Protocol of the Session on February 20, 2020

Bürger darüber zu informieren. Es macht Sinn, Vorsorge zu treffen durch Patientenverfügungen, durch anderes. Es wäre schön, wenn mehr Leute als bisher überhaupt einen Impfpass hätten, weil sie sich regelmäßig impfen lassen, auch wenn sie keine Kinder und Jugendlichen mehr im Haus haben. Auch das wäre gut zu kommunizieren über die Arztpraxen, mehr als bisher. Natürlich macht es Sinn, solche Sachen zentral zu sammeln, aber dafür brauchen wir keine teuer zu erwerbende Notfalldose mit einem Aufkleber, wo auch x-beliebige Beschriftungen an der Tür sein könnten. Nein, das ist keine öffentliche Aufgabe, hierfür Geld auszugeben.

Im Übrigen, ja, wir verfolgen auch die Doppelstrategie der elektronischen Daten im Gesundheitswesen, wo diese freiwillig ebenfalls hinterlegt werden können im Rahmen der neuen Möglichkeiten, die sich dort entwickeln. Insofern werden wir diesen Weg auch mit Investitionsmitteln sicherlich auf Landesebene weiter unterstützen. Die elektronische Gesundheitskarte kommt, die Patientenakte ebenfalls. Und wer noch nicht so affin ist für diese zentralen elektronischen Möglichkeiten, sollte andere Instrumente nutzen, aber nicht eine zentrale Notfalldose. Das ist keine öffentliche Aufgabe. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Mohr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste! Die CDU-Fraktion lässt heute einen Antrag beraten, in dem es um die Bekanntmachung der sogenannten Notfalldosen in Berlin geht. Um es gleich vorneweg zu sagen: Wir als AfD-Fraktion begrüßen den Antrag ausdrücklich, und vielleicht trägt auch schon die heutige Debatte ein wenig dazu bei, dass sich mehr Berliner eine solche Notfalldose zulegen.

Bei den sogenannten Dosen handelt es sich, wir haben es schon gehört, um einen kleinen im Kühlschrank befindlichen, aufbewahrten grün-weißen Behälter mit einem Infoblatt, auf dem übersichtlich die wichtigsten Vorerkrankungen, Allergien, Operationen und Medikamente notiert sind. Jeder Bürger entscheidet dabei selbst, welche Informationen er über sich preisgeben möchte. Das Konzept der Notfalldose hat sich unter anderem bereits im Raum Greifswald bewährt. Es erleichtert Rettungsdiensten die Arbeit und kann im Zweifel Leben retten, da der Zeitpunkt bis zur Einleitung einer diagnosegerechten Therapie verkürzt wird.

Ich kann mich noch gut an mein 14-tägiges Praktikum auf dem Rettungswagen der Feuerwehr erinnern. Damals wollte ich als vergleichsweise frisch gewählter Abgeordneter aus der Praxis heraus erleben, wie die Notfallrettung in Berlin funktioniert. Und genau deshalb kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass viele Sanitäter für Informationen aus einer entsprechenden Notfalldose sehr dankbar gewesen wären, insbesondere dann, wenn der Patient sogar schon bewusstlos oder zumindest nicht mehr adäquat ansprechbar gewesen ist.

Kurzum: Da in der letzten Plenarsitzung mit den Stimmen der Koalition ein Antrag über eine Aufklärungskampagne bezüglich der Entsorgung von Altmedikamenten angenommen wurde, obwohl es bereits sichtbar auf etlichen Bahnhöfen Berlins entsprechende Großplakate des Bundesumweltministeriums gibt, sollte vielleicht heute zur Abwechslung auch mal ein Antrag der Opposition angenommen werden, der tatsächlich noch nicht bereits umgesetzt ist. Also, geschätzte Kollegen der Koalitionsfraktionen, auch wenn Sie in der Debatte im Fachausschuss aus mir unerklärlichen Gründen noch nicht über Ihren Schatten springen konnten, heute ist Ihre zweite Chance dazu. Geben Sie sich einen Ruck und stimmen dem vorliegenden Antrag zu. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Linksfraktion hat der Kollege Dr. Albers das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wir haben diesen Antrag bereits im Ausschuss diskutiert und abgelehnt. Wir müssen die Dose hier nicht noch mal aufmachen. Der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes, Kollege Poloczek, hat diese Idee zutreffend charakterisiert: Die sogenannte Notfalldose erfüllt keine der Kernanforderungen der Berliner Feuerwehr an notwendigen rettungsdienstlichen Informationen und ist deshalb nur sehr eingeschränkt zu empfehlen. Zudem ist davon abzuraten, dass es eine behördliche Empfehlung für ein kommerzielles Produkt geben soll. Das kommerzielle Interesse scheint bei dieser Plastikdose für 7 bis 10 Euro besonders ausgeprägt. Dem bleibt nichts hinzuzufügen, und mehr Redezeit braucht es dafür definitiv nicht.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Thomas Isenberg (SPD)]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Kluckert das Wort.

