Denn die Zeit drängt. In bereits zwei Jahren, also 2022, sollen die Eigenkapitalreserven der FBB aufgebraucht sein, die Schulden dagegen wachsen ganz sicher weiter. Ab 2024 wird pro Jahr die stolze Summe von ca. 200 Millionen bis 300 Millionen Euro an Außenfinanzierung benötigt, um eine Insolvenz der Gesellschaft abzuwenden. Da hilft es auch nicht, wenn Flughafengesellschaft und Finanzsenator sich hinstellen und behaupten, Moody's hätte ein gescheites Rating gemacht mit A1. Ja, vielleicht hat Moody's das gemacht, aber Moody's hat die FBB ohne die Bürgschaften der Gesellschafter quasi auf Ramschniveau eingewertet. Wenn man die nämlich entsprechend berücksichtigen würde, kann man nur zu diesem Ergebnis kommen. Und das kostet Berlin in den nächsten Jahren um die 100 Millionen Euro jährlich, die uns dann im Haushalt fehlen, und das völlig unabhängig von Zahlungen, die zum Beispiel für den Masterplan 2040 noch fließen müssten.
Um eine Insolvenz der FBB abzuwenden, werden laut Studien bis zu 1,5 Milliarden Euro oder sogar im ungünstigsten Fall 1,8 Milliarden Euro notwendig sein. Die Flughafengesellschaft selbst ist hochverschuldet, die öffentliche Hand müsste also wieder einmal für das Missmanagement der Berliner Landesregierung hier einspringen, und ich frage mich und frage Sie: Wie wollen Sie das dem Mittelstand, dem Handwerk und den vielen, die in diesen Tagen um ihre Existenz bangen, erklären, dass Sie wieder mal Milliarden in die Flughafengesellschaft, in den größten Sanierungsfall unserer Stadt, pumpen, aber nicht in der Lage sind, die Soforthilfepakete für unsere Wirtschaft aufzustocken? Wie wollen Sie das erklären?
Das frage ich Sie, und damit müssen wir uns deshalb in dem Verhältnis auseinandersetzen. Die Flughafengesellschaft – mein Fazit – ist am Ende einer politischen und wirtschaftlichen Irrfahrt angelangt und als Unternehmen gescheitert. Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir hier in diesem Haus Klarheit schaffen, Bilanz ziehen und fragen, wo der Pilot vom Kurs abgekommen ist. Wir können uns nicht länger mit der Aussage der Geschäftsführung zufriedengeben, man habe ein gültiges Testat eines Wirtschaftsprüfers und damit sei die Diskussion zur Finanzierung völlig überflüssig. Wie lange garantiert denn das Testat die Fortführung des Unternehmens? Das ist doch die entscheidende Frage. Etwa, wie normalerweise üblich, die nächsten zwölf Monate? Und was kommt danach? Was kommt danach? – Laut Bilanzierungsmodernisierungsgesetz sind Aufsichtsrat und Geschäftsführung verpflichtet, das Testat auf Plausibilität zu prüfen. Ich frage uns als Haus: Ist das passiert? –, zumal das nicht die erste Studie ist, die im Grunde genügend Anlass dazu bietet, die Bilanzierung auf Fehler zu überprüfen.
Daher ist es besser, die getätigten Ausgaben, die jetzt infrage gestellt sind, und die, die zukünftig getätigt wer
den müssen, auf den absoluten Prüfstand zu stellen. Bis klar ist, wie schlecht es um die Flughafengesellschaft wirklich bestellt ist, rate ich dringend an, die derzeitige Geschäftsführung der FBB zu beurlauben.
Erforderlich ist eine transparente, zeitnahe und genaue Berichterstattung, die durch eine unabhängige Stelle überwacht und, wenn nötig, sanktioniert wird.
Berlin als Gesellschafter der FBB hat nicht nur die Möglichkeit, sondern im Sinne der Berlinerinnen und Berliner auch die Pflicht zur Aufklärung, Herr Schneider!
Es muss schon heute ein Sanierungskonzept auf den Tisch. Es gibt jedenfalls längst keine Rechtfertigung mehr für den Masterplan 2040. Dementsprechend sollte übrigens auch das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich und technisch umstrittene Terminal 3 umgehend auf Eis gelegt und nicht länger als Ausrede für weitere Zahlungen des Landes an die FBB herangezogen werden.
Und wenn Sie gestatten, dass ich erneut darauf hinweise: Ich kenne kein anderes Unternehmen, das wie die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg in finanziellen Nöten die einzige vorhandene Cashcow zum Schlachter führt, und deshalb wäre es auch notwendig, den Flughafen Tegel weiter offen zu halten.
[Torsten Schneider (SPD): Aber wenn es so kompetenzfrei ist, Herr Präsident! – Paul Fresdorf (FDP): Da spricht der Blinde von der Farbe!]
Es freut mich, dass Sie sich doch noch ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen wollen, Herr Schneider! – Der Flughafenstandort Berlin darf nicht zur Lachnummer werden, und das ist das Entscheidende.
