Es war schwer, dazwischenzukommen, Frau Abgeordnete. – Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Herr Christian Buchholz das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Liebe Berliner! Liebe Beschäftigte des Einzelhandels! Mit dem Antrag der FDP soll die Allgemeinverfügung für Ausnahmegenehmigungen im Arbeitszeitrecht aus Anlass der Coronakrise auf den Einzelhandel übertragen werden. Das heißt, mittels dieser Verfügung soll die Sonn- und Feiertagsruhe für zwei Jahre aufgehoben werden. Das verstößt aber gegen § 9 des Arbeitszeitgesetzes und gegen Art. 140 GG, der hier bereits dreimal zitiert wurde. Als Partei des Grundgesetzes
kann die Alternative für Deutschland dies nicht mittragen. Hinzu kommt, liebe FDP, dass die zitierte Allgemeinverfügung das von Ihnen Gewünschte überhaupt nicht hergibt. Die Allgemeinverfügung ist nämlich vom 18. März 2020, also aus einer Zeit, als die Coronainfektionszahlen stark anstiegen. Der Sinn dieser Allgemeinverfügung war es, die Produktion und die Verteilung von pandemierelevanten Produkten auf dem Höhepunkt der Krise zu fördern; das betrifft etwa die Beatmungsgeräte.
Wir sehen überhaupt nicht die Dringlichkeit oder Notwendigkeit, in das Grundgesetz einzugreifen, um den Sonntag als Ruhetag abzuschaffen. Selbst die Verfügbarkeit von pandemierelevanten Produkten, also von medizinischen Produkten, Hygieneartikeln,
Die AfD als Partei der Familie – da sind wir bürgerlich, Herr Schneider! – sieht eher die Notwendigkeit, einen Tag in der Woche als planbaren freien Tag für die Familie aufrechtzuerhalten.
Ferner überzeugt die Begründung der FDP überhaupt nicht. Wir glauben nicht, dass bei Abschaffung der Sonntagsruhe mehr Binnentouristen nach Berlin kommen würden. – Dieses Argument gilt höchstens in der Vorweihnachtszeit. Dass verkaufsoffene Sonntage die Kinderbetreuung erleichtern, wie die FDP in ihrem Antrag ernsthaft schreibt, das ist Unsinn. Das Gegenteil ist richtig. Völlig freie Öffnungszeiten erschweren die Kinderbetreuung und die sozialen Kontakte.
In Ihrem Antrag sprechen Sie die Konsumzurückhaltung an, überschätzen dabei aber den Einfluss des Sonntags darauf. Wenn Sie es mit Maßnahmen gegen Konsumzurückhaltung ernst meinten, müssten Sie zuerst dafür sorgen, dass den Menschen mehr von dem Geld bleibt, das sie mit ihrer Arbeit verdienen.
Es wäre sinnvoller, die Energiepreise zu senken, die teure EEG-Umlage abzuschaffen oder die Sparerfreibeträge drastisch zu erhöhen.
Unsicherheit ist ein besonders wichtiger Grund für die Konsumzurückhaltung. Der Berliner Mietendeckel zum Beispiel ist ein Instrument, um die Unsicherheit zu verschärfen.
Mieter fürchten eine Nachzahlung, wenn der Mietendeckel vom Gericht gekippt wird. Private Vermieter fürchten um ihre Altersvorsorge, wenn er bleibt. Im Ergebnis sind beide Seiten verunsichert, solange das in der Schwebe ist. Solche Aktionen des Senats führen zu Konsumzurückhaltung. Wir können uns gern einmal grundsätzlich über das Thema Konsumzurückhaltung unterhalten. Allerdings wird dabei die Sonntagsöffnung nicht die große Rolle spielen.
Dieser Antrag bringt uns nichts. Es ist besser, den Status quo beizubehalten. Daher lehnt die AfD den Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): CDU: Wackelpudding, AfD dagegen! – Florian Kluckert (FDP): Die SPD hat eine eigene Meinung! – Weitere Zurufe]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ladenöffnung ist, wie man hier auch sehen kann, eine hochpolitische Angelegenheit. Das Ladenöffnungsrecht bedarf hoher gesellschaftlicher Akzeptanz. Ich glaube, darüber sind wir uns schnell einig, weil es um den Feiertag, den Sonntag geht. Verschiedene Gruppeninteressen sind auszuhandeln und abzuwägen. In unserer Fraktion – das kann ich einmal erzählen – hatten wir am Dienstag eine interessante Debatte. Der Wirtschaftsflügel, der Gewerkschaftsflügel, der Religionsflügel und nicht
das an Werktagen in Berlin – es wurde schon gesagt – eine 24-Stunden-Öffnung zulässt und die überwiegende Zahl der Sonntage schützen möchte. – Ich weiß nicht, woher jetzt die Heiterkeit herkommt, Herr Schneider!
