Das ist ein ähnliches Prinzip. Es geht tatsächlich bei beiden um das Glücksspiel, Herr Luthe. Aber es ist bezeichnend, dass Sie diese Nachfrage stellen. Wenn Sie die Experten und Expertinnen für Suchtprävention fragen, was wirklich den Kick ausmacht, sodass die Leute tatsächlich immer wieder spielen müssen, bekommen Sie die Antwort: Es ist der Spielautomat, vor dem ich sitze und wo alle fünf Sekunden ein neues Spiel beginnt. Das ist nicht der Lottoschein, den ich mir einmal in der Woche kaufe. – Das ist ein substanzieller Unterschied, und noch schlimmer ist es bei sogenannten Live-Sportwetten, wo heute endlich einige Bundesländer aktiv geworden sind. Vielleicht haben Sie das in der Presse verfolgt. Das ist sehr wichtig. Denn das ist der größte Kitzel. Die Leute denken, sie wüssten, wer das nächste Tor schießt oder welcher Spieler umfällt. Sie denken: Ich bin schlauer als alle anderen. – Aber im Schnitt verdienen natürlich nicht diejenigen, die wetten, sondern immer diejenigen, die die Wetten anbieten, vermitteln, oder den Glücksspielautomaten an die Wand hängen. Schade! Sie von der FDPFraktion sagen doch eigentlich immer, wirtschaftlicher Sachverstand sei bei Ihnen vorhanden, aber der fehlt hier leider. Das muss ich mal klar sagen.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE) – Marcel Luthe (FDP): Dazu kommen wir gleich!]
Ich war dabei, zu erklären, dass der Glücksspielstaatsvertrag eigentlich viel schärfer hätte ausfallen müssen. Die SPD-geführten Bundesländer haben sich dafür eingesetzt. Es ist jetzt hier letztlich ein Minimalkonsens herausgekommen, immerhin ein kleiner Fortschritt. Die alte Regulierung, die für Wettbüros vorgesehen war, kann nicht so verschärft werden, wie wir uns das gewünscht hätten. Für alle hier im Saal – auch für Herrn Luthe – noch mal zur Verdeutlichung: Was heißt es, den Minimalkonsens von 16 Bundesländern herzustellen? – Wenn man mal noch spät abends vor dem Fernseher sitzt und dort eine Werbung für Wettangebote sieht, hört immer diesen tollen Spruch: Wetten Sie hier, spielen Sie hier; dies gilt aber nur für Bewohner von Schleswig-Holstein. – Das ist kein Witz. Das liegt einfach daran, dass das Bundesland Schleswig-Holstein vor einigen Jahren meinte, es müsse zum Las Vegas der Bundesrepublik Deutschland werden.
Und das ist natürlich überhaupt kein Weg. Das führt dazu, dass diese Anbieter die Leute in ihre Angebote im Internet ziehen, dann werden sie auf Server mindestens in Malta oder irgendwo anders in der EU oder außerhalb der EU vermittelt, und dann werden dort schöne Milliardenumsätze gemacht – Milliarden, Herr Luthe. Und da
muss ich Ihnen sagen: Das ist Geld, das sich Leute eigentlich mal hart verdient haben. Es ist schade, dass so viele Leute meinen, sie wären schlauer als ein Wettautomat, als ein Wettanbieter. Es geht nämlich darum: Wenn man sich anschaut, was mit den Spielsüchtigen passiert, dann verspielen sie dort ihr ganzes Geld.
Wir würde also gerne viel strenger vorgehen. Wir haben nämlich hier in Berlin – eine Anfrage der Kollegin Clara West und von mir hat das im letzten Jahr aufgezeigt – mehr als 400 Wettbüros, über die ein ehemaliger Innensenator mal gesagt hat: Die sind eigentlich alle illegal, aber wir können sie nicht schließen. – Genau wegen der unklaren Rechtssituation auf der deutschen Bundesebene mit europäischer Rechtsprechung, alles sehr kompliziert, kann ich hier leider nicht ausführen, unter Rechtslage, die jetzt mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag zumindest etwas geheilt werden soll.
Wir werden jetzt endlich etwas schaffen, das wir uns lange vorgenommen haben – echte, harte Abstandsregelungen auch für Wettbüros. Wir sehen in den Kiezen in Berlin, die besonders belastet sind, dass da zwar die Zahl der Spielhallen deutlich abgenommen hat, die Zahl der Wettbüros aber steigt. Und wir werden jetzt klar definieren, was gilt: Zur nächsten Oberschule, zur nächsten Jugendeinrichtung für ein Wettbüro mindestens
200 Meter Abstand. Zum nächsten Wettbüro – 500 Meter Abstand und zum nächsten Wettbüro des gleichen Anbieters – 2 000 Meter Abstand. Wir werden diese Stadt dann lebenswerter machen, wenn wir das endlich mal durchgesetzt bekommen.
