Petra Vandrey

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Also: Es gibt ja wenige Anträge der AfD, die man überhaupt ernsthaft diskutieren kann, diesen hier halten wir allerdings für besonders ungeeignet.
Die AfD möchte einen Sonderausschuss zu Corona, und zwar mit der Begründung: Sie wolle das Parlament stärken. Soweit so gut. Für Parlamentsbeteiligung sind wir ja alle, dagegen spricht sicher niemand.
Schaut man sich den AfD-Antrag allerdings genauer an, stellt er sich als völlig unpraktikabel heraus. Der von der AfD gewünschte Sonderausschuss soll nicht einmal mit eigenen Befugnissen ausgestattet sein, er soll nicht mal grundsätzlich eine Empfehlung abgeben müssen. Der Antrag verweist insoweit nur auf § 32 Abs. 5 GO unserer Geschäftsordnung, eine Vorschrift die wir ohnehin schon längst haben. Danach kann das Abgeordnetenhaus – wie ja bekannt ist – auch jetzt schon Rechtsverordnungen aufheben, abändern, es kann ein Ersuchen an den Senat richten oder eine Sache an sich ziehen und ein eigenes Gesetz erlassen. Zudem soll der von der AfD gewünschte Antrag einen Sonderausschuss mit 22 Mitgliedern statuieren und neben den regulären Ausschüssen tagen – regelmäßig und dann auch noch bei Bedarf.
Dies wäre aus unserer Sicht ein völlig ineffektiver Mehraufwand, der im Ergebnis nicht mal etwas bringen würde, denn der Ausschuss müsste ja aus Abgeordneten bestehen, die ohnehin schon in den Fachausschüssen tätig sind und sich permanent mit Coronamaßnahmen befassen.
Dazu kommt noch: Der Sonderausschuss soll nach den Vorstellungen der AfD auch nicht etwa in ein Coronalandesgesetz gegossen oder eingebettet werden. So ein Gesetz braucht die AfD offensichtlich gar nicht erst.
Im Rechtsausschuss hat die AfD zu ihrem Antrag gesagt: Der Antrag befasse sich gerade nicht mit der Schaffung eines parlamentarischen Coronagesetzes, sondern damit,
(Sebastian Schlüsselburg)
was das Parlament momentan schon machen könnte, und das sei nun ein Coronasonderausschuss, der dann die Grundrechtsabwägungen vornehmen solle. – So also stellt sich die AfD Parlamentsbeteiligung vor, während sie gleichzeitig – gerade heute früh und hier – als einzige Fraktion gegen die Änderung der Verfassung gestimmt hat, die eine Beschlussfähigkeit unseres Parlaments sichern soll.
Während alle Fraktionen einhellig für die Absenkung der Beschlussfähigkeit in Notlagen votierten, um das Parlament am Laufen zu halten, falls viele krank werden, hielt die AfD es nicht für nötig, eine solche mit vielen Sicherungen versehene Regelung vorzunehmen; so, als ob es die Pandemie nicht mal gäbe. Dafür nun aber ein Sonderausschuss, wo man ja mal debattieren kann. Das halten wir für einen völlig falschen Weg.
Aus gegebenem Anlass weise ich jetzt einmal darauf hin, dass unheimlich wenig Leute im Parlament sind, und als nächstes hier die Abstimmung kommt, und bitte, mal entsprechend zu verfahren. Ich bin nämlich gleich fertig. Dann kommt die Abstimmung.
Parlamentsbeteiligung ist wichtig, auch und gerade –
Ja, bitte!
Danke! Das wurde von den Vorrednern ja auch schon angesprochen. Ich kann mich, da ich ja ständiges Mitglied im Rechtsausschuss bin und da gut zuhöre, leider an keine einzige Initiative der AfD erinnern. Die haben zu Corona schlichtweg überhaupt nichts eingebracht.
Sehr gut erinnern kann ich mich dagegen an unsere Initiative als Koalition, wo es um die Versammlungs- und die Religionsfreiheit ging.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist doch lächerlich! Sie haben doch überhaupt nichts eingebracht! – Sven Kohlmeier (SPD): Lüg doch nicht! – Zurufe von der AfD]
Wenn Sie zuhören würden –
An die AfD gerichtet: Wenn Sie zuhören würden, hätten sie gehört, dass ich gerade gesagt habe: Es war eine Koalitionsinitiative, und da ging es um die wichtigen Grundrechte der Versammlungs- und der Religionsfreiheit, die wir dann anschließend im Ausschuss mit einer entsprechenden Beschlussempfehlung besprochen haben.