Das Berliner Gesetz sagt, dass acht Sonntagsöffnungen im Jahr erlaubt sind, darüber hinaus im lokalen Bereich – einem Bezirk, einer Straße – zwei weitere. Das sind theoretisch zehn Tage, an denen Kaufhäuser und viele Geschäfte geöffnet sein dürfen. Sie müssen nicht, sie dürfen. – Diesem Vorschlag hat unsere Fraktion bei der großen Novelle 2010 zugestimmt, obwohl wir damals in der Opposition waren. Wir haben das Gesetz aber in der Sache für richtig befunden. Deswegen haben wir damals zugestimmt. Ich war dabei und kann mich noch gut erinnern.
Warum sprechen wir heute über die Ladenöffnung? – Weil wir über Corona sprechen und weil wir alle auf der Suche sind, die vielen Geschäftsleute, die in Schwierigkeiten sind, denen die Insolvenz droht, deren Beschäftigten Entlassung droht, in irgendeiner Form zu unterstützen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, lieber Herr Kollege Otto! Ich wollte eigentlich nur mal nachfragen, wie groß Sie ungefähr die Anzahl des Wirtschaftsflügels bei den Berliner Bündnisgrünen schätzen, bei den Abgeordneten. – Danke schön!
Ich habe ja vier Flügel aufgezeichnet, da können Sie also 25 Prozent sagen. Aber der Spätiflügel ist ja auch Wirtschaft.
Nein, jetzt ist genug. Ich muss ja hier irgendwie auch durchkommen. Das Thema ist zu ernst für Witze.
Wir haben Umsatzeinbruch im stationären Handel, wir haben dagegen große Zuwächse im Onlinehandel. Das ist ein Wettbewerb, und da wünschen wir uns, dass auch die Leute im stationären Handel, die Ladeninhaber, die Kaufhausbetreiber mit innovativen Konzepten reagieren. Bisher beobachten wir eher, dass es so ein schleichender Niedergang ist und wir immer überlegen müssen, wie man da unterstützen kann.
Es geht nicht zuletzt auch um die Zentren der Stadt, um wichtige Orte und natürlich – das ist hier auch schon vorgekommen – um Arbeitsplätze in Berlin. Die Stellen, an denen es besonders ernst ist, braucht man nicht aufzählen: Der Tauentzien, Friedrichstraße bis nach Prenzlauer Berg, selbst der Flohmarkt im Mauerpark hat große Schwierigkeiten. Wir sind in einer dramatischen Situation.
Deswegen hat die Wirtschaftssenatorin vorgeschlagen, dass man als ein Mittel von verschiedenen auch über Sonntagsöffnung diskutieren kann, dass man das einmal im Monat zulassen könnte. Ich habe es gesagt, wir haben die Chance, das in Berlin acht Mal zuzulassen, zuständig ist dafür die Kollegin Breitenbach. Drei solcher Sonntagsöffnungen gab es schon, dieses Jahr bleiben noch fünf. Unsere Fraktion ist der Meinung, das sollte man ausnutzen.
Der Antrag der FDP schießt deutlich über das Ziel hinaus. Solch radikale Änderung stellen wir uns nicht vor.
Wir wollen, dass der gesetzliche Spielraum, der im Land Berlin besteht, den wir hier beschlossen haben, ausgenutzt wird. Das ist das, was ich für unsere Fraktion sagen kann.
Was vielleicht – der Kollege Düsterhöft hat darüber gesprochen – noch eine wichtige Frage ist, wir sind alle ein bisschen unsicher, da wird ja viel spekuliert: Was bringt das eigentlich? – Sie haben gesagt: Das bringt gar nichts. Andere haben gesagt: Das bringt viel. Ich finde, das lohnt, dass wir uns damit im Wirtschaftsausschuss beschäftigen und dieser Frage nachgehen. Dann hat man da eine ein bisschen fundiertere Debatte. Dazu gibt es möglicherweise Erhebungen. Ich weiß, es gibt immer vom Handelsverband zu Weihnachten welche, die sagen: Adventsverkauf ist ein Riesenerfolg, eine tolle Mucke! – Wenn wir das vielleicht mal im Ausschuss besprechen, dann haben wir da ein etwas besseres Fundament.