Protocol of the Session on June 4, 2020

Vielen Dank! – Es ist aufgrund der räumlichen Situation wahrscheinlich für Sie schwer einsehbar, wenn Fragen kommen. Deswegen: Vielen Dank, Herr Kollege Kohlmeier, dass Sie mir das ermöglichen.

Verstehe ich Sie also richtig, dass Sie sich dafür einsetzen werden, dass dann bei der Reform des Richtergesetzes die Gesamtfrauenvertreterin in den Belangen des Präsidialrats beteiligt wird?

Das Schöne in diesem Haus ist doch, liebe Frau Kollegin, dass wir eine Gewaltenteilung haben. Und wenn ich Sie richtig verstanden habe und es so verstehe, dann wird der Justizsenator eine Evaluierung des Richtergesetzes machen.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Nach meiner Vorstellung von der Gewaltenteilung wird es so sein, dass der Justizsenator dem Parlament einen entsprechenden Gesetzesvorschlag unterbreiten wird – wie auch immer der aussehen mag. Ich bin nicht der Justizsenator –,

[Tim-Christopher Zeelen (CDU): Noch nicht!]

(Dr. Maren Jasper-Winter)

den wir dann hier miteinander politisch beraten können. Das sollten wir doch mal abwarten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dr. Juhnke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist die Intention dieser Vorlage vollkommen unstrittig. Wir haben eine Regelungslücke. Die ist auch höchstrichterlich bestätigt. Wenn man möchte, dass das Landesgleichstellungsgesetz auch bei Richterbesetzungen gültig ist, dann ist hier Handlungsbedarf da. Deswegen hat Frau Jasper-Winter hier auch eine sehr verdienstvolle Initiative gestartet. Meine Kollegin Frau Vogel, die heute nicht da sein kann – für die ich stellvertretend spreche, weil das Thema auch im Rechtsausschuss war –, hat ja darauf schon in der ersten Runde hier im Plenum hingewiesen.

Allerdings: Ob die vorliegende Gesetzesänderung – und darüber müssen wir reden, und was eventuell in der Zukunft sein kann, darüber kann man jetzt spekulieren –, wir reden über das, was hier auf dem Tisch des Hauses liegt, und das was vorliegt, die vorliegende Gesetzesänderung, ob sie diesen Zweck, der ursprünglich intendiert ist, erfüllt, das ist außerordentlich fraglich. Denn diese Änderung sieht ja vor, dass die Zuständigkeitsregel für die Gesamtfrauenvertreterin immer dann gegeben ist, wenn eine Frauenvertretung nicht zuständig sein soll. Grundsätzlich dürfte jedoch bei jedem Gericht eine Frauenvertretung zuständig sein, und von daher besteht schlicht noch eine Unklarheit in Bezug auf die Rolle und die Beteiligung der Gesamtfrauenvertretung in dem vorliegenden Papier.

Dazu sagt der Deutsche Richterbund, dass das ein Angriff auf die Rechte der Richterinnen sei. Also das ist schon ein sehr erheblicher Vorwurf, und sie unterlegen das mit folgendem Argument – ich darf aus der Presseerklärung zitieren:

Seit vielen Jahren werden von den Kammergerichtspräsidenten gerade nicht die örtlichen Frauenvertretungen, sondern wird die Gesamtfrauenvertreterin für richterliche und staatsanwaltliche Einzelpersonalmaßnahmen beteiligt. Alleine sie ist sachgerecht. Denn der örtlichen Frauenvertretung ist es nicht möglich, sich einen Überblick über die Leistungen und Fähigkeiten potenzieller Mitbewerber aus anderen Gerichten zu verschaffen. Aus Gründen des Datenschutzes ist hier eine umfassende Einsichtnahme in die Personalunterlagen dieser Bewerber schon nicht möglich. Jedenfalls

fehlt der örtlichen Frauenvertretung ein Überblick über die Lage im Land Berlin und die Gesamtzusammenhänge.

