Protocol of the Session on August 20, 2020

Für die Fraktion der FDP hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Meister.

Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Sehr geehrte Präsidentin! Auch wir werden dieses Gesetz und diesen Antrag unterstützen. Auch wir freuen uns, dass die Präsidentin des Rechnungshofs endlich das Rederecht hier im Parlament erhält. Ich halte das für einen richtigen Schritt.

[Beifall bei der FDP und der SPD – Beifall von Sebastian Walter (GRÜNE)]

Auch die anderen in diesem Gesetz erwähnten Änderungen finden wir richtig und gut. – Herr Hofer! Vielen herzlichen Dank für die Arbeit! Gefreut hätte ich mich am Ende des Tages, wenn wir einen interfraktionellen Antrag daraus gemacht hätten, weil ich denke, dass der Rechnungshof auch irgendwo eine Rolle spielt, die uns alle – nicht nur die Koalition, sondern auch die Opposition – betrifft.

Eins möchte ich aber am Rande doch noch bemerken, zumal wir am Mittwoch letzter Woche im Hauptausschuss eine sehr lange Diskussion über Fragen hatten, die der Rechnungshof aufgeworfen hat: Wenn ich jemandem ein Rederecht einräume, dann muss ich ihm auch zuhören. Das, finde ich, ist ein Anspruch, den er hat. Dann muss ich ihn auch ernst nehmen, und dann muss ich auch, wenn die Präsidentin des Rechnungshofs sagt: Bei der Neuaufnahme von Schulden, um diese Pandemie zu bekämpfen, hättet ihr es an den und den Stellen anders machen müssen –, bereit sein, das mal anzunehmen, statt, wie manch einer aus der SPD, erst einmal mit Schaum vor dem Mund darauf zu reagieren.

[Beifall bei der FDP]

(Dr. Kristin Brinker)

Insofern freue ich mich auf weitere sehr interessante und tiefe Debatten über Fragen der Haushaltskontrolle. – Ich freue mich auch, Herr Walter, auf die Fortführung des Unterausschusses Haushaltskontrolle. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag auf Drucksache 18/2724 empfiehlt der Hauptausschuss einstimmig – mit allen Fraktionen – die Annahme in neuer Fassung. Wer den Gesetzesantrag auf Drucksache 18/2724 in neuer Fassung gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/2901 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU, die FDP, die AfD und auch ein fraktionsloser Abgeordneter. Das heißt, der Gesetzesantrages ist einstimmig angenommen und damit auch so beschlossen. – Vielen Dank!

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5:

Gesetz zur Änderung des Berliner Hochschulgesetzes

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung vom 8. Juni 2020 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 12. August 2020 Drucksache 18/2902

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2725

Zweite Lesung

Ich eröffne die zweite Lesung des Gesetzesantrags. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel 1 und 2 des Gesetzesantrags und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Es hat das Wort Herr Abgeordneter Schulze.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es hier? – Es geht darum, dass der Forschungsraum Berlin zusammenwächst und wir einen gemeinsamen Forschungsraum schaffen. Diesen Forschungsraum gab es im Prinzip natürlich schon immer, wir konstituieren ihn nun aber auch gesetzlich. Hintergrund dieser Konstituierung ist das Mehrwertsteuerrecht. Wo ist der Zusammenhang? – Der Zusammenhang besteht darin, dass die Europäische Union gemäß ihrer Binnenmarktgrundlagen von uns verlangt, dass wir alle diese Leistungen, die im öffentlichen Interesse und im öffentlichen

Auftrag erbracht werden, auch unter öffentlichen Einrichtungen, im Prinzip als Dienstleistungen verstehen, und dass nur wenige, eng begrenzte Möglichkeiten bestehen, um diese Leistungen aus der Mehrwertsteuerpflicht herauszunehmen. Dazu gehören auch Forschungs-, Wissenschafts- und Bildungskooperationen. Und wir müssen, um das nachzuvollziehen, im Berliner Hochschulgesetz beschreiben, dass wir einen gemeinsamen Forschungsraum haben und dass alle Forschungsaktivitäten von den Hochschulen, den Kultureinrichtungen, den Bildungseinrichtungen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen im öffentlichen Interesse sind und diese Aktivitäten mit öffentlich-rechtlichen Verträgen untermauert sind. Nur dann haben wir die Möglichkeit, das Ganze aus der Mehrwertsteuerpflicht auszunehmen, und das machen wir hier.