Ja, bitte, Herr Schlüsselburg!
Ich brauche dafür zwar nicht eine Minute, was ich gerne angesichts der leeren Ränge machen würde, aber ich möchte Ihnen sagen: Natürlich haben Sie recht, und die Frage kann man nur mit einem klaren Ja beantworten, Herr Schlüsselburg!
Jetzt würde ich gerne fortfahren. – Parlamentsbeteiligung ist uns wichtig, auch und gerade in Coronazeiten. Daher hat der Bundesgesetzgeber dafür gesorgt, dass das Infektionsschutzgesetz auf Bundesebene ausgebaut wurde. Es wurden im Bundesinfektionsschutzgesetz konkrete Regelungen erlassen. Wir haben nicht mehr nur die Allgemeinklauseln, die wir vorher hatten. Daher sind wir jetzt in der Lage, die Verordnungen auf demokratischlegitimierte, konkrete Grundlagen zu stützen.
Jetzt zu uns in Berlin: Auch in Berlin werden wir ein Landescoronagesetz auf den Weg bringen. Dazu diskutieren wir bereits in den Fraktionen. Und – ganz anders als Ihr Antrag zum Sonderausschuss – hat die FDP einen sinnvollen Antrag eingebracht, den man zumindest gut diskutieren sollte, weil es in dem Antrag darum geht, ein Landescoronagesetz auf den Weg zu bringen. Das ist eine Gesetzesvorlage, über die wir in den Fraktionen debattieren werden. Wir wollen durch ein Landescoronagesetz differenzierte Regelungen erreichen hinsichtlich der demokratischen Legitimationen der Regeln.
Im Fazit: Der Antrag der AfD zu einem CoronaSonderausschuss ist weder praktikabel noch würde er zu einer differenzierten Beteiligung des Parlaments führen. Alles in allem kann der Antrag nur abgelehnt werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank für das Entgegenkommen, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen und Kolleginnen! Auch eine Frage zur Justiz: Gelingt es dem Senat, auch während der Pandemie den dringend benötigten Nachwuchs für die Berliner Justiz zu gewinnen?
Vielen Dank, Herr Senator! Jetzt haben Sie dargestellt, wie viele Menschen Sie eingestellt haben. Wie sieht denn überhaupt die Bewerbungslage im Bereich der Justiz aus?
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Anders als diverse Herren vor mir, die vor allem aus
selbst erlebter Betroffenheit gesprochen haben, versuche ich das hier etwas sachlicher zu machen. Ich bin im Nebenjob ja noch Fachanwältin für Familienrecht und hoffe, Ihnen einen etwas vernünftigeren Überblick über dieses Thema geben zu können.
Die AfD redet in ihrem Antrag von vaterloser Kindheit. Vaterlose Kindheit – dieser Begriff ist schlicht polemisch und hat mit dem modernen Familienrecht aber auch gar nichts mehr zu tun. Alle Familienrichter und -richterinnen, ob progressiv oder konservativ, sind sich heute darüber einig, dass für ein gedeihliches Aufwachsen eines Kindes beide Elternteile erforderlich sind. Wichtig ist allerdings erst einmal, die Begriffe etwas zu sortieren, die in dem AfD-Antrag etwas durcheinandergeraten sind.
Das Sorgerecht besagt im Grunde vor allem, dass sich sorgeberechtigte Elternteile über sorgerechtsrelevante Fragen abstimmen müssen, beispielsweise über Kita- und Schulwahl oder wichtige medizinische Eingriffe. Viel wichtiger als das Sorgerecht als Ganzes, ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Teil des Sorgerechts ist, sowie vor allem das Betreuungsmodell, das Eltern mit den Kindern in der Praxis leben. Nicht umsonst geht die familiengerichtliche Rechtsprechung derzeit immer mehr Richtung Wechselmodell. Maßstab familiengerichtlicher Entscheidungen ist immer das Wohl des Kindes, nicht die vermeintlichen Elternrechte, weder Väterrechte noch Mütterrechte. Im Fokus stehen muss das Kind.