Zum Schluss, bitte! – Wir haben hier nämlich ein glänzendes Vorbild: das Berliner Spielhallengesetzt. Eine andere rechtliche Grundlage, ein Landesgesetz, aber da sind wir erfolgreich. Und ich weiß, der FDP gefällt das nicht. – Sie waren die einzige Fraktion, die 2011 gegen das Gesetz gestimmt hat, und ich bin stolz darauf. Wir hatten eine 90-Prozent-Mehrheit damals. Der damalige Fraktionsvorsitzende, Michael Müller, hat das wirklich aktiv unterstützt, genauso wie Raed Saleh bei der Verschärfung 2016.
Und verdammt noch mal, wir haben es geschafft im Land Berlin. Wir hatten mal fast 600 Spielhallen, wir sind jetzt bei 305 Spielhallen. Das ist mal ein wirksames Gesetz für das Land Berlin.
Genau das wünschen wir uns auch für die Wettbüros, die im Augenblick wirklich wie die Pilze aus dem Boden sprießen: dass wir mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag hier wirklich rangehen können. Dazu gehört neben Abstandsregelungen auch, dass wir auch in den Spiel- und Wettbüros natürlich noch mehr, härter kontrollieren müssen. Es gibt deutlich härtere Vorgaben, was die Führung von Büchern angeht, was die Geldflüsse angeht. Es ist richtig und jeder sollte wissen: In vielen Wettbüros wird Geld gewaschen. Da müssen wir härter rangehen, da müssen wir wirklich mit Razzien vorgehen. Das geht nur, wenn wirklich alle Geldströme kontrolliert werden, dann können wir dessen ein Stück weit Herr werden.
Es ist auch notwendig, die Schließzeiten deutlich zu erweitern; genauso wie bei den Spielhallen demnächst wenigstens acht Stunden in der Nacht zuzumachen, damit die armen Teufel und Teufelinnen, die vor den Spielautomaten sitzen, wenigstens einmal in der Nacht rauskommen und vielleicht auf andere Gedanken kommen.
Schließlich haben wir ein Datum in dieses Gesetz geschrieben, das ist sehr wichtig: der 30. September 2020 – dieses Jahr. Ich hoffe sehr darauf, dass dieser Innensenator dafür sorgt – und er wird es, wir haben darüber vorhin schon gesprochen –, dass wir das wirklich zum Leben erwecken, damit dann hoffentlich die meisten Wettbüros in Berlin, die diese Straßen unattraktiver machen, die wirklich den Lebenswert, den Erlebenswert von Straßen nach unten ziehen, am 30. September 2020 schließen. – Wir unterstützen Sie dabei, Herr Innensenator, dass Sie das kraftvoll umsetzten. – Da könnte man jetzt eigentlich klatschen, wenn man das möchte.
Danke schön! Schließlich und endlich – auch das steht in dem Gesetz drin –: Aus den Mitteln, die die Stiftung Klassenlotterie Berlin aus den Einnahmen aus dem normalen Lottospiel – das streng reguliert ist, Herr Luthe, wo auch gesagt wird: Vorsicht vor der Spielsucht! – und viele andere Dinge – verausgabt, werden die Mittel für die Suchtberatung um 50 Prozent aufgestockt, von 400 000 Euro im Jahr auf 600 000 Euro im Jahr. Das zeigt, dass wir die ganze Kette sehen – nicht nur die Repressionen, nicht nur die Kontrolle. Wir wollen aktiv dafür sorgen, dass nicht mehr Menschen sich um Hab und Gut und um ihr Leben verspielen an den Glücksspielautomaten in den Wettbüros und allem, was es an Angeboten auch im Internet gibt.
Letzter Satz! – Ich glaube, wir tun etwas Gutes für diese Stadt. Wir machen diese Stadt lebenswerter und darum
Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als CDU-Fraktion haben uns im Ausschuss erlaubt, ebenso zuzustimmen. Es ist ja auch offensichtlich, dass hier Handlungsbedarf bestand, nicht nur aus der juristischen Betrachtung heraus, sondern tatsächlich auch aus den Notwendigkeiten, die der Kollege Buchholz, glaube ich, sehr detailliert ausgeführt hat.
Was ich besonders bemerkenswert und gut finde, sind die zusätzlichen Mittel, die damit für Suchtprävention und Suchtberatung zur Verfügung gestellt werden. Ich selber habe mal, als ich in Hohenschönhausen im Wahlkreis unterwegs war, erlebt, dass in einem Dönerladen jemand an diesem Spielgerät war und selber davon sprach, dass er Beratung brauche, Unterstützung brauche. Er sprach mich einfach an, ohne dass ich Lust gehabt hätte, selber spielerisch aktiv zu werden. Aber es wurde deutlich: Es gibt viele Menschen, die davon betroffen sind. Und wir sehen ja, welche Summen dort bewegt werden.