So weit die Einschätzung des Richterbundes. Diese Einschätzung wird von der CDU-Fraktion geteilt. Wir halten das, was hier vorliegt, für unpraktikabel und datenschutzrechtlich durchaus bedenklich. Deswegen ist eine Klarstellung dringend notwendig. Wenn anders verfahren wird, werden die Interessen gerade der Richterinnen bei beförderungsrelevanten Entscheidungen geschwächt. Insbesondere sollte der für die Richterbesetzung zuständige Senator zusehen, dass er nicht vom Antidiskriminierungssenator damit schlimmstenfalls zum Diskriminierungssenator wird. Das heißt, wir erkennen hier Verbesserungsbedarf. Gut gemeint ist in diesem Fall aber nicht gut gemacht. Von daher können wir der Vorlage in dieser Form nicht zustimmen, sondern werden uns enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin Ines Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Mit dem heutigen Tag schafft unsere Koalition endgültig Rechtssicherheit für Frauen und Gleichstellungsbeauftragte an den Berliner Gerichten. Denn das Oberverwaltungsgericht – das wurde heute schon gut erkannt in den ganzen Reden – urteilte im vergangenen Oktober, dass die Berufsgruppe der Richterinnen nicht im Gleichstellungsgesetz vertreten sei. Bis 2019 war aber genau das gängige Praxis, dass Richterinnen vom Anwendungsbereich des LGG mit umfasst wurden.

Im persönlichen Gespräch mit der Gesamtfrauenvertretung der Justiz wurde mir klar, dass sie das gesamte Recruiting der Justiz begleitet hat. Die örtliche Frauenvertreterinnen waren nach Absprache nur für soziale und organisatorische Maßnahmen zuständig. Damals wie heute teile ich die Rechtsauffassung, dass die Frauenvertreterinnen der Dienststellen durch ihre Handlungsweise stark beschnitten wurden, was auch durch eine von ihr vorgenommene Beanstandung bestätigt wurde. Sie beanstandete eine Besetzung einer Leitung in einer Berliner Haftanstalt. Das heißt, sie wurde beteiligt, war am gesamten Bewerbungsverfahren beteiligt. Die Besetzung war aus ihrer Sicht nicht in Ordnung. Sie beanstandete die Besetzung bei der Senatsverwaltung, und diese lehnte formal ab, weil die Gesamtfrauenvertreterin nicht zuständig war. Aus und Ende der Diskussion. Man kann sich auch ein bisschen was an Land ziehen, wofür man nicht zuständig ist.

(Sven Kohlmeier)

Nach meiner Rechtsauffassung stehen die Gesamtfrauenvertreterin und die Frauenvertreterinnen nebeneinander. Das heißt, die Gesamtfrauenvertreterin der Justiz ist nicht die Chefin, sondern sie deckt Maßnahmen ab – das wurde auch von der AfD richtig erkannt; nein, von der CDU, Entschuldigung! –,

[Heiterkeit bei der LINKEN]

für die eine örtliche Frauenvertreterin nicht zuständig ist, beziehungsweise ist sie für übergreifende Themen wie etwa den Frauenförderplan oder die Arbeitszeit bzw. Dienstvereinbarungen zuständig, obwohl ich jeder Gesamtfrauenvertreterin raten würde, mit ihren örtlichen Frauenvertreterinnen gut zusammenzuarbeiten.

Wie gesagt: Nach dem Urteil haben wir nachgebessert. Unser Änderungsantrag stellt klar, dass der Zuständigkeitsbereich der Gesamtfrauenvertreterin nicht ausgeweitet wird, sondern dem Zuständigkeitsbereich der sieben Gesamtfrauenvertreterinnen in der Berliner Verwaltung entspricht. Eine Ausweitung der Zuständigkeit der Gesamtfrauenvertreterin ist aus meiner Sicht abzulehnen, da sie mit der Beschneidung der Zuständigkeiten der örtlichen Frauenvertreterin einherginge.

[Beifall von Anne Helm (LINKE)]

Natürlich hat die Gesamtfrauenvertreterin weiterhin das Auskunfts- und Informationsrecht und kann fragen: Was steht auf der Tagesordnung? – Aber sie kann keine persönliche Einzelmaßnahme beanstanden, weil dafür nach dem LGG die örtliche Frauenvertreterin zuständig ist.