Familiengerichte betreiben heutzutage einen erheblichen Aufwand, um in jedem Einzelfall die beste Lösung für das Kind zu finden. Es werden Jugendämter angehört, Verfahrensbeistände bestellt, in vielen Fällen gibt es sogar Sachverständigengutachten – alles immer mit der Zielrichtung, für das Kind die möglichst beste Entscheidung zu haben und beide Elternteile so gut wie möglich zu erhalten. Wer da noch wie hier die AfD von einer „vaterlosen Kindheit“ redet, zeigt nur eines, nämlich dass er einem völlig veralteten Familienbegriff anhängt, der mit moderner Familienpolitik und dem Familienrecht heutzutage nichts mehr zu tun hat.
Mit ihrem Antrag möchte die AfD nun ein gemeinsames Sorgerecht per Zwang ab Geburt des Kindes. Dies geht deshalb an der Realität von Familien vorbei, weil es heute schon ganz einfach ist, ein gemeinsames Sorgerecht zu haben. Die Eltern müssen nur einfach zusammen zum Jugendamt gehen und können völlig ohne Beteiligung des Gerichts eine Sorgeerklärung abgeben. Das machen heutzutage so gut wie alle unverheirateten Eltern, ungefähr 90 Prozent. Wir haben also in der Realität schon längst den Regelfall „gemeinsames Sorgerecht“.
Aber es gibt natürlich Ausnahmefälle, in denen ein zwangsweise verordnetes gemeinsames Sorgerecht gar nichts bringt. Bei hochstreitigen Elternverhältnissen oder von Gewalt geprägten Beziehungen bringt ein gemeinsames Sorgerecht gar nichts – nur eine zusätzliche Belastung des Kindes. Denn um sorgerechtsrelevante Fragen gemeinsam entscheiden zu können, muss man miteinander reden können. Eltern, die nicht reden können, sondern alles nutzen, um sich nur zu streiten, können kein gemeinsames Sorgerecht ausüben. Ergebnis ist dann nämlich, dass über jede sorgerechtsrelevante Frage vor den Gerichten über Jahre gestritten wird und das Kind zum Zankapfel wird.
Im Rechtsausschuss hatten wir als Koalition kürzlich einen Familienrichter eingeladen, der aus der Praxis berichtete. Ich habe ihn mal gefragt, ob er es nicht gut fände, vor Anrufung des Gerichts eine Elternberatung verpflichtend zu machen – ein Vorschlag, der zumindest diskutiert werden sollte. Auf der Hand liegt jedenfalls das Ergebnis: Das Angebot an Beratung ist auszubauen, auch das Angebot an Mediation. – Es heißt übrigens „Mediation“ und nicht, wie der Mensch von der AfD gesagt hat, „Meditation“. Das ist etwas anderes. –
Die Jugendämter, die seit Jahren an Personalmangel leiden, sind personell besser auszustatten. Eltern, die gut beraten werden, lernen nämlich, mit Konflikten besser umzugehen.
Gerne!
Stellen Sie sich mal vor, ich kenne diesen Vorschlag. Ich habe ihn nämlich gelesen. Es gibt aber auch ganz viele Gegenvorschläge. Sie kennen vielleicht nicht die Einschätzung des Deutschen Juristinnenbundes oder des Verbands alleinerziehende Mütter und Väter, die das gemeinsame, automatische Sorgerecht aus gutem Grund ablehnen.
Jetzt würde ich gerne zum Schluss kommen: Kinder brauchen kooperierende Eltern, die an einem Strang ziehen. Dann ist auch eine gemeinsame Sorge gut und richtig. Was wir nicht brauchen, ist ein zwangsweises gemeinsames Sorgerecht, wie es die AfD hier möchte. – Vielen Dank!
Liebe Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Bemerkung erlaube ich mir vorauszuschicken: Ich als Juristin, Rechtspolitikerin und Frau finde ich die Förderung von Frauen an den Gerichten sehr wichtig. Im Übrigen – an Herrn Kohlmeier gewandt – dürfen auch Männer Gleichberechtigung an den Gerichten durchaus wichtig finden.
Auch als Mann steht es der SPD gut zu Gesicht, hier vorne zu reden.
Ich finde es extrem wichtig, dass wir gerade Richterinnen fördern, und zwar nicht nur bei der Neubesetzung von Richterstellen, sondern auch bei den Beförderungsstellen. Wir haben in Berlin so viele qualifizierte Richterinnen, die ihren Job exzellent machen, nicht nur an den Amtsgerichten, sondern auch an den höheren Gerichten.
