Protocol of the Session on November 19, 2020

Deshalb ist unsere Devise „Bauen, kaufen, deckeln“ richtig.

[Paul Fresdorf (FDP): Aber das Bauen vergessen Sie immer, nicht? – Zurufe von Anne Helm (LINKE) und Carsten Schatz (LINKE)]

Kaufen ist deshalb – das will ich betonen – ein wichtiges Element für die soziale Mietenpolitik. Dafür haben wir Mittel bereitgestellt, damit die Bezirke in die Lage versetzt werden, das Vorkaufsrecht aktiv anzuwenden. Auch wenn das Vorkaufsrecht kein Allheilmittel ist und nur punktuell hilft, führt eine offensive und verhältnismäßige Vorkaufspolitik dazu, dass die Kommune und auch die Menschen davon profitieren. Das ist auch gut so.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei der LINKEN]

Bei vielen Verkäufen konnten gute Abwendungsvereinbarungen erzielt werden. Ich begrüße es, wenn der Senat auch mit anderen Anbietern in dieser Stadt, die die Stadt leerkaufen wollen, im Gespräch ist und klarmacht: Wir lassen hier vieles nicht zu!

Anders als die Großkonzerne und Milliardäre aus aller Welt, die 50 Prozent des Berliner Vermietermarkts dominieren, haben viele kleine Vermieter eine moderate Mietpreisgestaltung verfolgt und verantwortungsvoll gehandelt. An der Stelle sollten wir auch das nicht vergessen. Denn sie haben deshalb so gehandelt, weil sie wissen, dass Eigentum verpflichtet; so steht es im Grundgesetz. Wohnen ist keine Ware wie jede andere, wohnen muss jeder und jede. In Artikel 28 der Verfassung von Berlin steht geschrieben:

Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum.

Damit gehört das Wohnen zu den Grundrechten in Berlin. Spekulativer Leerstand wird daher von uns genauso bekämpft wie der unverhältnismäßig hohe Anteil der Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Die Tage und Nächte werden wieder kalt. Wer über das Wohnen spricht, sollte über Wohnungslosigkeit nicht schweigen. Ja, Wohnungslosigkeit ist in Berlin ein ernstes Problem. Der Mietendeckel, der Milieuschutz, das Vorkaufsrecht, die Kappungsgrenze, das Umwandlungsverbot und andere Maßnahmen – all diese guten Instrumente wirken wesentlich stärker, wenn auch der Neubau von bezahlbaren Wohnungen zügig weiter vorangeht. Denn wenn keine neuen Wohnungen gebaut werden – für die Zugezogenen genauso wie für die Wohnungssuchenden –, dann ist der Mietendeckel nur ein Erfolg für diejenigen, die eine Wohnung haben – das ist zwar gut, aber wir wollen mehr –, aber nicht für diejenigen, die eine Wohnung suchen. Das darf es nicht sein; es müssen alle davon profitieren. Deshalb ist der Neubau von bezahlbarem Wohnraum durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften so wichtig.

[Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Wenn wir von Bauen reden, meinen wir die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum – nicht wie die Opposition, die damit Eigentumswohnungen und teure Neubauten meint.

Zum Schluss darf ich festhalten: Genau unsere sozialdemokratische Strategie, der Dreiklang „Bauen, kaufen, deckeln“ ist richtig und wichtig. Das ist ein Gesamtkonzept; es gehört zusammen. Wir bauen, wir kaufen mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, und wir unterstützen Genossenschaften. Wir deckeln für diese Stadt, für die 85 Prozent Berliner Mieterinnen und Mieter. Der Mietendeckel ist sozial und ein Erfolgsmodell. Ich freue mich darüber. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Es folgt gleich der Abgeordnete Laatsch von der AfDFraktion.

[Mh! von der LINKEN]

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits die Themenwahl – „Bilanz Berliner Mietendeckel: ein Erfolgsmodell“ – ist ein unfassbar dreister Vorgang. Es ist die Aktuelle Stunde dieses Parlaments, und Sie wollen Ihren längst durchgekauten Mietendeckel hier noch einmal als Aktuelle Stunde einschieben und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen. Ich kann nicht glauben, dass Sie dafür das Parlament missbrauchen.

[Beifall bei der AfD – Ülker Radziwill (SPD): Tue Gutes und rede darüber! – Das machen wir!]

Drücken Sie aufs Knöpfchen, Frau Radziwill! Zu Ihnen komme ich später.

[Steffen Zillich (LINKE): Die Empörung ist allgegenwärtig! – Heiterkeit]

Dieses angebliche Erfolgsmodell wird in wenigen Monaten vor Gericht landen, meine Herrschaften, denn die Sachlage hat sich nicht geändert. Artikel 31 Grundgesetz lautet: „Bundesrecht bricht Landesrecht.“ – Artikel 71: Da, wo der Bund seine Rechte wahrgenommen hat, hat das Land nichts mehr zu regeln.

[Zuruf]

Jetzt zur Landesverfassung, Frau Radziwill! In Artikel 28 steht auch geschrieben, dass das Land Eigentum fördert, dass es sich verpflichtet, Eigentum zu fördern. Dagegen wollen Sie angehen. Das ist gleich Ihr nächster Verfassungsbruch, Frau Radziwill! Ich gehe aber davon aus, dass Sie das nicht wissen, weil Sie gar keine Ahnung von dem Thema haben.