(Thomas Isenberg)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Albers! Ich glaube, ich brauche auch nicht viel länger als Sie, denn eigentlich ist zu dieser Dose schon alles gesagt worden. Aber ich erzähle Ihnen einfach mal einen Schwank, wie ich das erlebt habe, als der Antrag hier ins Parlament kam. Zunächst hatte ich mit dem Antrag so ein bisschen meine Probleme, weil ich gar nicht wusste, was eine Notfalldose ist. Ich musste mich erst einmal erkundigen. Ich kann jedem empfehlen, in der Kneipe mit den fünf besten Freunden mal nach einer Flasche Wein zu fragen: Habt ihr eine Notfalldose zu Hause? Was glaubt ihr, was das ist? – Mit steigendem Alkoholkonsum werden die Gespräche immer lustiger.

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Aber das ist natürlich ein ernstes Thema. Allerdings wissen Sie, die FDP ist die Partei der Digitalisierung, und deswegen hatten wir umso mehr Probleme damit, weil wir eigentlich gedacht haben, man könnte die Notfallversorgung dahingehend umgestalten, dass es eine digitale Gesundheitskarte gibt, wo Allergien, wo die Impfungen, die man hat, gespeichert sind, wo Medikamentenunverträglichkeiten sofort abgelesen werden können usw. Das wäre unsere Antwort an ein modernes Gesundheitssystem gewesen. Und dann kommt von der CDU die Idee, eine Dose in den Kühlschrank zu stellen. Das hat tatsächlich erst einmal ein Schmunzeln bei mir hervorgerufen, weil ich gedacht habe, der Chef, der für Digitalisierung im BMG zuständig ist, ist ein geschätzter Kollege von Ihnen. Ich habe mich gefragt: Was würde Gottfried Ludewig dazu sagen, wenn man ihm die Dose geben und sagen würde: So, das ist jetzt die Rettung der Notfallversorgung.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Aber nachdem ich mich damit länger beschäftigt habe, muss ich sagen: Dieser Antrag tut nicht weh. Von daher verstehe ich nicht, warum Sie ihn ablehnen. Es ist vollkommen richtig, darauf aufmerksam zu machen, gerade für ältere Menschen, die mit den neuen Medien noch nicht so umgehen können. Und wenn wir auch nur ein Menschenleben damit retten können, dann hätte sich das schon gelohnt. Von daher kann ich nur den Appell an Sie da draußen richten: Machen Sie sich mal Gedanken, wo Ihre Unterlagen sind. Bewahren Sie sie zentral auf. Ob es die Notfalldose sein muss, ist die Frage. Sie können es auch in ein Marmeladenglas packen. Aber dem Antrag werden wir heute erst einmal zustimmen. Das ist ein wichtiges Thema.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Kofbinger das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich kann für meine Fraktion auch erklären, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen werden.

[Christian Gräff (CDU): Sie haben keinen Kühlschrank, stimmt´s?]

Warum, hat eigentlich schon in aller Kürze Herr Dr. Albers dargelegt. Eigentlich hat Herr Kluckert, der diesem Antrag, oder dessen Fraktion, zustimmen wird, auch schon das Richtige gesagt. Es tut keinem weh, aber ein Marmeladenglas ginge auch. Wir sehen hier vor allen Dingen im Vordergrund das kommerzielle Interesse. Ich erinnere mich sehr gut an die große Plakatkampagne „Deutschland sucht den Impfpass“. Da haben wir im Prinzip schon gesehen, was man eigentlich alles unternehmen muss, damit die Leute überhaupt ihren Impfpass finden. Und dass sie den dann noch in eine Plastikdose in ihren Kühlschrank legen, ist, glaube ich, der zweite Schritt. Sie sollten einfach ihre Unterlagen beisammen haben. Aber, wir sagen ganz klar: Wir gehen davon aus, dass wir das Ganze digital machen und dafür werben sollten, dass es diese Gesundheitskarte gibt, dass es verschiedene andere Sachen gibt, vielleicht auch eine App, wo all dieses auffindbar ist. Das Problem mit dem Kühlschrank ist zum Beispiel – das wird Ihnen gleich einleuchten –: Bei Fahrradunfällen, die leider häufig in dieser Stadt vorkommen, auch nicht ganz so schwere, müsste man dann immer einen Kühlschrank bei sich haben.