Die Koalition unterstützt selbstverständlich eine effektive Frauenvertretung in der Justiz. Genau deshalb sorgen wir jetzt mit unserem Antrag dafür, das LGG auch auf die Richterinnen zu erstrecken. Das Berliner Landesgleichstellungsgesetz – nicht zu verwechseln mit dem LADG, das wir heute auch schon hatten – ist eines der fortschrittlichsten Gleichstellungsgesetze der Bundesrepublik.
Daher freue ich mich, dass es nun auch für Richterinnen gelten wird.
Zum Hintergrund der jetzt nötigen Gesetzesänderung wurde schon viel gesagt. Deshalb verzichte ich darauf, um zum Wichtigsten zu kommen: Wichtig für uns als Legislative ist, die Regelungslücke im Gesetz zu schließen, damit das LGG auch auf die Richterinnen anwendbar ist.
Ich beziehe mich jetzt auf einige Argumente, die Frau Jasper-Winter gebracht hat, die sich in sehr sachlicher Art und Weise mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Nach unserem Antrag wird, anders als beim Antrag der FDP, festgelegt, dass zunächst immer die lokale, also die örtliche und damit sachnächste Frauenvertreterin an den Entscheidungen innerhalb der Justiz zu beteiligen ist. Nach unserer Auffassung ist die Gesamtfrauenvertreterin eher dafür da, konzeptionelle, übergreifende Aufgaben wahrzunehmen. Unser Antrag wahrt damit das System des Landesgleichstellungsgesetzes. Im Gegensatz zum FDPAntrag halten wir unseren Antrag für systematisch richtiger. Mit unserem Antrag wird ein Gleichlauf zu den Zuständigkeiten der anderen Frauenvertretungen hergestellt. Frauenvertretungen und die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz erhalten dieselben Beteiligungsrechte. Es gibt also keine Extraregelung für Richterinnen, sondern es wird ein Gleichlauf hergestellt, was systematisch rich
tig ist, wenn man sich die anderen Verwaltungen in Berlin anguckt. Damit schaffen wir eine effektive Frauenvertretung in der Justiz.
Das gilt im Übrigen auch für die wichtige Frage der Einstellungen. Bei Neueinstellungen von Richterinnen bekommt die lokale Frauenvertreterin der Senatsverwaltung alle Bewerbungen zu sehen, weil diese dort einlaufen. Bei den wichtigen Beförderungsstellen bekommt die lokale Frauenvertreterin des Gerichts, an dem die Stelle ausgeschrieben ist, alle Bewerbungen zu sehen. Die örtliche Frauenvertretung hat nach dem LGG ein weitreichendes Beteiligungs- und Informationsrecht. Sinn und Zweck dieses Rechts ist es, Ungleichbehandlungen zu erkennen und Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts innerhalb der Justiz zu verhindern. Im Rahmen dieses Rechts darf die örtliche Frauenvertreterin auch Personalakten von Bewerberinnen einsehen. Das sehen wir anders als Frau Jasper-Winter. Sie kann sich also durchaus einen Überblick über die Bewerberlage verschaffen.
Zu prüfen sein wird aus unserer Sicht eine weitergehende Regelung der Frauenvertretung bei der anstehenden Reform des Richtergesetzes. Wir werden uns nicht darauf festnageln lassen, schon zu diesem Zeitpunkt zu sagen, ob das so gehen wird oder nicht. Wir sehen da einige juristische Hürden. Ich denke aber, bei der Evaluation des Richtergesetzes wird dieses Thema noch mal zu behandeln sein.
Wir als Koalition bringen mit der jetzigen Gesetzesänderung eine effektive Frauenvertretung innerhalb der Justiz auf den Weg. Ich freue mich insbesondere, dass wir es heute, kurz vor der Sommerpause, beschließen können, weil im Herbst die Wahlen zur Personalvertretung innerhalb der Justiz anstehen und wir es so möglich machen, dass eine effektive Frauenvertretung im Herbst dieses Jahres innerhalb der Justiz gewählt werden kann. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Berlin ist erfreulicherweise bundesweit Vorreiter bei der Anwendung der Vermögensabschöpfung; das finden wir gut. Das belegen die bisherigen Ermittlungserfolge, insbesondere die Beschlagnahme der bekannten 77 Immobilien – ein echter Ermittlungserfolg für Berlin
und ein Beispiel dafür, wie sich unsere Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung um die Justiz kümmert.