Er darf nicht zur Lachnummer werden. Es ist schlimm genug, dass die Debatte deutschlandweit dazu verkommen ist, aber dafür ist das Thema für unsere Stadt viel zu wichtig, und deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit dieser Verschwendung auseinandersetzen. Die Verschwendung muss aufhören. Senat und FBB müssen reinen Tisch machen und zu ihrer Verantwortung gegenüber den Berlinerinnen und Berlinern stehen. Diese 1,8 Milliarden Euro und eine drohende Insolvenz können Sie nicht wie die letzten Jahrzehnte als SPD einfach weglächeln und weiterhin den Berlinerinnen und Berlinern das Steuergeld aus der Tasche ziehen, wo es jetzt so dringend für die vielen Soforthilfen, für die vielen, die in der Coronakrise in die Schieflage geraten sind, gebraucht wird.
[Beifall bei der FDP – Torsten Schneider (SPD): Standing Ovations! Es wird schwer mit der Wirtschaftskompetenz! Die Cash-Kuh Tegel! – Weitere Zurufe von der SPD]
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eine erstaunliche Rede, Herr Kollege Czaja! Wie erklären Sie eigentlich dem Haus, dass Sie vor kurzem noch 3 Milliarden Euro für Tegel versenken wollten? Eine Milliarde für die Sanierung und 2 Milliarden für den Schallschutz!
Das ist doch völlig absurd bei der Lage der FBB, die Sie hier beschreiben, dass wir 3 Milliarden Euro dafür ausgeben. Ihre Kampagne mit Tegel ist krachend gescheitert, und ich hätte erwartet, dass Sie das heute wenigstens mal zugeben. Das wäre ein guter Ansatz gewesen.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Sebastian Czaja (FDP): Ich habe über den BER gesprochen!]
weil vieles, was Sie gesagt haben, nicht eingetreten ist. Deshalb will ich mal sagen, was jetzt eintritt. Ich freue mich und wir freuen uns als Koalition, dass die zuständige Baubehörde in Brandenburg am 28. April 2020 die Nutzungsfreigabe für den BER erteilt hat. Das ist das Gegenteil von dem, was die Opposition hier über Monate oder Jahre behauptet hat. Das ist die Realität.
Statt Herrn Lütke Daldrup zu kritisieren – das haben Sie ja im Untersuchungsausschuss und im Beteiligungsausschuss oft gemacht –, hätten Sie sich heute mal bei ihm bedanken müssen.
Er hat es geschafft, ein Projekt, was sehr hart in der Krise war – durch viele andere Geschäftsführer, durch manche Fehlentscheidung –, zu retten. Er hat zielgenau und punktgenau erreicht, dass wir im Herbst 2020 eröffnen können. Das ist ein großer Erfolg für die Stadt, und es wäre auch gut, wenn Sie das einfach mal einsehen würden und nicht hier an dieser Stelle so eine Rede halten würden.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der CDU, der AfD und der FDP – Zurufe von der FDP: Zielgenau! – Paul Fresdorf (FDP): Das ist nur peinlich!]
Die Formulierung der FDP für das Thema der Aktuellen Stunde finde ich auch lustig. Sie müssen sich mal entscheiden. Wir als SPD-Fraktion haben gerade beschlossen, dass wir die Wirtschaft mit Hilfen stärken wollen. Sie wollen jetzt das Geld für einen zweiten Flughafen versenken. Das müssen Sie an der Stelle auch mal entsprechend deutlich machen. Und ich finde es auch vom Stil her nicht gut, über eine Gesellschaft wie die FBB, über den Geschäftsführer und über die Mitarbeiter so zu sprechen, wie Sie darüber sprechen. Das ist ein Verächtlichmachen, ein Herziehen über einen Landesbetrieb, was ich in der Form nicht akzeptieren kann und Ihre Wirtschaftskompetenz wird dadurch nicht bewiesen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Ich glaube, Sie haben Ihren letzten wirtschaftspolitischen Sachverstand in der Frage verloren.
Wir haben uns innerhalb der letzten anderthalb Jahre in diesem berühmten Untersuchungsausschuss mit dem Thema beschäftigt. Morgen geht es ja weiter. Ich bin mal gespannt, was Sie da für Argumente vorbringen, denn alle Ihre Horrorszenarien sind nicht eingetroffen. Der Ausschuss hat keinen Sinn gemacht, von Anfang an nicht. Sie waren von Anfang an in der Defensive, weil Sie durch die Chefstrategen Evers und Gräff ja unbedingt den Obmann der SPD zuerst anhören mussten. Davon haben Sie sich bis zum heutigen Tag nicht erholt. Wir können ihn übrigens jetzt beenden. Er macht keinen Sinn
Herr Kollege, ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Förster von der FDP zulassen?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Stroedter, Sie hatten gerade kritisiert, dass man die Geschäftsführer von landeseigenen Unternehmen nicht in dieser Form kritisieren sollte. Von Ihnen selber sind aber Zitate überliefert, dass Sie den Chef der Messegesellschaft sogar rausschmeißen wollten, und Sie haben sich da auch sehr kritisch geäußert. Gilt denn das nur, wenn die Opposition Kritik übt, oder wie verhält es sich mit Ihrer eigenen Kritik?
Nein, das gilt natürlich nicht, und ich bin der Letzte als Vorsitzender der Beteiligungsausschusses, der nicht auch mal Kritik an Geschäftsführern übt. Die Art und Weise, wie der Kollege Czaja das eben gemacht hat, war unter der Gürtellinie, und die Leistung von Herrn Lütke Daldrup ist ausgesprochen gut, sonst würden wir nämlich jetzt nicht im Herbst 2020 diesen Flughafen eröffnen.