Als ich in Vorbereitung auf die Thematik versucht habe, besser zu verstehen, in welchen Zwängen das Land Berlin ist, in welchen Zwängen auch der Herr Senator war – nämlich jetzt eine Ausführungsvorschrift verändern zu müssen, aber mit dem Ergebnis auch nicht nur glücklich zu sein –, habe ich gesehen, wie komplex und kompliziert eigentlich das Machwerk dahinter ist – also Zuständigkeiten von Bundesländern, die Frage: Wie gehen wir eigentlich mit den Graubereichen um, mit den Bereichen, in denen es überhaupt keine Regelung gibt, nämlich den Onlinegeschäften?
Wir dürfen uns ja nichts vormachen: Es mag jetzt weniger Wettbüros geben – Herr Geisel sagte im Ausschuss, es wären dann noch 200, Kollege Buchholz hat, glaube ich, mal von 400 gesprochen. Durch die Abstandsregelung, durch die Logik dessen, dass man dort Anpassungen vornehmen wird und im Bereich von Schulen zumindest 200 Meter Abstand etc. einführen wird, macht man schon einiges richtig.
Aber verhindern wird man das Wetten nicht, und deswegen ist es für mich auch schwierig zu sagen: Das ist jetzt eine gute Lösung. Denn was passiert mit denjenigen, die möglicherweise in den Kriminalitätsbereich abwandern, in den Bereich, in dem es dann online geschieht und eben kein Zugriff da ist, keine Möglichkeit da ist, präventiv aktiv zu werden?
Herr Luthe, entschuldigen Sie, ich würde auf die Zwischenfrage gerne verzichten, wenn Sie erlauben. Aber Sie haben bestimmt gleich noch die Möglichkeit, selber auszuführen, und dann bleiben wir im Dialog, daran habe ich keinen Zweifel. – Meine Fraktion unterstützt entsprechend das, was hier gesagt wurde, unterstützt entsprechend auch das, was jetzt hier vorliegt, ohne das Gefühl zu haben, damit schon das Problem gelöst zu haben. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir setzen hier mit diesem Gesetz Änderungen im Glücksspiel um. Staatsvertrag – darauf hat der Kollege Buchholz schon hingewiesen; wir setzen ja auch EU-Recht um. 20 Lizenzen waren bisher die Grenze, in Zukunft ist das ohne Begrenzung zu lizensieren. Das kann man machen, aber wir finden das nicht besonders gut. Wir müssen das hier umsetzen. Ich hätte mir auch andere, strengere Formen der Regulierung schon auf Bundesebene oder auf Staatsvertragsebene gewünscht, aber ist ja nicht so, dass wir in Berlin überhaupt keinen Einfluss auf die Regelung hätten. Wir können hier mit einem Ausführungsgesetz Einfluss nehmen. Ich finde, wir haben die Möglichkeit, und wir haben auch die Pflicht dafür zu sorgen, dass alles Mögliche getan wird, damit die Regulierung von Wettbüros stadtpolitisch verträglich erfolgt und die Gesundheitsprävention in die Regelung miteinfließt. Und die Möglichkeit wollen wir hier nutzen.
Gerade deshalb reden wir heute über dieses Ausführungsgesetz – um die landesrechtlichen Regelungen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die Wettbüros in unseren Kiezen begrenzt bleiben, dass sie nicht Kitas oder Einzelhändler oder andere verdrängen, dass sie nicht in
der Nähe von Schulen oder Jugendeinrichtungen aufmachen, dass die Prävention von Spielsucht gestärkt wird. – Das alles machen wir, genau diese Linie haben wir auch schon im Spielhallenbereich verfolgt, das war sinnvoll, das hat auch einen spürbaren Effekt gehabt, und ich finde, genau bei dieser Linie sollten wir jetzt auch bei den Wettbüros bleiben.
Können Sie mir freundlicherweise erklären, woher genau diese Abstände von 200, 500 und 2 000 Metern in diesem Gesetz kommen, also auf welcher wissenschaftlichen Grundlage diese ermittelt worden sind?
[Daniel Buchholz (SPD): Das Bundesverfassungsgericht hat unser Spielhallengesetz bestätigt! – Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]
Herr Luthe! Wenn Sie jetzt eine Frage stellen – – Sie können sich auch gern mit Herrn Buchholz noch mal darüber unterhalten, dann mache ich kurz Pause.