Im Übrigen wurde, wie Sie wissen, durch die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung gerade eine Notar-Taskforce eingerichtet.
Im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskrimi
nierung wurde darüber berichtet. Die Notar-Taskforce begrüßen wir sehr und warten deren Erfahrungen ab.
Sehr positiv ist, dass hier im Hause ein parteiübergreifender Konsens existiert, die organisierte Kriminalität effektiv und mit Schärfe zu bekämpfen.
Im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung haben auch alle Fraktionen – leider mit Ausnahme der AfD – für den Antrag der Koalition gestimmt, also für das verstärkte Engagement des Senats bei der Vermögensabschöpfung, dafür, abgeschöpfte Immobilien nicht mehr zu versteigern, sondern in Landeseigentum zu überführen, und für die Bundesratsinitiative zum Immobilienregister.
Nun zum CDU-Antrag: Die CDU wollte Mietforderungen in die Beschlagnahme einbeziehen, und zwar durch eine gesetzliche Regelung im Strafgesetzbuch. Das finden wir derzeit juristisch nicht sinnvoll; eine solche Bundesratsinitiative brauchen wir derzeit nicht, da dies schon nach jetziger Rechtslage gehen dürfte. Im Moment wird die höchstrichterliche Rechtsprechung dazu noch abgewartet. In § 76a StGB wollte die CDU ferner den Tatbestandskatalog erweitern. Auch das ist nach unserer Auffassung derzeit kein hilfreicher Schritt. Die Vorschrift enthält ohnehin schon eine sehr weitgehende Regelung, praktisch eine Beweiserleichterung, die schon fast an eine Beweislastumkehr grenzt. Danach reicht es aus, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Straftat stammen kann. Damit stellen wir die Beweislast schon ziemlich auf den Kopf. Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit bedeutet bekanntlich, dass der Staat die Schuld beweisen muss. Meines Erachtens ist es juristisch nicht sauber, dieses Prinzip nun völlig aus den Angeln zu heben, was die Beschlagnahme angeht.
Zum Fazit: Der organisierten Kriminalität ist effektiv und mit der gebotenen Schärfe, aber im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit zu begegnen. Auch wenn die Instrumente verschieden sein mögen, und es irgendwie immer die Pflicht der Opposition ist, die Regierung zu kritisieren – darüber, dass die organisierte Kriminalität mit aller Schärfe zu bekämpfen ist, sind wir uns in diesem Hause alle einig. Ich freue mich daher, wenn wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung folgen und im Plenum unseren Antrag beschließen. – Vielen Dank!
(Marc Vallendar)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns als Grünen-Fraktion, möchte ich erst einmal klarstellen, ist der Datenschutz extrem wichtig, natürlich und gerade auch im Bereich sensibler Daten, wie sie in der Justiz vorhanden sind. Was hier am Kammergericht passiert ist, möchte niemand schönreden, auch nicht die Grüne Senatsverwaltung. Es ist tatsächlich ein ITDesaster, wir nehmen als Grüne diesen Vorfall sehr ernst.
Die hier durch die Opposition jetzt vehement vorgebrachten Vorwürfe gegen die Justizverwaltung kann ich allerdings wenig nachvollziehen. Das Parlament wurde in den zuständigen Ausschüssen jeweils nach dem aktuellen Erkenntnisstand informiert. Ende September wurde der Vorfall bekannt, schon im Oktober waren der Präsident des Kammergerichts, Herr Pickel, und die Senatsverwaltung in den jeweiligen Ausschüssen. – Nein, keine Zwischenfrage, danke. – Auch die Senatsverwaltung war selbstverständlich in den zuständigen Ausschüssen anwesend und stellte sich den Fragen der Parlamentarier.
Die Staatssekretärin für Justiz hat eingehend erläutert – und zwar ganz aktuell, schon Anfang Oktober des letzten Jahres –, welche Schritte eingeleitet wurden, um der Krise zu begegnen. Direkt nach dem Bekanntwerden des Virus wurde die gesamte IT des Kammergerichts vom Netz genommen – das war die richtige und sehr schnelle Entscheidung der Senatsverwaltung, der entscheidende Schritt. Hier hat die Justizverwaltung richtig und konsequent entschieden.
