Protocol of the Session on November 28, 2019

Was es zu beweisen galt: Politik kann handeln. Wir können im Interesse der Berliner Mieter regulierend in den Markt eingreifen. Es gibt eine Alternative zu Mietenwahnsinn.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Sebastian Czaja (FDP): Sauber!]

Klatschen Sie ruhig, Herr Czaja! – Vielleicht noch ein Wort zum Gutachten der CDU vom Institut der Wirtschaft in Köln. Das sagte nun voraus: Die Maßnahmen der Koalition werden dazu führen, dass die Mieten und auch die Immobilienpreise sinken. – Ich würde sagen: Schönen Dank! Das war eine gute Nachricht. Das hat uns sehr geholfen. – Ansonsten können wir uns gleich auf dieses Wirtschaft-Voodoo, das bestimmt nachgebetet wird, einstellen.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Eine letzte Bemerkung: Wir erfreuen uns in Berlin einer sehr quirligen und wehrhaften Mieterbewegung. Ihr möchte ich hier danken.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Sie versäumt wirklich keinen Anlass, die Politik an ihren Auftrag zu erinnern. Das tut sie offensichtlich mit viel Erfolg. So macht die Koalition jetzt Nägel mit Köpfen. Der Mietendeckel kommt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – [Oliver Friederici (CDU): Das war eine Rede zum Fremdschämen! – Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Gräff das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Gottwald! Eines muss ich Ihnen schon sagen: Das, was Sie hier als perfide Kampagne in den letzten Wochen gegen Unternehmen, gegen Kleinstvermieter und vor allen Dingen gegen Verbände gefahren haben, ist ganz klar völlig weg vom Grundgesetz, völlig weg von jedem ethischen Maßstab, völlig daran vorbei. Das haben Sie heute wieder bewiesen, Frau Gottwald.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Gabriele Gottwald (LINKE)]

Wir als CDU-Fraktion lehnen dieses nun vorliegende Gesetz ab. Ich möchte Ihnen gerne in drei Punkten sagen, warum wir das tun. Erstens: Es verstößt gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

[Jörg Stroedter (SPD): Quatsch!]

Es ist eine neue Dimension in der Geschichte der Demokratie des Landes Berlin, dass es Ihnen egal ist, wenn Sie diesem Parlament ein grundgesetzwidriges Gesetz vorlegen. Das ist eine neue Qualität.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Zweitens: Wir lehnen es ab, weil die Eingriffe in das Privateigentum, die Sie vornehmen, schwer wiegen und gegen die Bemühungen des Senats abgewogen werden müssen. Zehntausende von Sparern und Kleinvermietern sind betroffen und im Übrigen auch sehr viele Menschen, die beispielsweise nur in eine Riester-Rente investiert haben und denen Immobilien immer als sicher angepriesen wurden – gerade bei diesen Produkten, die übrigens auch von einer Bundesregierung gemacht wurde, an der die SPD beteiligt war.

[Beifall bei der CDU – Daniel Buchholz (SPD): Das ist großer Unfug]

Drittens – ich glaube, das ist sogar der wichtigste Grund –: Wir lehnen es ab, weil es ein zutiefst ungerechtes Gesetz ist. Ich sage Ihnen auch gerne, warum: Natürlich ist es nach wie vor so, dass im Verhältnis derjenige,

der mehr verdient, der vermögender ist, am Kurfürstendamm weniger zahlt als derjenige, der in Marzahn am Helene-Weigel-Platz wohnt. Das haben Sie nicht beseitigt. Nicht nur im IW-Gutachten ist es unstrittig, dass es für Menschen mit geringerem Einkommen in Berlin schwerer ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden, weil selbstverständlich der Neubau einbrechen wird. Nach der Studie des IW werden bezüglich der Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und den Arbeitsmarkt insbesondere Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen getroffen. Die werden darunter leiden und nicht die mit den höchsten Einkommen.

[Franziska Becker (SPD): Das haben Sie bei Mindestlohn auch gesagt! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Auch ein ganz wichtiger Punkt: Sie lösen kein einziges Problem. Sie wissen ganz genau, dass Sie mit Ihrem sogenannten Mietendeckelgesetz kein einziges Problem lösen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Lobbyismus!]

Deswegen glaube ich, ehrlich gesagt, nicht mehr, dass es den meisten in der Koalition und im Senat, die dieses Gesetz beschlossen haben, darum geht, Mieterinnen und Mieter zu schützen.

[Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Es geht Ihnen um die Vermieter. Es geht Ihnen darum, Stimmung zu machen. Es geht Ihnen darum, private Investoren von Berlin fernzuhalten. Die Vertreter der Linken haben in Gesprächen ganz offen gesagt, ihre Ideologie ist: Für jede gebaute Wohnung kommt Geld nach Berlin oder wird Geld genutzt. Sie wollen kein Geld in der Stadt haben. Sie wollen keinen Zuzug. Sie wollen keine privaten Investitionen.

[Zurufe und Lachen bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Es geht Ihnen im Kern um Enteignungen. Darum geht es Ihnen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Es geht Ihnen um Enteignungen.

Der Redner wünscht grundsätzlich keine Zwischenfragen.

Die Berlinerinnen und Berliner finden den Mietendeckel gut.

[Daniel Buchholz (SPD): Sie haben keinen Zuzug mehr gefordert!]

In der Tat. – Aber sie glauben daran, dass die Mieten sinken. Das sagen sie in der gleichen Umfrage. Was die

(Gabriele Gottwald)

Berlinerinnen und Berliner aber ablehnen, sind Enteignungen, und das ist Ihr eigentliches Ziel. Sie wollen die Menschen in Berlin enteignen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und von Andreas Wild (fraktionslos)]

Es gibt diejenigen, die sagen, der sogenannte Mietendeckel wäre Ihr wichtigstes Vorhaben in dieser Legislaturperiode. Da muss ich mal ehrlich sagen: Das spricht nicht gerade für diese Regierung, denn es ist Ihnen erst Anfang dieses Jahres eingefallen.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Es ist einigen als Antwort auf die Enteignungsinitiative eingefallen. Die Idee, einen Mietendeckel einzuführen, gab es davor noch überhaupt nicht. Die Enteignung, die Entwertung von Eigentum ist das eigentliche Ziel der bestimmenden Kräfte dieser Koalition.

[Beifall bei der CDU]

Die Gesetzesinitiative will Eigentümern und Investoren das Leben schwer machen, sie von Berlin fernhalten und damit infolge eines Sanierungsstaus und sinkender Eigentumswerte preiswerte Aufkäufe für das Land Berlin oder öffentliche Gesellschaften ermöglichen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Hilft das den Berlinerinnen und Berlinern? – Nein! Es hilft ihnen kein Stück. Sie machen Politik auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter. Das ist die Wahrheit.

[Beifall bei der CDU – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Wie viele Wohnungen werden von Ihnen fertiggestellt? Wie viele sind es in Zehlendorf?]

Wie viele fehlen nach Ihrem gestern vorgelegten Wohnungsmarkt Entwicklungsbericht? Bei einer Versorgungsquote von 93,3 Prozent sind es über 150 000 Wohnungen in Berlin. Es fehlen beispielsweise insbesondere barrierefreie Wohnungen. In den kommenden zehn Jahren werden nach Ihrem eigenen Bericht weit mehr als 10 000 barrierefreie Wohnungen gebraucht. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass im Berliner Verwaltungsdschungel irgendjemand in der Lage sein wird, Härtefallklauseln zu beantragen. Wohnungsbaugenossenschaften werden keine Darlehen beantragen. Sie werden den Umbau in barrierefreie Wohnungen einstellen. Daran sind Sie schuld. Das werden wir den Menschen auch sagen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Es gibt nach diesem Gesetz und nach dem Auslaufen, wann immer es ist – hoffentlich früher als später –, keinen rechtsicheren Mietspiegel mehr. Diesen hat die Senatorin noch Anfang dieses Jahres gemeinsam mit den Eigentümern und Vermietern unterschrieben. Sie haben ihn unterschrieben, und er ist in wenigen Monaten abge

schafft worden. Es gibt keinen rechtssicheren Mietspiegel mehr. Sie spielen vollkommen auf Effekt. Alle marktregulierenden Instrumente sind nach diesem Gesetz zerstört – heute, morgen und übermorgen. Das haben Sie zu verantworten.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Sie schaffen – das haben wir schon einmal an dieser Stelle diskutiert – insbesondere für die Stadtrandbezirke – Spandau, aber auch Bezirke wie Marzahn-Hellersdorf – schwierige Problemlagen in Kiezen, weil Menschen, die keine andere Möglichkeit haben, in Wohnungen ziehen werden, die sehr preiswert sind,

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]