[Paul Fresdorf (FDP): Lastenfahrrad!]

Das ist schwierig, und auch deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zu dem Antrag auf Drucksache 18/0875 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion, die AfD-Fraktion und zwei fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen ist der Antrag damit abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 13 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der Nummer 3.5.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 14:

a) Pflegequalität zeigt eine gepflegte Ergebnisqualität

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung vom 20. Januar 2020 Drucksache 18/2420

zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0921

b) Fachkraftquote ist nicht Synonym für hohe

Pflegequalität

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung vom 20. Januar 2020 Drucksache 18/2422

zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/1593

In der gemeinsamen Beratung beginnt die Fraktion der FDP und hier der Kollege Seerig. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Pflegenotstand ist längst in aller Munde, nicht erst seit bei Vivantes das Personal gleich abteilungsweise wegläuft. Es sind von dem Thema alle Bereiche betroffen, sowohl stationäre Einrichtungen, die ambulanten Dienste, betroffen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie die Patienten.

Die FDP-Fraktion hat über die Jahre hinweg einen breiten Strauß an Lösungsansätzen vorgelegt, allein im Januar haben wir sechs Anträge zu diesem Thema beraten. Zwei davon sollen heute hier exemplarisch diskutiert werden. Zum einen geht es um die Bewertung der Standards der Häuser. Nicht mehr nur die Stichproben-Bewohner, die sich im Zweifel die Heimleitung entsprechend aussucht, sondern es sollen Bewohner, das Personal und Angehörige gleichermaßen befragt werden. Der zweite für uns wichtige Punkt: Es soll endlich um wirklich pflegerelevante Punkte gehen, nicht wie bisher beim Pflege-TÜV um Formalien. Das heißt: Schmeckt das Essen? Ist das Essen abwechslungsreich? – und nicht: Sind die Inhaltsstoffe in der korrekten Schriftgröße dokumentiert?

[Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

Das zweite Thema betrifft alle Bereiche der Pflegequalität, sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich, denn das ist mehr als die Fachkraftquote – völlig unabhängig von der Frage, ob es die Lage für die Patienten wirklich verbessert, wenn die Station geschlossen wird. Wenn ich unbehandelt vor der Tür stehe, ist das auch keine wirklich gute Pflegequalität.

[Beifall bei der FDP]

Es geht hier um die Wohnteilhabe-Personalverordnung. Das klingt nicht sonderlich sexy, das gebe ich zu, ist aber

Landesrecht, das heißt, wir müssen hier nicht auf den neuesten Geistesblitz von Herrn Spahn warten, sondern Frau Kalayci kann hier etwas konkret vor Ort tun – mal,

[Heiterkeit von Paul Fresdorf (FDP) und Franz Kerker (AfD)]

nämlich, die Arbeit der Pflegeassistenz aufwerten, sowohl den Status der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Bereich als auch wirklich konkret die Leistung. Wir sehen, ebenso wie das auf Bundesebene längst diskutiert wird, dass gerade im Bereich der Pflege die Grundpflege von zentraler Bedeutung ist.

Im Ausschuss erklärte uns dann Rot-Rot-Grün: Ja, das WTG zu ändern ist eigentlich sinnvoll. Könnte man machen. Sollte man machen. Werden wir machen. Nur: Wann? – Irgendwann. Da macht man lieber gar nichts, bevor man gar Anträgen der Opposition zustimmt. Man könnte ja solche Anträge auch verändern, ergänzen. Nein!

[Florian Kluckert (FDP): Macht ja Arbeit!]

Man beschränkt sich lieber darauf, weiterhin Bundesratsinitiativen oder Runde Tische zu initiieren, die Runden Tische natürlich im Zweifel ohne den Mittelstand und ohne die privaten Betreiber, die gerade im Bereich der ambulanten Pflege das Rückgrat darstellen. Das gibt mehr nette Medienberichte, sorgt aber nicht wirklich für Verbesserungen am Bett. Ergebnis: Die Leute laufen weg. Deshalb glaube ich auch nicht, dass das AVK ein Einzelfall bleibt. Es zeigt uns, dass die Probleme in dem Bereich gerade in städtischen Häusern bestehen. Es wäre also längst Zeit zum Handeln. Was und wie man konkret vor Ort handeln kann, dazu hat die FDP-Fraktion viele Anträge vorgelegt, auch in dem Fall wieder einmal leider vergeblich.