In den nächsten Tagen gab es ein Notfallregime; in Zusammenarbeit mit dem ITDZ wurden frische Rechner angeschafft. Eine Kommunikation war belastet, das ist richtig. Eine Kommunikation zwischen Anwaltschaft und Kammergericht war aber zu jedem Zeitpunkt vorhanden. Ich kann dies aus eigener Erfahrung sagen, weil ich auch als Rechtsanwältin tätig bin. Ich habe nicht erlebt, dass Gerichtstermine verschoben wurden oder Beschlüsse nicht gefasst werden konnten. Es ist richtig: Es wurde in diesem Zeitraum sehr viel gefaxt und weniger gemailt, es war aber nicht so, dass das Kammergericht in seiner Tätigkeit lahmgelegt wurde. Das ist ja der Vorwurf der Opposition; es war auch Teilen der Presse zu entnehmen, es habe hier eine Lahmlegung unseres höchsten Berliner Gerichts gegeben. Das kann ich nicht bestätigen. Diese Bewertung schießt einfach über das Ziel hinaus und ist polemisch.
Sicher gibt es das Rechtsstaatsprinzip, das effektiven Rechtsschutz gebietet. – Nein, keine Zwischenfrage, danke. – Ein Rechtsschutz war zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt. Die Verfahren am Kammergericht – schließlich laufen sie ja. An dieser Stelle ist den Richtern und Richterinnen des Kammergerichts, natürlich auch den Rechtspflegern und Rechtspflegerinnen, ausdrücklich zu danken, die trotz der erheblichen Belastung dafür gesorgt haben, dass wir ein funktionierendes Kammergericht hatten. Dies nur zur Klarstellung.
Ich möchte erst mal gar keine Zwischenfragen.
Ich möchte grundsätzlich keine.
Danke sehr! – Ich möchte jetzt gerne in meinem Konzept weitermachen, vielen Dank! – Diese einleitenden Worte waren zur Klarstellung. Das heißt natürlich nicht, dass wir den Vorfall nicht ernst nehmen. Wenn hier tatsächlich Daten abgeflossen sind – was übrigens in dem forensischen Gutachten selbst so deutlich gar nicht steht, sondern erst bei dem Gespräch am letzten Freitag mündlich so mitgeteilt wurde –, ist das tatsächlich eine sehr große Krise.
Was also sind jetzt die richtigen nächsten Schritte? – Wir brauchen Aufklärung, das ist richtig. Die Berliner Datenschutzbeauftragte ist bereits beteiligt, dafür hat unsere Justizverwaltung gesorgt. Und Konsens ist auch: Es soll externer Sachverstand eingeschaltet werden. Ob wir den externen Sachverständigen Sonderermittler nennen oder nicht, ist mir relativ egal. Die Bezeichnung ist nicht das Wesentliche. Wichtig ist, dass dem Kammergericht jetzt externe und unabhängige IT-Expertise zur Seite gestellt wird, und dafür hat unsere Senatsverwaltung gesorgt.
Jetzt gilt es, in die Zukunft zu schauen. Wir möchten, dass die gesamte IT des Kammergerichts völlig neu aufgesetzt wird und das KG in den Mantel des ITDZ schlüpft. Richter und Richterinnen sollten nur noch an gesicherten, durch die Verwaltung zur Verfügung gestellten Geräten arbeiten, nicht mehr an privaten Geräten. Wir sollten jedoch noch weiter gehen. Wir sollten eine ITSicherheitsrichtlinie für die Justiz erstellen, natürlich nicht nur für das Kammergericht, sondern für unsere gesamte Berliner Justiz. Außerdem sollten wir uns dafür einsetzen, nicht nur für die Justiz, sondern für die Berliner Verwaltung insgesamt, eine unabhängige IT-Stelle zu schaffen, die für Sicherheit in der IT der Berliner Verwaltung sorgt. Daran arbeiten wir als Grüne.
Also im Fazit: Wer stehen bleibt, ist angreifbar – das habe ich in einem Presseartikel im Zusammenhang mit der IT-Krise am Kammergericht gelesen, und das ist richtig. Wir müssen uns also bewegen, auch im Zuge der Einführung der elektronischen Akte an den Gerichten. Wir brauchen einheitliche IT-Standards für die Berliner Justiz. Ein so schwerwiegender Sicherheitsvorfall wie jetzt am Kammergericht darf nicht wieder passieren, und zwar an keinem unser Berliner Gerichte. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Präsidentin! Meine lieben Damen und Herren! Zunächst möchte ich für die Grünen-Fraktion klarstellen, dass aus unserer Sicht die Verbrennung von Flaggen inakzeptabel ist, insbesondere – selbstverständlich – das Verbrennen der Flagge des Staates Israel.