[Beifall bei der AfD – Bravo! von der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von der LINKEN: Mehr als Sie! – Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]

Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat für Bayern das Modell Mietendeckel bereits komplett und klar als rechtswidrig eingestuft und einem Verfassungsbruch gleichgestellt. So ist das Abgeordnetenhaus eigentlich gefordert, das Mietendeckelgesetz sofort aufzuheben.

[Beifall bei der AfD – Bravo! von der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Aber daran denkt Rot-Rot-Grün nicht. Sie wollen mit dem Kopf durch die Wand. Wenn die Wand stärker ist, dann sind eben andere schuld; vermutlich wird es mit Richterschelte versucht, oder es wird auf die klageführende Opposition geschimpft, anstatt dass sich der Senat endlich einmal Gedanken darüber macht, an welcher Stelle er völlig falsch abgebogen ist.

Es liegt auf der Hand: Dieser Mietendeckel ist das verfassungswidrigste Gesetz, das uns Rot-Rot-Grün aufgenötigt hat. Hunderttausende Berliner sind betroffen, manche scheinbar positiv, viele aber sehr negativ. Schauen wir uns an, wer die Begünstigten des Mietendeckels sind! Da sind Mieter mit bestehenden Mietverträgen in besonders gut gelegenen, attraktiven Altbaubeständen, zum Beispiel am Ku’damm, am Chamissoplatz, am Kollwitzplatz oder im Scheunenviertel. Nehmen wir als Beispiel den Mieter einen wunderschönen 100-Quadratmeter-Stuckaltbau

wohnung am Ku’damm:

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

(Ülker Radziwill)

Marmor, Fischgrätparkett, Südwestbalkon, moderne

Einbauküche, neuwertiges Bad, Fahrstuhl, vollständig saniert

[Lachen von Paul Fresdorf (FDP)]

mit Zustimmung des Mieters und auf dessen Wunsch. Im Gegenzug ist der Mieter, ein Hochschulprofessor mit einem Nettoeinkommen von 5 000 Euro, bereit,

1 800 Euro Miete zu akzeptieren. Der Mieter kann und will sich diese Wohnung leisten. Gemäß Ihrem Mietendeckel muss dieser Professor nun seine Miete um 870 Euro monatlich absenken, also um 45 Prozent. Würde er die Wohnung neu anmieten, dürfte der Vermieter sogar nur noch 819 Euro Miete verlangen, also über die Hälfte weniger, als die Wohnung bisher kostet. Natürlich, Frau Radziwill, sagt der Danke! – Was denken denn Sie? – Der sagt Danke, aber diejenigen, die Sie eigentlich treffen wollten, sind gar nicht betroffen.

[Steffen Zillich (LINKE): Das gilt aber nicht nur für Professoren!]

Alles gut! – Schön für den Professor, aber eben nur für Privilegierte wie ihn.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD) – Anne Helm (LINKE): Was für ein Quatsch!]

Wer sind denn die Benachteiligten des Mietendeckels? – Alle Mieter im sozialen Wohnungsbau. Für sie gilt der Mietendeckel nicht. Ferner sind es die Rentner, denen Sie ihre private Vorsorge abnehmen, indem Sie in Zukunft auch noch enteignen wollen,

[Steffen Zillich (LINKE): Nein, wollen wir nicht!]

sowie alle Mieter, die eine Mietwohnung suchen, denn der Mietendeckel sorgt für eine drastische Verknappung des Angebots.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Diejenigen, die begünstigt sind, werden an ihren alten Mietverträgen festhalten. Schon jetzt zeichnet sich ein Rückgang des Angebots an Mietwohnungen mit Baujahr vor 2014 von über 40 Prozent ab.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Und wo tauchen die wieder auf, Herr Buchholz? – Drücken Sie aufs Knöpfchen, wenn Sie etwas sagen wollen! – Im Eigentumsmarkt, Herr Buchholz – danke dafür! – Es ist genau unsere These: Wir brauchen mehr Eigentümer in dieser Stadt, damit sie nicht mehr von Ihrer scheiß – – von Ihrer sozialistischen Politik abhängig sind. – Entschuldigung, Herr Präsident!

Alle Mieter, deren Lebensumstände sich ändern und die deshalb umziehen müssen, stehen genauso im Regen, wie die Wohnungssuchenden, alle Mitglieder von Wohnungsbaugenossenschaften, denen der Mietendeckel Instandhaltung, Investitionen, Neuvermietung und Neubautätigkeiten erschwert bis unmöglich macht – in Berlin sind das immerhin 200 000 Haushalte –, alle Vermieter,

die die Wohnung oder das Mietshaus fremdfinanziert haben – der übliche Regelfall – Kleinvermieter, die im Extremfall zum Notverkauf gezwungen werden, um nicht von ihrer Bank zwangsliquidiert zu werden, alle Wohnungsbaugesellschaften, denen das Geld für die Erneuerung ihrer Bestände und für Neuinvestitionen in Wohnraum ausgeht, weswegen sie dann von der Substanz zehren.

Im Klartext: Der Immobilienbestand der Stadt wird nach und nach herunterkommen und dann schleichendem Verfall preisgegeben sein.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): So ist das im Sozialismus!]