Wir ebnen den Hochschulen und den Instituten damit den Weg, gemeinsame Berufungen vorzunehmen und gemeinsame Projekte wieder auf die Schiene zu setzen. Denn wir hatten in den letzten Monaten vielfältige Anfragen von den Forschungsinstituten und Hochschulen, die gesagt haben: Was machen wir denn jetzt? Wir wollen auf gar keinen Fall in Zukunft Mehrwertsteuer oder Umsatzsteuer zahlen müssen, wenn wir eine Professorinnen oder ein Professor berufen. Bitte klärt das, präzisiert das, damit wir da rechtlich auf der sicheren Seite sind.

Dazu dient dieser Gesetzentwurf, der den gemeinsamen Forschungsraum konstituiert. Wir haben uns da in den Anhörungen auch Hilfe und Unterstützung geholt, sodass der Gesetzentwurf jetzt aus meiner Sicht rund und gut ist und unsere Wissenschaftslandschaft wieder guten Gewissens gemeinsame Berufungen vornehmen, Projekte umsetzen und weiterarbeiten kann. Deswegen werbe ich um Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat dann gleich das Wort Herr Dr. Hausmann. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Umsatzbesteuerung der Hochschulen und der Forschungseinrichtungen ist hier das Thema, das wir aber meiner Meinung nach besser in den dafür zuständigen Fachausschuss hätten verweisen sollen. Ich persönlich finde das Thema eigentlich ziemlich spannend, es ist aber eben auch sehr technisch und leider auch sehr verrechtlicht, sodass es für die Plenardebatte meiner Meinung nach weniger geeignet ist, aber nun gut.

[Beifall von Carsten Ubbelohde (AfD)]

(Sibylle Meister)

Danke sehr! Der neue § 2 Umsatzsteuergesetz betrifft grundsätzlich alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, also auch Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Vereinfacht und im wissenschaftlichen Zusammenhang heißt das, dass Hochschulen dann als Unternehmer anzusehen sind, wenn sie selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausüben. Dann genau sollen diese Leistungen der Hochschulen eben auch mit einer Umsatzsteuer belegt werden. Das wollen wir eigentlich weniger.

Erbringt aber eine Hochschule auf Basis einer öffentlichrechtlichen Verwaltungsvereinbarung eines Hochschulgesetzes eine entgeltliche Leistung für eine andere Hochschule, dann erfolgt eben keine Umsatzbesteuerung. Genau das, was uns die EU-Richtlinie und auch das Bundesgesetz von oben vorgeben, wollen wir auch.

Die Änderung des Berliner Hochschulgesetzes zielt eben genau auf diese öffentlich-rechtliche Verwaltungsvereinbarung ab. Die Richtung dieser Gesetzesänderungen vonseiten der Koalition ist gut, aber wir als CDU fragen uns auch, warum wir das Berliner Hochschulgesetz an diesem verhältnismäßig kleinen Punkt ändern müssen.

Das Hochschulgesetz ist an vielen anderen Stellen reformbedürftig. Das haben wir im Laufe der letzten Jahre gesehen, auch in der Legislaturperiode davor. So hätte in einer Reform auch § 121 BerlHG – gleich mit reformiert werden können, der die Vergütung für studentische Hilfskräfte regelt und in seiner bisherigen Fassung eben auch sehr teuer für die Hochschulen ist.