Ich persönlich empfand die Bilder des Verbrennens der israelischen Flagge anlässlich der Demonstration Ende 2017 vor dem Brandenburger Tor als unerträglich. Selbstverständlich haben wir angesichts des Holocaust eine besondere Verantwortung gegenüber Israel; wir möchten nie wieder sehen, dass hier in Berlin eine israelische Flagge verbrannt wird.
Hierüber sind wir uns wohl mit allen Fraktionen einig.
Indes fragt es sich: Welcher Weg ist der politisch richtige, um dieses Ziel zu erreichen? – Die CDU möchte mit ihrem Antrag kein gesondertes Gebot für Berlin erreichen, sondern eine Bundesratsinitiative, um das Strafrecht auf Bundesebene zu ändern, also das Verbrennen aller Flaggen im StGB unter Strafe zu stellen. Zuständig hierfür ist – klar – der Deutsche Bundestag. Schon weil
(Sebastian Schlüsselburg)
der Bundestag jetzt selbst mit dem Thema beschäftigt ist, dürfte die von der CDU hier im Abgeordnetenhaus gewünschte Bundesratsinitiative inzwischen schlicht überflüssig sein.
Unabhängig davon vertreten wir als Grünen-Fraktion allerdings die Auffassung, dass eine Verschärfung des StGB nicht der richtige Weg ist, mit der Thematik umzugehen. Aus unserer Sicht ist der Ruf nach einem immer schärferen Strafrecht nicht geboten,
weil wir andere Mittel haben, die uns zur Verfügung stehen. Es ist schon nach dem geltenden Versammlungsrecht möglich, Auflagen zu erlassen; auch Straftatbestände sind im Versammlungsrecht schon jetzt enthalten.
Der Ruf der CDU nach einem schärferen Strafrecht ist meines Erachtens jedoch auch juristisch nicht treffend, weil die CDU mit ihrem Antrag nicht nur das Verbrennen von Flaggen verhindern will, sondern auch Symbole mit religiöser Bedeutung unter den Schutz von § 104 StGB stellen möchte. Dies ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, was spätestens bei der Umsetzung einer solchen Strafnorm erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen dürfte. Außerdem übersieht die CDU offensichtlich § 104a des geltenden Strafrechts. Danach wird eine Straftat nach § 104 nur auf Verlangen des entsprechenden Staates verfolgt. Dies wäre aber bei religiösen Symbolen gar nicht möglich, denn Religionen sind nun mal keine Staaten. Der von der CDU eingebrachte Antrag ist daher schon mit der Systematik des StGB nicht vereinbar.
Im Fazit geht es allerdings meiner Meinung nach bei dem Thema Flaggenverbrennung um einen wirklich politischen Konflikt, der mit den Mitteln des Strafrechts schwerlich in den Griff zu bekommen sein wird. Wichtig ist allerdings tatsächlich, dass wir hier in Deutschland dem immer weiter aufkeimenden Antisemitismus mit vereinten Kräften entgegentreten. Ich hoffe, auch hierin sind wir uns in allen Fraktionen einig.
Wir als rot-rot-grüne Koalition haben im Haushalt daher zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich gegen Antisemitismus wenden, gestärkt. Wir setzen auf Aufklärung, Bildung und Integration. Ausdrücklich begrüßen wir die Arbeit der Beauftragten für Antisemitismus bei der Staatsanwaltschaft. Wir alle hier müssen ganz genau hinschauen, was in unserer Gesellschaft passiert. Für Antisemitismus darf es in Berlin keinen Raum geben. – Vielen Dank!
Lieber Herr Krestel! Zu der Frage des Gewissens haben Sie, glaube ich, eher Herrn Kohlmeier angesprochen. Deshalb reagiere ich jetzt nur auf die an mich gerichtete Frage hinsichtlich der Überflüssigkeit des CDU-Antrages. Erst einmal ist es sehr interessant, dass Sie sich so für die CDU in die Bresche schlagen, aber ich antworte auch Ihnen darauf gerne.
