Protocol of the Session on February 20, 2020

[Burkard Dregger (CDU): Tja!]

Mit Verlaub: Dass wir als Fraktion geneigt sind, das Problem des Linksextremismus in der Stadt kleinzureden, will wohl niemand vermuten. Und dass wir den Finger auch immer wieder in die Wunde legen, und zwar sehr zum Missfallen dieser Koalition, ist auch Teil der Wahrheit. Wir weisen auch konsequent darauf hin, dass wir es für einen Konstruktionsfehler von Rot-Rot-Grün halten,

(Thorsten Weiß)

dass der verlängerte Arm der linken Szene direkt im Senat sitzt.

[Katalin Gennburg (LINKE): Wer denn genau?]

Auch das ist eine Ermunterung all der Kreise, die Sie hier vermeintlich effekthaschend mit Ihrem Antrag adressieren wollen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Nichts anderes haben wir gesagt! Das ist die gleiche Botschaft!]

Aber wenn Sie glauben, dass wir nicht auf den Absender solcher Botschaften achten, dann gehen Sie gewaltig fehl. Das ist wie bei Liebesbriefen. Da sollte man auch darauf achten, von wem sie abgeschickt wurden.

[Beifall bei der CDU]

In der Tat und mit Verlaub: Dass Sie sich an einem Tag wie heute hier hinstellen und diese Rede in dieser Art und Weise halten, kann niemanden unbeeindruckt lassen. Ganz im Gegenteil: An einem Tag wie diesem müssen wir über politische Gewalt insgesamt in diesem Land sprechen und darüber, was wir gemeinsam tun können – egal, in welche Richtung –, um politische Gewalt als Ausdruck von Ignoranz, Hass und Intoleranz in die Schranken zu weisen. Das ist unsere demokratische Verantwortung, und der wollen wir in jeder Hinsicht gerecht werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wesener?

Aber bitte!

Bitte, Herr Wesener, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Kollege Evers! Dass die AfD der Meinung ist, dass im Senat verlängerte Arme der linksextremen Szene sitzen, ist mir bekannt. Dass Sie das auch denken, war mir neu. Butter bei die Fische: Wen haben Sie gemeint? Wir wollen Namen hören.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Katalin Gennburg (LINKE): Wir wollen Namen!]

Mit Verlaub, dass dieser Senat und insbesondere die Linkspartei nach Rezepten aus der Küche der Interventionistischen Linken kochen, ist keine Neuigkeit. Dass all diejenigen, die in der Rigaer Straße Häuser besetzt haben, das mit der breiten ideologischen Rückendeckung der

Linkspartei tun, ist auch keine Neuigkeit. Und dass mindestens der Linkspartei in Teilen ein indifferentes Verhältnis zu linker Gewalt unterstellt werden muss, tragen wir auch nicht zum ersten Mal in diesem Hause vor. Dabei wird es auch bleiben. Wir werden den Finger immer wieder in diese Wunde legen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Marcel Luthe (FDP) – Regina Kittler (LINKE): Sagen Sie doch endlich mal Namen! Herr Wesener hat doch recht!]

Und dass wir Unverständnis dafür haben, dass SPD und Grüne als Rechtsstaatsparteien hier überhaupt keine Bedenken haben, mit der Linken zu koalieren, wird sich sicherlich auch nicht ändern. Das heißt aber nicht – und da bin ich wieder bei der Frage, über welches Stöckchen man hier springen will oder eben nicht –,

[Regina Kittler (LINKE): Was heißt hier „Stöckchen“?]

dass wir einem Antrag der Linken, ich meine der AfD – das ist schon schwer zu unterscheiden – hier zustimmen, weil er tendenziell dem Text und dem Wortlaut nach in die richtige Richtung geht.

[Anne Helm (LINKE): Vorsicht! Diese Gleichsetzung fällt Ihnen gerade in Thüringen auf die Füße!]

Denn mit Verlaub – um mal auf die Sache einzugehen; der Kollege Zimmermann hat es gesagt –: Wir müssen uns auch anschauen, was im Land Berlin im Kampf gegen Linksextremismus eigentlich bereits unternommen wird. Was sind die Maßnahmen, auf die sich das Land bereits verständigt hat?

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Bitte sehr!

Sie haben gerade gesagt, Sie können die AfD und die Linke schwer unterscheiden. Höre ich da die sogenannte Hufeisentheorie heraus? Wollen Sie sagen, dass diejenigen, die sich gegen Faschismus wenden, genauso schlimm sind wie die, die den Faschismus wiederhaben wollen? Können Sie dazu kurz etwas sagen?

Ich habe mit Pferdesport nicht viel am Hut. – Man muss, wie gesagt, nicht über jedes Stöckchen springen. Dann mag jeder Verständnis dafür haben, dass wir sicherlich in der Sache darin übereinstimmen, dass Aussteigerprogramme für den Ausstieg aus linksextremistischen Kreisen ein durchaus sinnvoller Ansatz sein können, dass es

durchaus auch Beispiele dafür gibt, dass diese Angebote Erfolg hatten. Zu sagen, das habe überhaupt keinen Erfolg gehabt, Herr Zimmermann, stimmt nicht. Es gibt durchaus Erfolgsbeispiele, und die muss man sich genau ansehen, um daraus zu lernen und dann zu prüfen, ob man das im Land Berlin einsetzen will.