Auch hätte man für die Rüge eine Rechtsgrundlage im Berliner Hochschulgesetz schaffen können, um auch im Fall von Frau Franziska Giffeys Doktorarbeit eine gewisse Schärfe aus der Debatte nehmen zu können. Diese Punkte hätten wir gleich mit ändern können. So sehe ich hier leider eine vertane Chance für Berlin und auch die Wissenschaftslandschaft. Die CDU wird sich deshalb bei dem Antrag enthalten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort Frau Dr. Czyborra.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Thema Umsatzsteuer ist jetzt schon einiges gesagt und erklärt worden, deswegen spreche ich über Kooperation.

Wir haben – es ist in einer anderen Zeit gewesen – vor über einem Jahr in Berlin in der Urania gestanden. Die

Wissenschaftsbegeisterten dieser Stadt waren versammelt, und wir haben wie beim Ergebnis der ChampionsLeague darauf gewartet, dass die Champions-League der Wissenschaft zu einer Entscheidung kommt und sagt, wer in dieser dritten Runde der Exzellenz ganz weit vorne ist. Und wir haben mit vielen Menschen gemeinsam gefeiert – damals konnten wir das noch. Wir haben gefeiert, dass die Berliner Universitätsallianz – unsere drei Universitäten und die Charité – dort sehr gut abgeschnitten haben.

Und damit sind wir genau beim Thema Kooperation. Wissenschaft hat im Augenblick wieder ganz groß Konjunktur. Wir sehen, dass wir viele Krisen nur auf guter wissenschaftlicher Grundlage bewältigen können und täglich von wissenschaftlichen Empfehlungen und Forschungsergebnissen abhängig sind. Wissenschaft kann heutzutage nur in Kooperation stattfinden. Und wo könnte sie das besser, als in Berlin, wo wir mit über 70 Einrichtungen – außeruniversitären und Hochschulen, ganz vielen, auch kleinen, Forschungsinstituten – tatsächlich täglich daran arbeiten, Probleme dieser Gesellschaft und dieser Welt zu lösen, und uns alle ein Stück weiterzubringen?

Wissenschaft geht heutzutage nur noch in Kooperation. Das fängt bei riesengroßen Großgeräten an, die wir uns nicht fünfmal in dieser Stadt leisten können. Wir haben hier fantastische Einrichtungen: Wir haben einen Supercomputer – einer der zehn wichtigsten der Welt –, wir haben ein riesengroßes Rasterelektronenmikroskop – ich glaube, das ist eines von zweien in Europa, die diese Leistung erbringen. Diese Einrichtungen müssen wir alle gemeinsam nutzen. Und nur wenn ganz viele zusammenkommen und das unkompliziert tun können, können wir diese Spitzenleistung erbringen, die wir von unserer Wissenschaft auch erwarten.

Wir müssen natürlich ganz besonders darauf achten, dass alles, was diese Zusammenarbeit hemmen könnte, aus dem Weg geräumt wird. Da hatten wir nun durch die Gesetzesänderung des Bundes – ich will jetzt gar nicht darüber spekulieren, warum das so beschlossen wurde und ob Wissenschaft, auch auf Bundesebene, da nicht vielleicht privilegiert wurde – einfach Handlungsbedarf. Um den Einrichtungen, um der Wissenschaft in Berlin diese Sicherheit zu geben: Ihr könnt auch weiterhin kooperieren, ohne dass ihr euch Gedanken machen müsst, ob irgendeine gemeinsame Berufung oder irgendeine Kooperation vielleicht dann zu Umsatzsteuer führen könnte und die ganze Sache sehr teuer macht –, deswegen haben wir diese kleine Änderung vorgezogen. Es ging einfach darum, allen Einrichtungen die Sicherheit zu geben: Kooperiert weiter! Bringt weiter Superleistungen! Deswegen haben wir nicht alles gemacht, was wir uns noch an BerlHG-Änderungen vorstellen können – Gott sei Dank gibt es auch keine Regelung, die uns verbietet, ein Gesetz in einer Legislaturperiode mehrfach anzufassen, wir werden hier also noch das eine oder andere Mal

(Dr. Hans-Christian Hausmann)

über BerlHG-Änderungen reden und hoffentlich auch über eine große Änderung. Da können wir uns dann trefflich über alles unterhalten, was Herr Hausmann hier eben angesprochen hat. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Trefzer. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen geht es um die Frage, inwieweit Forschungskooperationen von Hochschulen mit Forschungseinrichtungen, die in öffentlicher oder überwiegend öffentlicher Trägerschaft sind, zukünftig der Umsatzsteuerpflicht unterliegen sollen oder eben nicht.