Wie Sie wahrscheinlich wissen, –
darf ich um etwas Ruhe bitten, sonst können Sie nicht verstehen, was ich sage –
ist das Strafgesetzbuch ein Bundesrecht. Das kann man nur auf Bundesebene ändern.
[Heiko Melzer (CDU): Sind Sie hier
auf Bundesratsebene? –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich sehr, heute das erste Mal in meinem noch recht frischen Amt als rechtspolitische Sprecherin der Grünen hier sprechen zu können.
Mir als Rechtspolitikerin, aber auch als Rechtsanwältin liegt eine moderne, funktionierende Justiz sehr am Herzen. Die Justiz ist das Rückgrat des Rechtsstaates. Die Gerichte müssen so ausgestattet sein, dass sie vernünftig arbeiten können.
Die wichtigsten Bausteine hierfür: Personal und Räume. Mit diesem Doppelhaushalt legen wir das größte Paket für die Justiz vor, das wir in Berlin jemals hatten. Viel Geld wird – und das ist positiv – in das Personal bei den Gerichten fließen, aber auch in den Strafvollzug. Bei den Gerichten werden wir nicht nur weitere Richterstellen schaffen, sondern auch weitere Gelder für die Staatsanwaltschaft und die Servicebereiche der Justiz bereitstellen, denn zu einer funktionierenden Justiz gehören selbstverständlich auch Protokollführerrinnen und das Personal in den Geschäftsstellen.
Diese Stellen bestehen keineswegs nur auf dem Papier, liebe Herren von der Opposition. Ich hatte gerade letzte Woche die Gelegenheit, erstmalig am Richterwahlausschuss teilzunehmen, und kann nur sagen, es ist wirklich sehr beeindruckend, wie viele junge, sehr qualifizierte Juristinnen und Juristen sich um ein Richteramt in Berlin bewerben und auch eingestellt werden, weil wir neue Richterstellen haben.
Einen weiteren Schwerpunkt im Justizhaushalt legen wir auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität; vor allem die sehr effektive Vermögensabschöpfung wird weiter gestärkt. Wir stellen Mittel für den Ausbau einer sicheren und effektiven IT an den Gerichten bereit – gerade nach dem aktuellen Angriff auf die IT des Kammergerichts dringend notwendig. Außerdem wollen wir als Koalition die Justiz vielfältiger machen. Wir haben Mittel zur Evaluierung des Pilotprojektes am Amtsgericht Neukölln zur Erhöhung des Anteils von Migrantinnen
(Marc Vallendar)
und Migranten in der Justiz eingestellt. Vielfalt ist uns Grünen wichtig, gerade auch an den Gerichten.
Wichtig ist uns auch die Öffentlichkeitsarbeit für den Rechtsstaat. Zusammen mit der Bildungsverwaltung fördern wir beispielsweise das Jugendgerichtsprojekt Richter/-innen an die Schulen, ein gutes Projekt, um schon Jugendlichen die Arbeit der Justiz nahezubringen. Neben der Stärkung der Justiz haben wir auch Mittel für Opferschutz und Gewaltprävention erhöht. So verdoppeln wir beispielsweise die Förderung für die Beratungsstelle für Opfer von Straftaten und deren Angehörige.
Vor allem ist uns Grünen jedoch die Resozialisierung sehr wichtig. Wir wollen selbstverständlich, dass verurteilte Straftäter ihre Strafe im Justizvollzug nicht nur absitzen, sondern auf ein Leben in Freiheit sinnvoll vorbereitet werden. Das ist nicht nur gut für die Menschen in der Haft, das ist vor allem gut für unsere Gesellschaft. Wir als Gesellschaft profitieren davon, wenn Straftäter nicht rückfällig, sondern nach der Haft in die Gesellschaft eingegliedert werden. Daher intensivieren wir die Resozialisierungsarbeit. Hierzu gehört beispielsweise das wichtige Projekt „Arbeit statt Strafe“ und die Familienberatungsstelle in der Justizvollzugsanstalt Tegel.
Auch wenn die Opposition gerne wettert, wir als Koalition investieren ganz erheblich in Personal und Räume für die Justiz, weil sie uns wichtig ist. Dass wir dabei Wert auf Resozialisierung legen, ist richtig und gut. Daher ist der jetzt vorgelegte Justizhaushalt vernünftig. Er trägt unverkennbar die Handschrift der rot-rot-grünen Koalition. – Vielen Dank!