräff hatte sich wie immer in dieser These versucht. – Nein, gibt es nicht. Die Bauaktivität ist auf dem Höchststand, und die Baugenehmigungen bleiben trotz Corona auf hohem Niveau. Der Mietendeckel verhindert den Neubau nicht. Aber, Herr Gräff, es ist bemerkenswert, dass gerade die am lautesten wettern, die kaum bauen. Die CDU zieht in ihren Bezirken beim Bau keinen einzigen Hering vom Teller. Sie ist das Bauschlusslicht in der Stadt.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Lassen Sie mich noch was sagen, damit Sie sich noch mehr aufregen können!

(Harald Laatsch)

Darf ich Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von Frau – –

Nein, danke! Ich möchte keine Zwischenfrage!

Keine Zwischenfrage.

Sie schimpfen ja immer so gerne auf unseren sehr geschätzten Baustadtrat Herrn Schmidt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Oh ja!]

Ich komme aus Friedrichshain-Kreuzberg. Ich sage Ihnen: Kreuzberg, kleiner Bezirk, hat eine 3,4-fache Bevölkerungsdichte gegenüber zum Beispiel Steglitz oder noch mehr gegenüber Reinickendorf. Wir bauen fast das Doppelte von dem, was Sie in ihren piseligen CDUBezirken bauen, damit das mal klar ist.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dann wird gerne das Gerücht gestreut, der Mietendeckel habe dazu geführt, dass das Vermietungsangebot deutlich rückläufig wäre. Auch da hat sich Herr Gräff bemüht. Wir wissen: Die Fluktuation ist gering. Dennoch ist den Aussagen von Internetplattformen mit Vorsicht zu begegnen. Sie sind nur eine Momentaufnahme aus einem Ausschnitt des Marktgeschehens und nicht valide. Viele Wohnungen werden zudem direkt vergeben. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. – BBU –, der größte Verband in Berlin, hat explizit erklärt: In seinem Verband gibt es keine Änderungen im Angebotsverhalten. Das sollte einem zu denken geben, weil da alle drin sind: die Öffentlichen, die Genossenschaften und die großen Börsennotierten.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Und was soll denn mit diesem Gerücht eigentlich transportiert werden? Gibt es massenhaft Vermieter, die freie Wohnungen lieber leerstehen lassen? Lieber keine Mieter als gedeckelte? Ich glaube nicht, dass dies ein weit verbreitetes Phänomen ist. Es wäre auch gesetzeswidrig, die Wohnung einfach mal so mehr als drei Monate leerstehen zu lassen. Ich kann davor nur warnen, denn Leerstand wird mit einem fetten Bußgeld geahndet.

Durch den Mietendeckel werden Mieter nicht mehr durch Modernisierung aus ihren Wohnungen geekelt. Diese Maschine zum Gelddrucken haben wir abgestellt, da wir die Umlage begrenzt haben. Das ist ein echter Erfolg des Mietendeckels

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Die Regulierung der Mietpreise ist richtig und wichtig. Strukturell war es unser Berliner Problem, dass mit Bestandswohnungen so viel Rendite gemacht wurde und so privater Wohnraum zu Betongold verkam. Dieser Zusammenhang bedroht Mieter grundsätzlich. Wir haben die Kreise der Anleger leicht gestört, zumindest für fünf Jahre. Aber wie wir im akuten Fall Heimstaden sehen, ist der Anreiz zur Shoppingtour auf unserem Wohnungsmarkt immer noch recht hoch. Es ist zu viel überschüssiges Kapital unterwegs, das einen sicheren Hafen sucht. Aber unser Wohnungsmarkt soll dieser Hafen nicht sein, wenn nicht der Schutz der Berliner Mieterinnen und Mieter auch gleichzeitig gewährleistet ist.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Ich hoffe, auch Heimstaden hat dies aktuell begriffen und verhält sich dementsprechend. Der Handel mit Wohnhäusern ist gegenüber dem Vorjahr um 35 Prozent eingebrochen. Das ist, nicht wie Sie vermuten, eine gute Nachricht, finde ich, denn der Verkauf und Kauf von Wohnungen schafft keinen neuen Wohnraum, das Argument ist Ihnen bekannt, sondern verteuert nur deren Preis, den immer die Mieter zahlen.

[Beifall bei der LINKEN und der SPD]

Wir wollen daher, dass es weniger lukrativ ist, mit privatem Wohnraum Rendite für Pensionsfonds, Versicherungen und andere Finanzanleger zu machen. Wohnraum ist keine Ware, und wir versuchen, uns dem Stück für Stück zu nähern.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Fügen wir jetzt Vermietern einen großen Schaden zu, weil wir ihre Gewinne reduzieren? – Nein! Es gibt bisher rund 600 Härtefälle. Das ist übersichtlich. Niemand wird über den Mietendeckel in ein Minus getrieben. Die großen Player haben eh kein nachhaltiges Problem mit dem Mietendeckel. Die neuen Quartalsabschlüsse von Deutsche Wohnen und Vonovia bestätigen das. Klar, der Deckel schmälert die Gewinne, aber er scheint das Unternehmensziel nicht zu erschüttern: Gewinne und Dividende sollen steigen und die Aktienkurse ebenfalls. – Der Mietendeckel ersetzt ganz offensichtlich keinesfalls eine Vergesellschaftung der größten Unternehmen am Wohnungsmarkt.

[Beifall bei der LINKEN]