Somit stellt unser Änderungsantrag sicher, dass das LGG wieder für die Berliner Richterinnen anwendbar ist und sie in gleichem Maße wie die Beschäftigten der Verwaltung vor Diskriminierung geschützt werden. – Ich wünsche allen Frauen der Justiz eine erfolgreiche Wahl; im November ist die Personalvertretungswahl.

Kleinen Moment! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Jasper-Winter?

Frau Jasper-Winter wird danach garantiert noch einen Text von sich geben – da kann sie die Frage einbauen.

[Heiterkeit]

Allen Frauen, wie gesagt, eine erfolgreiche Wahl! Wählen Sie Ihre richtige Frauenvertreterin, bei der Sie genau

wissen, dass auch Sie vertreten werden! – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Vallendar das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der FDP darf man wohl gratulieren: Einen Oppositionsantrag mit Stimmen der Regierungsfraktionen durchzubringen, wenn auch nur halb, kommt selten vor. Nur hätte ich mir diesen Erfolg bei wesentlich bedeutsameren Vorhaben in diesem Hohen Hause gewünscht.

[Paul Fresdorf (FDP): Wir uns auch! – Steffen Zillich (LINKE): Kann man sich aber nicht aussuchen! – Torsten Schneider (SPD): Jetzt ausgerechnet bei Frauen! Das muss doch schwer sein!]

Worüber diskutieren wir hier überhaupt? – Nun, vorangegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen dem Justizsenator und der Gesamtfrauenvertreterin des Landes Berlin. Am Ende unterlag die Gesamtfrauenvertreterin, weil das Landesgleichstellungsgesetz keine Anwendung auf Richter des Landes Berlin findet. Der Vorwurf der FDP, warum der grüne Justizsenator überhaupt eine Klage in der Verteidigung führt und gewinnt, ist in diesem Zusammenhang amüsant.

Inwiefern beim jetzigen Richterauswahlverfahren die Geschlechter ungleich behandelt werden, konnte auch im Ausschuss nicht wirklich dargelegt werden. Nun soll neben dem Richterwahlausschuss und dem Präsidialrat also eine weitere Beteiligte – die Gesamtfrauenvertreterin – im Verfahren hinzutreten dürfen. Übrigens: Im Richterwahlausschuss und im Präsidialrat sind auch schon Frauen vertreten, und zwar zahlreich, die auch Interessen der Richterinnen wahrnehmen.

[Torsten Schneider (SPD): Unerhört, nicht?]

Dabei dient die Gesamtfrauenvertreterin eben nicht der Vertretung der Interessen von Beschäftigten der Dienststelle. Vielmehr ist sie der Dienststellenleitung zugeordnet und wirkt bei der internen Willensbildung der Dienststelle mit – nicht mehr und nicht weniger. Wir wurden jedenfalls nicht davon überzeugt, dass es zwingend geboten erscheint, die Kompetenzen der Gesamtfrauenvertreterin gesetzlich zu erweitern, weshalb wir den Antrag ablehnen.

[Oh! bei der LINKEN]

Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Dr. Vandrey das Wort.

(Ines Schmidt)

Liebe Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Bemerkung erlaube ich mir vorauszuschicken: Ich als Juristin, Rechtspolitikerin und Frau finde ich die Förderung von Frauen an den Gerichten sehr wichtig. Im Übrigen – an Herrn Kohlmeier gewandt – dürfen auch Männer Gleichberechtigung an den Gerichten durchaus wichtig finden.

[Beifall bei den GRÜNEN und der FDP]

Auch als Mann steht es der SPD gut zu Gesicht, hier vorne zu reden.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich finde es extrem wichtig, dass wir gerade Richterinnen fördern, und zwar nicht nur bei der Neubesetzung von Richterstellen, sondern auch bei den Beförderungsstellen. Wir haben in Berlin so viele qualifizierte Richterinnen, die ihren Job exzellent machen, nicht nur an den Amtsgerichten, sondern auch an den höheren Gerichten.