Das haben wir mit unserem Aktionsprogramm gegen linke Gewalt dem Haus übrigens auch vorgeschlagen. Meines Erachtens läuft das Verfahren nach wie vor. Ich glaube, der Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung muss ich mit diesem sehr umfassenden Antrag gegen linke Gewalt noch auseinandersetzen. Das ist der richtige Ansatz, ganzheitlich gegen linke Gewalt vorzugehen, sich genau anzuschauen: Woher resultiert diese Gewalt? Was sind ihre Wurzeln? Wie können wir so breit und so umfassend wie möglich aufklären darüber, was diese staatsfeindlichen Kreise treiben? Wie können wir das Thema schon in der Schule adressieren? Wie können wir unsere Sicherheitsbehörden ausreichend ausstatten, ausreichend wappnen und mit ausreichend politischem Rückhalt versehen, um gegen linke Gewalt in der Stadt vorzugehen

[Regina Kittler (LINKE): Haben Sie heute schon Nachrichten gehört?]

und sich zusätzlich, also additiv, wenn es denn von ausreichend Nutzen ist, mit Aussteigerprogrammen, wie Sie es vorschlagen, auseinanderzusetzen? Die Beispiele haben Sie in Ihrem Antrag beschrieben. Aber noch einmal, mit Verlaub: Dass Sie hier die großen Reden schwingen und anschließend einen solchen Miniantrag hier vortragen, das kann nur verwundern, denn Sie haben es eben an lautem Ton nicht fehlen lassen. Dem wird der Antrag aber in keiner Weise gerecht. Insofern werden Sie Verständnis dafür haben, dass wir ihm jedenfalls nicht zustimmen werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Die Linke hat der Abgeordnete Herr Schrader das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum dieser Antrag unsinnig ist, lässt sich in wenigen Sätzen sagen. Erstens kann man solche Aussteigerprogramme, die es beim Rechtsextremismus schon gibt, nicht einfach auf die linke Szene übertragen, weil die Szenen einfach verschieden sind. Es ist zum Beispiel nicht bekannt, dass es in der linken Szene irgendeine Form von Druck gibt gegen Leute, die aussteigen wollen, oder Bedrohungen, wie wir sie von Neonazis kennen. Wenn also jemand nicht mehr zur Aktionsgruppe oder

zum Mao-Lesekreis gehen will, dann geht er eben nicht mehr dort hin.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Mao-am!]

Da sind die Leute dann ein bisschen traurig, aber so einfach ist das.

[Lachen von Katalin Gennburg (LINKE) – Zurufe von Christian Buchholz (AfD) und Franz Kerker (AfD)]

Zweitens: Es gibt auf Bundesebene Erfahrungen mit einem solchen Aussteigerprogramm. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat so etwas schon seit ein paar Jahren im Programm. Dann schauen wir uns doch mal die Bilanz an, die sich in Antworten der Bundesregierung auf Schriftliche Anfragen findet: In sechs Jahren gab es ganze 28 Anrufe bei dieser Telefonnummer. Die Bundesregierung selbst sagt, dass in keinem einzigen Fall längere Gesprächskontakte zustande gekommen sind. Es gab auch ein paar Anrufe aus Quatsch. In keinem einzigen Fall kann man irgendeinen Aussteiger vorweisen. – Das ist die Bilanz. Da muss ich sagen, dass mir unser öffentlicher Dienst zu schade ist, als dass er sich mit so einem Unsinn beschäftigen muss.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich glaube auch, dass es kein Zufall ist, dass dieser Antrag ausgerechnet aus der rechten Ecke in diesem Hause kommt. Wir erleben es immer wieder, dass zur Ablenkung von eigenen Ausfällen und Entgleisungen – HitlerWein usw. – aus Ihrer Partei immer auf den Linksextremismus verwiesen wird.

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

Dass das von der AfD kommt, ist keine Überraschung. Aber ich will mich hier auch noch an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP wenden: Die AfD ist schlimm genug, das wissen wir. Aber dass Sie hier immer wieder neben der AfD in das gleiche Horn blasen und links und rechts immer wieder gleichsetzen, das finde ich noch viel besorgniserregender.

[Beifall bei der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Finde ich auch ganz schlimm! Mit denen wollen wir nichts zu tun haben!]

Auch die CDU hat hier schon einen Antrag eingebracht, in dem sämtliche Instrumente, die wir gegen den Rechtsextremismus haben, jetzt auch gegen den Linksextremismus eingesetzt werden sollen; auch ein solches Aussteigerprogramm gehört dazu.

[Sven Rissmann (CDU): Ja!]

Die FDP-Fraktion beantragt im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung sowie im Ausschuss für Verfassungsschutz Besprechungspunkte, die im Wortlaut identisch sind mit denen der Koalition, bloß dass Sie „rechts“ durch „links“ ersetzt haben.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

(Stefan Evers)

Was soll das?

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]