Die mit langen Übergangsfristen ab 01. Januar 2016 in Kraft getretene Novelle des Umsatzsteuerrechts, insbesondere des § 2b des Umsatzsteuergesetzes, macht eine Beantwortung dieser Frage jetzt erforderlich.

Es ist aus der Sicht der Hochschulen in dieser Situation nachvollziehbar, hier eine Klarstellung herbeiführen zu wollen, um eine drohende umsatzsteuerrechtliche Belastung zu vermeiden. Insofern, Herr Schulze, ist es begrüßenswert, dass die Koalitionsfraktionen einen diesbezüglichen Gesetzesantrag vorgelegt haben, und es ist auch grundsätzlich richtig, die Kooperation der Berliner Hochschulen untereinander und zwischen den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen hervorzuheben, zu fördern und als öffentlichen Auftrag im BerlHG festzuhalten. Was mich allerdings stört, ist die die Kurzfristigkeit, Herr Schulze, mit der der vorliegende Entwurf ohne Anhörung durch den Wissenschaftsausschuss gepeitscht wurde. Die genannte Umsatzsteuernovelle wurde ja schon im Jahr 2015 im Deutschen Bundestag verabschiedet. Da darf man, denke ich, schon einmal fragen: Warum muss die Anpassung des BerlHG so kurzfristig und mit Änderungsanträgen, die erst einen Tag vor der Ausschusssitzung eingebracht wurden, im Schweinsgalopp durchgepeitscht werden? Ich weiß auch, ehrlich gesagt, nicht, Herr Schulze, von welcher Anhörung Sie gerade gesprochen haben. Sie haben hier gerade erzählt, wir hätten uns wertvollen Input durch Anhörungen geholt. Den haben Sie von den Koalitionsfraktionen intern ausbaldowert. Wir haben keinen Input durch Anhörung bekommen im Ausschuss. Auf meine Kritik, dass wir keine Anhörung im Ausschuss durchgeführt haben zu dieser rechtlich sehr komplexen Frage, haben Sie nur die flapsige Antwort erteilt, wir hätten ja selber mit den Präsidenten und Rek

toren der Hochschulen reden und mit diesen einen entsprechenden Antrag vorbereiten können. Dabei wissen Sie sehr genau, Herr Schulze, dass die Präsidenten und Rektoren der Hochschulen nun einmal lieber mit Vertretern derjenigen Parteien reden, wo sie die Mehrheit im Abgeordnetenhaus vermuten, statt jetzt mit der Opposition einen Antrag vorzubereiten.

[Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Genau um diesen privilegierten Zugang der Mehrheitsfraktionen zu den Entscheidungsträgern der Wissenschaft auszubalancieren, gibt es die Ausschussberatung und führen wir Anhörungen durch, wo dann auch die Opposition Gelegenheit bekommt, die vorgetragenen Argumente zu überprüfen und Vorschläge einzuspielen. Insofern spricht aus Ihrem Vorgehen, Herr Schulze, ein gerüttelt Maß an Missachtung der parlamentarischen Gepflogenheiten.

Ich will jetzt hier auch gar nicht das Thema erwähnen, inwiefern die Senatswissenschaftsverwaltung die Koalitionsfraktionen bei der Ausarbeitung dieses Antrags unterstützt hat, Herr Müller. Ich weiß nicht, ob Sie mir auch geholfen hätten, wenn ich auf Anregung von Herrn Schulze einen entsprechenden Antrag vorbereitet hätte. Ich vermute einmal, Sie wären da nicht so hilfreich gewesen wie bei den Koalitionsfraktionen, und das ist eigentlich nicht der Umgang, den wir im Ausschuss pflegen sollten.

[Beifall bei der AfD – Sven Kohlmeier (SPD): Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus!]